Joachim Witt: "Rübezahls Reise" (Album)

lp28 20220210 1883278321VÖ: 25.02.2022; Label: Sony Music/Membran; Katalognummer: n.n.b.; Musiker: Joachim Witt (Gesang), die weiteren an diesem Album beteiligten Musiker sind hier derzeit noch nicht bekannt; Bemerkung: Das Album wird auf CD, Schallplatte und als limitierte Fan-Box erscheinen. Nähere Angaben folgen, sobald sie vorliegen;

Titel:
Rübezahl • In Einsamkeit (feat. Chris Harms) • So Fern • Shandai Ya (feat. The Mystery Of The Bulgarian Voices) • Die Wölfe ziehen • Abendwind • Das Leben in mir • Stern (feat. Claudia Uhle) • Die Seele • Bernstein • Ich spür die Liebe in mir/div>


Rezension:
Kann sein, dass ich nicht der Richtige dafür bin, neue Platten von Joachim Witt zu rezensieren. Wenn man - wie ich - sämtliche Scheiben von ihm im Schrank hat, teilweise sogar als Vinyl und CD gleichzeitig, kann man wohl davon ausgehen, dass es sich bei mir um einen Fan handelt. Aber fehlt mir deshalb die Objektivität? Finde ich deshalb pauschal alles supi und lobe es über den grünen Klee? Neeee! Die LP "10 Millionen Partys" z.B. wird von anderen Fans als CD zwar gesucht und teuer gehandelt, ist hier aber nur der Vollständigkeit halber im Regal. Ich kann sie nicht mehr hören, weil der Zeitgeist von damals mit seinem PWL-artigen Plaste-und-Elaste-Sound ein inzwischen nerviger Gast geworden ist, der einfach nicht gehen will. Auch die Single "Hallo Deutschland" fand ich schon immer richtig kacke. Aber es hat seine Gründe, wieso das Regal hier voll mit Joachim Witts Tonträgern ist: Er liefert Abwechslung und immer wieder Überraschendes. Auch mit dem dritten Album seiner "Rübezahl"-Reihe, "Rübezahls Reise", tut er dies, und von daher glaube ich, dass ich wohl doch dazu tauge, es Euch vorstellen zu können …

Gleich der Opener "Rübezahl" mit seinem bombastischen Sound und den bis ins Mark fahrenden Schlagzeug-Schlägen ist ein Botschafter dessen, was einen in der nächsten knappen Stunde noch so erwartet. Zu dieser massiven Klangwand malt Witt mit Worten Bilder, um den Berggeist "Rübezahl" vor dem geistigen Auge seiner Hörer erscheinen zu lassen. Er schlüpft als Sänger dazu einmal mehr in diese Rolle, die ihm inzwischen auch äußerlich anzusehen ist und nimmt damit den Faden auf, dem man ab dieser Stelle beim Hören der nächsten Lieder nur noch folgen muss. Ein perfekter Einstieg und den Mund wässerig machender Happen Musik. Dieser fetten Soundmischung begegnen wir im Verlauf der Platte weitere Male ("In Einsamkeit", "Das Leben in mir"), aber auch ruhige Momente finden ihren Platz ("So fern", "Die Wölfe ziehen", "Abendwind", "Ich spür die Liebe in mir").
Einen Hauch von "Adiemus" versprüht das Lied "Shandai Ya", bei dem The Mystery Of The Bulgarian Voices mitwirken. Deren Chorgesang verleiht dieser Nummer eine besonders feine Note und Witts immer noch herrlich wandelbare und vielseitige Stimme gibt dem Lied eine angenehme Wärme.
Mächtig eins zwischen die Hörner bekommt man aber in meinem persönlichen Lieblingssong "Bernstein". Eine Hymne mit Barbaren-Chor als Witt'schem Begleitschutz und sowohl lauten als auch leisen Momenten. In den "lauten" dominiert eine Gitarre in Eisbrecher-Manier, in den "leisen" darf der Synthie die Oberhand gewinnen. Einmal mehr spielt Joachim Witt mit seinem Instrument, der Stimme, ein perfektes Solo. Unbeschreiblich packend und mystisch zugleich.
Einen weiteren Höhepunkt bildet das leise "Stern", ein Duett mit Claudia Uhle. Ach, was war man in den 90ern verknallt in diese rothaarige Schönheit, die mit der Gruppe X-perience und dem Song "Neverending Dream" einen Hit hatte. Die Nummer hier könnte auch einer werden, fasst er seinen Hörer doch so angenehm an und spricht ihm Mut zu. Wieder fährt einem Frau Uhle tief unter die Haut. Der eingebaute Dudelsack-Einsatz ist hier zusätzlich ein überraschender Moment.
Genauso wie Joachims Gesang im Song "Die Seele", bei dem er in die 80er und von der Art zu singen zu Liedern wie auf "Märchenblau" zurückkehrt. Der Synthie-lastige Sound rundet dieses Bild zusätzlich ab.

Inhaltlich gestattet Joachim Witt seinen Hörern die Freiheit, selbst zu erforschen, was er ihnen auf "Rübezahls Reise" zu sagen hat. Viele Texte, die die eigene Interpretation dieser zulassen, aber eine unüberhörbare Hommage an die Natur bilden, finden sich hier wieder. Man muss bei den Inhalten, wie auch bei der Musik, genau hinhören, was der Künstler uns hier mit auf den Weg geben will. Vielleicht ist dafür auch ein mehrmaliges Anhören erforderlich. Der Ohrwurm-Effekt stellte sich hier jedenfalls nicht beim ersten Durchgang ein, was auch daran liegen könnte, dass die Bemusterung mit einem Stream statt einer CD erfolgte und man so gezwungen war, die Songs am PC über rappelige Boxen zu hören. Aber ist man erstmal drin im Fluss, läuft die Scheibe …. und läuft … und läuft.
(Christian Reder)





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