hildefilm 20130107 1921534807 Art.:
Start:
Firma:
Titel:
Kinofilm
12.03.2009
Warner Brothers
"Hilde - Der Film"

 

hildefilm2 20130107 1969177963ROTE ROSEN FÜR HILDE
Das habe ich ja nun wirklich noch nie erlebt. Einen Film anzuschauen für deutsche-mugge.de und dann darüber etwas schreiben. Und dann noch so einen Film. Und dann noch um diese Zeit. Einen Film über Hildegard Knef, einen Ausschnitt aus ihrem Leben von 1943 bis 1966, untermalt mit Songs von ihr, die "Kapitel" unterteilt mit Zitaten aus dem Chanson "Für mich soll´s rote Rosen regnen". Gespielt wurde Hildegard Knef von Heike Makatsch. Die Pressevorführung fand um 8.00 Uhr morgens statt. Letzteres kann man schon mal machen, aber alles andere?
Ich gebe gleich am Anfang zu: Ich konnte mit den Liedern von Hildegard Knef mit einigen Ausnahmen nie wirklich etwas anfangen. Heike Makatsch war für mich jahrelang fast eine Art Feindbild. Und dass der ganze Film eine Hommage an Hildegard Knef sein würde, das war mir schon mal klar. So haben mich vor allem zwei Aspekte interessiert. Wie macht sich Heike Makatsch, deren Sympathiewert bei mir in den letzten Jahren stieg und mich ihre Jugendsünden bereits vergessen ließ, in der Rolle als Hildegard Knef? Wie klingt Heike Makatsch, wenn sie deren Chansons singt? Was will mir der Film über das Leben von Hildegard Knef erzählen, welches mich eigentlich überhaupt nicht interessierte? Wie wird die Zeit bis 1966, ein Jahr vor meiner Geburt, dargestellt? Und das war´s im Grunde auch schon. Ach ja, und ob ich während des Films einschlafen würde angesichts der morgendlichen Stunde, in der ich nie einen Film sehen würde, so kurz nach dem Aufstehen, aber auch angelegen (wegen der Liegesessel) der sehr bequemen Kinosituation in der Astoria-Film-Lounge, wo die Pressevorführung stattfand. Gleich vorab: Ich bin alles andere als eingeschlafen, der Film hat mich vollends geweckt.

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Hildegard Knef war für mich immer eine Große und sie hatte meine Achtung und meinen Respekt. Ich würde mir nie eine CD mit ihren Liedern kaufen, aber es muss mir nicht gefallen, was jemand tut, um zu sehen, dass es gut und gar großartig ist, was er tut. Oder eben sie. Für mich war DIE Knef DIE Knef und dass sie meinen Hörgewohnheiten nicht entsprechen wollte, dafür konnte sie nichts. Aber sie war ein Star, ist es heute noch. Wenn man DIE Knef sagt, fragt niemand: "Ach, ist das unsere neue Nachbarin?" Jeder weiß, wer dann gemeint ist. Das muss man sowieso schon mal schaffen. Sollte irgendwann jemand von mir sagen (was sicher nie eintreffen wird), DER Hähle und niemand wird darauf fragen: "Was hast du denn mit dem CDU-Fraktionvorsitzenden Sachsens zu schaffen?", sondern jeder wird wissen, dass nur ich gemeint sein kann, dann wäre ich auch ein Star. Und vielleicht wird man nach dem Film "Hilde" sagen, wenn dies nicht jetzt schon der Fall ist, DIE Makatsch und jeder wird wissen, es ist Heike Makatsch gemeint.
So, ich hatte keinen Bock auf diesen Film, aber ich war neugierig. Herausgekommen bin ich ganz begeistert. Ich hatte Angst, es würde so etwas werden wie der Marlene-Film mit Katja Riemann, der im Grunde heißen müsste "Katja Riemann spielt Katja Riemann, die zeigt, wie Katja Riemann Marlene Dietrich andeutet". Aber dieser Film ist anders. Ich habe Hildegard Knef gesehen und wer ist Heike Makatsch während dieses Films? Sie war nicht da und besser kann eine Schauspielerin nicht agieren. Dass sie doch da war und mehr als überaus präsent, das wird einem erst dann klar, wenn man sich aus dem Film heraus begibt und sich, die Fiktion allmählich abstreifend, der Realität wieder stellt. Noch überaus merkwürdigerweise: Ich habe Hildegard Knef singen hören und sehen, obwohl sie gar nicht gesungen hat, nix aus diesem Film. Alles hat Heike Makatsch eingesungen. Vielleicht ist es tatsächlich so, wie Heike Makatsch selber sagt, dass es doch eher nicht stimmig ist, wenn man ihre Aufnahmen mit denen DER Knef direkt vergleicht. Aber für mich war es so, dass DIE Makatsch DIE Knef wieder auferstehen ließ, als Figur und als Sängerin. Das Einzige war vielleicht, worüber ich mich etwas wunderte, dass DIE Knef besser sang als ich es in Erinnerung hatte. Aber das Gedächtnis täuscht uns ja immer wieder und wenn gute Regisseure und gute DarstellerInnen dies in unserem Sinne zu nutzen verstehen, dann ist das eben "großes Kino". "Hilde" ist "großes Kino". Ich hoffe, der Film wird ein Erfolg, ich wünsche es diesem Film, in memorial auch Hildegard Knef, dem Regisseur Kai Wessel und seiner großartigen Darstellerriege.

