rainbirdsyonder 20140430 1763540461 Titel:
Interpret:
Label:
VÖ:

Titel:
"Yonder"
Rainbirds
Vertigo/Universal
2. Mai 2014

1. Love Was Already There To Be Found
2. Paperchase
3. Love Is A Better Word
4. Yonder
5. Sacred
6. Blueprint
7. Jamais Jamais
8. Last Bus Out
9. Seven Compartments
10. Jesus First!
11. Woman With A Golden Eye
12. Like Someone Who Was Never Here Before
13. Wind Was Playing With My Hair (Remix)





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Man, was war ich verliebt ... 1987 war das. Ich saß am Schreibtisch und büffelte für eine Klausur, als im Radio der Song "Blueprint" von der Gruppe RAINBIRDS gespielt wurde. Eine Neuvorstellung in einer Radiosendung, die sich gleich mit den ersten Tönen in mein Gehirn brannte. Die Melodie-Figur der Einleitung wandelte sich von einer aufgewühlten Nervosität in eine wunderbare und optimistisch klingende Melodie, auf der dann auch der unverwechselbare Gesang der Katharina Franck thronte. Bass, Gitarre, Schlagzeug und Gesang. Aus diesen auf den ersten Blick einfach klingenden Zutaten zauberte eine junge Musikerin aus Düsseldorf damals einen Superhit. "Blueprint" war zum Verlieben schön, und genau das ist mir an jenem Nachmittag auch passiert. Ich habe mich in einen Song verliebt! Diese Liebe zu dem Lied hält bis heute an und genau wie bei "Jede Stunde" von KARAT oder "Immer mehr" von Herwig Mitteregger, will sich weder die Melodie noch das Arrangement bei mir abnutzen. Seit diesem Tag im Herbst/Winter 1987 blieb ich den RAINBIRDS treu. Aber RAINBIRDS war nur ein Name, denn die RAINBIRDS waren für mich von Anfang an Katharina Franck. Völlig egal welch große Namen im Laufe der Zeit für länger oder nur kurz die RAINBIRDS-Jacke überstreiften und sich Teil der Band nennen durften. Die guten Ideen und Melodien kamen immer nur aus einem Kopf. Es folgten weitere Alben - bis 1997 waren es insgesamt sechs Studioalben, die unter dem Namen RAINBIRDS das Licht der Welt erblickten. Und jedes war anders. Es gab bei den RAINBIRDS keinen Stillstand und sie war ständig Bewegung (nicht nur im Line Up). Dies mag dem Mainstream-Publikum nach hinten raus nicht alles gefallen haben. Darum gingen die Verkaufszahlen der Alben auch jedes Mal weiter zurück. Wer aber die Philosophie der Katharina Franck verstanden hat und sich weiter mit ihr und ihren Ideen auf Reise begeben wollte, blieb nicht nur der Band und Katharina treu, sondern auch ihrer Musik mit all den Experimenten und Überraschungen. Diese Gruppe von Fans weiß auch, dass die RAINBIRDS mehr als nur "Blueprint" sind, und das zu entdecken dürfte für einige Musikfreunde, die die RAINBIRDS noch nicht kennen sollten, auch heute noch ein echtes Abenteuer werden. Als die RAINBIRDS Ende des letzten Jahrtausends ihre Arbeit einstellten, war man nur kurzzeitig traurig. Der Blick war nach vorn gerichtet, schließlich wurde nur ein Name abgelegt. Die Seele lebte weiter, denn die Seele der RAINBIRDS war - wie schon geschrieben - Katharina Franck. Sie würde sich nicht zur Ruhe setzen und weiter Musik machen. Und das tat sie dann auch. Bis vor knapp vier Jahren veröffentlichte sie unter ihrem Namen fünf Studio-Alben und mit dem Projekt CLUB DER TOTEN DICHTER ein weiteres (2010), mit ihr als Sängerin. Irgendwann findet aber jeder Musiker zurück zu seinen Wurzeln - auch wenn diese "nur" ein Name sind. Ende des letzten Jahres erfreute uns die Sängerin mit der Botschaft, dass die RAINBIRDS wieder aktiv sind und für 2014 ein neues Album planen. Sie sind also wieder da, und am kommenden Freitag erscheint mit "Yonder" ein neues Album.

