drafi2009 20130107 1695540786 Titel:
Label:
VÖ:

Titel:

"Schlager & Stars (Best Of)"
EMI Music
Februar 2009

1. Marmor, Stein und Eisen bricht '87
2. Asche oder Diamant
3. Jenseits von Eden
4. Diesmal für immer
5. Wie die Musik
6. So war Uns're Liebe
7. In Liebe ertrunken
8. Das 11. Gebot
9. Mama Leone
10. Welche Farbe hat die Welt
11. Solang aus Liebe
12. Träume, die aus Tränen sind
13. Die Verbotene Liebe
14. Uns're Herzen frieren
15. You Want Love
16. Just For You
17. Bring Back


Doppel-Rezension zu "Drafi" (Re-Release 2008) und "Schlager & Stars" (2009):
Am 09. Juni 2009 jährt sich der Todestag des großen deutschen Musikers DRAFI DEUTSCHER zum dritten Mal. Der gebürtige Berliner war zweifellos ein rastloser Lebemann, ein liebenswerter Chaot, der nichts in seinem kurzen, aber rasanten Dasein ausgelassen hat und für zig wilde Schlagzeilen gut war. Vor allem aber glänzte Drafi als schier begnadeter Komponist, Texter, Sänger und - rein subjektiv aus Sicht des Verfassers dieser Zeilen - als grandioser Arrangeur und Produzent.
Da Drafis Musik unsterblich ist und bleibt, erscheinen immer wieder interessante Projekte, die das unerschöpfliche Schaffen dieser unkopierbaren "Skandalnudel" für die Nachwelt erhalten sollten und bestimmt auch werden. So veröffentlichte Ariola/SONY bereits im vergangenen Herbst Drafis deutschsprachiges Comebackalbum "Drafi" erstmals im CD-Format.
Jan Stephan, ein sehr lieber Freund und Kollege von mir, gleichsam Betreiber der offiziellen Drafi-Deutscher-Fanseite www.drafi-deutscher.info, trägt die Verantwortung für die Konzeption der lang ersehnten CD-Erstauflage von "Drafi", die großartige Rückkehr unter eigenem Namen, die im Spätsommer 1982 auf Vinyl auf den Markt kam und einen ganz anderen Drafi zeigt, als denjenigen, den wir in Sachen "Marmor, Stein und Eisen bricht", "Cinderella Baby" oder "Teeny" zuvor kannten.
Dieses über einstündige Album erweist sich als eher rockig, zeitgemäß NDW-beeinflußt und beinhaltet kaum mehr traditionelle Schlager. Drafi trägt darauf Fremdkompositionen von "Karat" ("Blumen aus Eis") oder "Orchestral Manoeuvres in the Dark" ("Jeanne d'Arc"), in klirrendkaltem, und zugleich doch so wohlig warmem Synthesizersound gehalten, vor; zudem vernehmen wir auf "Drafi" bluesige Balladen ("Wie ein Feuer, das immer brennt", "Die Straße", "Silberne Tränen" - wunderschöner Text!), synthesizerbetonte Countryschleicher ("Wenn Du mich liebst"), wiegenden, treibenden Synthi-Blues ("Dich zu lieben war easy") oder drallen Gitarrenrock ("Wenn Du so wärst, wie die andere"). Für Drafi-Verhältnisse ungewohnt politisch/gesellschaftskritisch wird es in den aufpeitschenden NDW-Epen "Der große Knall" oder "Vorprogrammiert". Natürlich darf auch eine gekonnt aufgedonnerte Neufassung von Drafis Ewigkeits-Reißer "Marmor, Stein und Eisen bricht" nicht fehlen. Darüber hinaus gelang es Jan, sechs englischgesungene Drafi-Titel aus den Jahren 1976 bis 1981 der CD-Erstauflage von "Drafi" hinzuzukoppeln, von denen fünf noch niemals überhaupt auf Silberscheibe erhältlich waren. Dabei handelt es sich um von Fans seit langem heißbegehrte, ultrarare Drafi-Kompositionen, wie z.B. den sehnsüchtigen Urlaubsschlager "Amigo Mine", die knisternde Popballade "Try me", die 50er-Jahre-orientierte Rock'n'Roll-Tanznummer "A Little Bit Late" oder den abgeklärten, sacht folkigen Gitarrenpopper "Hard Rain".
Als alter Drafi-Fan, bin ich Jan Stephan für seine penible Arbeit äußerst dankbar, zumal er, zusätzlich zur Konzeption, gleichsam noch ultraspannende "Liner Notes" für das CD-Beiheft mit viel Liebe, Mühe und Akribie verfasst hat. Ich denke, zig Tausende Drafi-begeisterte Menschen in ganz Europa werden meine Meinung teilen. Vorliegender Tonträger repräsentiert fraglos alle Facetten, die das viel zu früh verstorbene Multitalent aus der Hauptstadt in seinem künstlerischen Leben dargeboten hat, weshalb wir alle der ARIOLA dankbar sein sollten, daß Jan den Zuschlag dafür bekam, dieses phänomenale Projekt zu realisieren!
