Lars Kutschke: "While We're Here" (Album)

kutschke2022 20220721 1703416952VÖ: 15.07.2022; Label: TIMEZONE Records; Katalognummer: 4260673692674; Musiker:; Lars Kutschke (Gitarre), Tad Robinson (Gesang), Kirk Fletcher (Gitarre), Alberto Masico (Orgel), Simon Oslender (Orgel), Alex Schultz (Gitarre), Matthias Bätzel (Piano, Orgel, Klavinet, Pianet, Glockenspiel), Tom Götze (Bass), Heiko Jung (Schlagzeug), Andreas Gundlach (Horn), Jan Kaiser (Trompete), Michael Skulski (Saxophon), Chris Hermann (Posaune), Til Sahm, (Orgel, Klavinet, Keyboard, Synthesizer), Attila Herr (Bass), Frank Fritzsch (Horn, Saxophon), Gerald Meier (Posaune), Skip Reinhard (Trompete, Horn), Angela McClendon (Hintergrundgesang), Glynis Yowell (Hintergrundgesang), Gyöngyösi Gábor (Piano, Orgel), Alina Gropper (Geige), Michael Spiecker (Geige), Magdalena Baudisch (Cello), Jeroen van Zutphen (E-Piano), Oliver Klemp (Bass), Stephan Salewski (Schlagzeug), Frank Bartsch (Horn), James Sexton (Schlagzeug); Bemerkung: CD im doppelt aufklappbaren Pappcover (Gatefold) inkl. Abdrucl aller wichtigen Infos zu den Songs. Kein Booklet und somit ohne Abdruck der Songtexte. Die CD ist im gut sortierten Fachhandel oder über die Homepage des Künstlers erhältlich;

Titel:
"Chelsea Morning", "I Want My Baby Back", "Denise And The Nephew", "Hummingbird", "While We're Here", "Hidalgo", "The Closest I Get To Heaven", "Kaloyan", "Blues Wayne Interlude", "Coup de Ville"


Rezension:
Im Dezember 2019 stand bei uns in Castrop-Rauxel das Ensemble von Dirk Zöllner auf der Bühne des "Mythos". Einen fulminanten Abend bot uns das Quartett damals und im das "Meister Scholle" begleitenden Kollegium agierten wieder einmal erstklassige Instrumentalisten. Einer davon war Lars Kutschke an der Gitarre, der mir bis dahin erst einmal aufgefallen war, nämlich als Studiogast der Gruppe Keimzeit bei ihrem Album "Auf einem Esel ins All". Im Dezember 2019 stand er also nun live und in Farbe vor mir, ich konnte ihm auf die Finger schauen, und er blieb mir in guter Erinnerung. Jetzt fiel mir der Name Lars Kutschke ein weiteres Mal auf, als mir der Postbote eine Sendung in den Kasten warf, in der das Album "While We're Here", Kutschkes Solo-Werk, steckte. Die Neugier war geweckt …

Nun liegt die Vermutung nahe, dass das Ergebnis des Solo-Ausflugs eines Instrumentalisten nur ein selbstverliebtes Rumgeschrammel auf dem bevorzugten Arbeitsgerät sein kann, aber hier kann bereits jetzt schon verraten werden, dass die Lieder auf "While We're Here" weit von "Geschrammel" und noch weiter von "selbstverliebt" entfernt sind. Selbstverliebt schon deshalb nicht, weil neben dem Hauptakteur Kutschke allerlei Kollegen mitwirken und das Klangbild der Lieder recht farbenfroh machen. Für die Auflistung der Namen aller an dieser CD beteiligten Musikanten muss man sich als Rezensent schon einen halben Tag Urlaub nehmen. Von Selbstverliebtheit also keine Spur, denn jeder Kollege bringt sich mit seinem Können ein und wertet das von ihm begleitete Stück auf. Auch den Vorwurf des "Geschrammels" darf Lars Kutschke mit aller Vehemenz von sich weisen, denn er zeigt in 10 äußerst abwechslungsreichen und überwiegend als Instrumentals geschöpften Stücken, was er auf sechs Saiten einer Gitarre alles so drauf hat. Und das ist `ne Menge!

