wb-sg 20130323 2070863049 Titel:
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Titel:

"Schon gehört?"
Walter Blau
QuiXote
März 2013

1. Habt Ihr gehört?
2. Comics und Pinups
3. Traumfraubaufabrik
4. Ich bin hier
5. Die Ruine
6. Der Kapitän
7. Allein unterwegs
8. Weil du es bist
9. Lern fliegen
10. Mal raus
11. Fang neu an
12. Die Tänzerin
13. Die Show

Obwohl das Album "Schon gehört" von WALTER BLAU mehrere sehr interessante Titel enthält und mich der eine oder andere davon wirklich begeistert, glaube ich nicht, dass es der große Durchbruch für die Band sein wird, oder dass das Album einen Platz unter den ganz großen Werken in den Annalen der Musik finden wird. Aber da wäre noch die Frage, ob die Musiker von WALTER BLAU das überhaupt wollten? Ich denke eher nicht.

WALTER BLAU, das sind Sebastian Heintel (voc; g), Patricia Engelmann (canj; perc; voc) und Christian Koch (bg). Die Band wollte wahrscheinlich eher eine Momentaufnahme guter, handgemachter Musik abliefern und sagen, "Musik muss nicht immer dem neusten Trend entsprechen, muss nicht den Chartplatz 1 und Goldstatus erreichen." Musik kann einfach auch mal nur Musik sein. Und das ist "Schon gehört". Musik wie sie wohl den Protagonisten von WALTER BLAU gefällt. Die ist nicht wirklich hitparadentauglich, vielleicht nicht mal jedermanns Geschmack, aber sie ist alles in allem gekonnt gemacht. Das Album zeigt, dass die Band sich stilistisch nicht auf ein Genre festlegen lässt und dennoch - oder gerade deshalb - handwerklich sehr sehr gut sind. Das ist über die ganze CD hinweg unüberhörbar. Dennoch ist "Schon gehört" für mich nicht der große Wurf, den man hin und wieder bei Erstlingen unbekannter Bands hat. Was die Musiker mit Musik und Texten vermitteln wollen, erschließt sich mir nicht wirklich. Ich vermisse eine Linie, die sich durch das Album zieht, oder die Idee, die hinter allem steht. Vielleicht wurde beim Album aber auch bewusst mehr Wert auf die Musik als auf durchgängige Textinhalte gelegt. Denn "Schon gehört" ist alles andere als ein musikalisches Leichtgewicht. Es hat in mancherlei Hinsicht Anerkennung verdient. So haben WALTER BLAU durchweg anspruchsvolle bis großartige Kompositionen für ihre Titel geschaffen. Es gibt keinen lustigen und flachen Popsong oder ähnliches, der es auf das Album geschafft hätte. Dort findet man vielmehr durchweg gutgemachte Lieder und Chansons bis hin zur blueslastigen Ballade. Getragen werden sie vor allem von Sebastian Heintels Akustikgitarre und seinem Gesang. Heintel hat, wie man bei jedem Titel hören kann, eine sehr klare, beeindruckende Stimme, auch wenn die Stimmfärbung und die Art zu singen hin und wieder stark an Hartmut Engler von PUR oder an Matthias Reim erinnert. Einige Texte reichen nicht an die musikalische Klasse des Albums heran. Es gibt mehrere Songs, deren Thema mir belanglos erscheint und die mich textlich eher irritieren als begeistern. Das vorgelegte Album ist technisch erstklassig eingespielt und bearbeitet, so dass man auch leise Töne und feinste Nuancen im Zusammenspiel der Instrumente und des Gesangs deutlich hören kann. So sind Parallelen zu anderen Titeln unüberhörbar, ohne dass ein Titel zum direkten Cover geriet.

