lp5 20160215 1505841678 Titel:
Interpret:
Label:
VÖ:

Inhalt:
"Charles Bukowski - Gedichte neu vertont"
Club der toten Dichter
ZuG Records/Edel
26. Februar 2016

1. Ich nehme es hin
2. Sagenhaft
3. Stilles Viertel
4. Die Schattenseite von Hollywood
5. Das bringt nichts
6. Schon mal gelebt?
7. Das auch
8. Ein Genie
9. Immer dem Fuchsbalg nach
10. Immer und ewig
11. Uhu
12. Der Nazi-Tramp
13. Das gehört nur uns
14. Papiertermiten





"Nie wird jemand das vollkommene Gedicht schreiben ..."
Nach Heinrich Heine, Wilhelm Busch, Rainer Maria Rilke und Friedrich Schiller hat sich der CLUB DER TOTEN DICHTER nun also Charles Bukowski vorgeknöpft. Ausgerechnet Bukowski. Der nicht gerade dafür bekannt ist, dass seine Texte leicht verdaulich wären. Apropos bekannt ... Mit Wilhelm Busch können vermutlich viele etwas anfangen. Von Heine und Schiller haben der eine oder andere wohl mal in der Schule gehört. Bei Rilke dürften es schon weniger sein. Und bei Bukowski ... sind es vermutlich noch weniger.

Aber vielleicht macht gerade das den besonderen Reiz aus. Vielleicht ist es die besondere Herausforderung, auf diese Weise einen Dichter und dessen Werke zu präsentieren, obwohl oder gerade weil er nicht so bekannt und massenkompatibel ist. Und irgendwie passt gerade das zu Reinhardt Repke und seinem CLUB DER TOTEN DICHTER. Mit Peter Lohmeyer haben sie einen charismatischen Typen angeheuert, der - so wage ich zu behaupten - vielen eher als Schauspieler denn als Sänger bekannt ist. Aber irgendwie passt auch das. Eine Kombination, die neugierig macht. Und so lege ich das neue Album in den CD-Player und bin ziemlich gespannt auf das was kommt.

Die typischen, schnarrenden Geräusche beim Einziehen eines Blattes in die Schreibmaschine versetzen mich in eine andere Zeit. Das unregelmäßige Klackern der Tasten geht in einen gleichförmigen Rhythmus über, der zur Melodie wird. Die Kombination aus Worten, Musik und Geräuschkulisse erzeugt Bilder und Stimmungen in meinem Kopf. Ich kann mich zurücklehnen und ganz auf die Musik konzentrieren. Nein, dieses Album ist ganz gewiss keine beiläufig konsumierbare Massenware. Das war mir eigentlich vorher klar und der erste Eindruck bestätigt meine Erwartung. Bukowskis Texte und die musikalische Umsetzung durch den CLUB DER TOTEN DICHTER erschließen sich nicht unmittelbar beim ersten Hören. Die Lieder wirken im ersten Anlauf eher zurückhaltend und ruhig, irgendwie bedrückt und melancholisch. Erst beim zweiten, dritten und vierten Hören entdecke ich die vielen kleinen und feinen Details, die mich Schritt für Schritt fesseln und faszinieren.

Wer klassisch schöne Lyrik erwartet, wird zumindest überrascht sein. Keine wohlklingenden Beschreibungen schöner Landschaften in gleichförmigen Versen, keine Hohegesänge auf reizende Damen in leichten Reimen. Bukowski ist anders. In seinen teils autobiografischen Texten schreibt er oft über die Schattenseiten des Lebens und die Menschen, die dort zugange sind. Seine Sprache ist zumeist offen und direkt, was hart und brutal wirken kann, aber auch erfrischend humorvoll und einfühlsam. Seine Gedichte wirken wie ein Spiegel des Alltags, mit all seinen Facetten und Erlebnissen, Besonderheiten und Banalitäten. Immer mehr fällt mir auf, wie scharfsinnig Bukowski sich selbst und seine Umwelt beobachtet, wie detailverliebt die Bilder sind, die er in seinen Texten zeichnet, wie feinsinnig seine Ironie ist, die aus manchen Darstellungen trieft, aber auch wie schätzend und anmutig seine Sprache sein kann.

