Dirk Zöllner: "Dirk & das Glück (Zöllner trifft Karma)

zoellnerglueck 20170423 1914364546VÖ: 17.03.2017; Label: BuschFunk; Katalognummer: BF 06922; Bemerkung: CD im aufklappbaren Digipak, incl. aller Texte im Booklet; Musiker: Dirk Zöllner (Gesang, Gitarre, Harp, Percussion), Oliver Klemp (Bassgitarre), Andreas Bayless (Gitarre), André Gensicke (Tasteninstrumente), Marcus Gorstein (Schlagzeug, Percussion); Gäste: Marcel Wicher (Gesang), André Drechsler (Gitarre), Tobias Unterberg alias b.deutung (Cello), Steffi Breiting (Gesang), Tobias Hillig (Gitarre), Martin Ebert (Percussion), Jannes Wicher (Chor), Arno Jordan (Gitarre); Produktion: Marcus Gorstein

Titel:
Zwei Sonnen • Hallo • Die Dritte • Ich und das Glück • Leicht sein • Benzin • Die Frauen • Immer einer • Lieb sein • Engel • Du mästest mich • Ghetto • Bleifrei • Kamerad • Keine Schweine


Rezension:
"Der Sinn des Lebens besteht darin, glücklich zu sein." Eine Binsenweisheit, hier auf den Punkt gebracht vom Dalai Lama, derer man sich gleichwohl gelegentlich erinnern sollte. Der Sinn von Kunst besteht indes darin, mit unseren Sinnen zu spielen. Uns zu entdecken, zu inspirieren und am Ende dieser Reise - ja, glücklich zu machen. So schließt sich der Kreis.

Für Dirk Zöllner offenbar eine Thematik, die bislang im deutschen Liedgut entweder allzu stiefmütterlich oder allenfalls banal thematisiert wurde. Da läuft ihm dann beim Einkaufen (!) Werner Karma über den Weg, der sich beschwert, dass SILLY sich seiner Dienste als Songtexter entledigt hatte. Das Ergebnis ist bekannt ... Karma hatte offenbar die Lust verloren, seine (weitestgehend fertigen) Arbeiten anderweitig vertonen zu lassen. Ein Schatz, der brach lag, den es zu heben galt. Sänger und Texter arbeiteten bereits in früheren Jahren erfolgreich zusammen, und beide schätzen einander. Schließlich ließ Karma sich überzeugen. Aus einer Idee wurde ein Konzept und am Ende eine, ja DIE neue Zöllner-Platte.

Finanziert wurde die Produktion mittels einer Crowfunding-Aktion, deren Ergebnis alle Erwartungen übertraf. Insbesondere auf Facebook offensiv beworben, konnte innerhalb kürzester Zeit eine wahre Bastion von Fans mobilisiert werden, das Projekt zu unterstützen. So wird heute Kunst gemacht! Hinzu kommt, dass man dort die Entstehung des (wieder von Marcus Gorstein produzierten) Albums quasi von der Zeugung an über Schwangerschaft, Geburt bis zur Taufe hin in Echtzeit verfolgen konnte. Das schafft Verbindungen von unschätzbarem Wert. Und ein jeder (!) Mäzen findet sich namentlich im Booklet wieder. Die Schrift dafür musste recht klein gehalten werden, so viele waren es am Ende.

Das Album selbst strotzt vor allem vor ungemeiner Vielschichtigkeit, und das sowohl in musikalischer wie auch textlicher Hinsicht. Es unterscheidet sich hierdurch partiell auch von früheren Produktionen. Dabei ist es aber alles andere als beliebig oder gar inhomogen geworden, denn alle Songs eint das (teils unsichtbare) Band des Glücks - ohne, dass die Begrifflichkeit dabei inflationär verwendet würde. Dirk Zöllner hat im übrigen auf seiner Facebook-Seite einen jeden Text in seiner Entstehung und Sinnhaftigkeit seziert und lässt dem Publikum dennoch Luft für Interpretationen.

Herrlich unbeschwert startet das Liebeslied "Zwei Sonnen", ein durchaus radiokompatibles Duett mit Steffi Breiting aus der kompositorischen Feder von Gastmusiker André Drechsler. Scheinbar leichtfüßige Stücke finden sich im weiteren Verlauf immer wieder ("Ich und das Glück", "Die Frauen"), wenn auch stetig unterbrochen durch vermeintlich schwere und bisweilen zeitkritische Kost ("Die Dritte", "Engel", "Bleifrei"). Daneben - natürlich - immer wieder die so Zöllner-typischen Funk- und Soulattacken ("Ghetto"), neuerdings auch durchaus mal spritzig gewürzt mittels Bluesharp, etwa bei "Benzin" oder "Lieb sein". Und selbst der musikalische Kopf und selbsternannte "kleine Bruder" André Gensicke darf bei "Leicht sein" ans Mikrofon. Zöllner dazu: "Seit fast 30 Jahren ist er der Mann an meiner Seite. Wir haben gemeinsam DIE ZÖLLNER gegründet und er bildet das Pendant zu mir. Zusammen sind wir ein Ganzes. Ich der Motor und er die Gediegenheit im musikalischen Handwerk. Ich springe ständig hin und her - er formt, rundet ab, liefert den Unterbau ..."

Im Zentrum des Albums steht hingegen - etwas überraschend - ein Stück, das auf keinem Zöllner-Konzert fehlt und bestimmt schon an die 20 Jahre auf dem Buckel hat: "Immer Einer". Der Grund für die nunmehrige Reprise ist nicht bekannt, aber die Platzierung auf der Platte tut dieser ausgesprochen gut, was wohl insbesondere der ungemeinen textlichen Ausdrucksstärke dieses Klassikers zuzuschreiben ist: "Immer einer öffnet das Fenster und der and're fängt an zu frier'n, immer einer kann's locker ertragen und der and're nur auf allen Vier'n. Immer einer macht das Licht an und der and´re wird hässlich dabei, immer einer macht, dass er wegkommt und der and're kommt um statt frei". Für Zöllner selbst ist es die Krönung der frühen Zusammenarbeit mit Karma, für alle anderen gilt dies wohl ohne jedwede zeitliche Einschränkung.

Keine Kritik? Nun ja, wenn etwas fehlt, dann vielleicht der letzte klangliche Feinschliff, der dem Werk die Spritzigkeit und Dynamik, ja Wucht verleiht, die es verdient. Der die vielen kleinen Geheimnisse, die die mitunter komplexen Aufnahmen ja durchaus in sich bergen, ein Stück weit offensiver herauskitzelt. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau, zumal man sich damit in durchaus guter Gesellschaft mit den allermeisten Produktionen der Neuzeit befindet. Unbeschadet dessen wohnt dem Album in seiner Gesamtheit vor allem eines inne: eine Menge an Herzblut, die es kaum erlaubt, sich ihr unentschuldigt zu entziehen. Ob nun als Sponsor, Konzertbesucher oder bloßer Konsument. Es ist das Konzentrat und bisheriger Höhepunkt der kongenialen Zusammenarbeit zwischen dem Sänger und dem Autor, die wohl weitaus mehr Menschen glücklich machen dürfte als nur den "Dirki". Wetten?
(Rüdiger Lübeck)






Videoclip:





   
   
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