Wer nun aber glaubt, "Yonder" bringt einen Haufen neuer Songs mit und die Urbesetzung würde diese spielen, irrt sich gleich zwei Mal. Einzig Katharina Franck ist von allen jemals für die RAINBIRDS spielenden Musikern geblieben. Ihr zur Seite stehen nun Bela Brauckmann, Schlagzeuger der Cultured Pearls, und Tastenmann Gunter Papperitz, der u.a. schon für Peter Vox im Hintergrund als Komponist und Arrangeur tätig war. Als Gäste im Studio wirkten Dirk Berger, (u.a. bei Peter Fox aktiv) und Bassist Markus Runzheimer, den Katharina vom CLUB DER TOTEN DICHTER her kennt, mit. Die drei Hauptakteure haben sich zusammengesetzt und aus allen RAINBIRDS- und Solo-Songs Katharina Francks eine Auswahl von 11 Liedern getroffen, die sie in einem dem Zeitgeist folgenden Klang neu arrangiert und eingespielt haben. Dazu werden zwei ganz neue Titel gereicht. Eröffnet wird das Werk mit dem Remake des Stücks "Love Was Already There To Be Found", das im Original auf dem zweiten Album "Call Me Easy Say I'm Strong Love Me My Way It Ain't Wrong" zu finden ist. Als erstes fällt die Stimme von Katharina Franck auf, die in all den Jahren nichts an ihrer Kraft und Dynamik verloren hat. Spielend leicht wechselt sie die Tonlagen und interpretiert den Klassiker von 1989 so wie einst. Arrangiert ist die Nummer ein kleines bisschen härter als das Original, aber insgesamt steht dem Stück die Frischzellenkur ausgezeichnet. Und nicht nur diesem ...
Der zweite Song des Albums heißt "Paperchase" und ist im Original auf Katharinas Soloalbum "First Take Second Skin" (2006) zu finden. Mit allerlei technischer Raffinesse gewürzt, erinnert die Machart von "Paperchase" ein bisschen an Songs von Kate Bush, ohne aber als Kopie zu wirken. Der Titel ist frisch arrangiert, (wie geplant) zeitgemäß produziert und, auch wenn die elektronischen Spielereien hier im Vordergrund stehen, durchaus nicht ohne Anspruch.
Mit "Love Is A Better Word" kehren wir dann wieder zurück zum Album "Call Me Easy Say I'm Strong Love Me My Way It Ain't Wrong". Die Unterschiede zwischen dem Original von 1989 und der Neufassung sind auf den ersten Blick nur marginal, die Schönheit und die wohltuende Ruhe, die dieses Stück ausstrahlt, wurde aber auch in der neuen Fassung vollumfänglich eingefangen.
Mit dem folgenden "Yonder", das dem Album auch seinen Titel gab, hört man dann den ersten brandneuen RAINBIRDS-Titel auf dem Album. Dieser fügt sich nahtlos an das vorherige Stück an. Es führt den Hörer in ruhigen Fahrwassern durch seine knapp 3 1/2 Minuten. Einzig die eingesetzten Drums streuen einen sachten Beat ein, und wieder fühle ich mich an Kate Bush und ihr Album "Aerial" erinnert, könnte dieses Stück gut und gerne für die Fortsetzung zum Einsatz kommen. Ein superschöner Song, bei dem die Stimme Katharina Francks wieder einmal die Seele berührt und einem wohlige Schauer beschert, besonders wenn sie gegen Ende des Stücks in die Höhen geht.
Mit "Sacred" gibt es dann eine B-Seite auf die Ohren. Von der Single "Love Is A Better Word" haben die RAINBIRDS die zweite Seite der Single ins Heute übertragen und neu eingespielt. Von der Qualität dieses Songs her, der gar keine Single war, schlummert darin ein Hit. Die kleine Melodie dieses Stücks ist sofort im Ohr und im Bein, die glockenklare Stimme der Frontfrau setzt das Lied gut in Szene. Wunderbar und eigentlich Verschwendung, es damals nur als B-Seite einer Single veröffentlicht zu haben.
Und dann ist es soweit. Ich begegne meiner Liebe aus dem Jahre 1987 wieder. "Blueprint". Weg ist der markante Anfang mit den Gitarren (er ist in "digitaler" Form aber am Ende in das Lied eingebaut)! Der Beat und die synthetischen Klänge, die statt der ursprünglichen Arrangements Einzug gehalten haben, entfalten sofort ihre ganze Schönheit. So, als sei das Lied ursprünglich schon als Synthie-Pop-Nummer geplant gewesen. Man sollte meinen, einen Überhit wie Blueprint könne man nicht besser machen. Damit liegt man sicher auch nicht falsch, denn wie schon eingangs beschrieben, ist das ein Allzeit-Klassiker, der nicht kaputt gehen kann. Aber die RAINBIRDS 2014 haben aus dem Klassiker eine ganz neue Version gezaubert, die einen sofort in ihren Bann zieht. Sie ist nicht direkt mit dem Original vergleichbar, aber durchaus wiederzuerkennen. Schon allein durch Katharinas Stimme. Mit scheinbar spielender Leichtigkeit zeigt die Formation, wie ein Song für die Elektro-Abteilung zu klingen hat. Schon beim ersten Hören möchte man als alter Hase am liebsten seine 2raumwohnung-CDs aus dem Schrank räumen, um Katharina und ihren Musikern ganz vorn im Regal Platz zu schaffen. Was für eine großartige neue Umsetzung einer schon über 27 Jahre alten Songidee! "Blueprint" in der Fassung MUSS eigentlich nochmal als Single ausgekoppelt werden!
Ebenso elektronisch verspielt ist der RAINBIRDS-Ausflug ins Französische vom '93er Album "A Different Light" ausgefallen: "Jamais Jamais" heißt der Song, der auch auf "Yonder" Verwendung fand.
Vom Katharina Franck-Album "On The Verge Of An Autobiography" aus dem Jahre 2008 stammt der Song "Last Bus Stop", der uns sphärisch arrangiert und verträumt-melancholisch präsentiert wird und in seiner Art auf dem Album wohl ein Alleinstellungsmerkmal darstellt. Genremäßig einsortieren lässt sich das Lied, in dem ein Hauch Jazz, Chanson und Orchestrales steckt, und das die drei RAINBIRDS-Protagonisten mit elektronischen und rockigen Elementen gekreuzt haben, nicht einsortieren. Diese ziemlich düstere Melange aus verschiedenen Stilen beeindruckt außerdem durch die ungewöhnliche Umsetzung ebenso, wie durch Katharinas stimmlicher Wandelbarkeit. Zugegeben: Kein Song für nebenbei, dafür aber mit dem Anspruch, mehrfach gehört und dabei Stück für Stück entdeckt zu werden.
Vom Debüt-Album "Rainbirds" wurde der Song "Seven Compartments" entnommen und in ein neues Klanggewand gekleidet. Genau wie bei "Blueprint" vom gleichen Album, wurde der Einsatz "natürlicher" Instrumente überwiegend durch Synthie- und Keyboard-Sounds ersetzt, was aus der einstigen Folk/Rock/Pop-Nummer ein vollkommen neues Stück erwachsen lässt.
Auch "Jesus First" ist im Jahre 2014 eher elektronisch ausgerichtet. Zwar gefällt hier der Einsatz von Gitarren im Zusammenspiel den synthetischen Elementen sehr gut, mir persönlich fehlt hier die markante und pure Bassfigur des Originals doch sehr. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau, denn letztlich ist das auch Geschmackssache.
Mit "Woman With A Golden Eye" (Original von 1991, Album "Two Faces") und dem zweiten brandneuen RAINBIRDS-Song "Like Someone Who Was Never Here Before" wird der Hörer aus dem Bereich der RAINBIRDS-Neueinspielungen entlassen. "Like Someone ..." gibt noch einmal einen Einblick in das Seelenleben der RAINBIRDS 2014. Katharina Franck hat sich verändert. Nicht stimmlich, aber von der Art, Songs zu schreiben und musikalisch umzusetzen. Die beiden neuen Songs unterstreichen das ziemlich deutlich.
Als letzter Song befindet sich noch ein Remix des Stücks "Wind Was Playing With My Hair", im Original ebenfalls vom 2008er Katharina Franck-Album "On The Verge Of An Autobiography", auf der CD. Hier haben Ulrich Schnauss und Mark Peters Hand an eine Komposition von Katharina gelegt, die kurzerhand mit auf die neue Scheibe genommen wurde.