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Ich mag diesen Film auch deshalb, weil er nicht DIE Hommage an eine Superlady ist, sondern der Versuch, Teile der Biographie eines in sich nicht ganz schlüssigen Menschen darzustellen. Es ist ja immer wieder merkwürdig: Wenn jeder von Euch daran denken würde, wie man bestimmte Entscheidungsfindungen des eigenen Lebens auf Leinwand projizieren sollte, ist doch alles irgendwie viel zu komplex, manches lässt sich nicht mal niederschreiben. Ich habe eine Frau gesehen, die in einer Zeit voller Widersprüche sich ihren Anspruch an sich selbst, aber auch an ihre Zeit stellte. Kompromisslos und ohne Scheu vor Selbstüberschätzung, was eine Diva nun mal ausmacht. Daran ist sie gewachsen, DIE Knef, daran ist sie gescheitert, immer wieder, das Scheitern und der Erfolg, ganz dicht nebeneinander und beides immer wieder im großen Stile, das ist Hildegard Knef. Sie hat mit dem Teufel getanzt und ihre Seele verkauft, mehr als einmal. Und hat sie sich doch immer, manchmal unter großem Leidensdruck wieder zurückgeholt, ihre Seele, um sie dann an ihr Publikum zu verschenken.
Der Film hört da auf, als Hildegard Knef alias die Hollywood-Diva Hildegard Neff DIE Knef wurde, die Sängerin, die Texterin, die Interpretin ihres eigenen Schicksal, welches sich so eng mit dem ihrer Fans verknüpfte, denn die Zeit war gleich, die Schicksale ähnelten sich, die Hoffnungen waren erkennbar, die Leiden und immer wieder diese Art zu lieben, verzweifelt, maßlos und doch nie so, wie die Skandalpresse sie gerne hätte, nämlich haltlos. Genau das war sie nicht. Sie war zerrissener, lehre mich dieser Film, als ich glaubte und sie war geradliniger, das lehrte mich dieser Film, als ich annahm. Das darzustellen ist schon eine Kunst, so dass ich es begreife, verstehe, ja selbst das mir Unverständliche zumindest nachvollziehen kann.
Manches mag unnötig gewesen sein in diesem überlangen Film, manche symbolhafte Zeichnung, wie die Allegorie der Hinrichtung des Ewald von Demandowsky (Anian Zollner) wohl verzichtbar. Kaputt gemacht hat es diesen Film nicht. Die Einstreuung der "Rote Rosen"-Verszeilen kam meiner persönlichen Diva Patti zu oberlehrerhaft vor. Ich muss ihr Recht geben. Aber dies mag jeder anders sehen. Wichtig ist nur eines: Es ist ein großartiger Film in meinen Augen. Und ich würde mir gern die CD von Heike Makatsch mit den Knef-Songs anhören. Vielleicht mache ich das auch.

