mueller48live1 20141109 1385475385 Titel:
Interpret:
Label:
VÖ:

Titel:
"48 live"
Ina Müller
105music/SONY
24. Oktober 2014

Die Titelliste findet Ihr am Ende der Rezension





Es gibt Dinge, die nutzen sich einfach ab. Das liegt in der Natur der Sache, dass nicht alles immer frisch, zeitgemäß, interessant und/oder spannend bleibt. Auch beim Humor ist das so eine Sache ... da gibt es Komiker (ich finde den Begriff Comedian total behämmert, darum benutze ich ihn auch nicht), die einen mit ihrem ersten Programm so richtig erreicht haben. Man fand das komisch, hat viel gelacht und was da von der Bühne kam, war einfach nur groß. Irgendwann hat man aber genug über ein und dasselbe Thema gelacht, auch wenn es einem in verschiedenen Aggregatzuständen gereicht wurde. Und wenn sich jemand musikalisch einem Thema verschrieben hat, dieses immer und immer wieder hervorkramt und es ebenso, nur in leicht veränderten Verpackungen verkauft, ist das genauso. So geht es mir persönlich mit den letzten Veröffentlichungen von Ina Müller. Gerade ihr letztes Album gefiel mir gar nicht, weshalb ich die Aufgabe, es zu rezensieren, gleich an einen Kollegen weitergab in der Hoffnung, er könne damit mehr anfangen. Konnte er aber nicht wirklich, auch wenn er als Quintessenz den Satz "Einfach alles richtig gemacht", seiner Rezension voran setzte. Dieses letzte Studioalbum wurde natürlich auch live präsentiert. Frau Müller ging damit auf Tour (und ist es wohl immer noch), ließ irgendwo einen Recorder anstöpseln und ihr Programm mitschneiden. Dabei heraus gekommen ist ein drei silberne Scheiben umfassendes Live-Werk, das pünktlich zur Vorweihnachtszeit in den Läden des Landes zum Kauf angeboten wird.

