Camouflage: "Voices & Images" (Album)

camouflagevoice 20180911 1224981155VÖ: 12.10.2018; Label: bureau b; Katalognummer: BB303; Musiker: Marcus Meyn (Gesang), Oliver Kreyssig (Tasteninstrumente), Heiko Maile (Tasteninstrumente); Bemerkung: Als Doppel-CD im aufklappbaren Digipak und als 3-fach Vinyl (Schallplatte) erschienen, inkl. Abdruck aller Texte und diversem Bild- und Fotomaterial. Limitiert auf 1.500 Exemplare.

Titel:
CD 1:
That Smiling Face • Helpless Helpless • Neighbours • The Great Commandment • Winner Takes Nothing • Strangers Thoughts • From Ay To Bee • Where Has The Childhood Gone • Music For Ballerinas • I Once Had A Dream • They Catch Secrets • Pompeji

CD 2:
The Great Commandment (Extended Dance Mix) • The Great Commandment (Extended Radio Mix) • Pompeji • Strangers Thoughts (Longer) • They Catch More Secrets • Zwischenspiel • Neighbours (Extended Version) • Every Now And Then • That Smiling Face (German Band Version) • The Great Commandment (US 12" Mix) • The Great Commandment (US Dub Mix 2018 Edit) • The Great Commandment (Justin Strauss Remix) • The Great Commandment (Acid Commandment 2018 Edit) • That Smiling Face (Justin Strauss Radio Version) • That Smiling Face (Justin Strauss Remix)


Rezension:
Zu meinem 17. Geburtstag im Dezember 1988 bekam ich von zwei Freundinnen die LP "Voices & Images" der Gruppe CAMOUFLAGE geschenkt. Schon knapp ein Jahr vorher - im Herbst 1987 - hatte es mir deren Song "The Great Commandment" angetan, den ich - soweit ich mich erinnern kann - zum ersten Mal in der TV-Sendung "Formel Eins" und danach in der Disko immer wieder gehört habe. Seit "People Are People" von DEPECHE MODE fand ich diese Musikrichtung spannend und schaute immer wieder mal dahin, wo mit elektronisch erzeugten Klängen gearbeitet wurde. Allerdings erreichte keine deutsche Band auch nur in Ansätzen die Qualität, die die aus England stammenden Musikanten von DEPECHE MODE hatten. Doch als CAMOUFLAGE mit eben dieser Nummer auftauchte, waren sie für mich die deutsche Antwort auf eben diese Klangtüftler von der britischen Insel. Gleich beim "Erstkontakt" mit der Nummer fuhren mir Heiko Maile, Marcus Meyn und Oliver Kreyssig, die hinter dem "tarnfarbenen" Namen steckten, nicht nur ins Bein, sondern auch tief in die Musikabteilung meines Herzens. Im Frühjahr erschien dann das Album, das ich aber - wie eingangs erwähnt - erst viel später mein Eigen nennen konnte. Vorher lernte ich noch die Singles "Neighbours" und "Strangers Thoughts" kennen, die beide nahtlos an die Klasse der Debüt-Single anknüpften und mich nur noch weiter mit dem aus Bietigheim-Bissingen stammenden Virus infizierten. In der Disko ging ich bei den Nummern ab und daheim wurde mit ihnen über die Anlage mächtig Dampf gemacht - sehr zum Leidwesen der Eltern, die fortan wenig Ruhe hatten, wenn der Spross @home war. Stolz war ich, dass ich die Maxi Versionen aller Singles auf Band hatte, denn sie waren die Verlängerungen des Hörgenusses jener Versionen, die man im Radio zu hören bekam. Um alle Platten kaufen zu können, die man damals cool fand, reichte das Taschengeld jedoch vorn und hinten nicht. Darum war man froh, gute Freunde mit gut sortierter Plattensammlung zu haben, die einem mit einem Abzug auf Band helfen konnten. Oder eben zwei gute Freundinnen, die einem mit dem Album auf Vinyl zum Geburtstag überraschten. Als ich das Album als Geschenk überreicht bekam, legten wir noch im Zimmer meiner damaligen Bekannten die Platte auf und ich hörte zum ersten Mal den das Album eröffnenden Titel "That Smiling Face". Direkt danach war klar, dass ich nicht nur ein neues Lieblingslied hatte, sondern dass ich nun ein Mega-Fan dieser Kapelle war.

Das ist nun 30 Jahre her und das Album zählt nach wie vor zu den Platten, die ich immer noch sehr gerne höre. Dem bisherigen Hörgenuss wird im Oktober, genauer gesagt am 12. Oktober 2018, noch reichlich Bonus-Material mit dazu gereicht, denn dann wird dieses Album zu seinem 30. Geburtstag nochmals aufgelegt. Das Label bureau b bringt "Voices & Images" als Doppel-CD und 3-fach Vinyl neu heraus und packt auf die Neuauflage noch diverse Maxi- und Remix-Versionen und B-Seiten mit drauf, so dass die ganze Sache rund wird und dem Fan eine komplette Werkschau der ersten Jahre dieser fantastischen Band an die Hand (und auf's Ohr) gegeben wird. In Zusammenarbeit mit den drei Musikern von CAMOUFLAGE hat das Label hier selbst ein kleines Kunstwerk erschaffen, das - selbst wenn man als Fan schon alles von der Kapelle zu haben glaubt - unbedingt noch mit ins Regal gehört.