Mag sein, dass der ein oder andere RAINBIRDS-Fan aus der Anfangszeit von der Tatsache enttäuscht sein wird, dass es kein wirkliches Comeback in der Urbesetzung gibt. Mag auch sein, dass andere Alt-Fans ob der Ausbeute von nur zwei neuen Songs auf der CD und sonst nur vorhandenen Neueinspielungen ebenfalls nicht gerade glücklich sein werden. Ich bin selbst kein Freund von Coverversionen oder Remakes, aber wer der CD eine Chance gibt und sie sich anhört, wird schnell feststellen, dass das Comeback in dieser Form absolut Sinn ergibt, und dass viele der Remakes eine Übertragung in das Heute mit all seinen produktionstechnischen Möglichkeiten ist. Man redet da gern von "logischer Weiterentwicklung". Katharina und ihre Musiker haben es ganz wunderbar verstanden, die Lieder von damals auf hohem Niveau neu einzuspielen. Mal wurde die Songidee in eine ganz andere Richtung neu arrangiert, ein anderes Mal wurden nur Feinheiten verändert, die das Lied aufwerten aber niemals verschandeln. Selbst eine elektronische Fassung von "Blueprint" transferiert den Geist und die Seele von vor 27 Jahren in eine andere musikalische Richtung und Zeit. Es geht dabei nichts verloren, sondern zeigt nur weitere Facetten auf, die das Lied in sich barg. Gleiches gilt für die anderen Remakes auch. Selbst "Scared", das nur eine B-Seite war, erlebt durch die neuen Ideen eine Renaissance und bringt gleich auch noch eine Menge Hitpotential mit. Den Ausflug in die elektronische Welt gesteht man den RAINBIRDS 2014 zu, denn was den Umgang mit Synthesizern und Keyboards betrifft, vertreten sie die anspruchsvollere und ideenreichere Abteilung des Genres und heben sich doch deutlich von dem BummBumm und den elektronischen Einfallslosigkeiten anderer "Bands" ab. Die Band balanciert auf der Naht zwischen Mainstream und der "besonderen" Musik und hält sich somit auch die Tür offen, kommerziell erfolgreich zu sein. "Yonder" macht Spaß und birgt eine Menge Überraschungen in sich. Aber Überraschungen ist man von Katharina Franck und ihrer Band ja gewohnt. Willkommen im neuen Jahrtausend, RAINBIRDS.
(Christian Reder)


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Album-Teaser zu "Yonder":




   
   
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