WIR: "Im Konzert [Leipzig 1983]" (DVD)

dvd04 20181118 1531319083VÖ: 20.09.2018; Label: Telepool; Katalognummer: 235463; Musiker: Wolfgang Ziegler (Gesang, Keyboard, Gitarre), Hartmut Podlech (Gitarre, Gesang), Uwe Karsten (Bass, Gesang), Thomas "Schocker" Schock (Keyboard), Hans-Joachim "Achim" Kluge (Schlagzeug); Bemerkung: Mitschnitt eines Konzerts in Leipzig im Jahre 1983. Ohne weiteres Bonusmaterial, Laufzeit: ca. 60 Minuten;

Titel:
Und sie dreht sich doch • Interview mit Monika Maurer (Dokumentarfilmerin) • Blutiger Sommer • Eisberg • Ekstase • It's All Over Now Baby Blue • Traum vom Fliegen • Nr. 1 Song • Step On My Blue Suede Shoes • Nach dem Konzert


Rezension:
Vor 35 Jahren brachte das Fernsehen der DDR in seiner Reihe "Im Konzert" auch den Live-Mitschnitt eines Konzerts der Gruppe WIR. Diese Band befand sich zu diesem Zeitpunkt auf dem Höhepunkt des Erfolges. Ein Jahr zuvor eröffnete WIR mit dem Song "Und sie dreht sich doch" das Festival "Rock für den Frieden" und machte damit nachhaltig auf sich aufmerksam. Ihre Songs "Ekstase" und "Nr. 1 Song" landeten letztlich in der Hitparade des Jahres 1982. Im Jahre 1983 erschien der Titel "Blutiger Sommer" und man pendelte immer zwischen Live-Bühne und Studio hin und her, weil intensiv am nächsten Album "Ebbe + Flut" gearbeitet wurde. Der Titel "Traum vom Fliegen" platzierte sich 1983 ebenfalls in der Hitparade des Jahres. Ein schönes und bisher unveröffentlichtes Dokument dieser Zeit ist vorliegende DVD mit dem Mitschnitt eines Konzerts in Leipzig 1983.

Ein richtiger Konzertmischnitt ist das Programm auf der DVD eigentlich nicht. Vielmehr sollte es unter der Bezeichnung "Konzert-Film" laufen, denn es ist nicht nur Musik zu hören und sehen, sondern es gibt auch einen redaktionellen Teil. Dieser ist gleich nach dem Opener "Und sie dreht sich doch" zu finden, als die Dokumentarfilmerin Monika Maurer interviewt wird. Sie wurde von der Gruppe WIR mit dem Song "Blutiger Sommer" unterstützt, als sie einen Film über die israelische Belagerung und den daraus resultierenden Widerstand im Libanon im Sommer '82 drehte. Im Song geht es um ein Mädchen namens "Palästina", das auf der Flucht vor dem Krieg aus dem toten Leib ihrer Mutter geboren wurde. Sowohl der Sprecher (Off-Stimme) als auch die Filmemacherin erzählen etwas darüber, bevor die Band mit der Live-Interpretation dieses Stücks zu sehen und hören ist. Egal in welcher Form ich diesen Song zu hören bekomme, er löst bei mir immer noch Gänsehaut aus. Am Ende der Nummer ist im Video zu sehen, wie Wolfgang Ziegler hinter seinem Keyboard hervor kommt und ein Palästinensertuch hoch hält. Etwas später wird das Konzert nochmals von dem Sprecher unterbrochen, als er noch einige Details zu WIR und die Bandvorstellung zum Besten gibt. Außerdem handelt es sich hier wohl um einen 60-minütigen Auszug aus dem gesamten Konzert. Die einzelnen Lieder sind für das DDR-Fernsehen aus der gesamten Konzertaufzeichnung heraus geschnitten und in Teilen wieder zusammengesetzt worden, damit es in eine Stunde Sendezeit passt. Es ist auch nicht zu übersehen, dass die Titelfolge verändert wurde. Während Wolfgang Ziegler schon bei "Und sie dreht sich doch" nass geschwitzt und ohne Jacke zu sehen ist, trägt er bei "Ekstase" plötzlich eine Jacke und sieht aus, als sei er gerade aus der Maske gekommen. Warum auch immer das so gemacht wurde, am Hör- und Sehvergnügen ändert das nichts.

