pr-444 20130110 1148793122 Titel:
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"444"
Peter Ray
Blow Till Midnight
4. Januar 2013

01. 444
02. Regenbogen
03. Leer
04. Über den Dächern von Berlin
05. Das Feuer ist im Wasser
06. Verlangen
07. Liebe
08. Über Los
09. Fliegen
10. Liebe (Acoustic)
11. Leer (Acoustic)
12. Über den Dächern von Berlin (Acoustic)

Wie stellt man sich das Leben eines beruflich erfolgreichen Menschen heutzutage vor? Schule, Abi, Studium, gut bezahlter Job in erfolgreicher Firma bis zur Rente - das ist sicher der Idealfall. Für manche Menschen geht dieser Traum tatsächlich in Erfüllung. Peter Ray (sein derzeit aktueller Name), Peter Ploch oder Peter Ray Ploch (wie er sich vorher auch schon nannte) ist so einer, der scheinbar aus dem Vollen schöpfen konnte. Bereits mit elf Jahren malträtierte er seine erste eigene Gitarre mit den Versuchen, das Gehörte selbst nachzuspielen. Später im Berufsleben brachte er es bis zum Toningenieur bei SAT.1 und glaubte sich am Ziel seiner Wünsche. Doch nach zwanzig Jahren beim Fernsehen kam es zum großen Break in Peter Rays Leben. Er war es leid, in dieser seltsamen Medienlandschaft "mit ihrer quotenoptimierten Berichterstattung" mitzumischen. Konsequent bis in die Fußspitzen beerdigte er nicht nur seinen Fernseher, sondern warf auch den Job bei SAT.1 hin und gab damit sein so sicheres Leben auf. Stattdessen stürzte er sich voll und ganz ins Abenteuer Musik, sich dabei voll bewusst seiend, dass es auch durchaus nach hinten losgehen könnte. Wie enttäuscht und frustriert muss man sein, um einen solchen Schritt zu wagen? Oder war es viel mehr der Wunsch nach einem kompletten, selbstbestimmten Neuanfang, weit weg von dieser medialen Scheinwelt? Ich kann es nicht sagen, denn ich kenne diesen Mann (leider) nicht persönlich. Auf jeden Fall ziehe ich meinen (nicht vorhandenen) Hut vor derart viel Mut und Entschlossenheit, Grenzen und vor allem sich selbst zu überwinden. Ich weiß nicht, ob ich das bringen würde. Doch wie immer hatte auch diese Entscheidung ihre guten Seiten, denn ohne diesen außergewöhnlichen Schritt hätte es vermutlich das Album, welches hier vor mir liegt, nie gegeben.

Zunächst jedoch belohnte Peter Ray sich 2010 mit seinem ersten Album namens "Landed" - wohlbehalten "gelandet" in seinem neuen Leben. Die Scheibe, übrigens auf englisch eingesungen, stellte eine Art Abrechnung mit der pompösen und auf Glamour ausgerichteten Medienwelt unserer Tage dar. Als Kontrast dazu klangen die Songs des Albums in voller Absicht eher puristisch, nahezu minimalistisch, denn es gab keine anderen Zutaten außer seiner kraftvollen Stimme und der Akustikklampfe. Es hatte was von Straßenmusik, was wahrscheinlich genau dem entsprach, was Peter Ray beim Hören der CD assoziieren wollte.

Mit all diesem Wissen im Hinterkopf durfte man sehr gespannt sein auf das zweite Album von Peter Ray, welches vor wenigen Tagen erschien. Nach dem er mit "Landed" einen Schlussstrich unter sein altes Leben gezogen hatte, machte er sich nun, frei von allen Altlasten, an sein neues Werk. Als wolle er der Welt beweisen, dass es keinen Stillstand gibt, sondern immer voran geht in seiner musikalischen Entwicklung, kommen die Songs des mit "444" betitelten Albums diesmal nicht akustisch, sondern mit kompletter Band daher. Naja, zumindest klingt es nach Band, denn eigentlich hat er bei acht der zwölf Songs sämtliche Instrumente (Gitarre, Bass, Keyboard, Percussion, Drums) selbst eingespielt. Schau an. Für die restlichen vier Titel ist er nach Wien gefahren, um gemeinsam mit befreundeten Musikern die Aufnahmen vorzunehmen, was dem Album eine wohltuende klangliche Facette verleiht. Nicht vergessen darf man auch seine musikalische Partnerin Jana Jamie Hill, die ihn bei einigen Stücken gesanglich unterstützt.

