LIFT: "Am Abend mancher Tage" (CD Box)

lp15 20210707 1909022931VÖ: 25.06.2021; Label: sechzehnzehn/Buschfunk; Katalognummer: BF08222; Musiker: Gerhard Zachar, Konrad Conny Burkert, Jürgen Heinrich, Till Patzer, Manfred Nytsch, Wolfgang Scheffler, Karl-Matthias Pflugbeil, Bernd Schlund, Werther Lohse, René Decker, André Jolig, Peter Michailow, Jens Brüssow, Peter Rasym, Christiane Ufholz, Stephan Trepte, Franz Bartzsch, Michael Heubach, Henry Pacholski, Peter Sandkaulen, Bodo Kommnick, Hans Wintoch, Frank Gursch, Ivonne Fechner, Frank-Endrik Moll, Tilo Pietschmann, Michael Schiemann, Michael Ledig, Jochen Kittan, Holger Küste, Henning Protzmann; Bemerkung: 5 CDs im aufklappbaren Digipak mi6 Booklet;

Titel:
CD 1: "Lift" Wasser und Wein • ...fällt der erste Reif • Und es schuf der Mensch die Erde • Jeden Abend • Früh am Morgen • Ballade vom Stein • Du falsche Schöne • Komm her • Abendstunde, stille Stunde • Wenn (Bonustrack, 1973) • Regentag (Bonustrack, 1973) • Lied zu den Anden (Bonustrack, 1973) • Wind trägt alle Worte fort (Bonustrack, 1974) • Jeder Tag ist eine lange Reise (Bonustrack, 1974) • Komm doch einfach mit (Bonustrack, 1974)

CD 2: "Meeresfahrt" Wir fahrn übers Meer • Nach Süden • Scherbenglas • Tagesreise • Meeresfahrt • Sommernacht • Mein Herz soll ein Wasser sein (Bonustrack, 1975) • Atlantis (Bonustrack, 1974) • Soldat vom Don (Bonustrack, 1975) • Tochter Courage (Bonustrack, 1976) • Roter Stein (Bonustrack, 1975)

CD 3: "Spiegelbild" Rückblick • Sindbad • Märchenland • Alptraum • Erinnerung • Am Abend mancher Tage • Zwischenzeit • Liebeslied • Vincent Van Gogh • Einsamkeit • Komm heraus (Bonustrack, 1980) • Der Frieden (Bonustrack, Studioversion 1981) • Große Landschaft (Bonustrack, 1981) • Che Guevara Suite (Bonustrack, Live aus dem Palast der Republik 1978) • Am Abend mancher Tage (Bonustrack, Classic Version 2003)

CD 4: "Nach Hause" Tief im Blut • Nach Hause • Zwei Leben • Kameraden • Charly • Spielplatz • Kleine Ahnung • Leb deinen Traum • Deine Wege, meine Wege • Stunde zum gehn • Sag mir alles (Bonustrack, 1984) • Immerfort (Bonustrack, 1984) • Steigen Nebel (Bonustrack, 1985) • Memento Mori (Bonustrack, 1985) • Europa (Bonustrack, 1985)

CD 5: "Best of Classics & Unplugged" Wasser und Wein (Unplugged) • Jeden Abend (Unplugged) • Kleine Ahnung (Unplugged) • Meine Schulden (Unplugged) • Mein Herz soll ein Wasser sein (Unplugged) • Wind trägt alle Worte fort (Unplugged) • Leb deinen Traum (Unplugged) • Intro (Classics) • Am Abend mancher Tage (Classics) • Kalte Spuren (Classics) • Du falsche Schöne (Classics) • Nach Süden (Classics) • Abendstunde, stille Stunde (Classics) • Tagesreise (Classics)
 
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Rezension:

Die Gruppe LIFT war während ihrer Hochphase in den 70ern und 80ern bekannt für ihren erstklassigen Sound, ihre lyrischen Texte und die bis ins kleinste Detail ausgefeilten Arrangements. Zwischen 1977 und 1987 - also innerhalb von zehn Jahren - erschienen ihre bisher produzierten Studioalben "Lift" (1977), "Meeresfahrt" (1979), "Spiegelbild" (1981) und "Nach Hause" (1987). Davor und dazwischen nahm die Dresdner Band noch diverse Lieder beim Rundfunk auf, die damals nur teilweise auf Samplern erschienen waren oder nur im Radio gespielt wurden. Manche davon waren bis jetzt noch gar nicht auf einem Tonträger erhältlich. Das Label sechzehnzehn hat nun all dies verbunden und die umfangreichste Werkschau der Band auf den Markt gebracht. Die Box "Am Abend mancher Tage" beinhaltet nicht nur alle vier gerade genannten Studioalben, ergänzt mit Bonustracks aus dem Rundfunkarchiv, sondern auch noch eine weitere CD mit Unplugged- und Klassik-Crossover-Versionen der LIFT-Hits.

Diese Box nimmt seine Hörer mit in diese Zeit, in der gerade beim Klang der Musik nichts dem Zufall überlassen wurde. Sie nimmt ihn ferner auch mit in die bewegte Geschichte dieser Gruppe, die nicht nur sonnige Momente sondern leider auch einen tiefschwarzen notieren musste, der auf dem Album "Spiegelbild" von seinen Musikern in Form von Liedern versucht wurde, zu verarbeiten. Auch ohne die Berichte vom Unfalltod zweier Musiker der Band vor Augen zu haben, lässt sich diese Tragödie in der Musik des dritten Albums deutlich heraushören. Doch egal in welcher Stimmung die Lieder entstanden sind und aufgezeichnet wurden, in jedem einzelnen Stück schwebt dieser einmalige Klang, der LIFT so unverwechselbar machte und der den aufmerksamen Hörer auch Jahrzehnte später noch berührt.

