connormutter 20150527 1827694688 Titel:
Interpret:
Label:
VÖ:

Titel:
"Muttersprache"
Sarah Connor
Polydor/Universal
22. Mai 2015

1. Mit vollen Händen
2. Wie schön du bist
3. Halt mich
4. Bedingungslos
5. Kommst Du mit ihr
6. Mein König
7. Augen auf
8. Deutsches Liebeslied
9. Versprochen
10. Anorak
11. Meine Insel
12. Wenn Du da bist
13. Das Leben ist schön





From Mainstream with Love
Sarah Connor hat in ihrer bisherigen Karriere als Sängerin eher den Massengeschmack bedient. Dabei erreichte sie mit ihren als Single veröffentlichten Songs mehrfach den ersten Platz in den Charts. Ihr Debüt-Album "Green Eyed Soul" wurde gar mit dreifach Gold ausgezeichnet. Mit nicht sonderlich anspruchsvollen Stücken wie "Let's Get Back To Bed Boy", "I Wanna Touch You There" oder "One Nite Stand", in denen es überwiegend um das geht, wonach es klingt, bediente sie den Geschmack der Generation BRAVO, die es mit massenhaft Downloads und CD Käufen dankte. Die Machart dieser Songs ist weitestgehend gleich, was die für sich gewonnenen Fans dann auch nicht allzu sehr überfordert. Kurz: Frau Connor hat alles richtig gemacht, um ein Star für den Dudelfunk und den Boulevard zu werden. Für Letzteres bot sie dann auch abseits der Musik noch genug Bonusmaterial an, um bei den Redaktionen der Regenbogenpresse nicht in Vergessenheit zu geraten. Jetzt, mit Mitte 30, wo die Mittelteil-Poster der Jugendzeitschriften andere Köpfe zieren und "Reality Soaps" anderen Y-Promis vorbehalten bleiben, scheint sich die Sängerin ein neues Publikum erschließen und nach längerer Pause zur Musik zurückkehren zu wollen. Sarah Conner singt jetzt in ihrer "Muttersprache" und so hat sie dann auch gleich ihr neues Album genannt.

Ich habe das Album inzwischen zwei Mal gehört. Einmal so zwischen Tür und Angel ... nebenbei bei der Arbeit ... und ein weiteres Mal bewusst und konzentriert. Das eine oder andere Lied sogar mehrfach. Ich nehme meine Bewertung jetzt mal vorweg: Es ist Sarah Connor gelungen, mit keinem der 13 Lieder einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Die Stücke gehen ins Ohr und sind gleich wieder aus dem Gedächtnis verschwunden. Nach dem letzten Song erinnert man sich nicht mehr, was man gerade gehört hat. Man könnte also sagen, sie hat dem Begriff "belanglos" eine völlig neue und detailliertere Definition gegeben.
Die Platte startet mit dem ruhig arrangierten "Mit vollen Händen". Es handelt sich hierbei um eine Allerwelt-Ballade, die man so, aber auf jeden Fall besser, schonmal an anderer Stelle gehört hat.
Ein wesentlich stärkeres Deja Vu erwartet den Hörer beim zweiten Song, dem als Single ausgekoppelten "Wie schön du bist". Immer wenn ich dieses Lied höre weiß ich ganz genau, dass ich es schon länger kenne. Entweder man hat die Erfolgs-Komponenten diverser Radio-Hits hergenommen, in den Mixer gehauen und für eigene Zwecke wiederverwendet, oder die Nummer ist so vorhersehbar und gleichgeschaltet, wie Tausend andere Lieder dieses Genres, so dass man nur meint, es schon lange zu kennen. Ich glaube, die Antwort liegt irgendwo in der Mitte.
An dritter Stelle gibt es dann einen Popsong mit sozialkritischem Inhalt, und obwohl mich diese "schneller, höher, weiter"-Kritik auch nicht wirklich abholt, bekommt man doch erstmals auf diesem Album zumindest sowas wie lebhafte Musik zu hören.
Und so geht es auf "Muttersprache" weiter. Eine Ballade jagt die nächste - mal mit reichlich Streichern ("Bedingungslos"), gern auch mal mit Klavierbegleitung ("Mein König"), oder es wird die Akustik-Klampfe ausgepackt ("Meine Insel"). Es begegnet einem nichts, das andere Künstler und Bands zuvor nicht schon besser gemacht hätten.
Zwischendrin immer wieder musikalische - ich nenne es mal - Experimente abseits des totsicheren Balladen-Rezepts. Einer der wenigen Lichtblicke in Sachen Arrangement ist der Song "Deutsches Liebeslied", für das man den Soul der 60er wiederentdeckt, entstaubt und verwendet hat. Eigentlich würde ich so einen Song gar nicht erwähnen, aber aus Mangel an Alternativen ist man dann schon für sowas schon richtig dankbar.
Auch Inhaltlich kann mich Sarah Connor nicht erreichen. Das konnte sie früher mit ihren englischen Songs nicht, und mit ihrem ersten Versuch, in ihrer eigenen Sprache zu singen, ebenfalls nicht. Mag sein, dass dieses "Sei stark, bleib wie Du bist"-Thema heute bis zum Geht-nicht-mehr verwurstet werden kann, ebenso wie die Warnung vor der "braunen Gefahr", die einen wie eine Welle überrollen könnte. Aber das wird alles nicht spannender, nur weil man meint, mit dem gefühlt 426. Aufguss zu diesem Thema eine tolle Idee zu haben, die unbedingt zu Musik gemacht werden muss. Auch die so hochgelobte "Wie schön Du bist"-Hymne ist nur eine von vielen Nummern zu diesem Thema, und leider keine von den Guten.
Der Höhepunkt war bei mir schon beim Song "Kommst Du mit ihr" erreicht. Das zu einem Lied gewordene Gejammer einer betrogenen Frau mit dem Conner-üblichen und in höchsten Tönen vorgetragenen "Schmacht-Wimmer-Gesang", den sie bei gefühlt jeder Stimmung - egal ob Klammerblues oder Uptempo Nummer - einsetzt, ließ in mir nicht nur Langeweile aufsteigen. Ich war von der Art ihres Vortrags langsam echt genervt. Dazu ständig wiederkehrende Bekundungen, man bleibe dem Partner für immer erhalten und sei auch immer für ihn da, die einem in gleich mehreren Stücken immer wieder begegnen, hinterlassen eher den Eindruck von Einfallslosigkeit und bei mir ein Gefühlsgemisch aus Desinteresse und Missvergnügen.
Wer von all dem noch nicht genug hat, kann sich die "Deluxe Edition" dieses Albums mit noch mehr Liedern und noch mehr Verpackung zulegen. Dort findet man u.a. drei Songs auf Englisch (Überraschung: es sind Balladen) und außerdem noch die drei Lieder aus "Sing meinen Song", wobei es bei "I Feel Lonely" richtig lustig wird: Sarah Connor macht Jazz. Das will auf den ersten Blick so gut zusammenpassen wie Wirsing und Schokolade ... auf den zweiten Blick allerdings auch.

