André Herzberg: "Keine Stars -
Mein Leben mit PANKOW" (Buch)


buch6 20211217 1124994534VÖ: 20.09.2021;
Verlag: Aufbau-Verlag;
ISBN 978-3-351-03843-4;
Bemerkung: gebunden/Hardcover, 256 Seiten;


Rezension:
Als ich 1982 das erste Mal „Inge Pawelczik“ im Radio hörte, wusste ich sofort, dass das der Beginn von etwas ganz Neuem in der Rockmusik dieses inzwischen vergangenen Landes ist. Diese Mischung aus weißem Rhythm & Blues und New Wave, mit einer geradeaus gespielten Leichtigkeit und dieser frischen, unbekümmerten Lyrik eines Frauke Klauke, alias Wolfgang Herzberg, war eine jedwede bis dahin vorherrschenden Musik- und Lyrik-Stile ignorierende Art zu musizieren. Wie man mit einem Wisch des Armes einen vollgestellten Tisch freiräumt, so kam PANKOW und André Herzberg daher und begannen alles umzukrempeln. Für mich war ab diesem Moment nichts mehr so, wie es war.

Seitdem begleitet mich diese Band auf Schritt und Tritt, alle Programme habe ich mehrmals gesehen, war bei Konzerten der Band mit dem Orchester der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland, hab mich gefreut, dass Jürgen Ehle einer der vier Gitarreros war und war bestimmt immer einer der Ersten, die sich die neueste Platte der Band gekauft haben. Selbst das Programm meiner ersten eigenen Band enthielt einen Pankow-Song. Oder waren es zwei? Nun sind es inzwischen 40 Jahre, die die Band existiert und folgerichtig erscheint dazu ein Buch: „Keine Stars – Mein Leben mit Pankow“. Für mich war immer klar: Wenn es einer schreiben soll, oder kann, dann ist es der Frontmann der Band – André Herzberg. Herzberg hatte für mich immer so etwas wie eine Sonderstellung in der Band – nicht durch seine Position als Frontmann und kongenialer Schauspieler der Figuren Paule Panke oder Hans im Glück, sondern eher durch seine jungenhafte Ausstrahlung. Er war, im Gegensatz zu den gestandenen Musikern, die damals die Créme de la Créme des ostdeutschen Rock waren und nach dem Weggang von Franz Bartzsch und Veronika Fischer die Band PANKOW gründeten, ein blutjunger Newcomer. Der zwar schon einschlägige Studioerfahrung mit der GAUKLER ROCKBAND und mit Ihr einen Hit hatte, aber dessen Erfahrungsschatz damals, im Gegensatz zu seinen Mitmusikern, eher gering war.

In dem Buch wird sehr unaufdringlich und sehr respektvoll über diese Zeit geschrieben. Herzberg beschreibt sich als lernender Beobachter, der sich nichts sehnlicher wünschte, als Bestandteil dieses hochprofessionellen Konglomerats Musikschaffender zu sein. Schön ist die Beschreibung der Studio- und Probenraumsituationen, in der auf eine Art und Weise gearbeitet wurde, die er bis dahin noch nicht kannte. Herzberg schreibt in diesem Buch, so wie man es auch aus seinen vorhergehenden Büchern kannte, sehr, sehr persönlich, was dem Buch sehr gut tut. Trotzdem ist es keine Autobiografie des PANKOW-Frontmanns, sondern weit aus mehr, es ist ein Stück Zeitgeschichte deutschsprachiger Rockmusik, es ist ein Stück über Befreiung und des Hintersichlassens von Einengung, bürokratischen Miefes und staatstragender Dummheit, sowie machtbesessener Eiseskälte von Funktionären … übrigens gut beschrieben in dem Zusammentreffen mit dem „Bestimmer“, der zu entscheiden hatte, ob das Programm „Paule Panke“ wie auch immer veröffentlicht wird. Wichtig und auch sehr berührend ist die Beziehung zu Jürgen Ehle und sein Umgang mit dessen unfreiwilligem Stasi-Outing … ein Thema, dass immer noch für viele offene Wunden darstellt. Für mich zeigt sich in dem Moment der besondere MENSCH André Herzberg, der enttäuscht und niedergeschlagen ist, dennoch nicht verteufelt, ihn konfrontiert und seine eigenen Schlüsse zieht. Einer der spannendsten und bewegendsten Momente in diesem Buch.

Auch schön zu lesen sind die vielen kleinen Anekdoten aus der Zeit, z. B. der Tortenwurf bei 50 Jahre Amiga. Sehr hervorzuheben sind die fantastischen Fotos, besonders von Herbert Schulze, von denen viele bis dahin noch nie gezeigt wurden … Ein Hingucker! Im Pressetext des Aufbau-Verlag wird von „… einem Muss für alle Fans“ gesprochen. Damit sind in meinen Augen nicht nur die Fans der Band PANKOW gemeint, sondern alle Fans deutscher Musikgeschichte, deren wichtiger Bestandteil die Band PANKOW und Ihr Sänger André Herzberg waren und sind. Von dem und vielem mehr erzählt dieses Buch. Danke André!
(Hans-Paul Nebel, Berlin)





   
   
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