hdg-mlus 20130601 1875172166 Titel:
Interpret:
Label:
VÖ:

Titel:
"Mit Leib & Seele"
Hans die Geige
BuschFunk
7. Juni 2013

1. Intro
2. Melancholie
3. Mit Leib und Seele
4. Ein Freund
5. Forrest Gump Suite
6. Träumerei
7. An seiner Seite
8. Letzter Rosengruß
9. Bohemian Rhapsody
10. Ein Freund (Instrumental)
11. Vivaldis 4 Jahreszeiten





Da feiert einer dieser Tage sein 40. Bühnenjubiläum, den man unter dem Namen HANS DIE GEIGE kennt. Vielleicht irre ich mich ja, aber irgendwo ist da ein Rechenfehler drin... Im Jahre 2009 trafen wir Hans Wintoch zum letzten Mal. Damals mit einem Interview zu seinem 35. Jubiläum. Demnach hätte der Musiker dieses Jubiläum im nächsten Jahr feiern müssen, denn wie er uns selbst im Interview erzählte, hat er Ende 1974 seine Prüfung gemacht und seinen Berufsausweis bekommen, um dann Anfang 1975 bei der Schubert Formation einzusteigen. Trotz scheinbarem Rechenfehler ist das eine stattliche Anzahl von Jahren, die der Mann mit den langen blonden Haaren da hinter sich gebracht hat. Er hat dabei Höhen und Tiefen erlebt, Zeiten und Systeme überlebt, Trends kommen und gehen sehen und war als Musiker in Bands, aber ab 1988 auch als Solist aktiv. Da kann man mit dem Rechnen schon mal durcheinander kommen. Gab es vor vier Jahren noch die CD "35 Jahre Hans die Geige", für die seine Fans die Lieder aus seiner Karriere auswählen durften, kommt uns der Mann mit der Geige in diesem Jahr und passend zu seinem (39.) Jubiläum mit ganz neuen Liedern und einer brandneuen CD, die den Titel "Mit Leib & Seele" trägt.

