heimatsound1 20140715 1168252144 Titel:
Interpret:
Label:
VÖ:

Titel:
"Heimatsound"
Diverse
SONY
30. Mai 2014

Die komplette Titelliste dieser Doppel CD
findet Ihr am Ende der Rezension.





Rezension:
Nicht nur für Leute, die in diesem Jahr Urlaub im Süden von Deutschland bzw. in den Bergen machen, ist diese Doppel CD eine Empfehlung. "Heimatsound" bietet auf zwei CDs eine bunte Auswahl an Songs aus einem örtlich streng "eingeschränkten" Bereich. Dabei handelt es sich um Lieder von Künstlern und Bands aus Bayern, Österreich und der Schweiz (und sogar aus Südtirol in Italien). Darunter so bekannte Namen wie LaBrassBanda (zuletzt teilnehmende Band beim Bundes Vision Song Contest), Matthias Kellner, Claudia Koreck (ebenfalls schon beim BVSC angetreten), Ringsgwandl, Schmidtbauer-Pollina-Kälberer, Ganes, Stephan Eicher (ex Grauzone) und Hubert von Goisern. Über die Qualitäten dieser Musiker und ihrer Lieder müssen an dieser Stelle nicht viele Worte verloren werden. Ihr Erfolg, auch über die Grenzen ihres (Bundes-)Landes hinaus sprechen da eine deutliche Sprache. Aber es gibt auf den zwei CDs auch viele interessante, aber für die Ohren nördlich des Weißwurst-Äquators sicher noch völlig unbekannte Beiträge. So, z.B. von DJANGO 3000 ("Am End vo da Welt") oder DA HUAWA, DA MEIER UND I ("Niederbayern"). Davon möchte ich Euch einige kurz vorstellen ...

Persönliche Neuentdeckungen und Highlights gab es für mich beim Hören einige, so z.B. die eben schon erwähnte Gruppe DA HUAWA, DA MEIER UND I mit ihrem Song "Niederbayern". Musikalisch erinnert mich die Musik ein wenig an die der Gruppe STS. Akustische Gitarren und die ersten Zeilen der in Text umgesetzten Liebe zur Heimat leiten den Song ein, der sich im Verlauf immer mehr zu einer tollen Pop-Rock-Nummer mit Folk-Einflüssen entwickelt. Die Melodie ein Ohrwurm und der Text eine große Herausforderung an alle die, die nur Hochdeutsch oder einen nordischen Dialekt sprechen bzw. verstehen!
Ebenso gelungen, allerdings nicht in Mundart vorgetragen, ist das Lied "Mein Anker" von JULIAN LE PLAY. Feinster Pop mit Einflüssen von Philipp Poisel und mit Elementen von Ambient- und Folk Music, sowie einer feinen Note Club-Sound. Dazu der Text, der sich in das spannende, aber ziemlich ruhig gehaltene Arrangement passgenau einfügt. Ein echtes Erlebnis für Ohren und Sinne!
Eine weitere echte Perle ist "Kurvn" von KELLER STEFF. Der Liedermacher aus dem Chiemgau ist auf "Heimatsound" mit einer Nummer vertreten, die der gute alte Bob Dylan nicht hätte besser machen können. Die bajuwarische Mundart verbunden mit dem Folk-Sound (incl. Mundharmonika-Einsatz) hat absolut einen gewissen, nicht näher zu beschreibenden Reiz, von dem man sich mehr wünscht.
Etwas völlig anderes machen die Herren von DREIVIERTELBLUT. Zu hören ist hier u.a. Sebastian Horn, Sänger der Gruppe Bananafishbones und Moderator der Radioshow "Heimatsound". Zusammen mit dem Produzenten Gerd Baumann ist er DREIVIERTELBLUT und erfreut uns auf dieser CD mit dem Titel "Deifedanz". Im Stile einer Brass Band musiziert sich das DREIVIERTELBLUT in die Ohren der Hörer, und der flotte Polka-Beat geht unweigerlich ins Bein. Wenn wir zukünftig über "Volksmusik" sprechen, sollten wir das an Liedern wie diesem hier festmachen und künstlich gezüchtete Gülle, die ihr Zuhause in Sendungen wie "Das Frühlings- ..." oder "Das Brechfest der Volksmusik" hat, schnell in den Gulli kippen. DAS ist Folk "Made in Germany"!