Mein Fazit zu "Schon gehört" fällt daher zwiegespalten aus. Musikalisch und gesangstechnisch sind WALTER BLAU uneingeschränkt empfehlenswert. Die Klasse der Musiker überdeckt die für meinen Geschmack weniger gelungenen Texte. Wer also Spaß an guter handgemachter Musik hat oder etwas mit der Musik von PUR und dem Gesang Hartmut Englers anfangen kann, für den ist das WALTER BLAU-Album durchaus eine Empfehlung. Wer hingegen auf einem CD Konzept besteht und gesteigerten Wert auf die Textaussagen eines Albums legt, der könnte von "Schon gehört" zumindest phasenweise enttäuscht werden, auch wenn das Album zweifelsohne einige sehr gelungene Titel enthält. Wen es interessiert, wie diese Wertung zu Stande kam, für den gibt es nachfolgend ein paar Infos zu den einzelnen Titel:
Die erste Textzeile von "Habt Ihr gehört?" erinnert mich an "Unten am Fluss zieh'n die Leichen meiner Feinde..." (Haus von Luci - "Lied für meine Feinde"). Musikalisch werde ich auch an ein anderes Lied erinnert, ohne sagen zu können an welches. Zudem empfinde ich die Gitarre stellenweise als zu laut, zumal es ein einfaches "3 hohe Töne Schrammeln" ist, das hier meist gespielt wird. So leicht angefressen, kann ich auch dem Text wenig abgewinnen. Dieser Start ist - finde ich - wenig überzeugend, auch wenn deutlich zu hören ist, dass Sebastian Heintel seine sehr angenehme Stimme gekonnt einsetzen kann. Zudem harmoniert sie mit Patricia Engelmann als Backgroundstimme sehr gut. Ihre warme Altstimme gefällt mir durchgängig gut und bereichert einige Titel.
Der zweite Titel "Comics und Pinups" gefällt mir musikalisch eine Klasse besser als der erste Song. Im lateinamerikanischem Stil gespielt, zeugt er davon, dass die Musiker wohl nicht unbedingt auf Hitparadenplätze schielen. Die gesamte CD belegt den musikalischen Anspruch der Band sowie deren musikalischen Facettenreichtum. Allerdings finde ich auch bei diesem Titel keinen wirklich Zugang zum Text. Etwas entschädigt wurde ich aber durch einen erneut gekonnten, ausdrucksstarken und abwechslungsreichen Gesang.
Ein paar tiefe nachklingende Akkorde als Intro wecken meine Aufmerksamkeit. Als die Gitarre mit einem drückend gespielten tiefen Bluesakkord dazukommt, bin ich mehr als positiv überrascht von WALTER BLAUs Lied "Traumfraubaufabrik". Es ist das erste Stück, dass mich wirklich überzeugt, auch wenn mir die Hookline von irgendwo anders her bekannt vorkommt. Der stampfende Grundrhythmus, das Tempo, die Art und Weise wie im Titel Spannung aufgebaut wird... ein starker Titel, der dieses Mal sogar einen Text mitbringt, den ich verstehe.
Es folgt eine Ballade. Gesanglich ist "Ich bin hier" eines der Stücke, die mich stellenweise stark an Hartmut Engler von PUR oder Matthias Reim erinnern. Das liegt sicher auch an der Stimmfarbe des Sängers Sebastian Heintel, die mir persönlich allerdings sehr gefällt. Bei diesem Titel ist deutlich hörbar, wie facettenreich er seine Stimme einsetzen kann, um beim Zuhörer die gewünschten Emotionen zu erzeugen und zu steuern. "Ich bin hier" ist ein sehr schönes Lied mit einem zur Abwechslung einmal durchaus anspruchsvollen Text und einer Gitarre, die - wie in den Titeln zuvor - super sauber gespielt, den Titel mitträgt. Die Melodie besteht zwar nur aus wenigen Akkorden, doch die reichen aus, um große Stimmung zu erzeugen.
Der fünfte Titel heißt "Die Ruine" und schließt an den Vorgänger nahtlos an. Er lebt von seinem Text, der ihm etwas mystisches verleiht. Dazu kommt eine grandios gespielte Gitarre, die zusammen mit den hin und wieder hörbaren Salatlöffeln (oder sind es doch Kastagnetten?) sowie durch die Art des Gesangs, dem Titel fast etwas von der Musik der Roma verleiht. Ein starker Song.
