Maschine: "Alle Winter wieder" (Album)

maschine2018 20181115 1790871629VÖ: 16.11.2018; Label: Electrola/Universal; Katalognummer: n.n.b.; Musiker: Dieter Maschine Birr (Gesang, Gitarre, Bass), Uwe Hassbecker (Gitarre), Simon Pauli (Bass), Michael Lehrmann (Gitarre), Felix Lehrmann (Schlagzeug); Gäste: Kerstin Ott (Gesang), Tobias Künzel (Gesang); Bemerkung: Das Album lag zum Zeitpunkt des Erscheinens dieser Rezension noch nicht physisch vor. Die näheren Details dazu werden nachgereicht;

Titel:
Alle Winter wieder • Bilder die man nie vergisst • Wegbegleiter • Matrosenweihnacht • Ein Fenster in der Stadt • Sommer und Winter • Geschenke • Der alte Wolf • Das große Finale • Das neue Jahr ist da • Liebes altgewordenes Jahr • Alles was ich will
plus "Hektik-Song" als Hidden-Track


Rezension:
Immer wenn man gedacht hat, zum Thema Weihnachten sei alles gesagt, gesungen, gemalt und geknetet, wird man jedes Jahr im November und Dezember eines Besseren belehrt. Haben Peter Alexander, Roy Black und Heintje schon sämtliche saisonalen Volkslieder zum Weihnachtsfeste gesungen und wurden ihre in Vinyl gepressten Arbeitsnachweise millionenfach unter deutsche Weihnachtsbäume geschoben, ist das ganz offensichtlich längst noch nicht ausreichend. Das Publikum braucht mehr davon. Jahr für Jahr tun es die nachwachsenden Generationen den eben genannten Interpreten aus der gefühlten Steinzeit gleich und hauen die immer gleichen Klassiker neu produziert raus - natürlich ebenfalls mit dem Hintergedanken, eine tolle Geschenkidee für das Fest der Liebe unter das Volk zu bringen und gar nicht, um daraus Profit zu schlagen. Es langweilt eigentlich nur noch, jedes Jahr aufs Neue. Etwas interessanter sind dann doch die Produktionen, die eigens für das aktuelle Weihnachtsfest geschrieben, komponiert und eingespielt wurden. Lieder mit unverbrauchten Kompositionen und ganz neuen Texten zur schönsten Zeit des Jahres, die noch das Ziel verfolgen, den Hörer zu überraschen. Einer dieser Künstler, die diesen Versuch im Jahre 2018 unternehmen, ist MASCHINE, der gleich eine komplette Jahreszeit mit all seinen Höhepunkten musikalisch in Töne und Worte verpackt. Neu, anders und Aufmerksamkeit erregend ...

"Alle Winter wieder" heißt das neue Album von MASCHINE und man war lange Zeit gespannt, was bei MASCHINEs Vorhaben, die dunkle Jahreszeit mit seiner Musik hell auszuleuchten, rauskommen würde. Seit dem Sommer ist bekannt, dass es dieses Album geben würde, und mitten im Sommer bei über 30 Grad war er dann mit seiner Band im Studio, um die Wärme in die kalte Zeit zu übertragen. Bei den letzten beiden Platten (und eigentlich auch schon mit der LP "Intim" im Jahre 1986) überraschte der ex-PUHDY das Publikum mit spannenden Kooperationen. Gemeinsam mit Kollegen wie z.B. Wolfgang Niedecken, Julia Neigel, Mecky Kobór oder Ela Steinmetz nahm er Duette auf und zeigte sich dabei immer sehr wandelbar. Jeder seiner Songs mit Gästen war Besonders und las sich auf dem Papier schon spannend. Wer würde mit ihm denn jetzt zusammen wohl auf Liederreise ins Winterwunderland gehen? Die Antwort ist kurz: Tobias Künzel, vor 20 Jahren bei den PUHDYS schon auf dem Album "Frei wie die Geier" zu hören, und Kerstin Ott. Beides auf den ersten Blick nicht so spektakulär, wobei der PRINZ durchaus immer wieder für eine Überraschung gut ist. Frau Ott ist das nach Sichtung ihres bisherigen Outputs eher nicht.