Schnell übergehen sollte man auf den beiden CDs allerdings auch eine Hand voll Songs, die sonst möglicherweise Schaden an Leib und Seele verursachen. Als erstes sei hier der Titel "Oriental Dollar" von EBOW erwähnt. Ich habe keine Ahnung, wie diese Band/Sprecherin (von "Sängerin" will ich hier gar nicht anfangen zu schreiben) an ihren Plattenvertrag gekommen ist, aber dieser kann nur in einer Verlosung, bei der sie die glückliche(n) Gewinner(in) war(en), als Hauptpreis ausgelobt worden sein. Ein unsäglicher Schrott aus dem Genre Hip Hop fliegt einem da um die Ohren. Was das mit "Heimatsound" zu tun haben soll, muss man mir mal bei Gelegenheit erklären.
Gleiches kann ich nur über Mundwerk-Crew feat. Stefan Dettl und ihren Beitrag "Weiss-Blauer" schreiben. Zwar steht hier die bayrische Mundart im Vordergrund, aber die passt zum Rap/Hip Hop genauso gut wie Schokolade zum Rosenkohl.
Wer bis heute im Glauben war, gruseliger 90er Dance-Schrott verbunden mit nerviger Sampelei sei Geschichte und niemand, wirklich niemand würde das nochmal ausgraben, der kann sich auf dieser CD vom Song "Schorscht" aus dem Hause Schlachthofbronx eines Besseren belehren lassen. Hinter dem Namen stecken zwei DJs, die bayrische Volksmusik (!!!) mit Beats verbinden, und damit versuchen einen Dancefloor-Hit zu landen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich mir dieses Lied (oder ein anderes der beiden Plattenleger) noch einmal anhöre, tendiert gegen Null. Da setze ich mich lieber einen Vormittag lang vor eine Großbaustelle und lasse mich davon zudröhnen.
Die Krönung des schlechten Geschmacks ist jedoch der Beitrag der Gruppe BLUMENTOPF, die als Gast den SPIDER MURPHY GANG-Sänger Günther Sigl irgendwie dazu gebracht haben, an dieser Aneinanderreihung von nicht zusammenpassen wollenden Tönen mitzuwirken. Inhaltlich begehen die Hip Hop-Vertreter mit ihrem Baumschul-Slang in diesem Stück eine Schändung deutschen Pop-Kulturguts. Die Fortsetzung von "Skandal im Sperrbezirk" soll es sein, ihr Lied "Rosi", dabei hätten wir alle gut und gerne auf diesen Mist (auch inhaltlich) verzichten können.

Es überwiegt jedoch der positive Eindruck, den die Doppel CD "Heimatsound" hinterlässt. Es gibt viel Neues zu entdecken, auf das ohne diesen Sampler deutschlandweit wahrscheinlich kaum einer aufmerksam geworden wäre. Diese Mischung aus großen Namen und neuen Talenten, sowie aus den verschiedenen Musikstilen, ist das große Plus dieser Zusammenstellung, das auch die wenigen Aussetzer locker überspielen kann. Wie schon zum Song "Deifedanz" von DREIVIERTELBLUT erwähnt, setzen einige der Künstler mit ihren Liedern neue und längst überfällige Maßstäbe im Bereich "Volksmusik". Sowohl von den Texten (kein seichtes Geblubber von "kleinen Bacherln unter kleinen Brückerln" und anderer Grausamkeiten) als auch was die Wahl der Instrumente betrifft. Der Einsatz von für Popmusik eher ungewöhnlichen Instrumenten, wie z.B. der Tuba, und die der Musikstile, wie z.B. der Polka, sind nicht nur mutig, sondern fast ausschließlich sehr gelungen und punktgenau getroffen. Antik wirkende Elemente sind plötzlich nicht nur salonfähig, sondern werden so eingesetzt, dass sie das Zeug dazu haben, die Pop- und Rock-Musik zu erobern. Man muss sich nicht mehr schämen zu sagen, ich habe mir die CD "Heimatsound" gekauft und höre jetzt gerne Volksmusik. Die beiden Silberscheibletten sind absolut zu empfehlen!
(Christian Reder)


Titelliste:
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Videoclips:

DREIVIERTELBLUT - Deifedanz


Julian Le Play - Mein Anker






   
   
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