André Herzberg: "Was aus uns geworden ist" (Album)

herzberg2018 20181110 1676009706VÖ: 09.11.2018; Label: Reptiphon/Broken Silence; Katalognummer: 03841; Musiker: André Herzberg (Gesang, Mundharmonika), Hans Rohe (Gitarren, Gesang), Karl Neukauf (Tasteninstrumente, Gitarre), Tom Baumgarte (Bass), Jan Burkamp (Schlagzeug, Percussion); Produktion Hans Rohe, Karl Neukauf; Bemerkung: CD im aufklappbaren Pappcover, leider ohne Booklet und somit ohne Abdruck der Songtexte;

Titel:
Bis hierher • Ich kann Dir nichts bieten • Unerträgliche Leichtigkeit des Seins • Orientierung • Neben Dir • Grau • Meine Regel • Prolet • Was uns verbindet • Was aus uns geworden ist


Rezension:
Die Biographie von André Herzberg liest sich spannend, vor allem was seine Zeit als Frontmann und Sänger der Berliner Band PANKOW vor der Wende betrifft. Mit durchaus systemkritischen Texten (z.B. "Langeweile") machte sich die Band nicht nur Freunde, wie man sich leicht denken kann. 1991 veröffentlichte Herzberg sein erstes Soloalbum, nachdem er die Gruppe PANKOW nach der Wende für einige Zeit verließ. Mittlerweile legt er das vierte Studioalbum (sein musikalisches Hörspiel "Das kalte Herz" mal nicht mitgerechnet) vor - nach 14 Jahren Pause. Pause? Mitnichten, denn er war ja weiter Bandmitglied der Musikkapelle PANKOW, bei der er in den 90ern dann wieder einstieg, und schrieb in der Zwischenzeit auch ein paar Romane. Am 9. November veröffentlichte er zeitgleich mit der CD den gleichnamigen Roman "Was aus uns geworden ist", der vom jüdischen Leben in der DDR handelt. Die Frage steht natürlich im Raum, ob die CD quasi die vertonte Version des Romans ist. Natürlich nicht, denn mit Ausnahme des Albumtitels handeln die übrigen Songs, die er in Kooperation mit seinen Musikern schrieb und komponierte, von Themen, die sich im Verlauf der letzten Jahre ansammelten. Und die, man höre und staune, in einer knappen Woche mit Hans Rohe, Karl Neukauf, Tom Baumgarte und Jan Burkamp im Studio live eingespielt wurden!

Die Scheibe beginnt mit "Bis hierher" (... und noch viel weiter will ich mir dir gehn ...). Sicher, Herzberg ist kein begnadeter Sänger. Bob Dylan, Mick Jagger und andere waren es auch nicht - zum Glück. Denn aalglatter Schöngesang würde bald langweilig werden und wäre tödlich für eine so engagierte, oft aufrüttelnde Veröffentlichung. Aber er kann wunderbar singen und intonieren, das ist kein Widerspruch. Das Lied ist ein flotter Einstieg mit groovenden Rhythmen, ein sich steigernder Lobgesang auf die Partnerin und endet fetzig. Live eingespielt? Perfekt!
Der Titel "Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins" macht besonders neugierig. Der tschechische Autor Milan Kundera beschreibt in seinem geichnamigen Roman aus dem Jahr 1984 seine Erlebnisse, die er während seines Exils in Frankreich erlebte. Ob André Herzberg von der Existenz dieses Romans gewusst hat, weiß ich nicht. Jedenfalls beschreibt er in seinem Song mit pessimistisch klingendem Gesang die Stille, die ihn oft umgibt ("Zuviel Frieden, zu viel Stille ..."). Zur etwas traurigen Stimmung tragen auch dezente Mundharmonikatupfer bei. Aber er singt alles mit einer Hingabe, die schon fasziniert.
"Neben Dir" ist eine zärtliche anrührende Ballade über die Zweisamkeit mit subtiler Klavier- und Gitarrebegleitung. Und diese Stimme fesselt!
Bei "Grau" erlebt man einen anderen Herzberg, der dramatisch und wild sein kann. Hier schreit er seine Gefühle in die Welt hinaus. In meinen Augen ein Song, der sofort unter die Haut geht. Getragen auf einer Traumklangwoge, mal laut, mal leise.
"Grau heißt, kommt mir bloß nicht zu nah". Mein privater Anspieltipp. Unfassbar aufregend. Ich würde gern dabei sein, wie er mal diesen faszinierenden Song live präsentiert. Die Fans würden ausflippen!
"Prolet" ist aus völlig anderem "Holz" geschnitzt. Und den braucht man auch zur Erholung vom vorherigen Song. Eingängig und wunderschön gesungen, fast diametral zum Inhalt (wieso habe ich vorhin da etwas von einem nicht so begnadeten Sänger gefaselt?).
"Was uns verbindet" ist schon das vorletzte Lied, das auch Gegensätzliches aufzeigt und zum Titelsong des Albums "Was aus uns geworden ist" überleitet. Eine ruhige Ballade voller Hoffnung und Zuversicht, die Herzberg mit Herzblut singt. Wunderbare Dichtkunst in sehnsuchtsvollen Worten.

Wer ein Weihnachtsgeschenk sucht ...
(Gerd Müller)





Hör-Clips:














   
   
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