Mit Leib und Seele muss man auch dabei sein, wenn man eine so lange Zeit als Profimusiker aktiv ist. Ebenso müssen Leib und Seele dabei sein, wenn man neue Lieder schreibt und aufnimmt, die am Ende überzeugen sollen. Also hören wir mal rein in Hans' neue CD. Diese startet mit einem "Intro". Opulente Töne eines Orchesters sind zu hören. Ab Minute 1 steigt dann auch der Jubilar Geige spielend mit ein. Eine festliche und dem Anlass entsprechende Komposition wurde hier richtig gut vertont. Nicht schlecht, das fängt schon gut an. Mal sehen, ob die restlichen Lieder der CD das Niveau der vielversprechenden Eröffnung halten können.
Dem Intro folgt die "Melancholie". Also der Song und nicht die innere Stimmung. Es ist nach dem Intro ein weiteres Instrumental. Klavier, Gitarre, Geige und ein Schlagzeug sorgen dafür, dass man sich zum Kopfkino die richtigen Bilder zur Musik erträumen kann. Eine wirklich sehr gelungene Nummer, die den Hörer trotz seiner im Titel gemachten "Androhung" an keiner Stelle melancholisch macht.
Mit dem Song "Mit Leib und Seele" folgt dann der erste Song des Albums, zu dem Hans Wintoch seine Gesangskünste beisteuert. Es ist offenbar die zu seinem Jubiläum passende Hymne ("Mit Leib und Seele bin ich dabei / Mit Leib und Seele bin ich frei / Mit Leib und Seele mach ich mein Ding"). Das Lied ist eine typische Bierzelt- und Stadtfest-Nummer, bei der der größte Teil des Textes eben aus den leicht zu merkenden Zeilen "Mit Leib & Seele" besteht, was ziemlich schnell auch nervt. Die die Grenze zum Bereich Party-Schlager hörbar und sehr weit überschritten habende Komposition tut da ihr Übriges. Dass die Musik scheinbar komplett am Computer entstanden ist, ist hier nur der kleinste Makel. Einen Song wie diesen hört und erwartet man sonst eigentlich nur von DJ Ötzi und das ist ganz sicher kein Kompliment. Ein Lied dieser Machart kommt bei Konzerten sicher richtig gut - mit dem einen oder anderen bereits vernichteten Bierchen sicher noch besser - aber ich mag solche Songs überhaupt nicht. Muss ich aber auch nicht, denn es gibt sicher genug Fans, die möglicherweise gerade dieses Lied gut finden. Am Ende dieser Seite findet Ihr einen Clip mit der Live-Version dieses Stücks.
Dann gibt es ein Wiedersehen mit Lutz Möhwald, in den 80ern Schlagzeuger und Percussionist bei der M.Jones-Band. Er und Hans haben den Song "Ein Freund" geschrieben. Es ist eine Art Lied zu einem besonderen Anlass. Sei es ein Geburtstag, oder eben auch ein Jubiläum, wie das vom Hans. Vielleicht aber auch nur ein Lied für einen Freund... ganz einfach nur so. Mit seinen 1:30 Minuten ist es aber leider nur ein sehr kurzes Vergnügen. Und Vergnügen bereitet es tatsächlich, denn hier passen Musik und Gesang ganz wunderbar zusammen und das Arrangement gefällt auf Anhieb. Sowas "verschenkt" man doch gerne an seine Lieben an einem besonderen Tag.
Es folgen zwei Instrumentalstücke, wovon das erste wohl jedem Kinogänger und Filmfan bekannt sein dürfte. Es ist diese wunderschöne Komposition von Alan Silvestri aus dem Film "Forrest Gump". "Forrest Gump Suite" heißt dieses nur mit Klavier und Geige gespielte Lied dann auch. Man hört es auch Jahre nachdem der Film erschienen ist, immer wieder mal als Untermalung in anderen Produktionen, wie z.B. TV Serien oder Reportagen. Es ist also ein echter Klassiker. Gut umgesetzt, und zum Lied selbst muss man nicht mehr viele Worte verlieren. Das zweite Instrumental trägt den Namen "Träumerei". Akustikgitarre, ein leises Xylophon, Hans an der Geige und Orchesterarrangements als Begleitung. Der Song trägt zurecht den Namen "Träumerei" und wieder einmal ist es schade, dass er nur so kurz geraten ist.
Das nun folgende "An seiner Seite" ist mit einem autobiographischen Text versehen, allerdings singt Hans nicht in der Ich-Form, sondern über sich in der dritten Person. Das Stück ist sowohl eine Abrechnung mit sich selbst, bei der der Musiker sich nicht scheut z.B. auch sein Alkoholproblem und Tiefpunkte in der Karriere zu thematisieren - das ist mutig und bemerkenswert -, als auch die schönen Momente im Leben. Er hat seiner Lebensgefährtin mit diesem Stück gleichzeitig auch eine Liebeserklärung gemacht, bezeichnet sie als seine Kraftquelle, Führerin auf dem Weg aus dem Dunkel und Liebe auf den ersten Blick. Auf seiner Jubiläums-Tournee, die inzwischen ja schon gestartet ist, wird Hans dieses Lied sicher auch live spielen. Es wäre interessant zu hören, wie es mit kompletter Band klingt, denn die bei der Aufnahme gewählten Arrangements sind nicht sehr überzeugend. Bis auf die Gitarre scheint alles der Computer gemacht zu haben, und das ist leider nicht zu überhören.
Dies ist auch beim folgenden "Letzter Rosengruß" so. Auch hier lässt sich nicht überhören, dass vieles am Computer entstanden ist. Allerdings überzeugt der Song - ebenso wie das vorher gehörte Lied - in erster Linie durch seinen Text. Hans nimmt hier offenbar Abschied von einem bereits verstorbenen Kollegen, Freund oder Familienmitglied. Es sind die Gedanken, die man hat, wenn man am "Ort der Stille" vor dem Grab eines lieben Menschen steht. Diese Gedanken sind zum Text und schließlich mit "Letzter Rosengruß" auch zum Lied geworden. Ein wirklich sehr berührendes Stück, mit dem HANS DIE GEIGE sicher vielen Menschen aus der Seele spricht, denn irgendwie hat ja jeder nach dem Verlust eines liebgewonnenen Menschen schon einmal diese Gedanken gehabt. Der Text verzichtet allerdings komplett auf die optimistische Botschaft, dass der Schmerz durch den Verlust irgendwann abklingen wird. Vielmehr befindet man sich gerade noch inmitten dieser Trauerphase, in der Sehnsucht und Trauer "in ein Tränenmeer münden". Ein sehr starker Song!
Mit der Coverversion von Queens "Bohemian Rhapsody" ist dann der "offizielle Teil" des Albums beendet. Mit der Coverversion des Queen-Klassikers begibt sich HANS DIE GEIGE dann in ein Genre, über dem ein übermächtiger David Garrett thront und das Land seit einigen Jahren mit seinen Fiedelkünsten und nachgespielten Songs aus der Pop- und Rockgeschichte erschüttert. Ich bin kein Freund dieser Nachspielerei und frage mich auch immer wieder, wie Leute sowas dem Original vorziehen können. Das hat was von Michael Hirte, ist zudem wenig originell (David Garrett macht das - wie gesagt - schon seit Jahren) und ich würde zu jedem Zeitpunkt das Original vorziehen. Aber das ist wieder nur meine Meinung und wird von dem einen oder anderen Leser sicher ganz anders gesehen.
Nun gibt es noch zwei Bonustracks auf der CD. Das bereits für sehr gut befundene "Ein Freund" kommt dann nochmal in einer anderen Fassung, nämlich ohne Gesang und als reine Instrumental-Version, daher. Der definitiv letzte Song des Albums ist die 6:48-minütige Interpretation von Vivaldis "4 Jahreszeiten", die Hans zusammen mit der Gruppe VITAL und der Thüringen Philharmonie Gotha im Jahre 2009 live gespielt hat. Und hier wird aus dem Rockgeiger, wie er sich selbst ja nennt, wieder der klassische Geiger, der die großen alten Werke in seinem Studium sicher in- und auswendig auf seiner Geige spielen gelernt hat. Davon darf man sich dann hier auch nochmal selbst überzeugen.