Die Auswahl und Zusammenstellung der Texte gefällt mir - zugegebenermaßen ohne Bukowskis Werk wirklich zu kennen - sehr gut. Wer sich darauf einlässt, wird seine helle Freude an den sprachlichen und musikalischen Feinheiten haben. All das sorgt dafür, dass ich die Geschichten zu den Liedern vor meinem geistigen Auge deutlich erkennen kann, obwohl ich die CD doch eigentlich nur höre. So sehe ich in "Ich nehme es hin" einen trunkenen alternden Dichter, der nachts ruhelos durch seine Wohnstatt pilgert und versucht, die ihn plagenden Gedanken einzufangen. In "Sagenhaft" hingegen sehe ich jemanden am Fenster eines gemütlich vom Kamin beleuchteten Zimmers stehen und genüsslich den Regen draußen beobachten. Aber ich will nicht zu viel verraten ...

Der CLUB DER TOTEN DICHTER musiziert in der bekannten Besetzung: Tim Lorenz (dr, perc), Andreas Sperling (p, org, keyb), Markus Runzheimer (bg, kb) und natürlich Reinhardt Repke (voc, git, bj, acc, harm). Ausgetauscht wurde wie üblich der Protagonist - diesmal ist es Peter Lohmeyer, der das Projekt mit seiner sonoren Stimme und seiner distinguierten Art verstärkt. Für mich eine prima Ergänzung zu Reinhardt Repke, der wieder einige Titel selbst singt. Apropos Projekt ... Die Tatsache, dass die beteiligten Musiker zwischen den Projekten des Clubs in anderen Bands und an anderen Programmen arbeiten, tut der Qualität keinen Abbruch. Eher im Gegenteil. Sie stürzen sich gemeinsam in dieses neue Abenteuer, spielen mit zahlreichen musikalischen Feinheiten, die Bukowskis Texte untermalen und der Wirkung zugute kommen. Die Vielfalt der Instrumente, die sie ins Spiel bringen, spricht für Spaß und Können der Musiker. Mundharmonika, Banjo, Kontrabass, Orgel, Lapsteel, Kalimba und einige mehr ergänzen die "Klassiker" und setzen besondere Akzente. Wie Bukowski selbst, passt auch die Umsetzung durch den CLUB DER TOTEN DICHTER in keine bestimmte Schublade. Elemente aus Blues und Jazz vermischen sich mit Rock und Pop, genauso wie Kinderlieder- oder Spieluhrklänge. Eben ganz der CLUB DER TOTEN DICHTER - überraschend, einzigartig und überzeugend.

Egal, ob eher gesungene oder eher zur Musik gesprochene Texte - es sind Geschichten über gelebtes und erlebtes Leben. Authentisch, alltäglich und auf eine spezielle Weise doch schön. Ob auf ironische und kurzweilige Art, wie in "Uhu", bei dem ich gleich wieder Bilder und Parallelen im Kopf habe. Ob die Abrechnung mit den Absurditäten des Lebens, wie in "Die Schattenseite von Hollywood", oder die Parodie auf die banalen Probleme des Alltags in "Das bringt nichts". Ob "Stilles Viertel", "Immer und ewig" oder "Papiertermiten", mit denen Bukowski der Gesellschaft und vor allem der eigenen Zunft gründlich den Spiegel vorhält. Oder "Das gehört nur uns", ein Stück über die kleinen Dinge, die das Leben so wertvoll machen. Oder oder oder ...

Für mich wird Bukowski mit diesem Album sehr individuell umgesetzt und absolut passend präsentiert. Hier ist nichts in ein festes Korsett gepresst, sondern alles fließt. Feinsinnig und mit viel Liebe zum Detail hat der CLUB DER TOTEN DICHTER einmal mehr ein wunderbares Album geschaffen, das ab dem 26.02.2016 im Handel erhältlich ist. Die große Bandbreite musikalischer und stilistischer Variationen begeistert, lässt mich Klänge und Bilder genießen. Schon jetzt bin ich gespannt auf das Live-Programm, mit dem sie ab April auf Tour sind. Denn ich gehe davon aus, dass sie - ganz im Stil des CLUBS DER TOTEN DICHTER - dann wieder einige Überraschungen für Auge und Ohr zu bieten haben.
(Grit Bugasch)



Album EPK:



 
Clip zum Song "Sagenhaft"




   
   
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