notenbank 20150705 1937199889 Titel:
Interpret:
Label:
VÖ:

Inhalt:
"Das Beste aus der NOTENBANK"
Diverse
sechzehnzehn
März 2015

Eine Art "Best of" der NOTENBANK. Dokumentation, 100 Minuten Laufzeit





Es ist schon einige Jahre her, aber ich erinnere mich noch sehr gut. Eines Tages wurde in der Fernsehzeitschrift FF-dabei eine Sendung angekündigt, welche mich und viele andere aufhorchen ließ. In der Ankündigung war ein großes Foto, auf dem man eine - wie man damals sagte - Beatband sah, so richtig mit für damalige Verhältnisse langen Haaren und dem äußeren Erscheinungsbild einer Band von außerhalb des Eisernen Vorhangs. Wir schrieben damals das Jahr 1970 und ich durfte gerade meinen Wehrdienst ableisten, als mit diesem Foto die zweite Folge der Sendung "Notenbank" im DDR-Fernsehen angekündigt wurde. Bereits 1969 lief die erste Folge unter diesem Titel, aber die hatte ich nicht gesehen und wusste von deren Existenz bis dahin auch nichts. Als ich dann im Februar 1970 mal wieder Bock auf ein Bier hatte und mich zum Ausgang einschrieb, fiel mir ein, dass an diesem Abend im Fernsehen ja die "Notenbank" laufen sollte. "Die Sendung wird doch bestimmt mal wiederholt", dachte ich mir und ging meinen Durst stillten. Hinterher betrachtet war das auch eine richtige Entscheidung, denn die Sendung wurde - aus welchem Grund auch immer - nicht gesendet. Meine Arme(e)-Zeit war irgendwann zu Ende und eines Tages wurde dann auch die "ausgefallene" Folge der "Notenbank" doch gesendet. Bis 1972 gab es noch weitere Folgen dieser Sendereihe, die ich wohl auch alle gesehen habe.

In der Notenbank hatten Bands wie JOKO DEV, die Magdeburger KLOSTERBRÜDER, die MODERN BAND bzw. das MODERN SEPTETT (daraus wurde dann die MODERN SOUL BAND), die CONTINENTELS, ELECTRA, SCIROCCO, BAYON und letztendlich auch die PUHDYS erste Fernsehauftritte. Auch die Bands SKALDOWIE und HALINA FRANCKOWIAK & ABC, beides Interpreten aus Polen, traten dort auf. Die Macher der Sendung suchten ständig nach neuen Künstlern, welche sie präsentieren konnten. Bedingung waren deutschsprachige Texte. Der Initiator der Notenbank war der damals noch junge Filmemacher und Techniker Bernd Maywald. Ihn lernte ich vor drei Jahren bei einem Konzert von SCIROCCO persönlich kennen. Er erzählte mir einiges, was damals hinter den Kulissen - diese Sendung betreffend - abgelaufen ist. Kürzlich ist bei uns auch ein Interview mit ihm erschienen, in dem er ebenfalls ausführlich aus der Zeit und von der Sendung erzählt (Direktlink: HIER). Dabei stellte er auch die bei sechzehnzehn erschienene DVD "Das Beste aus der NOTENBANK" vor. Diese DVD enthält Material aus allen Notenbank-Folgen aus der Zeit zwischen 1969 und 1972. Maywald verzichtete dabei aber auch nicht auf Titel, die zwar für eine der Sendungen vorgesehen waren, aber auf Betreiben einiger Leute im Fernsehen nicht gesendet werden durften. Dazu gehört der Titel "Stapellauf" vom JOCO DEV SEXTETT. Dieser Titel erschien besagten Leuten wohl zu westlich-dekadent. Die Machart des Titels erinnert etwas an die Songs von VANILLA FUGDE. Auch der Titel "Geh dem Wind nicht aus dem Wege" von den PUHDYS musste wieder aus der vorproduzierten Sendung geschnitten werden, findet sich auf der DVD aber trotzdem wieder.

Die einzelnen Sendungen der Notenbank wurden an unterschiedlichen Orten aufgezeichnet. Großer Aufwand war das nie. Alles was an Requisiten benötigt wurde waren Schilder aus Hartfaserplatte, die beschriftet waren und da aufgestellt wurden, wo sie benötigt wurden. Neben den Fernsehstudios in Berlin-Adlershof wurde in der Müggelbaude am Müggelsee produziert und auch am "Haus der Kultur und Bildung" (dem sogenannten Kulturfinger) in Neubrandenburg. Hier war der erste Fernsehauftritt von SCIROCCO mit ihrem Hit "Sagen meine Tanten". Die Band gibt es heute noch, allerdings ist nur der Bandleader und Sänger Volker Thiele aus der damaligen Besetzung noch dabei. Ihre "Tanten" fehlen bei keinem Auftritt der Band und die Nummer live gespielt lässt die Leute auf die Tanzflächen eilen - heute ebenso wie damals. Die Sendung mit den PUHDYS kam aus dem sogenennten "Roten Kloster", der Jugendhochschule "Wilhelm Pieck" am Bogensee. Diese Einrichtung war eine Kaderschmiede der FDJ. Hier studierten aber auch Funktionäre aus kommunistisch ausgerichteten Jugendverbänden westlicher Staaten.
Übrigens hat Bernd Maywald eine Reihe von Texten für Songs, die auf dieser DVD gesungen werden, selbst geschrieben, z.B. den schon erwähnten "Stapellauf". Aber auch außerhalb der Sendung "Notenbank" schrieb er für in- und ausländische Interpreten Texte.

Diese DVD ist ein Stück Zeitgeschichte, die all das eben Geschilderte wunderbar wiedergibt. Die Geschichte der Sendung beginnt bereits im Jahre 1964. Damals unternahm Maywald den Versuch, mit einer Konstruktion aus einer 8 Millimeter-Schmalfilmkamera und einem damit gekoppelten tragbaren Tonbandgerät einen Film über das DIANA SHOW QUARTETT zu produzieren. Der Versuch gelang und man kann wohl behaupten, dass es sich dabei um den weltweit ersten Videoclip mit Musik handelt. In dieser im Clip zu sehenden (und hörenden) Band spielte damals der Sänger Achim Menzel und später auch Jörg "Speiche" Schütze (Monokel) mit. Auch dieser Film ist auf der DVD zu erleben. Alle Beiträge auf diesem Medium sind - wie sollte es auch anders sein - in Schwarz/Weiß und in Mono. Bis zur Qualität heutiger Musksendungen und Musik-Clips war es noch ein weiter Weg und trotzdem galt Maywalds Aufnahmetechnik als innovativ und wegbereitend. Natürlich treten die Akteure auch entsprechend der damaligen Mode auf und in Sachen Bühnenpräsenz muss man bemerken, dass es sich damals größtenteils um Amateure handelte. Bernd Maywald hatte es entgegen vieler Widerstände geschafft, die Rock- oder wie man damals noch sagte Beatmusik für das Medium Fernsehen solonfähig zu machen, und darin besteht u.a. auch sein Verdienst. Dies sollte man beim Ansehen der DVD bedenken. In der DVD-Hülle steckt ein Flyer, der die wichtigsten Informationen zur Notenbank in komprimierter Form enthält.
(Reinhard Baer)




   
   
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