tamara16a 20160817 1080598832 Titel:
Interpret:
Label:
VÖ:

Inhalt:
"Asyl im Paradies"
Tamara Danz & SILLY
Sony Music
12. August 2016

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Rezension:
Gestern schrieb ich eine Rezension zum neuen Best-Of-Album von Rio Reiser. Das Fazit über diese CD könnte ich jetzt kopieren und 1:1 hierher übertragen. Meine Worte über die Rio-Scheibe treffen fast exakt auch auf das Album "Asyl im Paradies" mit den SILLY-Hits der Tamara-Danz-Ära zu, auch wenn darauf eine ganz andere Musik zu hören ist. Der Anlass für diese Zusammenstellung ist außerdem genau der Gleiche: Der Todestag von Tamara Danz jährte sich in diesem Sommer zum 20. Mal - wie auch der von Rio. Die Biographien sind unterschiedlich, ihre Anliegen und Ansprüche nahezu identisch. Auch Tamara hätte sich nie auf eine Bühne gestellt, und belangloses Zeug in die Menge gehustet. Während es Rio Reiser offenbar in die Wiege gelegt wurde, mit geschickt gewählten Worten Bilder zu malen und Lieder mit Inhalten zu füllen, lernte Tamara dies erst im Laufe der Jahre. Sie hatte mit Werner Karma und Gerhard Gundermann zwei Größen, die für sie und ihre Gruppe SILLY Texte schrieben und sie letztlich dann selbst zum Schreiben veranlassten. Die Geschichte ist hinlänglich bekannt, und über Tamara Danz selbst auch schon (fast) alles geschrieben. Aber noch längst nicht alles gesehen und gehört ...

Dieses Defizit kann man nun mit der inzwischen seit vergangenem Freitag (12.8.2016) im Handel erhältlichen Doppel CD/DVD "Asyl im Paradies" abbauen. Egal, ob man nun ein Fan aus den 80ern ist, oder sich mit Tamara Danz einfach nur mal näher beschäftigen möchte (was jedem jungen Leser dieser Zeilen an dieser Stelle mit Nachdruck empfohlen wird), in dieser Zusammenstellung findet man das dafür geeignete Material in Ton und Bild. Natürlich darf man 20 Jahre nach dem Tod eines Künstlers bzw. einer Künstlerin keine neuen Lieder mehr erwarten. Anders als bei der eben schon erwähnten Scheibe von Rio Reiser hat man bei der Danz-Kopplung auf Neuproduktionen oder Coverversionen verzichtet. Dafür liegt dem Werk eine randvoll gepackte DVD mit allerlei Film-Material bei. Der größte Teil davon ist hier erstmals auf einer DVD erhältlich. "Hallo, ich heiße Tamara Danz" heißt das Interview aus dem Jahre 1994, mit dem die DVD startet. Es folgt der allererste TV-Auftritt der Gruppe SILLY, damals noch unter dem Namen FAMILIE SILLY, mit dem Song "Danach kräht kein Hahn mehr". Dann geht es Schlag auf Schlag und Clip auf Clip ... Auftritte in den TV-Sendungen "rund" und "Stop! Rock", beim "Rocksommer Berlin 1988" und "Rock am Weißen See Berlin 1989" sind zu sehen, und versetzen den Zuschauer zurück in eine Zeit, in der es die Auftritts-Möglichkeiten für Rockbands im deutschen Fernsehen noch gab. Es sind Dokumente einer längst vergangenen, für Musikfans aber unheimlich schönen und ergiebigen Zeit. Ebenso gibt es ein Wiedersehen mit der Sendung "Helgas Top-Musike" aus dem Jahre 1984, in der SILLY mit dem Song "Bette Davis Eyes" einen Auftritt hatte. Eine echte Rarität dürfte der Clip zum Song "Yesterday" aus dem Jahre 1983 sein, in dem Tamara zusammen mit der Gruppe OBELISK im Rahmen der Veranstaltung "DT64-Konzert: Frauen im Rock" auftrat. Die 90er sind mit Konzertausschnitten aus dem Jahre 1994 vertreten, als Tamara mit SILLY im Leipziger "Werk II" gastierte, und 1992, als die Band beim Konzert "Künstler gegen Ausländerhass und Gewalt" in Frankfurt/M. auftrat. Interview-Sequenzen aus der ORB-Talkshow "Schlagabtausch" und dem Kino-Film "Tamara" vervollständigen das Programm, das einen gemütlichen Fernsehabend spannend und mit interessanten Momentaufnahmen ausfüllen dürfte. Die CD beinhaltet zudem insgesamt 18 Songs aus nicht ganz 20 Jahren Schaffen der Danz mit ihrer Band SILLY. Mit dabei ein Live-Duett mit Gerhard Gundermann von 1994 ("P.S.") und ein Auftritt bei den Gitarreros 1986 ("Beast Of Burdon").

