mufre2013 20140312 2031282377 Titel:
Interpret:
Label:
VÖ:

Titel:
"Mehr"
Münchener Freiheit
Edel Records
25. Oktober 2013

1. Neue Freiheit
2. Meergefühl
3. Irgendwo da draußen
4. Bye Bye
5. All'die Jahre
6. Ich will es nicht glauben
7. Mona Lisa
8. Erinnerung
9. Liebe verzeiht
10. Wie der Wind
11. Magnet
12. Traum vom wilden Leben
13. Wieder tun

Anmerkung: Dieses Album gibt es auch als "Limited Edition" mit Bonus CD, auf der die Songs

1. 1000 x Du
2. Herz aus Glas
3. S.O.S.
4. Ich will Dich nochmal
5. Herzschlag
6. Oh Baby
7. So heiß
8. So lang' man Träume noch leben kann
9. Ohne Dich
10. Bis wir uns wiedersehen

als Remakes enthalten sind. Die Stücke sind neu arrangiert und mit Tim Wilhelm als Sänger neu aufgenommen worden.


Rezension:
Etwas über drei Jahre ist es jetzt her, dass die MÜNCHENER FREIHEIT ihren Kopf und Sänger Stefan Zauner verloren hat. Über 30 Jahre hatte das Gründungsmitglied nicht nur seine Stimme, sondern auch seine Kreativität in Sachen Songwriting in den Dienst der Band gestellt. Und das mit Megaerfolg! Die Liste der Hits und bekannten Songs sind lang, und enden auch nicht nach den Riesenhits wie "1000 x Du" oder "Ohne Dich". Zauners markante Stimme, die man aus Millionen anderer Stimmen auch mit Watte in den Ohren sofort erkennen würde, war Markenzeichen und dickes Pfund gleichermaßen. Nun stand die Münchener Freiheit also ohne Sänger da. Mir als Fan der Band hat's erst mal die Füße weggehauen. Ich konnte mir ein Weitermachen nicht vorstellen. Wie sollte die Musik ohne Zauner klingen? Diese Stimme, die in all die Lieder der letzten 34 Jahre passgenau beim Arrangieren eingelassen wurde ... Wer sollte das so hinbekommen? Die Suche gestaltete sich für die verbliebenen Musiker offenbar nicht leicht. Die Münchener Freiheit verpflichtete Stephan Thielen als neuen Sänger. Er sollte das Rüstzeug mitbringen, die die Band für neue Plattenproduktionen und Live-Konzerte dringend brauchte. Kaum war Thielen da, war er auch schon wieder weg. Nicht, weil er stimmlich nicht gepasst hätte, sondern weil ihm die Gesundheit einen Strich durch die Rechnung machte. Größere Probleme mit den Stimmbändern hatten ein erneutes Suchen nach einem Nachfolger für Zauner zur Folge. In Tim Wilhelm fand man den nächsten Kandidaten, der der "Freiheit" ein neues Gesicht geben sollte. Wilhelm dürfte eher dem jüngeren Publikum ein Begriff sein, war der doch in den letzten Jahren beim Kinderkanal als Moderator tätig. Außerdem hat der Sänger eine klassische Gesangsausbildung, und durch eigene Studioproduktionen (unter dem Namen TiM sind zwei Alben mit Kinderliedern erschienen) auch schon Studioerfahrung sammeln können. Mit ihm zusammen erschien bereits im letzten Herbst das erste Studioalbum der Münchener Freiheit nach Zauner. Es heißt "Mehr" und die Neugier auf die neue Münchener Freiheit war groß!

