strawbeat 20130324 1194027826 Titel:
Interpret:
Label:
VÖ:

Titel:

"Beat Invasion"
The Strawberries
Bluestone
März 2013

1. Irgendwer für Irgendwen
2. Komm bald zurück
3. Love or leave this town
4. Transistorradio
5. Good bye, good bye
6. Gelbes Laub
7. Nur für dich
8. War es Liebe
9. Zeit wie Sand
10. Kanns nicht erklären
11. Jetzt kommt die Nacht

 

"Erzgebirg'sche Erdbeeren" bringen die Beat-Ära zurück
Als ich die CD "Beat Invasion" in die Hände bekam, war ich doch etwas skeptisch. Beat aus Limbach Oberfrohna einem Provinznest im Erzgebirge? Das passt irgendwie nicht. Doch diese Skepsis stellte sich schon mit den ersten Klängen als böses Vorurteil heraus. Die Strawberries sind eine fantastische Band, die exzellenten Gute Laune Pop der frühen Beatjahre auf höchstem Niveau machen. Was die Musiker um Lothar Becker spielen, ist unverfälschter Beatles-Sound. Da passt einfach alles. Die klassische Besetzung der Band, die Art zu singen, der Satzgesang sowie die Kompositionen der Titel, einschließlich des immer wieder eingebauten "La La La" zur Melodie des jeweiligen Liedes, das alles ergibt den perfekten Retrosound der frühen 60er Jahre.

Wenn man nicht wüsste, dass alle Stücke neue Eigenkompositionen sind, man könnte die CD fraglos für bisher unveröffentlichte Stücke Uve Schikoras oder Thomas Natschinskis halten. "Beat Invasion" ist die gelungene Zeitreise zu den Anfängen des Rock und Pop, eine Zeitreise zu schnörkelloser Beatmusik, wie ich sie von Interpreten der Jetztzeit so geballt und gut gemacht noch nicht gehört habe. Gleich welchen Titel man hört, alle sind typische 60er Jahre Titel. Bereits mit den ersten Tönen des ersten Titels, die von einem melodisch stimmigem, typisch 60er "Ba, ba, ba, ba ahaaa..." begleitet werden, wird überdeutlich, was auf der CD musikalisch geboten werden wird. Der Opener der CD "Irgendwer für Irgendwen" entpuppt sich geradezu als musikalisches Überraschungspaket. Takt für Takt gleicht es einem Feuerwerk aus exzellent umgesetzten, kleinen musikalischen Ideen und sicher eingesetzten Stilmitteln. Das einleitende "Ba, ba, ba..." wird in einer klassischen Melodie im 2/4 Takt aufgenommen, die von warm schwingenden, den Rhythmus dennoch gewaltig treibenden, Gitarren getragen wird. Dazu kommt ein Schlagzeug mit unüberhörbaren Becken und einer Snare, die diesen Rhythmus konsequent hochhält und auf der schon mal mitten im Titel ein kurzer, sehr schneller Trommelwirbel gespielt wird. Immer wieder sind die in die 60er Jahre Musik gehörenden gesungenen "..ohoos..." und "...ahaas..." aus dem Background zu hören, die den Gesang des Textes an den jeweiligen Zeilenenden stilistisch sehr treffend ergänzen. So werden die Vorbilder aus den 60ern einschließlich der Intonation der Texte perfekt nachempfunden. Diese Musik versprüht zu allererst gute Laune. So man sich darauf einlässt, wird man bereits vom ersten Titel mitgerissen. Großartig gemachte Retromusik der Extraklasse. Aus einer kleinen Stadt im Erzgebirge. Von Musikern die ihr Handwerk ganz offensichtlich verstehen.

