Suse Jank: "Heimweh" (Album)

jankheimweh 20170705 1777679932VÖ: 20.11.2016; Label: Suse Jank/recordJet; Katalognummer: ohne; Kompositionen/Texte: Suse Jank; Bemerkung: CD im Digipak ohne Abdruck der Texte;

Titel:
Nach Hause • Glückwärts • Mit Dir • Schalt mal runter • Warten • Still • Heute & Morgen • Weiße Wolken • Himmelblau • Schlummerlied


Rezension:
Ein guter Freund drückte mir unlängst eine CD in die Hand. "Höre mal hinein", sagte er lächelnd, "und wenn du Lust hast, kannst du ja ein paar Worte schreiben." Wenn der so etwas macht und sagt, dann weiß ich auch warum. Ich steckte das Teil weg und machte einen auf vielleicht sowie gleichgültig. Wir sprachen den ganzen Abend nicht mehr davon. Dahinter steckte natürlich Kalkül, du Schelm, und jetzt dreht sich der Silberling zu Hause und Musik dringt aus den Boxen unaufhaltsam in meine Ohren. Na großartig!

Schon mit den ersten Tönen groovt es und ein versteckt leichtfüßiger Boogie-Rhythmus lockt magisch, hinzuhören, Worte machen mich hellhörig, fordern meine Aufmerksamkeit. "Nach Hause" assoziiert bei mir einen zarten Hauch Fernweh einerseits, aber auch die Sehnsucht, anzukommen, Ruhe zu finden. Wohltuend kleidet eine Frauenstimme dieses Gefühl in nachvollziehbare Worte, versprüht Leichtigkeit gleich mit den ersten Tönen. Dieser Klang erinnert mich an Wind, Wellen und ein wenig Abenteuerlust sowie Neugier. Letztere stellt sich zudem mit der Wortschöpfung "Glückwärts" ein. Nanu, denke ich, da werden einfach mal drei Konsonanten ausgetauscht und schon überrascht mich eine völlig andere, gegensätzliche Bedeutung. Dazu eine Melodie, die auf leicht perlenden Pianotupfern zu tanzen scheint und diese Wortspielerei leicht swingend fortsetzt, "immer weiter, Richtung Himmelsleiter", singt SUSE JANK. Spätestens jetzt ist man von ihrer Musik eingefangen, ist die Neugier angestachelt. Statt nur in die CD reinzuhören, läuft der Silberling durch, bis er nach zehn neuen Liedern, aber leider nur 33 (in Worten: dreiunddreißig) Minuten sein Ende erreicht hat.

Diese Neugier begleitet mich durch das ganze Album. Am Ende wird mich die Vielfalt ihrer Gedanken, die sich mit dem Thema "Heimweh" verbinden lassen, ohne etwa ausgetretene Klischees zu bemühen, erstaunen. Da entdecke ich feinfühlige Harmonien in "Mit Dir" und ein wunderbares Bild - "Ich will mit deiner Seele tauchen gehen" - das sich als zart-süße Ballade ausweitet. Ich genieße zwei Stimmen, die sich miteinander in tiefen Gefühlen ausloten, ohne dabei den Bogen zu überspannen. Und hatte ich gerade noch Boogie und Swing im Ohr, mich dem Klang eines zuckersüßen Liebesliedes hingegeben, werde ich nun von Country-Rhythmen überrascht. Wieder sind es Satzgebilde wie "die Seele ist vom Schuften schwer geworden", die bei "Schalt mal runter" aufblitzen, während eine heiß aufspielende Violine von swingenden Jazz-Besen über die Notenlinien getrieben wird. Diese Stimme singt mir etwas von "du sitzt den ganze Tag vor deinem Schatten" und dann muss ich lächeln, weil ich mich in dieser Leichtigkeit ganz und gar ertappt fühle. Gerade einmal 2:35 Minuten plus ein geiler Acapella-Gesang zum Ausklang. So kann sich deutsche Pop-Musik wohltuend sogar aus der Masse abheben.