Nach den ersten großen Klassikern in Live-Versionen ist auf der DVD neben "Eisberg" dann auch der eben schon erwähnte Titel "Ekstase" zu finden. In dieser flott arrangierten Nummer ist ein erster Ausflug eines der Bandmitglieder zu sehen, nämlich ein erstes kleines Bass-Solo von Uwe Karsten. Karsten sollte später aber noch wesentlich mehr Platz für seine Fingerfertigkeiten eingeräumt bekommen. Das Quintett hat zudem einen längeren Instrumentalteil eingebaut, was aus einer anfangs mundgerechten Fassung eine Maxi-Version erwachsen ließ. Zwei international erfolgreiche Songs anderer Künstler hatte die Band für ihr Konzert in Leipzig ebenfalls einstudiert und nachgespielt. Nach der "Ekstase" ist Bob Dylans Hit "It's All Over Now Baby Blue" auf der DVD zu hören, zu dem Wolfgang Ziegler sein Keyboard verlassen und zur akustischen Gitarre gegriffen hatte, sowie der Rock'n'Roll-Klassiker "Step In My Blue Suede Shoes" vom King Elvis Presley, das im Publikum wildes Tanzen auslöste und bei dem sogar Schlagzeuger Hans-Joachim "Achim" Kluge und Keyboarder Thomas "Schocker" Schock Gelegenheit zum Singen bekamen. Wolfgang Ziegler nutzte diese Nummer nämlich für eine eigene Bandvorstellung und marschierte mit dem Mikro dabei auch zu den Kollegen, die sonst im Konzert gesanglich eben nicht in Erscheinung traten - Uwe Kasten und Hartmut Podlech fallen hier ja immer wieder als Background-Sänger angenehm auf. Außerdem sind die Songs "Traum vom Fliegen" mit seinen sphärischen Keyboard-Passagen und reichlich Nebeleinsatz, sowie - natürlich - "Nach dem Konzert" in spannenden Live-Fassungen auf der DVD zu finden. Letzterer natürlich ganz am Ende des Programms. Besonders heraus sticht das Lied "Nr. 1 Song", das beim Konzert in Überlänge (über 10 Minuten) gespielt wurde. Wolfgang Ziegler kam hier sogar zu einer Schauspieleinlage. Eingebaut in die Nummer wurde ein Schlagzeug-Solo, ein ausgedehntes Bass-Solo in das Uwe Karsten die Figur aus Deep Purples "Smoke on the Water" einbaute, und auch ein Gitarren-Solo von Hartmut Podlech. Die Kameras fingen dabei wunderbare Großaufnahmen der einzelnen Musiker ein, wie sie auf ihren Instrumenten in längere Ausflüge abdrifteten und ihre Finger über die Saiten tanzen ließen. Bei der Nummer geht so richtig die Post ab, was man auch beim Kameraschwenk an der Stimmung im Saal ablesen kann. Dort wurde ausgelassen getanzt und mitgesungen, insbesondere in dem Moment, als Ziegler als Sänger den direkten Kontakt zum Publikum sucht, und für die Leute hautnah und zum Anfassen in der ersten Reihe rumturnt.

Auch 35 Jahre nach diesem Konzert sind die Songs allesamt noch hörenswert. Die Live-Versionen der WIR-Titel sind zudem eine echte Rarität, da es sie bisher nicht auf einem Tonträger gab. Die Band und insbesondere ihr Frontmann Wolfgang Ziegler sind hier in absoluter Höchstform zu erleben. Leider ist es mit nur 60 Minuten ziemlich kurz ausgefallen und wenn man das Interview und die Redezeit der Off-Stimme abzieht, ist die Nettospielzeit noch geringer. Darum hab' ich mir die DVD gleich zwei Mal hintereinander gegeben und habe jetzt beim Schreiben schon wieder Lust, eine weitere Runde mit WIR zu drehen. Schade, dass es die Band schon so lange nicht mehr gibt und ein Comeback wohl eher ausgeschlossen ist. Man bekommt hier nur einen kleinen Eindruck davon, was WIR für eine ausgesprochen gute Live-Kapelle gewesen sein muss.
(Christian Reder)


 
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