Peter Ray bezeichnet sich selbst als Folk-Rocker. Beim Opener "444" allerdings kommt von Folkmusik (nicht zu verwechseln mit Volksmusik...) relativ wenig durch. Die Nummer startet mit einer zart gezupften E-Gitarre, was sich aber spätestens beim ersten Refrain zu einem ordentlich stampfenden Song mit deutlich rockiger Note auswächst - sehr zu meiner Freude. Immer wieder haut die Klampfe dabei mit kleinen solistischen Nadelstichen dazwischen - ein super Einstieg! In der Folge wird die ganze Vielseitigkeit des einstigen Toningenieurs Peter Ray deutlich. Die wunderbar chillige Ballade "Regenbogen" ist dazu geeignet, sich entspannt zurückzulehnen, ehe das schön groovende "Leer" die Beine ungewollt zappeln lässt. Hier ist es auch an der Zeit, einmal auf die Texte hinzuweisen. Im Gegensatz zum ersten Album singt Peter Ray diesmal von Anfang bis Ende auf Deutsch, was das Ganze sehr lebendig wirken lässt, da man seine Worte versteht und ganz oft absolut nachvollziehen kann. Ray besingt die Dinge des Alltags in einer Art und Weise, dass wirklich jeder, der aufmerksam zuhört, einige Momente findet, zu denen er sagt: Ja, das könnten meine Worte sein. In besagtem "Leer" beispielsweise findet sich eine Textzeile wieder, die ich irgendwie sehr mag und sympathisch finde, weil sie sehr schön die Sehnsucht nach der Frau des Herzens wiedergibt:

"Unser Frühstück steht noch da, und wenn ich's abräum, ist mir klar,
ist auch das letzte Stückchen von Dir weg..."

Überhaupt spielt das Thema Liebe eine große Rolle, zieht sich durch einen Großteil der Titel. Wie halt auch im richtigen Leben. Selten wirken die gewählten Lyrics dabei aber platt oder abgedroschen, weil auf die üblichen Herz-Schmerz-Tralala-Reime verzichtet wird. Auch wenn es mal um andere Themen geht, gibt es textlich eine Menge Tiefgang, klingt alles sehr positiv und nach vorne schauend. Man höre als Beleg dafür nur mal das flotte "Über Los" oder auch die schön funkig daherkommende Hymne "Das Feuer ist im Wasser". Rays eigentümliche, charismatische Stimme tut das Übrige, um diese CD aus dem Einheitskleister vieler aktueller Produktionen herauszuheben. Musikalisch bewegt sich das Album auf einem anständigen Niveau. Klug dosierter Einsatz der Instrumente dominiert, Effekthascherei gibt es keine, jeder Ton passt genau dorthin, wo er auch zu hören ist. Ja, alles klingt sehr authentisch, harmonisch und unaufgeregt, aber trotzdem niemals langweilig. An den richtigen Stellen grätscht sogar mal eine echte Rockgitarre dazwischen. Diesen Spagat muss man erst mal über ein ganzes Album hinbekommen. Mein Favorit ist übrigens das noch gar nicht erwähnte "Über den Dächern von Berlin", welches er gemeinsam mit Jana Jamie Hill singt und seiner derzeitigen Heimatstadt Berlin gewidmet hat (Video dazu siehe unten). Und auch das auf ruhigen Wogen dahin gleitende "Verlangen", welches mich übrigens irgendwie an die schöne Ballade "Where do you think you're going" aus der Frühphase der Dire Straits erinnert, verdient Beachtung.

Peter Ray ist einer, der den Ausstieg aus unserer medien- und kommerzverseuchten Welt gewagt hat und mittlerweile scheinbar seine Mitte und seinen Frieden gefunden hat. Mir gefällt sein aktuelles Album "444" ausnehmend gut, weil es - zum richtigen Zeitpunkt gehört - mit seiner positiven Ausstrahlung der gestressten Alltagsseele einfach gut tut. Ein Zitat aus dem Blog seiner Webseite gibt das, wofür dieser Mann steht und wovon er singt, sehr schön wieder:

"Wir brauchen dringend mehr Freude, ich habe genug von dieser Schwarzmalerei, der Abhängigkeit von Wirtschaftsdaten, verlogenen Politikern und unbrauchbaren 'Vorbildern'. Lasst uns das Leben feiern, lasst uns uns selbst feiern, jetzt ist die Zeit!"
(Torsten Meyer)

Bitte beachtet auch:
Off. Homepage von Peter Ray: www.peterray.de

Videoclip:
 

 

 


   
   
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