Wolfy Ziegler: "My Life" (CD Album)

ziegler2017 20171216 1737701284VÖ: 12/2017; Label: GIM Records; Katalognummer: ohne; Musiker Wolfy Ziegler (Bässe); Mischung Potsch Potschka (PP Studio Berlin); Bemerkung: CD-Album im Pappcover;

Titel:
Basst • Without (Part 1) • Bass in Space • My Dream about Anatevka • Basstalk at the Coastline • Without (Part 2) • Edvard meets Ludwig • Im tiefen Keller • Highway • Brasil meets Marocco • The Death Of The Ocean • Monster • Variation about America • Jazzy


Rezension:
Ich finde den Klang und den Druck, die ein E-Bass erzeugen können, richtig gut. Da geht bei mir die Sonne auf. Bei Konzerten liegt mein Augenmerk darum auch immer besonders bei dem Musikanten, der das Ding mit den vier (oder auch mal fünf) dicken Saiten bedient. Marcus Miller, Tony Levin (Peter Gabriels Band), Jäcki Reznicek (u.a. SILLY und Driftwood Holly), Nick Beggs (ehemals Kajagoogo, heute Steven Wilsons Band), Mark King (Level 42) und so einige andere Vertreter dieser Zunft bereiten mir besonders viel Freude. Vor knapp einer Woche hatten wir im Rahmen unserer Konzertreihe Potsch Potschka mit seiner Band im Konzert (Wir berichteten darüber). In dieser Kapelle zupft Wolfy Ziegler den Bass und wusste an diesem Abend den Schreiber dieser Zeilen ebenfalls für sich einzufangen. Und dieser Wolfy Ziegler hat mit "My Life" nun ein Soloalbum abgeliefert, auf dem sein Instrument die Hauptrolle spielt.

Ein Album nur mit auf dem Bass gespielter Musik? Ist das nicht ein etwas zu frugales Mahl? Nein, ist es nicht. Man kann beim Hören der 14 Stücke auf Zieglers Album kaum glauben, was sich aus Bässen alles so an Tönen und Melodien herauslocken lässt und für sich feststellen, dass man mit dem Instrument eben nicht nur "im tiefen Keller" operiert. Ja, sogar Orgel- und Synthie-Klänge zaubert der Musiker in den Raum und bei einem ungläubigen Blick auf das Cover wird einem nochmals schriftlich bestätigt, dass da tatsächlich nur Bässe gespielt werden. Einzig bei drei der vierzehn Lieder kommen auch mal ein Tasteninstrument oder Streicher zum Einsatz. Das war's auch schon ... Beim Spiel auf seinem Instrument unternimmt der Musiker einen Streifzug durch die verschiedensten Stile, wandelt im Pop-Bereich ebenso souverän wie im jazzigen oder klassischen Element, und verzichtet bei seinen Liedern komplett auf Gesang und somit auf Texte. Die instrumentalen Stücke mit Inhalten füllen muss und soll der Hörer selbst, lediglich die Namen der einzelnen Stücke geben einen Hinweis darauf, wohin die Reise gehen kann. Dabei darf jeder für sich die Bilder dazu entstehen lassen, wie der Traum von "Anatevka" oder ein "Treffen" von "Brasilien und Marokko" aussehen könnten. Besonders beeindruckend gelingt es dem Künstler im Stück "The Death of the Ocean" den Hörer bei geschlossenen Augen in nur 4:31 Minuten den drohenden Kollaps der Weltmeere fast mit den Händen greifen zu lassen. Schwere Kost, aber so ist das Leben - halt nicht immer nur ein warmer Tag am Strand. Bei der musikalischen Umsetzung der Themen werden die Saiten getappt, geslappt, die Finger auf dem Steg tanzen gelassen oder das Instrument einfach mal nur sacht gestreichelt. Heraus kommen dabei Lieder, die man so nicht erwartet hätte und die gerade dem Laien auch zeigen, wie intensiv der Sound eines E-Basses - egal ob Fretless oder Standard - klingen und wie viele Stimmungen er erzeugen kann. Und obwohl alle Lieder von Wolfy Ziegler selbst geschrieben sind, stößt man beim Hören stellenweise auch auf bekannte Töne. So z.B. in "Edvard meets Ludwig" auf die von Edvard Grieg komponierte "Peer Gynt-Suite Nr. 1" (und daraus das Stück "In der Halle des Bergkönigs"), die sich hier ganz charmant mit Ludwig van Beethovens 5. Symphonie "duelliert". Oder in "Variation about America", in dem sich Ziegler etwas von Leonard Bernsteins "West Side Story" ausleiht um es in seiner Komposition einzubauen. Und auch wenn ich mich wiederhole: Das wird alles ausschließlich auf dem E-Bass gespielt. Abwechslungsreich, vielschichtig und in jeder Minute äußerst ansprechend. Die eingangs gestellte Frage, ob ein Album nur mit E-Bass-Musik nicht viel zu karg sei, dürfte nun in den letzten Zeilen und auch mit Argumenten dick unterstrichen verneint worden sein.

Wolfy Ziegler hat sein Handwerk über viele Jahre in verschiedenen Bands und Projekten erlernt und verfeinert, u.a. in der Band von Herbert Grönemeyer, bei GURU GURU und bei STAHL. In einer so langen Zeit und mit so vielen Einflüssen wird man eins mit seinem Instrument. Da ist es durchaus legitim, sich mit einem Solo-Projekt mal selbstständig zu machen und seine Gedanken und Ideen über sein "Werkzeug" zu äußern. Dies ist Ziegler mit "My Life" ausgesprochen gut gelungen. Das Album macht insbesondere mir als Fan des Instruments und seines Klangs eine Menge Spaß, ist aber auch den Hörern/Lesern zu empfehlen, die sich beim Musikhören entspannen oder auf eine vom Künstler in aure ausgelöste Traumreise begeben möchten. Die bietet die Scheibe auf jeden Fall und diese Reise kann bei mehrmaligem Hören auch immer wieder mal woanders hinführen. Leute, die ihre Erfüllung in der Bewusstlosigkeit oder im Tiefschlaf während einer Musiksendung des Öffentlich-Rechtlichen finden, sollten hier jedoch einen großen Bogen machen. Teile dieses musikalischen Angebots könnte sie überfordern.
(Christian Reder)