ssttgdfetish 20150909 1561152206 Titel:
Interpret:
Label:
VÖ:

Titel:
"Fetish"
Seven Steps To The Green Door
Progressive Records
11. September 2015

1. Possible Delayed
2. Porn!
3. Still Searching
4. Inferior
5. Imprisoned
6. Bound In Chains
7. Last Lullaby
8. Set In Motion
9. Ordinary Maniac





CD-Vorbestellaktionen bergen immer ein gewisses Risiko. Man beteiligt sich im Vorfeld an den Produktionskosten, ohne zu wissen, was für Musik letztendlich im CD-Player landet. Daher bin ich diesbezüglich meistens zurückhaltend. Nicht so bei der Band SEVEN STEPS TO THE GREEN DOOR (SSTTDG), denn deren Outputs haben mich bisher immer fasziniert, trotzt oder vielleicht gerade wegen ihrer Einzigartigkeiten. Ihr mittlerweile viertes Album "Fetish" landete vor kurzem in meinem Postkasten. Für uns Vorbesteller gab es wieder kleine Extras als Dankeschön. Das Album erschien verpackt in einem Damenstrumpf, sozusagen in einem Fetisch, und ein Download-Link zu den Instrumentalversionen der Songs wurde ebenfalls beigefügt.

Kreativer Kopf der Band ist der Thüringer Musiker Marek Arnold (Toxic Smile, Flaming Row, Cyril, United Progressive Fraternity). Den Lesern von Deutsche Mugge dürfte Arnold als ehemaliger Keyboarder und Saxofonist der STERN-COMBO MEISSEN kein Unbekannter sein. In der Progressive Rock Szene genießt er international großes Ansehen und gilt als gefragter Gast-Musiker bei CD-Produktionen anderer Bands. Bei SSTTGD ist er gemeinsam mit Schlagzeuger Ulf Reinhardt für das Songwriting, die Arrangements und die Produktion verantwortlich. Martin Schnella, der beim Vorgängeralbum "The?Book" noch als Gastmusiker mitwirkte und 2012 mit der Band auf Tour war, ist inzwischen festes Bandmitglied und zeichnet für sämtliche Gitarrenparts, Bässe und Background-Vocals verantwortlich. Er übernahm auch das Abmischen der Songs und beteiligte sich an den Kompositionen. Wenn man "Fetish" zum ersten Mal hört, sticht sofort der Gesang ins Ohr - Satzgesang, A Capella Passagen sowie die weibliche und die männliche Solostimme. Die Gesangsparts teilen sich sehr gekonnt und ausdruckstark Anne Trautmann und Lars Köhler, neben acht Gastsängern und -sängerinnen.

Das Album beginnt mit dem wunderschönen a capella Stück "Possible Delayed", welches zum ersten Longtrack "Porn!" überleitet. Das Arrangement von "Porn!" besticht durch den Wechsel von rhythmisch vertrackten, härteren Riffs und ruhigen durch E-Piano unterlegten Gesangspassagen sowie durch Arnolds Saxofon-Solo. Auch das nächste Stück wird durch Satzgesang eingeleitet, wartet mit tollen Gitarrensoli von Martin Schnella auf, verzaubert mit einem irrwitzigen Geigensolo, gespielt von Steve Unruh (United Progressive Fraternity). Der mündet in einem Chorgesang, der die Gehörgänge nicht mehr verlassen mag: "I'm still searching for you". Einfach genial!

Diese Genialität zieht sich durch alle Stücke. Auf dem Album wird mal hart gerockt, mal gejazzt und dann wieder in epischen Melodiebögen geschwelgt, und immer wieder beeindrucken die Gesangspassagen. Bei aller Komplexität, die zum Progressive Rock dazugehört, erscheint das Album mit seiner immer wieder aufkommenden Leichtigkeit wie aus einem Guss. Nichts wirkt konstruiert, sondern mit Leidenschaft komponiert und eingespielt. Während das Konzeptalbum "The?Book" für meine Begriffe noch etwas verkopft daherkam, scheinen sich SSTTGD auf "Fetish" freigespielt zu haben. Da macht das intensive Zuhören Spaß, denn bei jedem Hördurchgang gibt es Neues auf dem Album zu entdecken.

Obwohl es sich bei "Fetish" nicht um ein Konzeptalbum handelt, sind die Songs inhaltlich verknüpft und drehen sich um Themen wie Lust, Laster, Sucht und Medien. Texte liegen dem Album leider nicht bei, jedoch gibt es zu jedem Song eine kurze inhaltliche Beschreibung.

Das letzte und mit über 16 Minuten längste Stück "Ordinary Maniac" beinhaltet zum Abschluss des Albums noch mal alles, was die Band ausmacht: ausdrucksstarker, mehrstimmiger Gesang, harte und vertrackte Riffs, Rhythmus- und Tempowechsel sowie solistische Gimmicks der Instrumentalisten (Bass-, Gitarren-, Orgel- und Geigensolo). Das Stück endet mit dem Gesangsthema des ersten Songs und verleitet nicht nur dadurch, die CD gleich noch mal von vorn hören zu wollen.

SSTTGD legen mit "Fetish" ein herausragendes Prog-Album vor, das man zweifellos zu den besten Outputs dieses Jahres in diesem Genre zählen darf. Wer sich hin und wieder mal die Zeit nimmt, intensiv Musik zu hören, dem kann ich das Album unbedingt empfehlen. Die Band plant für 2016 eine Tour, um das Album live zu präsentieren. Wer die Möglichkeit hat, kann sie bereits am 11. September 2015 beim Progressive Promotion Festival in Rüsselsheim erleben. Ich muss leider bis 2016 warten.
(Bodo Kubatzki)

 

Videoclip:

 

 "Porn!" (Off. Video)