Als sei es die trotzige Ankündigung einer bereits abgeschriebenen Band, heißt das erste Stück auf dem Album "Neue Freiheit". Auf den ersten Blick haben die neuen Lieder der Band nichts mehr mit dem zu tun, was man bis ins Jahr 2010 und dem Album "Ohne Limit" von der Kapelle kannte. Auf den zweiten Blick übrigens leider auch nicht. Die Band hat offenbar versucht, den Vergleich mit den anderen bisher veröffentlichten Alben zu unterbinden. "Mehr" kann man nämlich tatsächlich nicht mit Platten wie "Traumziel", "Phantasie" oder "Liebe auf den ersten Blick" vergleichen, denn das Songmaterial auf der neuen CD klingt anders und fühlt sich auch anders an. Ob gewollt oder weil es anders nicht machbar war, kann ich nicht beurteilen. Die Band startet mit den 13 neuen Liedern jedenfalls einen Neuanfang mit neuem Konzept und neuer Stimme. Stünde auf der CD nicht drauf, dass sie von der Münchener Freiheit ist, wäre ich im Leben nicht darauf gekommen, wer diese Lieder eingespielt hat. Was mich im ersten Moment schon an der CD gestört hat, ist der Gesang Wilhelms. Ich möchte nicht sagen, dass er ein schlechter Sänger ist. Dem ist nämlich nicht so. Aber seine Stimme will irgendwie nicht so richtig in mein Bild der Münchener Freiheit passen. "Neue Freiheit" ist vom Arrangement her eine echte Hymne ... ja, ein mitreißender Rock/Pop-Song. Aber sobald Wilhelm mit seinem Gesang einsetzt, klingt das Ganze eher nach Musical als nach dem, was das Arrangement des Songs möglich gemacht hätte. Auch der zweite Song auf der CD, "Meergefühl", weist diese Besonderheit auf. Das Stück ist eigentlich ein treibender Rocksong mit einem exzellenten Refrain. Leider will er aber nicht richtig ankommen, weil er für meinen Geschmack nicht zum Sänger Tim Wilhelm passen will. Ich möchte an der Stelle aber ausdrücklich betonen, dass die Stimme Wilhelms keine Kritik verdient hat. Er ist sehr wohl ein exzellenter Vokalist, scheint bei der Münchener Freiheit aber irgendwie noch nicht angekommen zu sein. Das ändert sich jedoch beim dritten Song auf der CD, "Irgendwo da draußen". Hier ist es Band und Sänger gelungen, eine Einheit zu werden. Es passt einfach alles! Es ist ein tolles Stück und hätte man diesen Song für den "Neustart" als Single ausgewählt, hätte man wirklich sagen können: Die Münchener Freiheit hat sich neu erfunden. Der Refrain bohrt sich tief in die Gehörgänge und verweilt dort längere Zeit. Nach dem ersten Hören des Albums ist bei mir genau dieses Lied hängen geblieben. Leider ein Einzelfall.
Ab "Bye Bye" verläuft sich das Album mehr und mehr in Austauschbarkeit und (sorry) Belanglosigkeit. Manche der Lieder sind komplett überproduziert, klingen steril ... ja, sogar künstlich. Ein Blick in die Credits im Booklet liefert die Antwort nach dem "Warum?" gleich mit. Als Produzent wird hier Christian Geller genannt. An einer Stelle im Internet wird über ihn geschrieben, dass er seinen Schwerpunkt schon immer im Bereich der "kommerziellen Popmusik" hatte. Und bei dem Begriff schrillen bei mir schon alle Alarmglocken. Das klingt so, als komponiere bzw. produziere der Mann stets dem Zeitgeist folgend, und der ist gerade im Bereich Popmusik derzeit ja alles andere als leicht bekömmlich. Als Referenzen werden für seine Tätigkeit u.a. Namen wie Zlatko & Jürgen (die beiden inzwischen längst vergessenen Figuren aus dem RTL Big Brother Container), Modern Talking, Schnappi (!!!), Truck Stop und die Wildecker Herzbuben genannt. Übrigens ist das auch der gleiche Christian Geller, der das Album "Mit freundlichen Grüßen" für (Achtung) Heino produziert hat. So klingen Songs wie "All die Jahre" dann auch wie für ein Bierzelt gemacht, und sind qualitativ von Stücken wie "Herz aus Glas" oder "Bis wir uns wiedersehen" so weit weg, wie die Raumstation ISS von der Erde.
Beim Hören des Stücks "Mona Lisa" überfällt einen ziemlich viel technischer Schnick-Schnack im Arrangement. Es fehlen mir bei den Songs einfach die eigenen Ideen, für die die Band immer bekannt war. Die Ideen werden dafür mit den neusten Spielereien im Bereich Produktion übermalt. Sich auf das Talent eines Produzenten zu verlassen, der scheinbar munter Zeug für "Willkommen bei Carmen Nebel" produziert, aber offensichtlich nicht den Spirit und die Geschichte der Münchener Freiheit kennen und fühlen kann, war die falsche Entscheidung. Ich habe das Album "Mehr" inzwischen einige Male gehört, und bis aus "Irgendwo da draußen" bleibt nichts hängen. Man hört es und vergisst es gleich wieder. Es hat mich ziemlich enttäuscht zurück gelassen. Die Band hat mich außer bei einem Song nicht abholen können. Sehr sehr schade!
Eine Steigerung der Enttäuschung gibt es allerdings, wenn man sich die der limitierten Auflage beiliegenden Bonus CD anhört. Hier hat die Band sogenannte "Remakes" ihrer Hits mit dem neuen Sänger eingespielt. Und das hätte sie lieber lassen sollen. Gleich der erste Song "1000 x Du" klingt in dieser Version so, als hörte man einem Alleinunterhalter zu, der mit seinem Keyboard und diversen vorgefertigten Arrangements zu einer Silberhochzeit aufspielt. Was zum Teufel sind das für Keyboard-Plugins? Da hatte meine Bontempi-Orgel aus Kindertagen einen geileren Sound! Der Höhepunkt von "geht gar nicht" ist dann mit dem Song "S.O.S." erreicht. Auch hier wieder billig klingende Keyboard-Sounds und ein schlageresker Vortrag des Sängers machen aus einem der schönsten Songs der Münchener Freiheit den Soundtrack für eine Senioren-Butterfahrt. Hatte man beim Hören des regulären Albums schon mehrfach das Gefühl, dass die Stimme Wilhelms irgendwie nicht zur Musik passen will, wird dieser Eindruck über die Songs auf der Bonus-CD noch verstärkt. Im Gegensatz zu den Songs auf "Mehr" zieht sich diese Tatsache allerdings durch alle Lieder der Bonus CD und es gibt Momente, in denen man sich sogar dabei erwischt, wie man sich schüttelt. Autsch! Am besten kann man diese CD mit den 10 neu eingespielten Songs so beschreiben: In den 80ern musste man beim Kauf von Kopplungen/Samplern richtig aufpassen, dass auf dem Cover der Vermerk "Original Hits der Original-Interpreten" stand. Ansonsten konnte es passieren, dass man sich gruselige Neueinspielungen durch irgendeine Studioband einfing, die man billiger nicht hätte machen können. Ich möchte wirklich zu gern wissen, wer da glaubt, jemand würde diese Neueinspielungen den Originalen vorziehen.