Zu hören beispielsweise auch im ersten Titel, wenn man sich bei der Bridge zwischen den Strophen (bei ca. 1:15 Min.) fragt, "Spielen dort gerade Gitarren oder ist das ein Keyboard?", um dann kurz danach (bei 1:30 Min.) anerkennend verfolgen zu können, wie zwei Gitarren das Motiv genial auflösen. Das ist Musikkunst par excellence. Zumindest für mich. Einiges erinnern an die Beatles und andere große Namen der Frühzeit des Beat. So behaupte ich, viel besser als im Titel "Love or leave this town" kann man Beatles-Sound nicht covern. Das Motiv das sich in diesem Titel unverkennbar wiederfindet, erinnert zwar an den Titel "The seeds of love" von der Gruppe TEARS FOR FEARS, aber der ist für sich ja die Konglomeration vieler Beatles-Songs. Begeistert bin ich vom Gitarrenspiel in diesem Song der Strawberries. Das klingt kurz und einfach perfekt. Der Gesang ist brillant. Hörte der sich mit langgezogene Silben und Kaugummipop zuvor ein wenig wie Tobias Künzel und Die Prinzen an, ist man bei "Love or leave this town" wirklich stark an die Beatles erinnert. Die Strawberries sind aber nicht auf die Fab Four festgelegt, auch wenn sie oft und überaus gekonnt Beatles-Anleihen in ihre Songs einfließen lassen. So ist "Good bye, good bye", der fünfte Titel des Albums, ein schöner Rock'n Roll Song im Stil der großen Gitarrenbands, wie z.B. der Shadows, Ventures oder Spotnicks. Ein Beweis mehr, wie handwerklich gut die Strawberries sind. Die Texte sind passend zur musikalischen Ausrichtung ähnlich unverfänglich wie sie es in den 60ern doch häufig waren. Das ist meist Herz-Schmerz-Sonnenschein, aber das ebenso gut gemacht, wie die musikalische Umsetzung der Songs in die Musik der 60er. Ein tolles Beispiel dafür ist auch der Titel "Zeit wie Sand". Sehr lang ausgehaltene und nachklingende, einzelne Gitarrentöne, dazu wieder ein bekanntes Motiv, dass gekonnt in den Song integriert wurde. So entsteht ein Klasse Sound.
Die Strawberries lieben es auf dem Album regelmäßig zwischen rhythmus- und melodiebetonten Titeln zu wechseln. Nach dem relativ ruhigen "Zeit wie Sand" folgt erneut ein echter Beat, der deutlich rhythmusbetonter als sein Vorgänger ist. Daran schließt sich mit "Jetzt kommt die Nacht" eine sehr gefühlvolle Ballade an, bei der man sogar Streicher zu hören glaubt. Sicher der gefühlvollste Titel des Albums, bei dem ich allerdings den Zweck der angedeutete Variation der Melodie im Mittelteil des Songs nicht recht verstehe. Das wirkt etwas unharmonisch und trübt den großen Eindruck gerade dieses Titels. Dennoch ist "Jetzt kommt die Nacht" ein überaus gelungener Abschluss dieses in sich sehr stimmigen Albums.

"Beat Invasion" darf man getrost jedem Fan der frühen Jahre des Pop empfehlen, genau wie solchen, die exzellente, handgemachte Musik zu schätzen wissen. Für Freunde der Gitarren-Combos und des reinen Beat ist das Album eigentlich ein Muss. Leider ist es mit gut 30 Minuten recht kurz geraten, denn von dieser Art kurzweiliger Unterhaltung verträgt man zweifelsohne mehr. Wer sich auf die ersten Töne der Herren einlässt, wird das sicher bestätigen. Und er kommt wie ich zu der Erkenntnis, dass aus dem Erzgebirge nicht nur der Holzmichel und ähnlich Anheimelndes kommt, sondern dass auch die Ära des Beat und damit Musik, wie ich sie bei den ersten Infos zu Band und Album ganz und gar nicht erwartet hatte, lebt. "Beat Invasion" ist ein Album, das einfach gute Laune verbreitet und Lust auf mehr macht. Sehr gelungen und in höchstem Maße empfehlenswert.
(Fred Heiduk)

 


 

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