Zu den Alben selbst muss man gar nicht mehr viel sagen. Es sind inzwischen Klassiker, die auf unserer Seite auch schon teils sehr ausführlich besprochen wurden. Dazu gibt es aber die schon erwähnten Bonustracks, zu denen u.a. auch endlich die legendäre 18-minütige Live-Fassung der "Che Guevara Suite" gehört, die Ende der 70er von Michael Heubach erdacht und in Töne verwandelt wurde, und die die Formation zusammen mit dem Rundfunkorchester Leipzig bei der hier zu hörenden Live-Premiere hat aufblühen und mitschneiden lassen. Ein Stück Musik, das eigentlich in den Musikunterricht gehört, aber bis zur VÖ dieser Box leider lange Jahre in der Versenkung oder bei Fans auf eingemotteten Kassetten als Radiomitschnitt verschwunden war. Ebenso seine Premiere auf einem Tonträger feiert das Lied "Europa", das Mitte der 80er beim Rundfunk der DDR aufgenommen wurde. Weitere Bonus-Titel sind z.B. "Memento Mori", "Große Landschaft" und "Atlantis", die bisher nur auf Ausgaben der inzwischen längst vergriffenen "Beatkiste"-CD-Reihe erhältlich waren, sowie diverse Tracks, die bereits auf der 2008 bei sechzehnzehn erschienenen LIFT-CD "Hits und Raritäten" schon zu finden sind. Somit ist "Am Abend mancher Tage" eine nahezu vollständige Retrospektive, die viele Wünsche erfüllt und ein ständiges Wechseln der verschiedenen SamplerCDs, auf denen die Rundfunkaufnahmen bisher erschienen sind, unnötig macht. "Nahezu vollständig" deshalb, weil die Lieder "Neuer Tag bricht an", zu finden auf der CD "Beatkiste Vol. 3", und "Lieder müssen ehrlich sein" den Weg in die Box leider nicht gefunden haben. Dies hat auch ein Kunde im Shop des Buschfunk-Versand in seiner Rezension richtig angemerkt. Dass diese Nummern auf keiner der fünf Scheiben zu finden sind, wird wohl dem fehlenden Platz geschuldet sein, denn auf einer CD ist eben nur 79:10 Minuten Platz für Musik, und die hier sind randvoll davon.

Zu erwähnen ist wohl noch die fünfte CD dieser Box, die "Best of Classics & Implugged" betitelt ist, und ein Konzentrat der 2003 bei AMIGA erschienen Doppel-CD "Classics & Unplugged" beherbergt. Ein Tondokument aus einer Zeit, als man mit Ivonne Fechner noch eine aus der Klassik kommenden Multiinstrumentalistin, die lange Jahre die Geigen-Töne beisteuerte, und mit Bodo Kommnick einen erstklassigen Arrangeur in seinen Reihen hatte, die den Klang der auf dieser CD zu hörenden Stücke maßgeblich mit geprägt haben. Hier zeigte die Band ihre Verspieltheit im Umgang mit den eigenen Klassikern und sorgte für manchen Überraschungsmoment.

Am Ende der Reise durch die fünf silbernen Scheiben ist man richtig begeistert, aber bleibt auch etwas wehmütig zurück. Nach dem Hören wird einem nämlich schmerzhaft klar, dass das hier Gehörte so von der Gruppe LIFT heute auf der Bühne nicht mehr reproduzierbar ist. Das hat viele Gründe. Einer davon ist, dass man eigentlich gar nicht weiß, wer LIFT heute eigentlich noch ist. Die Herren, die einen von der Homepage aus anlächeln, haben so schon länger nicht mehr zusammen gespielt. Stattdessen gab es unlängst in Leipzig einen Auftritt mit Musikern, deren Namen selbst Bandchef Werther Lohse auf Nachfrage nicht einfallen wollten, und solche, bei denen der eingangs beschriebene tolle und exquisite Sound-Palast mit all seinem Prunk und den vielen Verzierungen von nur zwei Musikern der Band (davon einer der Sänger Lohse) auf einen rudimentär angerichteten und komplett entkernten Rohbau herunter gebrochen wurde, der dazu noch fragwürdig verstärkt wurde. Der Anspruch an den eigenen Sound, diese wunderbare Tiefe in der Musik und die Authentizität der Instrumente, steht seitens der verbliebenen Kreativzentrale wohl nicht mehr so hoch im Kurs wie noch vor wenigen Jahren, was einem beim Verkonsumieren der letzten Veröffentlichung, der EP "Admiral", deutlich zu Gehör gebracht wird. Umso erfreulicher ist es, dass man nun auf diese Box zurückgreifen und in Erinnerungen schwelgen kann. Man erlebt LIFT in verschiedenen Phasen ihres Seins, mit verschiedenen Einflüssen, die sie ihrer Musik zugeführt haben, und in verschiedenen Besetzungen, in denen einzelne Musikanten ihre Essenz hinzu gaben und somit für eine Wiedererkennbarkeit und Einzigartigkeit sorgten, an der man heute noch eine Menge Spaß haben kann. Diese CD-Box muss man unseren Lesern ganz sicher nicht großartig schmackhaft machen. Der Appetit dürfte bei Euch schon längst da sein. Und wer bis jetzt noch nichts mit LIFT zu tun hatte, kann sich nun für einen kleinen Taler auf einen Schlag mit dem Komplettwerk versorgen - am Besten in gerade erwähntem Buschfunk-Shop im Netz oder vor Ort in Berlin. Und dafür gibt es meine uneingeschränkte Empfehlung!
(Christian Reder)





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