Perlgold: "Top Secret" (Album)

perlgold2022 20221205 1615566890VÖ: 18.11.2022; Label: Perlgold/RecordJET; Katalognummer: 4099885208553; Musiker: Stefanie Darnesa (Gesang), Jonah Leann (Gesang, Chimes), Michael Heiderich (Gitarre, Harmonika, Keyboard, Programming), Arthur Brouns (Saxophon in "Smartphone"), Uwe Kroggel (Cello in "Abschied"), Cornelia Seifert (Stimme in "Rotes Licht"), Janne Meißner (Stimme in "Gleichschritt"), Kinderchor Dresden-Plauen (in "Smartphone"); Komposition/Texte: Jonah Leann, Michael Heiderich; Produzent: Mario Lehmann; Bemerkung: CD im Jewel-Case inkl. Booklet mit Abdruck der Songtexte;

Titel:
" Top Secret", "Love & Sex & Rock'n Roll", "Rotes Licht", "Abschied", "Tagtraum", "Smartphone", "Gleichschritt", "Paradies", "Bungee Jump", "Wunderland", "Alles okay", "Reichtum"


Rezension:


Dabei sehen die doch so sympathisch aus …
Den Einzug der Elektronik in der Pop- und Rockmusik kann man nicht mehr zurückschrauben. Musik, die von vorn bis hinten mit echten Instrumenten eingespielt worden ist, gibt es gefühlt kaum noch. Die Technik richtig angewandt, bietet den Musikern aber richtig viele und durchaus auch gute Möglichkeiten, die eigene Musik zu gestalten. Von der Romantik, dass sich fünf oder sechs Jungs im Studio treffen und über Tage hinweg Lieder live einspielen, kann man sich weitestgehend sowieso verabschieden. Das ist nur noch selten der Fall, und von den Kosten her auch kaum noch zu stemmen, denn die Zeiten, in denen große Plattenfirmen ein Mega-Budget für eine Albumproduktion raus gehauen haben, liegen schon lange hinter uns. Schade eigentlich, denn damals ist uns vieles erspart geblieben. Wer vor 30 Jahren z.B. gerade keinen Schlagzeuger, Bassisten oder auch Gitarristen im Haus hatte, konnte keine Platte aufnehmen. Die Technik macht es inzwischen aber möglich, dass dies nun wirklich jeder tun und mit entsprechenden Helferlein aus dem Computer fehlende Musikanten (und teilweise auch Talent) ersetzen kann. Die richtigen Profis sind damit in der Lage, dem Hörer tatsächlich das Vorhandensein einer ganzen Kapelle vorzugaukeln auch wenn nur zwei Mann zum Musikmachen vor Ort waren, aber leider gibt es auch eine ganze Reihe Musiker da draußen, die diese Technik nicht beherrschen, sie trotzdem anwenden und am Ende ein Ergebnis erzielen, dass man besser mit dem Vermerk "Top Secret" im Giftschrank verschwinden lassen sollte. Auch die Gruppe PERLGOLD ist beim Musizieren mit dem Einsatz von technischen Hilfsmitteln über den einen oder anderen Fallstrick gestolpert, hat das Endprodukt aber nicht "Top Secret" unter Verschluss gehalten, sondern unter dieser Überschrift tatsächlich als Album veröffentlicht. Aber das ist nur eines von mehreren Problemen, die sich beim Hören des Albums heraus kristallisieren …

PERLGOLD sind Stefanie Darnesa aus dem mecklenburgischen Röbel/Müritz und Jonah Leann aus dem brandenburgischen Luckau im Spreewald. Zwei sympathisch wirkende junge Menschen, die sich wohl schon ein paar Jahre länger kennen und irgendwann ihre Leidenschaft für Musik entdeckten. Dies mündete schließlich vor kurzem in der Gründung ihrer Band PERLGOLD, die im November das Debüt-Album "Top Secret" mit 12 Titeln in Umlauf brachte.