Das Album startet mit dem Song, der ihm auch seinen Namen lieh: "Alle Winter wieder". Zu wohlbekannten Klängen fühlt sich der PUHDYS-Fan gleich wie bei einem Heimspiel. Maschine ist eben Maschine und die Nummer hätte auch wunderbar unter der Firmierung PUHDYS laufen können. Solide Handwerkskunst mit Wiedererkennungswert, die das Weihnachtsprogramm der Radiostationen in diesem Jahr absolut aufwerten könnte. Der Refrain geht flott ins Ohr und lässt sich im Verlauf des Tages auch nicht mehr von dort vertreiben. Könnte als störend empfunden werden, der Fan wird es aber lieben.
Das Stück "Sommer und Winter" bringt eine ganze Menge Melancholie mit. Es geht eher um die Jahreszeiten in der Seele, wenn die Dunkelheit trotz Sommersonnenschein den Tag bestimmt oder eben Sommergefühle an kalten Wintertagen aufkommen. Eine absolut gelungene Ballade, die von Klavier und Gitarren schön ins richtige Licht gerückt wird und dank seiner "Neutralität" auch abseits der Festtage zum Einsatz kommen kann.
Auch "Bilder, die man nie vergisst" ist ein sehr starker Titel. Etwas flotter als das eben beschriebene Stück arrangiert, geht es hier um das, was man im Leben erlebt hat und was die Festplatte mit den Erinnerungen aus all den Jahren niemals überschreiben wird. Da ist die erste Liebe, das erste Kind im Arm und überhaupt die "Bilder, die man nie vergisst". Auch dieser Song darf nach Weihnachten noch gespielt werden, weil er eben nicht ans Fest gebunden ist.
Dies funktioniert bei der "Matrosenhochzeit" nicht, denn hier geht es eindeutig um diese besonderen drei Tage im Dezember. Genauer um das Weihnachtsfest auf hoher See. SANTIANO lassen grüßen und weil das ja allein noch nicht reicht, hat MASCHINE zum fetten Unterstreichen dieses Eindrucks Kerstin Ott ans zweite Gesangsmikrophon gebeten. Und hier trifft genau das ein, was ich befürchtet habe als ich von ihrem Mitwirken erfuhr: Die Nummer krepiert schon am Startblock. Kerstin Ott mag menschlich eine superliebe Person sein, aber singen kann sie nicht. Sobald sie ihren Einsatz hat, erinnert der Song an ein Stück aus der "Sendung mit der Maus", wenn der absolut nicht als Sänger zu gebrauchende Klempner Schorsch ein Lied über seinen Beruf singt. Nett gemeint, für das junge Publikum völlig ausreichend, aber verstörend für Mutti und Vati, die für 's Ohr und das ästhetische Empfinden doch eher einen dickeren Belag auf der Stulle haben möchten.
Wenn wir schon bei den weniger gelungenen Stücken angekommen sind, muss auch das Lied "Geschenke" erwähnt werden. Einmal völlig davon abgesehen, dass einem die Nummer schon nach wenigen Takten ziemlich bekannt vor kommt, denn hier handelt es sich um eine etwas langsamere Version des Songs "Hip Hip Hurra" der PUHDYS von 1998, steht unter 'm Strich die Erkenntnis, wie einfach es doch sein kann, einen Songtext zu schreiben. Der von Tobias Künzel und MASCHINE im Duett gesungene Titel besteht nämlich nur aus einer Inventur-Liste des eigenen Kellers (es wird alles Mögliche an "Geschenkideen" aufgezählt) und einem Refrain in dem die Feststellung gemacht wird, dass Schenken Freude machen sollte. Einfallsreich ist das jedenfalls nicht. Leider keine Einzelfälle, aber dies ist natürlich Geschmackssache. Da möge sich der Hörer am Ende selbst ein Bild machen.
Dagegen stehen aber dann wirklich schöne Songs wie z.B. "Wegbegleiter", das ziemlich ruhig daher kommt, fast schon zerbrechlich wirkt und von Akustik- sowie E-Gitarre getragen wird. Die Nummer geht richtig unter die Haut, denn MASCHINE singt von den Momenten der Ruhe in denen er an die bereits gegangenen Wegbegleiter denkt und davon, dass sie noch immer in seinem Herzen eingraviert sind und für ihn darum auch weiterleben. Die ganze Nummer ist von vorn bis hinten gelungen und für meinen Geschmack der stärkste Titel auf der Scheibe. Auch "Der alte Wolf" überzeugt und wirkt mit seinem aufgewühlten Arrangement bombastisch und gefühlsgeladen. Das Bild, das MASCHINE mit der Nummer in die Köpfe seiner Hörer malt, ist groß und bedeutungsschwer. Es birgt ebenfalls eine gewisse Traurigkeit aber auch eine Menge Hoffnung und Frieden in sich.
Mit "Das große Finale" liefert der Musiker zudem die passende Hyme für Silvester. Und wenn ich Hymne schreibe, dann meine ich das auch so. Es ist ein Stück für den Party-Keller, zum aufdrehen in den letzten Minuten des alten Jahres. Dann verliert das Stück aber leider auch schon seine Einsatzmöglichkeiten bis zur nächsten Silvester-Party, denn an jedem anderen Tag im Jahr kann das Lied nicht zünden. Wie auch? Wir haben ja nur einmal Silvester ...
Weitere Lieder über einen Filmriss am Neujahrstag, verpackt in einem Deutschrock-Song ("Das neue Jahr ist da"), über das Revue passieren lassen des alten Jahres, verpackt in einem Folk-Song ("Liebes altgewordnes Jahr"), und auch über die Hektik zur Weihnachtszeit, verpackt in einem laut krachenden Rocksong, der allerdings als versteckter Titel am Ende der CD zu suchen ist ("Hektik-Song") hält das Album noch für seine Hörer bereit. Insgesamt eine bunte Mischung.