Die CD "Mit Leib & Seele" hat - wie wohl Hans Wintochs Karriere und Leben auch - viele Höhen und Tiefen. Auf der einen Seite sind die Instrumentalnummern, bei denen der Musiker all die Klasse und hohe Qualität in der musikalischen Umsetzung hineinfließen lässt, die man bei Liedern wie "Mit Leib und Seele" und "An seiner Seite" irgendwie vermisst. Zwar kann man bei Album-Produktionen heute sehr viel mit Computertechnik machen, aber ob da jemand tatsächlich Schlagzeug oder Bass spielt, das kann man auch trotz allen Fortschritten in der Technologie oft heraushören. Und das kann man leider hier auch. Etwas schade finde ich außerdem, dass man im Zeitalter der CD, auf der bekanntlich ja 'ne Menge Platz ist, ein Album mit nur 34 Minuten Laufzeit veröffentlicht hat. Zieht man die Coverversionen und die beiden "Bonustracks", von denen man ja glauben soll, dass sie nicht zum eigentlichen Album gehören, ab, so bleiben nur etwas über 20 Minuten übrig, die wirklich neue Songs beinhalten, und das ist - sorry, lieber Hans - definitiv zu wenig. Trotzdem beinhaltet "Mit Leib & Seele" richtig gelungene Stücke. Die bereits erwähnten Instrumentalstücke überzeugen durchweg. Die Texte der Lieder "An seiner Seite" und "Letzter Rosengruß" sind sehr gelungen, und auch das Bonuslied "4 Jahreszeiten" gefällt durchaus. Einige der Stücke würden mich in der Live-Version mit Band interessieren, denn sie haben durchaus Potenzial ("An seiner Seite", "Letzter Rosengruß"). Auch wenn ich für mich ein paar Haare in der Suppe gefunden habe, so wird diese CD seinen Fans sicher gefallen. Und das ist auch gut so!
(Christian Reder)



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Videoclip

"Mit Leib und Seele" (live)

Video: Petra Meißner