Schon beim ersten Lied "Top Secret" bemerkt man das eingangs erwähnte Problem, dass der Umgang mit der "neuen Technik" nicht jedermanns Sache ist. Das Schlagzeug und der Bass sind unüberhörbar "aus der Dose". Die klingen so echt, wie es die Frontzähne eines Eishockeyspielers aus den 1970ern waren, also gar nicht. Das kann aber auch ein weiteres Defizit, das einen förmlich anspringt, nicht übertünchen, nämlich die insgesamt schwache Gesangsleistung der beiden Hauptdarsteller und den "Reim Dich oder ich krieg Dich"-Charakter des Textes dieser Nummer. Es klingt insgesamt wie gewollt und nicht gekonnt, und das ständige Wiederholen des von Stefanie im Refrain rein gezwitscherte "Top Secret" fängt schon relativ schnell an zu nerven.
Der Kunststoff-Bass und der billige Schlagzeugersatz-Sound bleibt einem als Hörer im Verlauf der CD auch weiter erhalten und können an keiner Stelle ihre Herkunft aus der Tube verschleiern. Zumindest aber überrascht im Titel "Love & Sex & Rock'n Roll" eine muntere E-Gitarre das Ohr. Dabei hat es sich dann aber auch schon wieder mit den positiven Ausnahmen. Die Idee, viele verschiedene Dinge im Text aneinander gereiht unterzubringen, hat man hier wohl von Billy Joels "We Didn't Start The Fire" abgeschaut, nur die Umsetzung ist nicht wirklich gelungen. Auch hier nervt die Hookline ziemlich schnell, der Gesang von Jonah Leann kann einmal mehr nicht überzeugen und das Gesamtbild der Nummer hängt ziemlich schief im Rahmen.
Peinlich - anders kann man es leider nicht nennen - wird es dann im Song "Rotes Licht", das wie die bisher schon gehörten Songs auch die gleichen handwerklichen Schwächen aufweist, hier aber noch einen extremen Rohrkrepierer in Sachen Text mitbringt. Nicht, dass die anderen Texte bisher gut waren, aber dieser hier über "bezahlte Liebe" und "Rotlicht-Dienstleistungen" stellt für den Geschmack des Autors dieser Zeilen den absoluten Höhepunkt an "Geht gar nicht" dar. Schlimm dabei ist: Das Duo meint es wohl tatsächlich ernst!
Nicht ganz an diese "Qualität" anknüpfen kann da der Song "Smartphone", in dem sich ein Kind wünscht, das Mobiltelefon der Mutter zu sein, weil das wesentlich mehr Aufmerksamkeit erhält als es selbst. Verstehen wir uns nicht falsch, die Intention und die Idee, die in diesem Text steckt, ist gut, aber gut gemeint ist noch längst nicht gut gemacht. Und davon ist der Text von "Smartphone" meilenweit entfernt. Ebenso wie das Lied insgesamt von einer halbwegs guten musikalischen Umsetzung entfernt ist. Hat bisher der männliche Part des Duos PERLGOLD mit schwachen Gesangsleistungen auf sich aufmerksam machen können, folgt ihm in dieser Hinsicht nun auch die Dame und stellt ohne Fragen offen zu lassen unter Beweis, dass das mitgebrachte Talent keineswegs für eine professionelle Gesangskarriere reicht.
Weitere Songs möchte ich an dieser Stelle gar nicht beschreiben, da sie alle ein gleichbleibend billiges Arrangement und schwache Stimmen eint, sowie nervende Refrains und Texte, die sich nur ganz wenige Menschen trauen würden, öffentlich zu zeigen. Den Mut hatten die PERLGOLD'ler aber, und machen damit deshalb auch eine gehörige Bauchlandung.

Die Qualität des Albums rangiert auf einem Niveau, das viele Alleinunterhalter auf Betriebs- und Familienfeiern locker überbieten können. Statt aus Ton kunstvolle Skulpturen zu töpfern, haben Stefanie und Jonas leider nur skurrile Figuren aus buntem Plastilin geknetet. Als wolle man das Ganze zusätzlich visuell dick unterstreichen, hat man sich für die Pressefotos noch schnell mit Fingerfarben bunt angemalt und so ablichten lassen. Das hat in Sachen Rock'n Roll dann leider weniger was mit KISS als mehr mit Rolf Zuckowski zu tun. Dass weder das "Gesangsduo" noch ein gewisser Mario Lehmann, der sich in den Credits als Produzent dieses Albums outet, vor dem Versand ihres Produkts zum Presswerk in sich gegangen sind und die ganze Aktion nochmal überdacht haben, kann und will man als Außenstehender nicht verstehen. Zumindest ein guter Freund der beiden oder ein Familienmitglied hätte doch da mal was sagen können … Man kann und man soll durchaus Freude am Musikmachen haben, aber man sollte schon erkennen können, wann es besser ist, das für sich im kleinen Kreis und nicht als Massenwurfsendung in Form einer CD zu machen. Die vielen Schwächen und No-Gos dürften den direkt beteiligten Personen eigentlich nicht verborgen geblieben sein, es sei denn es liegt ein massives Problem mit den Ohren vor.

Am Ende bleibt zu konstatieren, dass man "Top Secret" tatsächlich besser als geheime Verschlusssache hätte behandeln sollen. Aber nun ist das Ding in der Welt und man muss als Verursacher damit leben, dass es gute Kritik wahrscheinlich nur aus dem engen Umfeld von Mutti und Vati geben wird. Das tut mir sehr leid, dieses Album so schlecht bewerten zu müssen, denn eigentlich sehen die beiden Absender dieser CD doch recht sympathisch aus …
(Christian Reder)





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