Das Motiv von "Der Kapitän" erinnert an "Was wollen wir trinken" von den Bots. Musikalisch ist das Stück in seiner Einfachheit schon wieder anspruchsvoll. Toll gespielt und gesungen. Allerdings weiß ich einmal mehr nicht recht, was die Künstler uns mit dem Lied sagen wollen und wie es sich in den Kontext des gesamten Albums einordnet. Nichts desto Trotz, der Titel gefällt mir.
Er wird gefolgt von einem sehr schönen Lied namens "Allein unterwegs". Der Song wird getragen von einer sehr präzise und etwas verhalten gespielten Gitarre. Die sehr eingängige Melodie im Refrain hat etwas von einem Ohrwurm. Dazu kommt ein schöner, lyrischer Text. Leider wird hier ein Stilmittel deutlich, dem sich die Band immer wieder bedient: sie wiederholt gelegentlich einzelne Textzeilen x-mal. Das ist nicht sehr originell, wird aber in diesem Fall durch das Lied an sich aufgefangen.
"Weil du es bist" beginnt ganz, ganz stark, auch wenn ich einmal mehr an PUR erinnert werde. Wie gut die Musiker miteinander harmonieren, kann man bei diesem Stück zum Beispiel am sensationell schönen Satzgesang erleben. Dazu einmal mehr eine grandiose Gitarre. Mit wenigen Gitarrenakkorden wird die Gesangsstimme fantastisch unterstützt. Ich bekomme bei diesem Titel Gänsehaut. Allein für den Titel hat sich die CD gelohnt. Ein ganz großes Liebeslied, ein kleines Meisterwerk.
Ein tolles Bläserintro steht am Anfang von "Lern fliegen". Ganz kurz angeblasenes Blech erzeugt gleichermaßen Spannung wie Stimmung. Das ist Soul vom feinsten. Leider wird das Konzept nicht konsequent beibehalten. Der Gesangspart fällt deutlich in die Rubrik Pop und macht aus dem Titel ein überladenes Wortgewitter, ganz in billiger PUR-Tradition. Schade um die gute musikalische Idee und das eigentlich interessante Thema des Textes. Die endgültige Umsetzung insgesamt ist nicht unbedingt mein Fall.
Auch "Mal raus" ist sehr ambitioniert, aber textlich irgendwie verkopft. Da hilft auch der nun schon zum wiederholten Male verwendete spanisch-südamerikanische Stil nichts, den WALTER BLAU perfekt beherrschen.
Der Titel "Fang neu an" ist ein wenig wie die Wiedergutmachung für die letzten beiden weniger gelungenen Titel. Man hört Ähnlichkeiten zum Satzgesang von THE MAMAS & THE PAPAS. Teilweise mehrstimmig gesungen, begeistert mich der Titel rundum. "Fang neu an" ist ein richtig guter Singer-Songwriter-Titel mit einer ganz klaren Botschaft. Für mich das zweite rundum gelungene Lied des Albums.
"Die Tänzerin" ist für meine Begriffe der Überhit des Albums. Er beginnt mit einer klassisch gezupften Gitarre. Heintels setzt mit nur drei Worten, die er in einem klassischen fallenden Dreiklang singt, gefolgt von gleichlangen Pause ein. Das zeigt Wirkung, erzeugt eine ganz eigenartige Stimmung. Patricia Engelmanns Vocalisen im Background und die einfache Melodie im 3/4 Takt lassen eine geradezu elfenhafte Stimmung entstehen, die ihren Höhepunkt und ihre Auflösung in der später einsetzenden Melodika findet. "Die Tänzerin" ist ein Titel, wie er durch PUR schon mal auf Platz 1 der Hitparaden gegangen ist. Ein großes Lied.
Den Abschluss macht "Die Show". Das Lied beginnt mit einem Jahrmarktschreier und einer Melodie, die genau die Neugier erzeugt, die der Marktschreier erzeugen will. Doch wie bei mancher Jahrmarktsattraktion, hält der Titel nicht, was am Anfang versprochen wurde. Der Anfang bleibt so zu sagen Illusion. Das Lied kippt und überzeugt am Ende weder musikalisch noch durch seinen Text. Eigentlich Schade, denn irgendwie bleibt ein fader Nachgeschmack, gerade nach diesem Stück.
(Fred Heiduk)

 


   
   
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