Böse Zungen könnten sagen, "Alle Winter wieder" ist das Rolf Zuckowski-Album für den Senioren-Stift oder ein Quell der Freude für den Musikredakteur des ZDF-Wintergartens, aber man kann die Platte auch als etwas anderen Beitrag für die Jahresendzeit bezeichnen, auf der jedes Mitglied der Familie seinen Favoriten-Titel finden kann. Im Vergleich zur letzten PUHDYS-Weihnachtsplatte "Heilige Nächte" jedenfalls ein Klassenunterschied. Abgesehen von zwei kleinen Ausflügen hat die Scheibe tatsächlich nichts mit Deutschrock zu tun, aber als ein solches Werk war sie ja auch nicht angekündigt. Ich persönlich habe mich mit manchem Titel schwer getan, aber ich bin auch überhaupt kein Freund von Weihnachtsliedern. Mit "Wegbegleitern" habe ich aber eine Nummer gefunden, die ich ins Herz geschlossen habe. Auch mit dem "Wolf" habe ich Freundschaft geschlossen. Insgesamt aber höre ich Maschine gern singen - wahrscheinlich auch, wenn er ein Kochbuch vertonen würde. Die Songs, die mir auf dieser Platte gefallen, werden sicher andere wieder nicht so prickelnd finden und dafür die Lieder davor oder danach als die Besseren einstufen. Aber damit hat MASCHINE ja dann alles richtig gemacht und meine Vermutung, dass es ein Album werden sollte, auf dem die ganze Familie etwas für sich finden kann - ich schrieb es zwei Sätze zuvor ja schon - könnte stimmen. Abzuwarten bleibt, wie die Lieder in der Live-Fassung ankommen werden und wie das Album insgesamt beim Publikum aufgenommen wird. Ich freue mich aber schon jetzt auf das nächste Album des Herrn Birr, das er selbst in unserem Interview als wieder "lauter" angekündigt hat. Hier bleibt aber erst mal festzustellen, dass zu Weihnachten eben noch nicht alles gesagt war. MASCHINE hat da ein paar Lücken geschlossen.
(Christian Reder)









   
   
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