gleis8endlich 20160301 1923470472 Titel:
Interpret:
Label:
VÖ:

Inhalt:
"Endlich"
Gleis 8
Universal
12. Februar 2016

01. Alles auf Anfang
02. Du bebst
03. Trotzdem
04. Herz aus
05. Dunkelrot
06. Vorbei
07. Kein Zuhaus
08. Du lachst mich aus
09. Engel
10. Wach auf
11. Schreien
12. Lied zum Schluss





"Bleibt das immer so", fragte die Gruppe GLEIS 8 im Jahre 2013 auf dem Cover ihres Debüt-Albums und kaum drei Jahre später müssen wir diese Frage leider mit einem "Nein" beantworten. Das Schicksal sorgte für den ersten Punkt, der uns allen dann doch eher schmerzhaft klar machte, dass nichts so bleibt, wie es ist. Der Krebs sorgte dafür, dass im Herbst 2014 aus dem Quartett ein Trio wurde. Lorenz Allacher verlor seinen Kampf gegen diese Drecksseuche und hinterließ eine große Lücke. Es folgte eine längere Zeit, in der die Fans nicht wussten, ob es überhaupt weitergehen würde, doch "Endlich" ... im Februar 2016 erschien das zweite Album der Kapelle um Sängerin AnNa R.

Das Album "Bleibt das immer so" überzeugte mich seinerzeit durch seine Verspieltheit und durch die Experimentierfreude der Musiker. Kein Song war wie der andere. Was als fehlender roter Faden gewertet werden könnte, sah ich damals als die volle Punktzahl in Sachen Abwechslungsreichtum. Eine spannende Platte, die sich bis heute auch noch nicht abgenutzt hat. GLEIS 8 hatten die Latte für kommende Werke also selbst sehr sehr hoch gelegt und ich war neugierig, wie das zweite Werk der Band ausfallen würde.

Inhaltlich geht es auf "Endlich" um Emotionen und um Beziehungen. Es sind hier nachdenkliche Texte mit viel Tiefgang und inhaltlicher Schönheit zu finden, die u.a. die Liebe und den Verlust zum Thema haben. Auch das Thema Trennung wird aufgegriffen, aber ebenso sind die Hoffnung, die Verzweiflung und der Schmerz in den Liedern verbaut. Die Texte lassen sich prima auch auf andere Situationen übertragen und bieten Spielraum für eigene Interpretationen. Mit "Alles auf Anfang" lassen GLEIS 8 ihr neues Album starten und stellen gleich eine echte Hymne in den Raum. Auch wenn der Inhalt nicht direkt auf den Verlust eines Bandmitglieds und Freundes Bezug nimmt, so ist der Titel für die Band doch Programm. Neu aufstellen, neu finden, neu beginnen. Das ist sicher auch ein Grund, warum der Sound auf dem zweiten Album insgesamt deutlich von der Verspieltheit des Erstlingswerks abweicht, manchmal auch etwas sehr in den "Moll-Bereich" gerutscht ist. Der Einsatz zahlreicher Instrumente bleibt jedoch auch auf "Endlich" erhalten. Rock ("Wach auf") trifft auf Elektronische Musik ("Du lachst mich aus", "Trotzdem"). Eine Harfe ("Alles auf Anfang") kommt ebenso als klassisches Element hinzu, wie der großzügige Einsatz des Pianos (u.a. bei "Dunkelrot", "Engel"). Und doch ist auch Platz für zeitgenössischen Synthie-Sound ("Trotzdem", "Schreien"), der sich keineswegs mit den zeitlosen Klavierklängen beißt. Völlig egal, welche Geschwindigkeit und welchen Stil die Band vorgibt, AnNa R.'s Gesang ist ein sehr wichtigstes Element in jedem der 12 Stücke auf "Endlich". Als Überraschung empfinde ich die völlig neue Version des Rammstein-Klassikers "Engel". Die brettharten Gitarren wurden eliminiert und dafür ein Piano zum Einsatz gebracht. Der tiefe Gesang eines Till Lindemann gegen den mal gehauchten, mal mit Nachdruck versehenen Vokalbeitrag der AnNa R. getauscht. Fertig ist ein völlig neues Stück, das beinahe nur am Text als der Titel festgemacht werden kann, der einst der Türöffner für die Berliner Brachialrocker von Rammstein war. Ebenso gelungen, wie "Alles auf Anfang" an den Start der CD zu stellen, empfinde ich auch die Wahl des Songs "Lied zum Schluss" für den Abschluss der CD. Nicht des Titels wegen, der ja auf den "Schluss" hinweist, sondern auf den Inhalt. Davon möge sich der interessierte Hörer aber selbst überraschen lassen.

Die Platte ist sehr gut produziert und macht von vorne bis hinten Spaß. Sie kann locker mit internationalen Produktionen mithalten. Ein dickes Pfund für GLEIS 8 ist - wie schon erwähnt - die Stimme ihrer Sängerin AnNa R. Jeder Titel besitzt einen großen Wiedererkennungsmoment, sobald die Frontfrau ihre Stimme erhebt, und das ohne in irgendeiner Form auf ihre alte Heimat Rosenstolz zu zeigen. Die Unterschiede zwischen dem, was sie bis 2012 gemacht hat und dem, was sie seit 2012 macht, sind dann doch ziemlich deutlich. Verwechslungsgefahr also unmöglich! Auch wenn "Endlich" das Debüt-Album für meinen Geschmack nicht übertreffen kann, so ist es trotzdem eine äußerst gelungene Scheibe geworden, für die man der Band nur gratulieren kann.
(Christian Reder)



Reinhören in "Endlich":