Nach einem kurzen Zwischenspiel bei der METRONOME, wechselte Drafi 1986 zur Kölner EMI, wo er bis 1993 unter Vertrag stand und eine Menge wundervoller Titel aufnahm, die meine Katalog-Kollegen "Im Mediapark" zo Kölle am Rhing dieser Tage für eine Ausgabe ihrer CD-Reihe "Schlager und Stars" verkoppelt haben.
In den späten 80er Jahren brillierte Drafi in erster Linie mit zeitnah dunklen, düsteren Klangdramen, überwiegend selbst (bzw. in Kooperation mit seinem kongenialen Arbeitspartner Chris Evans-Ironside) ersonnen, teils mit eigenen Texten oder solchen der Szenegrößen Dr. Bernd Meinunger bzw. Joachim Horn-Bernges versehen.
Zu den größten Hits jener Phase zählen u.a. die nächtlichen Synthiballaden "Das elfte Gebot" (1987) oder "Uns're Herzen frieren" (1986) - wobei wir gerade bei letzterem Titel wieder mal unseren Hut vor Jan Stephan ziehen müssen, da es ihm gelungen ist, die Kollegen von der EMI davon zu überzeugen, ERSTMALS ÜBERHAUPT, die extrem rare, über sechsminütige MAXI-VERSION dieses perfekten Titels auf Silberscheibe zu pressen. Bedauerlich allerdings, daß die Kölner Drafis kommerziell einträglichsten Hit aus der zweiten Hälfte der 80er, "Herz an Herz Gefühl", weder in genannter deutscher, noch in der englischgesungenen Fassung ("Sensuality", beide 1986), für "Schlager & Stars" berücksichtigt haben. Dafür hören wir allerdings schlicht wundervolle, traumhafte, im Tempo gedrosselte Synthesizerdramen der Sorte "Asche oder Diamant" (1987), "Diesmal für immer" (Titelsong des gleichnamigen Drafi-Albums aus 1987), "In Liebe ertrunken" (1989 - mit fetzigen Synthibläsern und einer guten, knackigen Rhythmisierung verfeinert), "Träume, die aus Tränen sind" (1986 - latent bluesorientiert) oder "Die verbotene Liebe" (1987 - dramatisch, unterkühlt, schleichend inszeniert).
Besonders gelungen: die auf einer Melodie von Giuseppe Verdi basierende, enorm coole Elektropop-Arie "Wie die Musik" (eine Art deutsche Auslegung von John Miles' "Music (was my First Love)"); bei dem kessen Mid-Tempo-Rocker "So war unsere Liebe" stand dagegen Wolfgang Amadeus Mozart inspirierend Pate. Die ebenfalls klassisch angehauchte Pianoballade "Solang aus Liebe" (1991) zählt ebenfalls zu den tönenden Höhepunkten von "Schlager & Stars".
Desweiteren können wir auf "Schlager & Stars" fesche, manchmal auch recht rockig ausgefallene Neufassungen von - na klar! - "Marmor…" und "Welche Farbe hat die Welt?" vernehmen, sowie persönlich eingesungene Versionen von Titeln, die Drafi seinerzeit für Kollegen konzipiert und arrangiert hatte ("Jenseits von Eden" (Nino de Angelo, 1983), "Mama Leone" (Bino, 1979)).
Schlußendlich führte Drafi in den ausgehenden 80ern auch ein anderes Projekt zum Erfolg: Zusammen mit dem davon abgesehen chronisch erfolglosen Schlagersänger Oliver Simon, bildete er im Windschatten des damals höchsterfolgreichen Popduos "Modern Talking" das Duettkonzept "Mixed Emotions". Mit enorm eingängigen, tanzbaren Discoschlagern a la "You want Love (Maria, Maria)" (1986), "Bring back (Sha na na)" (1987) oder "Just for you" (1988) landeten "Mixed Emotions" nicht selten auf den höchsten Rängen der europäischen Singlecharts, weshalb die EMI auch ebenjene (wenn auch auf Englisch intonierte) Megaohrwürmer für "Schlager & Stars" verkoppelte.
Wer sich über Drafis kreative Tätigkeiten in den 80er Jahren informieren bzw. sich an diesen delektieren möchte, sollte sich dringlichst beide hier analysierten CDs zulegen. Sie beweisen, daß der vortragende Künstler nicht nur für Skandale, sondern auch und besonders eben für verdammt gute Musik zu sorgen in der Lage war. Drafi ist und bleibt ein Unikum der teutonischen Musikszene, den wir niemals vergessen werden (und der sich über derzeit kursierende Möchtegern-Epigonen auf seiner Wolke sicherlich krumm und scheckig lacht...)
Gesamtnote - "Drafi": 2+
Gesamtnote - "Schlager & Stars": 1

(Holger Stürenburg)

 


   
   
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