Relativ entspannt und geschmeidig, mit Sprenklern vom Smooth Jazz, nimmt uns der Künstler gleich mit dem das Album eröffnenden "Chelsea Morning" als Hörer in Empfang. Der Klang eines Fender-Rhodes-Piano, gespielt von Matthias Bätzel (Uschi Brüning, Günther Fischer), und einem Bläsersatz, gespielt von den Southside Horns, geben dem Gitarristen ansprechenden Geleitschutz und führen ihn durch diese knapp viereinhalb minütige Eröffnungszeremonie. Schon zu diesem Zeitpunkt ist man geneigt, laut vernehmlich und komplett euphorisch "Ein Meisterwerk" zu rufen. Aber das wäre wohl zu früh …
Noch einen Tacken "smoothiger" geht es dann in "I Want My Baby Back" zu, einer Coverversion des Songs von Mosley & Johnson, zu dem dann auch Gesang zum Einsatz kommt. Dieser wird beigesteuert von Tad Robinson (u.a. Blues Foundation), der tatsächlich die Frechheit besitzt, mit seinem Gesang beim Hörer Gänsehaut zu verursachen. Das macht er aber ganz meisterlich, ebenso wie Lars Kutschke mit seiner "Clapton'esk" gespielten Gitarre und die Zöllner-Horns, die das Ganze mit feinstem Gebläse würzen. Ein weiteres Highlight, und wir sind erst beim zweiten Stück …
Einen echt soulig-bluesigen Schleicher reicht uns Herr Kutschke mit "Denise And The Nephew", einer Komposition aus dem Modern Electric Blues-Bereich und im Original von Anthony Paule. Hier teilt sich Lars mit seinem Spiel auf der Telecaster das Rampenlicht mit Alex Schultz, der mit seinem Spiel auf der Les Paul eine weitere Klangfarbe einstreut.
Ein Wiederhören mit der Hammerstimme von Tad Robinson gibt es im Song "Hummingbird". Ist das Original von Leon Russell im Klangbild doch eher transparent, ist es Kutschke hier gelungen, eine angenehme Dichte hinzubekommen, für das u.a. auch Gyöngyösi Gábor (u.a. The Beaux Jaxon Band) am Wurlitzer Piano und der Hammond-Orgel, Tom Götze mit seinem herrlich blubbernden Bass, sowie das Streicher-Trio ein dickes Pfund mit zu verantworten haben.
Nach dem Opener lässt Lars Kutschke nun mit "While We're Here", "Hidalgo", "Kaloyan" und "Blues Wayne Interlude" - nur von der einmal mehr durch Tad Robinson äußerst ansprechend vorgetragenen Coverversion des Songs "The Closest I Get To Heaven" unterbrochen - vier weitere Eigenschöpfungen folgen und unterstreicht damit mit ganz dickem Filzstift, dass er sein Handwerk auch in diesem Bereich ausgesprochen gut beherrscht. Jedes dieser vier Stücke ist instrumental. Im Pressetext zum Album ist zu lesen, dass alle auf der CD zu hörenden Lieder beim Zusammentreffen Kutschkes mit befreundeten Kollegen entstanden sind, mit dem Ziel, "den gemeinsamen Moment zu genießen und zusammen Musik zu machen". Darum heißt das Album auch "While We're Here", und aus dem gleichnamigen Stück hört man diese Entspanntheit, die "dicke Tinte" zwischen Komponist und Mitmusikanten, sowie das Genießen des Augenblicks aus jedem gespielten Ton deutlich heraus. Bei allen anderen Liedern auch, aber wenn man so direkt mit der Nase aufs Thema gestoßen wird, fällt es erst recht auf. Bei den vier genannten Songs steckt die Abwechslung dann nicht nur für Kenner zu entdeckend im Detail, sondern unüberhörbar auch im Klang.
Ist "While We're Here" stilistisch mit dem Opener verwandt, klingt "Hidalgo" anfangs fett nach den 70ern und dem Sound der ganz großen Rockkapellen dieser Dekade. Dann gleitet die Nummer nach der Einleitung in melodiöse und luftig-leichte Fahrwasser hinüber, um im weiteren Verlauf dann wieder dreckig und laut zu werden. Der Wechsel zwischen laut und leise ist hier Programm und liefert dem Hörer eine echte Achterbahnfahrt mit extrem geilen Gitarren-Ausflügen!
"Kalayan" kehrt dann wieder in den Bereich des schleichenden Jazz zurück, und überzeugt durch großzügigen Hammond-Orgel-Einsatz, feinsten Gitarren- und Flügelhorn-Momenten, und sorgt damit für ziemlich locker-entspannte fünf Minuten.
Die vierte (bzw. mit der Eröffnungsnummer bereits fünfte) Eigenkomposition stellt dann nochmal einen Großangriff aufs Tanzbein dar, denn die flott arrangierte Nummer macht es einem so richtig schwer, ruhig sitzen zu bleiben. In der Dreierbesetzung aus Schlagzeug (Heiko Jung), Bass (Tom Götze) und Gitarre (natürlich Lars Kutschke) pustet uns das hier operierende Orchester Jahrzehnte alten Staub aus allen Ritzen. Es groovt, es rappelt, es bewegt einen. Ein "Meisterwerk" mehr auf dieser Scheiblette.
Mit dem ruhig arrangierten "Coup de Ville" und einer letzten Begegnung mit dieser einzigartigen und einen immer wieder anfassenden Stimme des Amerikaners Tad Robinson beschließt die Arbeitsgemeinschaft um Lars Kutschke schließlich den Arbeitstag und dieses Album. Noch einmal steigt eine angenehme Wärme auf, noch einmal perlen feine Gitarrentöne aus den Boxen und noch einmal fühle ich tiefe Dankbarkeit, dass mir diese CD "zugespielt" wurde und große Freude, Lars Kutschkes Solo-Abenteuer verfolgt haben zu dürfen.

Es scheint wohl wieder in Mode zu kommen, Musik mit echten Menschen entstehen und den Rechner bei den Aufnahmen einfach mal ausgeschaltet zu lassen. Bei den Songs auf "While We're Here" handelt es sich um echte und wertige Handarbeit - Also um Kunst, die diese Bezeichnung auch verdient hat! Das Anhören jedes der 10 Lieder und das Eintauchen in Lars Kutschkes kreative Welt machen Spaß und verlangen nach mehr davon. Zugegeben, es ist nichts für den Fernsehgarten oder eine der zahlreichen Schunkel-Shows im Öffentlich-Rechtlichen TV, weil das Publikum hier so schlecht im Takt mitklatschen kann, aber Freunde guter Musik, die aus dem Herzen und nicht aus kommerziell-ausgerichteten Gedankenspielen entsprungen ist, haben beim Anhören dieses Programms wahrlich einen Feiertag - ach was, ein Hochamt!
(Christian Reder)









   
   
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