b 20160418 1102643461 Titel:
Interpret:
Label:
VÖ:

Inhalt:
"Bretter meiner Welt"
Alex Diehl
Universal/Electrola
15. April 2016

1. Bretter meiner Welt
2. In meiner Seele
3. Nur ein Lied
4. Bitte werde nie ein Song
5. Hör auf ...!
6. Auf der Suche
7. Silvester
8. Hurrikan
9. Ein Zeichen [feat. Laith Al-Deen]
10. Musik
11. Lullaby
12. Im Jetzt





Es ist November und ein Haufen irregeleiteter Intelligenz-Allergiker richtet im "Namen ihrer Religion" in Paris ein Blutbad an. Die Welt ist geschockt, machtlos, traurig. Auch Alex Diehl, der seinen Gefühlen im Song "Nur ein Lied", das er nach den Terroranschlägen in Paris geschrieben hat, um die Menschen zum Nachdenken anzuregen, freien Lauf lässt. Diese in Noten gekleideten Gedanken des Alex Diehl finden Aufmerksamkeit. Bei youtube, dem Videoportal, über das schon so einige zum Star wurden, lädt er seinen Clip mit dem Song hoch und erntet dafür innerhalb weniger Stunden 3,5 Millionen Klicks. Im Februar nimmt er dann mit diesem Stück beim Vorentscheid zum Eurovision Song Contest teil - das Publikum wählt ihn damit auf Platz zwei. Plötzlich kennen viele Menschen im Land Alex Diehl. Doch Alex Diehl ist kein Musiker, der über Nacht geboren wurde und plötzlich da war. Sein "Nur ein Lied" ist auch nicht der erste Song, der in Umlauf gekommen ist und seine Hörer tief im Herzen berührt. Mich berührte und begeisterte er z.B. schon mit dem Song "Weitergehen", den er vor Jahren schon für seine an Krebs erkrankte Schwester schrieb. Diehl ist also schon länger als Musiker aktiv und hat 2013 mit "Ein Leben lang" bereits sein Debüt-Album veröffentlicht (wir berichteten). Inzwischen ist die Wahrnehmung seiner Person und Musik nur eine andere. Nun steht mit "Bretter meiner Welt" das zweite Album in den Läden - natürlich auch mit "Nur ein Lied" darauf.

Diehl ist ein Geschichtenerzähler, der seine aus dem Leben gegriffenen Erzählungen ganz wunderbar in Melodien kleiden kann. Auf dem neuen Album tut er das wieder. Das Album wird mit dem Song eröffnet, der ihm seinen Namen gibt: "Bretter meiner Welt". Damit nimmt der Sänger sein Publikum mit auf seine als Album aufgenommene Bühne, auf der er in den nächsten Minuten und den 12 Songs darauf seine Erfahrungen, Erlebnisse, Gedanken und Gefühle aufführen wird. Kraftvoll und mit echten Instrumenten lässt er dazu einen Sound erklingen, der sein "Bühnenbild" in die passenden Farben taucht und seine Geschichten in die richtigen Stimmungen transportiert. Und inhaltlich? Nicht viele Künstler haben es drauf, aus einfachen Worten Poesie entstehen zu lassen. Diehl schafft es ganz offenbar mit Leichtigkeit, seine Hörer Teil seiner Lieder werden und sie darin tief eintauchen zu lassen. Sie können seine Gefühle nachvollziehen, seine Beobachtungen nacherleben und seine Botschaften erkennen. Er verlangt dafür nur ein offenes Ohr und die Aufmerksamkeit seiner Hörer.
Den schmerzhaften Verlust eines Menschen besingt er in "Silvester" so berührend, dass man beim Hören eine minutenlange Dauer-Gänsehaut bekommt - kennt man die Hintergrundgeschichte seines Freundes und ehemaligen Pianisten seiner Band, verstärkt sich dieses Gefühl nochmals. Gleiches passiert beim Titel "In meiner Seele", in dem er das Ende einer Liebe zum Thema macht.
Kein "Liebeskummerlied" hingegen ist das Stück "Bitte werde nie ein Song", das ich im vergangenen Jahr schon in Bochum live erleben durfte, als Diehl im Vorprogramm von Laith Al-Deen spielte. Der Sänger erzählte damals, dass er sonst immer erst ein Lied für seine Freundinnen schrieb, wenn die Beziehung schon in die Brüche gegangen und die Partnerin längst weg war. Bei seiner derzeitigen Freundin sei dies anders, und darum ist die Botschaft auch deutlich: "Bitte werde nie ein Lied", sondern bleib für immer bei mir, und "verschwinde nie in einem Lied." Ganz wunderbar umgesetzt!
"Hör auf" hat etwas ganz anderes zum Thema und ist vielmehr eine Hynme an den Lebensmut. In Zeiten von Krisen und Aussichtslosigkeit sollte man stets "auf sein Herz hören" und wieder aufstehen. Mit "Lullaby" hat Diehl sogar ein Gute-Nacht-Lied im Gepäck.
Neben "Nur ein Lied" gibt es mit "Ein Zeichen" noch ein weiteres Stück mit einer politischen Botschaft. Im Duett mit Laith Al-Deen wird für mehr Menschlichkeit und ein Umdenken ("Es ist an der Zeit, Mensch zu sein") geworben. Ganz nebenbei wird man bei dem Stück Zeuge der gelungenen Symbiose zweier großartiger Stimmen.
Thematisch greift Alex Diehl in die Vollen, denn ein bewegtes Leben und Erleben bringt viele Geschichten mit sich. Geschichten über Liebe, Leben, Leidenschaft ... Verluste, Traurigkeit, Kummer ... Hoffnung, Aufbruch, Trotz.

Viele seiner neuen Lieder beginnen eher ruhig und gedämpft, manchmal auch schwermütig. Das Klavier ist hier das beherrschende Instrument. Spätestens wenn die Band einsetzt, werden die Feinheiten der Kompositionen hörbar und die Kraft der Arrangements spürbar. Was anfangs noch düster klang, kann sich im Verlauf auch in Hoffnung und Kampfeslust verwandeln. Manchmal aber auch nicht ... Egal, ob ein Song rockig oder eher balladesk daher kommt, er ist von seiner Umsetzung her immer mit viel Wärme und guten Ideen ausgestattet. Die Melodien überzeugen, die Gesangsleistung des Alex Diehl ebenso. Kein Wunder, hat der Mann aus Bayern doch eine durchaus wiedererkennbare Stimme, die zwar hart und eckig aber absolut groß klingt.

Sowohl inhaltlich als auch musikalisch ist "Bretter meiner Welt" kein Pausensnack. Das Leben ist das schließlich auch nicht, und daraus schöpft Diehl seine Songinhalte. Wer etwas Heiteres braucht und die dunklen Seiten des Lebens lieber ausklammert, sollte von der CD die Finger lassen. Wer beim Musikhören noch gefordert werden möchte, sollte sich "Bretter meiner Welt" unbedingt zulegen und sich das Ganze im Herbst auch live reinziehen!
(Christian Reder)






Videoclips:

"In meiner Seele"


"Nur ein Lied"





   
   
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