Ihre Uhr mag eingeschlafen sein, doch sie schlägt auch 20 Jahre nach ihrem Tod bei uns allen weiter. Das liegt daran, dass man Tamara nicht vergessen kann und auch nicht möchte. Zu groß ist ihr Name und zu wertvoll das, was sie uns hinterlassen hat. SILLY ist heute nicht mehr SILLY. Das meine ich gar nicht böse, denn es liegt in der Natur der Sache, dass sich eine Band weiterentwickelt und ein neuer Sänger bzw. eine neue Sängerin ihre eigenen Farben mit einbringen möchte. Aber trotzdem gehört gerade die Phase mit Tamara Danz als Sängerin zur Bandgeschichte, die die heutige Besetzung auch gar nicht ablegen oder abschütteln möchte. Mit dieser Zusammenstellung wird genau diese Ära nochmal ordentlich gefeiert. Das Eintauchen in die Geschichte der Band macht irre viel Spaß und ist schmerzhaft zugleich, macht das Anschauen und -hören dieser zwei Silberlinge doch ziemlich deutlich, was die Musikwelt mit der Sängerin verloren hat. Und auch hier wiederhole ich gerne das an anderer Stelle schon Geschriebene: "... es ist für die Fans ein Wiedersehen bzw. Wiederhören mit der Musik, die man damals liebte und auch heute noch liebt. Ein ins Gedächtnis rufen, was deutsche Rock- und Popmusik vor vielen Jahren mal war, was sie einem geben und mitteilen konnte, und woran es heute krankt." Danke, Tamara!

Vielleicht noch ein Wort zu dem Herrn, ohne dessen aus reiner Überzeugung gewachsenem und ruhelosem Antrieb wir möglicherweise solch großartige Zusammenstellungen gar nicht bekommen würden: Jörg Stempel. Es ist wahrlich kein Honig-um-den-Bart-schmieren sondern eine belegbare Tatsache, dass er dafür verantwortlich ist, dass bereits verstorbene Künstler wie Tamara Danz oder Stefan Diestelmann, nicht mehr aktive Bands wie Panta Rhei oder die Gitarreros, und längst nicht mehr laufende Kult-TV-Sendungen wie die "Notenbank" oder "bong" nicht in Vergessenheit geraten und neue Veröffentlichung das Andenken an sie am Leben halten. Dabei wird besonders großen Wert auf den Inhalt gelegt. Kopplungen werden von ihm mit Leben gefüllt und nicht einfach nur dem Anlass wegen hoppla-hopp zusammengeschraubt. Jörg Stempel steigt runter in die Archive, gräbt, wühlt und ... findet! Er findet das Besondere, damit eine neue "Best of" nicht einfach nur eine weitere "Best of" wird, sondern den Fan mit geborgenen Schätzen überrascht. Die Mühe macht sich kaum noch jemand, und wenn diese Aufgabe heute bei Plattenfirmen vergeben wird, bekommt sie ein Praktikant, der aufgrund seiner späten Geburt mit Künstler, Musik und Zeitgeist mal so gar nix am Hut hat. An dieser Stelle also auch ein DANKE an Mr. AMIGA, Jörg Stempel!
(Christian Reder)



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