Bei SUSE JANK entdeckt man Metaphern wie "Ich wär' gern frei, wie'n loses Blatt im Wind", die sie mit feinfühliger Stimme im Kleinod "Warten" besingt. So ganz nebenbei lässt sie einen großen Klangraum entstehen, der sich öffnet und nachwirkt. Eine wundervolle Soundspielerei, an die sich mit "Still" eine weitere kleine Perle nahtlos anschließt, bei der man verweilen möchte. Zwei Songs zum in einem Zug Genießen. Sie denkt singend über "Heute & Morgen" nach und spricht mir balladesk mit "Frag' nicht nach morgen, tu es heute" aus dem Herzen. Mit etwas Rockabilly-Feeling präsentiert sie einen hellen Sommertag mit oben am Himmel nur "Weiße Wolken". Kurz und knackig, fast ein Schlager. Aber, und das möchte ich auch anmerken, geht in dieser zweiten Hälfte ein wenig die Spannung verloren, leidet die Dramaturgie. Von "Still" bis "Himmelblau" ist mir, als ob den Machern die Ideen für gute Würze ein wenig ausgegangen wären. So singt sie von einer zarten Liebe, die auch schmerzlich sein kann, aber irgendwie will das bei mir nicht so recht ankommen.

Vielleicht hat SUSE JANK sich ja deshalb das schönste ihrer Lieder ganz für den Schluss aufgehoben. "(Der Tränen Salz bringt dich ins) Schlummerland" geht mir nah. Die Gefühle in mir werden von einem der intimsten Schlaflieder, das ich in der Neuzeit gehört habe, durcheinander gewirbelt und jagen mit mir durch vergangene Jahre. Da möchte man selbst als Opa den Atem anhalten, sich wohlfühlen und in Träume versinken. Einfach nur zauberhaft, zerbrechlich und sehr berührend. Ein sehr versöhnlicher und emotionaler Schluss.

Wo andere Sternchen sich betont überzogen in Posen krampfen, von Atemtechnik weder gehört, noch damit etwas am Hut haben, um dann genau so verkrampft Töne herauszupressen, die keine sind, da gleiten bei SUSE JANK die Melodien leicht und locker dahin, haben viel Raum, zu schwingen und sich zu entfalten. Und dann traut sich die Dame auch noch von ihrer Suche nach Heimat, von Herz und der Liebe sowie von der Sehnsucht nach einem Heim, im Sinne von Zweisamkeit, zu singen. Die Art und Weise, wie sie das tut und in oft wohldurchdachte Worte kleidet, nimmt den Hörer mit auf die Reise. SUSE JANK ist mit einer hellen unverwechselbaren Stimme ausgestattet, die sie nuanciert einzusetzen versteht, weil sie offensichtlich weiß, was sie kann. Beinahe jeder ihrer eigenen Songs überrascht mich zudem mit interessanten ausgefeilten Arrangements und kommt manchmal mit verblüffenden Sound- und Vokalideen um die Ecke. Man kann ahnen, was da noch an Potential schlummert.

Deutsch ist meine Muttersprache. Ich habe mir deutsch sein nicht ausgesucht und auch das Land DDR nicht, in das hinein ich geboren wurde. Meine Muttersprache empfinde ich als ein wertvolles Kulturgut, dessen Schönheit und Vielseitigkeit man pflegen muss. Auch solche Gedanken hatte ich beim Anhören der Lieder von Janks "Heimweh" und deshalb gefallen mir die vielen lyrischen Texte der zehn Lieder auch ausnehmend gut. In deren Gedanken- und Sinneswelt finde ich mich wieder, kann ich mitfühlen, mich erinnern und träumen. Sie passen gut zu meinen Erfahrungen und Hörgewohnheiten. Bei deutschen (Liebes)Liedern ist mir so etwas schon lange nicht mehr passiert. Das ist "Poesie in Tonkunst", wie es die Künstlerin selbstbewusst nennt und dass sie sich darüber einen Strauß frischer Margariten hängt, macht das Ganze auch noch bildhaft vollständig. Kompliment, "süße" JANK, würde mein Freund jetzt lächelnd sagen und ich schließe mich ihm an. Dem Freund meinen Dank und der Künstlerin meinen Respekt für diesen kurzweiligen Hörgenuss.
(Hartmut Helms)





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