"48 live" heißt das Album, das neben zwei Audio-CDs auch noch eine DVD beinhaltet. Da bleibt beim Fan natürlich kein Wunsch offen, wenn er sowohl akustisch als auch visuell etwas gereicht bekommt, und obendrein stecken die drei Scheiben in einem wirklich ansprechend zusammengestellten, mehrfach aufklappbaren Digipak. Ein Hingucker, schon ohne vorher ins Programm hinein geschaut zu haben. Fotos, Infos zu den Musikern, den einzelnen Songs und zur Crew, die hinter der ganzen Tour steckt und dafür sorgt, dass alles so läuft, wie es laufen soll, inklusive. Und natürlich steht das letzte Album "48" auf allen drei Tonträgern im Vordergrund. Und dann geht es auch gleich los mit Themen wie Beziehung, Probleme mit Kerlen, Liebe, Frauenleid und Zärtlichkeit, die man hier und da schon einmal von Ina Müller gehört zu haben glaubt. Das war auch das, was mich am letzten Studioalbum so störte ... Es war alles irgendwie schon einmal da. Die neuen Songs wirken blutleer und wie mit der heißen Nadel gestrickt. Ok, für das Formatradio sind sie gerade richtig, weil man sich an nichts wirklich stoßen kann, aber für einen Hörer, der irgendwie eine Weiterentwicklung oder gar neue Themen in den Songtexten erwartet, ist da leider viel zu wenig Fleisch am Knochen. Tja, und so werden diese neuen Lieder dann live präsentiert, und man lässt Plattheiten wie z.B. in "Sie schreit nur noch bei Zalando" über sich ergehen. Ein Song, der ein Frauenthema behandelt, nämlich die Ersatzbefriedigung durch den Kauf von Schuhen. Ob und was Ina Müller für den Einbau der Marke eines bekannten Online-Schuhvertriebs im Text bekommen hat, ist hier nicht bekannt. Andererseits frage ich mich, ob ein so großer Konzern für solche "Gags" wirklich etwas zahlen würde ... Ein Beispiel gefällig? "Weder Robbie, noch Til Schweiger, noch Orlando / Sie schreit nur noch bei Zalando." Wenn das nicht schon alles über das Lied aussagt, weiß ich auch nicht ... Frau Müller bedient sich gern der Klischees von Weiblichkeit und Weibsein, und irgendwie zieht sich das wie ein roter Faden durch das komplette Programm. Wie gesagt: Alles schon mal irgendwo und irgendwann gehört - nur besser. Da machen Songs wie "Spieglein, Spieglein" (Textzitat: "Selbst meine Falten / Können mein Make-Up nicht mehr halten") und andere fröhliche in Textform verwandelte Klischees keinen Unterschied. Für die nächste Langrille könnte ruhig mal das Texter-Team ausgetauscht bzw. ein Neues eingekauft werden. Der Wiederholungen sind es jetzt nämlich genug.
Was man Ina Müller aber lassen muss, ist ihr Talent als Entertainerin. Sie weiß, wie man mit dem (ihrem) Publikum umgehen muss und wie man es schon in den ersten Minuten einer Live-Show erreichen kann. Naja, schließlich kommen die Leute ja auch wegen ihr in die Konzerte ... aber trotzdem, die Leute hängen an ihren Lippen und nehmen jede noch so kleine Pointe lachend auf. Eher befremdlich wirken da die Worte "Homies" und "Schnullerbacken" während der Begrüßungsansprache in Richtung des Publikums, aber das ist sicher Geschmacksache. Müllers Publikum scheint es ihr nicht übel zu nehmen. Im Gegenteil: es applaudiert artig. Der beliebte "Running Gag" mit einem oder mehreren "Opfern" aus dem Zuschauerraum, die im Verlauf des Konzerts immer mal wieder mit einbezogen werden (ob sie nun wollen oder nicht), ist zwar auch dabei. Zu viel Cindy aus Marzahn bei ihren Auftritten beobachtet? Sei's drum: Die Monologe der Müller zwischen den Songs haben absoluten Unterhaltungswert. Ob man sie nun mag oder nicht. Monologe halten und Sabbeln kann sie, und das macht sie auch sehr gut. Dumm nur, wenn man sich als Gast im Publikum (oder beim Anschauen der DVD) schon während der Darbietung eingangs erwähnter, eher schwächeren Songinhalte schon darauf freut, dass es dann gleich mit den Monologen weitergeht. Auch deshalb, weil man ja eigentlich auf einem Konzert und nicht in einem Kabarett-Programm sitzt. Herren ohne den nötigen Humor und die mit Kritik an ihrer "Gattung" nur schwer umgehen können, sollten Konzerte der Müller eher nicht besuchen, denn wie man es dreht und wendet: Ina Müller lässt an den Herren der Schöpfung kaum ein gutes Haar und erzählt offenbar gern auch über den kleinen Unterschied zwischen Männlein und Weiblein ("So ein Pimmel ist doch was Witziges, oder?"). Da muss man schon was abkönnen ... Aber wir sind doch alle tolerant, oder?

Als Fazit bleibt mir eigentlich nur zu sagen, dass es nach dem 2012 erschienenen Live-Album und der Live-DVD (damals nur einzeln zu haben und nicht - wie hier - in einer Box), die auch passend nur "Live" heißen, keiner weiteren "Nachbetrachtung" der zum Album passenden Tour bedurft hätte. Die große Schwäche dieser Veröffentlichung ist eindeutig auch die, die das Studio-Album schon hatte: Die Texte. Auch wer auf ein richtiges Konzert hofft, dürfte enttäuscht werden, denn es wird viel geredet. Mit dem Publikum, mit den eigenen Backgroundsängerinnen und viel mit sich selbst, und so richtige Überraschungen in den live gespielten Songs sind auch nicht wirklich dabei. Die Band begleitet ihre Sängerin eher unspektakulär und mit wenig Möglichkeiten, sich selbst mal in Szene zu setzen. Das auf "48 live" enthaltene Live-Programm ist unterm Strich eine souveräne und akzeptable Vorstellung, die ein mehrfaches Erleben aber nicht wirklich nötig macht. Für Fans der blonden Hanseatin ist es sicher ein ganz wichtiges neues Erzeugnis, für Neueinsteiger in die Welt der Ina Müller empfehle ich aber die vorangegangene Live-Publikation "Live".
(Christian Reder)


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