Schwarzbrenner: "Zauberworte" (Album)

schwarzbrenner2021 20210624 2098044668VÖ: 27.04.2021; Label: Eigenproduktion; Katalognummer: CD320956; Musiker: Wolfgang Becker (Gesang, Gitarre, Keyboards), Jörn Becker (Lead Gitarre), Rolf Menzen (Bass), Theofilos Fotiadis (Bass), Christoph Keisers (Schlagzeug), Marc Sokal (Schlagzeug); Bemerkung: Dieses Album ist auf CD im Digipak erschienen. Ihm liegt ein Booklet mit dem Abdruck aller Texte bei und es ist über die Homepage www.schwarzbrenner.de erhältlich;

Titel:
Irrlichter ueber den Feldern • Der Falke • Ein stiller Wald • Wohl heute noch und morgen • Lasset uns Mayen und Kränze bereiten • Die Schlösser • Wenn die Sonne weggegangen • Die Hafenstadt • Lasset uns Mayen und Kränze bereiten (Romantik Edition)


Rezension:


In der kühlen Auen Niederung,
drunten im dunklen Herzen grünblauen Grundes,
noch längst vor des ersten vögelnen Klangs.
Unter Kronen, himmelsmessend stark und stumm,
dort!
In seid´nem Gewand nebelner Kühle,
die wie ein Hauch zarten Feenstaubs
ins Zwielicht sich legt und Lippen wie Gestirne benetzt.
Dort, ja dort!
- harrt eine wack´re Schar guter Gesellen
und lauscht mit offnem Ohr und offnem Mund.
Harrt des Ortes Wortes geheimnisvollen Zauberwerks.
Und siehe, mit des Tages erstem Schein,
dem Blick voraus ins licht´ne Grau
tatsächlich sich erhebt: ein Raunen!
Der Zauber, hört doch! Erst ganz leis´ wie´s stern´ne Funkeln doch schwellend hernach,
heran wie ein Bach und dann .
.. ... walzt Caterpillars CB16 voll konkret
über alles krass drüber und machts exakt platt,
ruckzuck.


Was war passiert?
Die Herren Becker, Keisers und Menzen, gewissermaßen die drei schwärzesten Schwarzbrenner vom Dienst (das illegale Destillieren stark rotierenden Gesöffs soll eine alte Tradition sein, dort am Niederrhein!) beehren die Welt mit ihrer nunmehr zwölften Veröffentlichung poesiehaltiger Rockbluesmusike.

Dass man vom ersten bis zum fast letzten Ton der Scheibe erbarmungslos klar stellt, sauber gehackte Achtel- wie Sechzehntelnoten seien einem nicht nur nicht fremd, sondern geradezu alternativlos ins rhythmische Patterngedächtnis gebrannt worden, ist nicht das Schlimme. Die Puhdys und ungezählte Andere vom Fach waren dieser geschmacklichen Ansicht auch und damit sehr erfolgreich.

Dass man dem sich seine Atemluft mit aller Mühe durch die Stimmbänder pressenden Wolfgang Becker (nicht zu verwechseln mit Wolfgang Becker!) gern helfend zur Bühne eilte mit beruhigender Geste zur halsschlagaderfreundlicheren Atmung, ist nicht das Schlimme. Stillers Sportfreunde und andere Gesangsrabauken machten diese Art des Vortrags salonfähig und waren damit zu erfolgreich.

Dass das harmonisch/melodische Grundgerüst sämtlicher Stücke (9) auf "Zauberworte" spätestens mit dem Band II der "Modernen Rock Gitarre" als abgehandelt betrachten kann, ist nicht weiter schlimm. U2 brauchten noch viel weniger einfallsreiche Akkorde, um weltberühmt zu werden. Vermutlich lag´s an Musikalität oder so.

Dass man eines seiner Stücke als Reprise, als "Romantik Edition", mit künstlichen Streichersounds von der Speicherbank der heimischen Rechentechnik garniert und dieses dann als eine "neue Facette", als "Streichereinlage" ausdrücklich bewirbt, ist Handwerk. Klapperndes Handwerk. Nicht schlimm. Das machten schon die Leute um Milli Vanilli so oder so ähnlich und waren sehr erfolgreich damit.

Aber wenn das alles nicht schlimm ist, worin dann begründet sich jene gewisse Skepsis, jene Scheu der Kritik, welche dem Leser (dem guten Gesellen) zweifellos bereits leise deucht? Es wäre immerhin denkbar, dass sich ein Clemens Brentano, ein Georg Heym, ein Achim von Arnim - Herren also, die sich mit der Kunst befassten, dem Wort im Gefüge und im Klang Raum und Bedeutung zu verleihen, sie Bilder - insbesondere hoch romantische! - im Kopf des Lesenden, des Hörenden malen zu lassen - dass diese Herren also sich hochnotpeinlich berührt im Grabe drehten angehörs des erbarmungslosen Umgangs mit ihrem Wortwerk.

Sicher, der Gedanke, jene Künstler ins Bewusstsein auch heutiger Micky-Maus-Musik-Konsumenten zu retten, mag aller Ehren wert sein. Aber doch bitte nicht so! Es ist, als nietete man einen Doppel-T Rohstahl-Rahmen um ein Gemälde von Caspar David Friedrich um dessen pastellene Zartheit zu betonen. Der Vorschlag zur Güte könnte also lauten, die Musik von der CD zu entfernen und stattdessen lediglich das Booklet mit den teils durch Wolfgang Becker (dem Schwarzbrenner) bearbeiteten Texten zu veröffentlichen.

Scheinbar besteht zwischen der verheißungsvollen Behauptung im Titel, hier ginge es um etwas zauberhaftes (Zauberworte, Zauberwelten, Zaubernächte, Zauberträume etc. pp) und dessen völligem Ausbleiben beim Hören ein Zusammenhang. Schwarzbrenners Album "Zauberworte" sind - hält man Caterpillar CB16 für einen Zauberstab - reinstes Zauberwerk.
(Robert Brenner)





Seh- und Hör-Bar:








   
   
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