Über das Album selbst muss man nicht mehr viele Worte verlieren. Es ist die Platte des Trios, das diesen besonderen bandeigenen Sound birgt, der sie erfolgreich werden ließ und auf dem alle weiteren Scheiben von CAMOUFLAGE aufbauten. Und auch wenn - wie ich es ja auch eingangs schon schrieb - die Verwandtschaft zwischen CAMOUFLAGE und DEPECHE MODE immer wieder gern heraus gestellt wird, teilen sich beide Gruppen am Ende doch nur das Genre, in das sie sortiert werden, und die hohe Qualität ihrer Musik. Gerade die Arrangements und die oft verspielten Synthie-Sounds haben aus "Voices & Images" inzwischen einen Klassiker gemacht, der auch dem noch unbeleckten Hörer deutlich zeigt, dass die Band eine eigene Handschrift hat. Vielleicht sind die Lieder nicht unbedingt "zeitlos", aber doch ein Stück vertontes Lebensgefühl der damaligen Zeit, das man heute auch mit Patina noch immer ohne Probleme genießen kann.

Ein Blick auf die Tracklist der Bonus-CD lässt schon beim Überfliegen das Herz höher schlagen. Da sind sie, die ganzen Maxis und B-Seiten, die man damals so geliebt hat. Dazu ein paar Versionen, die man nicht kennt, aber insgesamt ein Titelliste, die die Vorfreude auf's Hören rasant nach oben schießen lässt. Und gleich nach dem Starten der CD geht sie los, die aufregende und in jeder Minute spannende Reise zurück in die 80er und das Wiederhören mit alten Bekannten. Nicht jeder Mix trifft auch heute noch meinen Geschmack und ist für meine Ohren nicht unbedingt mehr "tageslichttauglich", aber zum überwiegenden Teil macht die zweite CD eine Menge Spaß. Mit den Justin Strauss-Mixen meines Lieblingssongs "That Smiling Face" hatte ich damals schon so meine Probleme. Der Kollege Strauss, der da Hand anlegte, hatte lediglich ein paar nicht zum Rest passen wollende Effekte rein gehupt und es dann als "seinen" Mix ausgegeben. Wie die Band das selbst gefunden hat und heute noch findet, ist hier nicht bekannt, aber das Fingerspitzengefühl eines Marcus Meyn, der diese tolle Nummer einst schrieb, und die Fingerfertigkeiten beim Arrangieren, wie sie die Band damals im Ganzen an den Tag legte, hat Strauss jedenfalls gänzlich vermissen lassen. Wie dem auch sei ... dafür findet man allerlei andere großartige "Verlängerungen" und "Remixe" der Single-Hits "Neighbours" und "Strangers Thoughts", sowie die B-Seiten der damals erschienenen Singles. Besonders fällt beim Hören auf, dass einem die ganzen Lieder immer noch nicht auf den Keks gehen, obwohl man sie schon so lange kennt und zig-fach gehört hat. Selbst jetzt nicht, wo auf der Scheibe gleich mehrmals der gleiche Song in anderen Versionen vertreten ist. Wenn das kein Zeichen für "unverwüstlich" ist, weiß ich auch nicht. Das geht mir übrigens mit "Love Is A Shield" vom Nachfolge-Album leider nicht so.

Die 80er hatten etwas, was die Dekaden davor nicht hatten: Bands und Solisten schickten ihre Single-Veröffentlichungen gleich in mehreren Versionen ins Rennen. Es gab nicht nur die Version auf der 7" Version oder auf dem Album, sondern es gab Maxi-Versionen, Remixe und allerlei andere Fassungen, die man zusätzlich hören, aber teilweise gar nicht kaufen konnte. Nicht jeder Mix landete nämlich auf Platte oder Maxi CD. Manch ein Mix erschien außerdem auch nur im Ausland, z.B. in Amerika oder Japan, wo sich die Plattenfirmen exklusive Mixe in die eigenen Verträge schreiben ließen. Das Schöne an der heutigen Zeit ist, dass die Scheiben von damals erscheinen nun in besonderen Auflagen wie dieser hier, in der all das gebündelt und in soundtechnisch überarbeiteter Form als Sammler-Edition gereicht wird. Was kurz vor, während und kurze Zeit nach der Album-Veröffentlichung alles entstand und in Umlauf kam, findet sich nun auf zwei CDs oder drei Schallplatten wieder. Lücken in der Sammlung und im Wissensschatz werden gefüllt, und der Fan in eine der coolsten Zeiten seines Lebens zurückversetzt. Die Musik von CAMOUFLAGE bekam von Band und Plattenlabel ein wunderbares Zuhause mit auf den Weg zum interessierten Käufer. Die uns hier vorliegende CD-Version kommt in einem aufklappbaren Digipak mit reichlich Inhalt daher. Das Cover weicht von dem der Erstauflage ab, das damals schon verwendete Foto tritt hier komplett in den Mittelpunkt. Und an dieses Foto angelehnt ist das komplette Layout der Neuauflage aufgebaut. Im Inneren wartet ein umfangreiches Booklet auf den Hörer, in dem er beim Genuss der CDs blättern und staunen kann. Neben den Infos zum Album gibt es nämlich auch noch eine ganze Menge mehr, z.B. Fotos und Hintergrundinfos. Den Inhalt habe ich ja schon ausführlich beschrieben. Ich wiederhole mich gerne: Selbst wenn man die Scheibe von damals bereits im Schrank stehen hat, ist diese Neuauflage trotzdem ein Muss.
(Christian Reder)





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