Ich bitte zur Kenntnis zu nehmen, dass meine Meinung über die aktuelle CD mein persönliches Empfinden ist. Nichts ist mir bisher so schwer gefallen, wie die CD einer meiner Lieblingsbands zu beschreiben und so ein Urteil zu fällen. Ich habe sehr lange darüber gebrütet, sie mehrfach gehört und überlegt, evtl. den Mantel des Schweigens darüber auszubreiten. Es gibt aber Dinge, die gesagt werden müssen, und darum kann ich nur schreiben: "Mehr" ist alles andere als ein guter Neustart der Münchener Freiheit. Man könnte es mit einer eventuell durch Zauners Ausstieg vorhandenen Verunsicherung der Band erklären, dass das Album das für meinen Geschmack schwächste der Bandgeschichte geworden ist. Eine Chartnotierung für das Album habe ich nicht finden können, kann also nicht sagen, ob es in die Album-Charts gekommen ist. Auch das sollte für die Münchener Freiheit ein Weckruf sein, bis zum nächsten Album noch mehr zusammenzuwachsen und mit Tim Wilhelm noch enger zusammenzurücken. Aber auch Tim Wilhelm muss das Gespür für die Münchener Freiheit bekommen, das ich bei vielen der Songs auf "Mehr" vermisse.
(Christian Reder)


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