Man kann von Sarah Connor und ihrer Sangeskunst halten, was man möchte, aber eins kann man ihr nicht nachsagen: Dass sie keine Stimme hat. Die hat sie ohne Frage. Dummerweise ist "Muttersprache" ein Album geworden, das die Welt wirklich nicht gebraucht hat. Eine gute Stimme allein reicht eben doch nicht, um als ernstzunehmende Sängerin wahrgenommen und akzeptiert zu werden. Bei ihren Pop-Nümmerchen, die vor Jahren so hoch oben in den Charts gelandet sind, mag dieses Talent ja noch funktioniert haben. Aber sobald es in eine andere Richtung geht, man vielleicht auch ernste Botschaften vermitteln möchte, kann Sarah Conner nicht überzeugen. Das soulige und sich ständig wiederholende Rumgestöhne kann man sich über die volle Distanz eines Albums nicht geben. Dieses "Stilmittel" wird in nahezu jedem Titel eingebracht. Die echt guten Momente, wo sie gesanglich aus sich herauskommt, sind so selten auf der Platte zu hören, dass es derer Erwähnung eigentlich überflüssig macht. Dazu will vieles auch inhaltlich nicht passen. Gut, wenn man sich gegen "Rechts" einsetzt und engagiert. Das kann man gar nicht oft genug unterstreichen und loben. Aber man sollte es nicht zum Trend machen, nur weil es gerade zum guten Ton gehört und jeder meint, er müsse sich positionieren. Dieses Thema ist dermaßen ausgelutscht und von anderen Künstlern schon um so vieles besser zum Hörer transportiert worden, dass man sich das einfach auch mal überlegen darf, ein solches Statement nicht unbedingt in Liedform sondern vielleicht doch besser auf anderer Ebene abzugeben. Vieles auf "Muttersprache" erinnert einen unweigerlich an Lieder von Luxuslärm, SILLY (mit Tamara Danz) oder Silbermond. Man bedient sich weniger an den Noten dieser Bands (was das betrifft, lässt man sich anderenorts "inspirieren"), als an den Inhalten. Allein die Stimmung, die man mit den Songs erzeugen möchte, kommt nicht an. Sie bleibt irgendwo zwischen Box und Ohr im Raume stecken und fällt ungelenk hin. Was die Musik und das Arrangement auf "Muttersprache" betrifft, so stößt man beim Hören der CD auf nichts Unvorhersehbares, Verblüffendes oder gar wirklich Neues. Das Material auf der CD ist ganz dufte für den Lagerfeuer-Abend im Sommer, aber ob man damit wirklich ein Album veröffentlichen musste?! Ich bin der Meinung, "Nein!" In einem ist sich Sarah Connor aber auch in ihrer "neuen" Karriere als Sängerin deutscher Lieder treu geblieben: Sie wiederholt sich gern und oft und was sie macht, klingt weitestgehend gleich. Da freut sich der Radioredakteur, denn mit dieser Musik kann er nichts falsch machen.
(Christian Reder)




Videoclip:


"Wie schön Du bist" (Off. Video)




   
   
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