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In den 60ern waren, was ich nicht wusste, Hildegard Knef und David Cameron (Dan Stevens) eine Art Vorzeigepaar. Die Ehe begann mit einem Skandal und wieder einem Scheitern, gar einem finanziellen, der Knef und dauerte zehn Jahre. Ich liebte sehr diese Figur des David Cameron. Monica Bleibtreu liebe ich sowieso, egal was sie spielt. In diesem Fall war es die eigentliche Entdeckerin, Schauspiel-Lehrerin und bis an ihr Lebensende Förderin der Hildegard Knef Else Bongers, die ihr jenen mütterlichen Anteil ersetzte, den Hildegard Knefs in ihren eigenen Sorgen und in ihrer eigenen kleinen Welt verfangene Mutter (sehr filigran und einfühlsam gespielt von Johanna Gastdorf) nicht bieten konnte, auch nicht ihr bereits mit allem abgeschlossen habende, aber bedingungslos an Hildes Talent glaubende Großvater (hier muss irgendein Preis für die beste Nebenrolle her für Michael Gwisdek). Immer wieder suchte DIE Knef Menschen, die sie förderten und fand sie, so suggerierte es mir dieser Film, nahezu mühelos. Dass diese Menschen, wie nach der Premiere der "Sünderin", sie auch immer wieder fallen ließen, suggeriert er glaubhafter. Die Menschen, die Hildegard Knefs Weg jedoch in einer Art Vasallen-Treue, doch aber ausschließlich aus Liebe und aus dem Glauben an ihr Talent heraus begleiteten trotz aller Stürme und Widrigkeiten und Skandale, werden in diesem Epos über einen Teil eines bewegten Lebens mit porträtiert. Neben den bereits erwähnten Personen der ungewöhnlich charismatisch erscheinende Erich Pommer (Hanns Zischler), der an der Egomanie der Knef und am Mangel an eigenem künstlerischem Vermögen fast zerbrechende Kurt Hirsch (Trystan Pütter, den Wandel vom fröhlichen Lebemann zum vor verletzter Eitelkeit immer mehr in sich selbst traurig versinkenden muss man erst mal spielen können, ich fand das sehr beeindruckend), dessen Liebe scheitern musste zu dieser Überperson Hildegard Knef. Nicht gefallen hat mir Anian Zollner als Ewald von Demandowsky. Ich glaube nicht, dass der so ein Jammerlappen war und ich bin überzeugt, wenn der Regisseur Wessel es zugelassen hätte, hätte Zollner uns eher eine weitere in sich gespaltene Figur präsentieren können. Wissen kann ich es natürlich nicht. Überhaupt fand ich die Sentenzen der 40er Jahre nicht so komplett gelungen, nahm ich auch der Makatsch die ganz junge Knef irgendwie nicht ab. Der große (und Theaterfans wissen auch wie tapfere) Boleslaw Barlog (Sylvester Groth) kam mir persönlich in diesem Film etwas zu kurz, andererseits muss ich gestehen, dass es im Sinne des Films wohl wieder recht so war, aber vielleicht gibt es ja mal auch einen Film über das Leben Barlogs. Der würde sich lohnen, bilde ich mir ein. Roger Cicero als anfänglicher (ab und auch späterer) musikalischer Begleiter DER Knef Ricci Blum war als Darsteller so blass wie ich es mir vorgestellt hatte, allerdings jedoch wesentlich besser als ich es erwartet hatte. Ein Schauspieler ist der Sänger nicht, ein hervorragender Musiker mit Sicherheit. Zu diesem Film hat es jedoch merkwürdigerweise so gepasst.
Am 12. März ist der Kinostart von "Hilde". Ich wünsche ausverkaufte Häuser und mir persönlich den Soundtrack zum Film. Sehr erstaunlich im Vergleich zu dem, was ich oben schrieb? Ja, wenn ein Film so etwas bewirken kann...
(Andreas Hähle)

 


   
   
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