marasapril 20121121 1504681084 Titel:
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"Maras April"
Maras April
SONY/Ariola
28. September 2012

1. Himmel aus Eis
2. Horizont
3. Halt still
4. Ich wäre da
5. So toll
6. Liebeslied
7. Keine Sonne
8. Ohne Sinn
9. Schöne lange Weile
10. Das einzige
11. Reue steht mir nicht
12. Tschüss

Es ist nicht überliefert, ob es Konkurrenz aus Thüringen für MARAS APRIL bei ihrer Bewerbung für den diesjährigen Bundesvision Song Contest gab (die Band weiß es übrigens selbst auch nicht - siehe Interview HIER), aber der Song "Himmel aus Eis", mit dem MARAS APRIL bei diesem Lieder- und Länderwettstreit teilnehmen werden, birgt ein großes Hitpotential und damit auch gute Chancen auf einen der vorderen Plätze. "Himmel aus Eis" hat einen anspruchsvollen Text und ein wunderbares Arrangement. Beides setzt sich sofort ins Ohr und bleibt dort auch längere Zeit haften. Das Stück wird mit Klängen eines Elektro-Klavier eröffnet. Schon hier wird man hellhörig, arbeitet man doch komplett am Mainstream vorbei und bedient sich in Sachen Instrumente "antiquierter" Technik. Das verleiht dem Song schon gleich zu Beginn eine gehörige Portion Charme. Es dauert nicht lange, und Anne-Katrin Hoffmann steigt mit ihrem Gesang ein. Gänsehaut! Es ist der Moment, in dem man sich in eine Stimme verlieben kann. Eine Stimme, die so kraftvoll und unverwechselbar ist, dass man es kaum mit Worten beschreiben kann. Hat man hier gleich den stärksten Song an den Anfang des Albums gesetzt? Man darf gespannt sein, wie's weitergeht...

Lied Nr. 2 heißt "Horizont", und wieder greift Tastenmann René Schlothauer zum E-Piano. Diesmal presst er einen geilen Blues aus seinem Instrument. Der Beat reißt mit, und Anne-Katrin Hoffmann zelebriert gesanglich hier jeden Ton. Was für eine Wucht von diesem leicht angejazzten Song ausgeht, ist sagenhaft. Ganz große Klasse.
Mit "Halt still" folgt eine große Ballade, in der es um die Sehnsucht einer Frau geht, die jeden Morgen - vielleicht auf dem Weg zur Arbeit - einen Mann trifft. Sie stellt sich vor wie es wohl ist, fest an seiner Seite zu sein, und nicht nur in der Schlange an der Haltestelle neben ihm zu stehen. Sie steigt in eine Straßenbahn, verliert ihn aus den Augen und träumt weiter vor sich hin, wie es wohl wäre, wenn er sie zum Kaffee oder einem Glas Wein eingeladen hätte.
Richig jazzig kommt das Stück "Ich wäre da" daher. Es geht um Freundschaft und um das "Für-einander-da-sein", verpackt in einer luftig-lockeren Melodie.
Ganz im Gegensatz zu "So toll", in dem es um einen Typen geht, der mit seiner eigenen Unsicherheit offenbar nicht richtig klar kommt, sich nach außen aber so gibt, als sei er der coolste Typ überhaupt. Diese Geschichte wird musikalisch in einem lupenreinen Funk-Song behandelt, bei dem es richtig rappelt. Das Zusammenspiel zwischen Band und Sängerin kommt hier besonders gut zum Vorschein.
Das darauf folgende "Liebeslied" entpuppt sich schnell als das komplette Gegenteil. Das Lied-Ich ist unglücklich verliebt. Der Traumprinz ist vergeben und nimmt von ihr keinerlei Notiz. Das läßt die Stalkerin in ihr erwachen und die Ignoranz des Typen bleibt natürlich nicht ungestraft. Sind "Liebeslieder" eher langsam arrangiert, musiziert die Band hier munter drauf los.
Sehr viel ruhiger und ernster wird's dann jedoch in "Keine Sonne". Das Stück handelt von einem Menschen, der den Spaß am Leben verloren hat. Schlimmer noch, der seinen Abgang plant, dabei andere Menschen mit in den Tod nehmen will, um dadurch einmal im Mittelpunkt zu stehen. Er will sich für die fehlende Liebe an den falschen Leuten rächen. Ein sehr düsteres aber reales Thema, denn viele Menschen, die mit unserer Gesellschaft und der Kälte nicht mehr klar kommen und die von Zuhause aus keine Liebe kennen, werden zum Amokläufer.
War das "Liebeslied" noch das Gegenteil von dem, was der Songtitel versprach, findet man dann aber in "Ohne Sinn" ein lupenreines Liebeslied. Mit sinnlosen Aktionen würde sie ihm die Liebe gern beweisen. Musikalisch ist "Ohne Sinn" der erste Song auf der CD, der mich nicht so anspricht. Es ist eines dieser typischen Chart-Nummern ohne Wiedererkennbarkeit und ohne Eigenleben.
Das ändert sich aber schon wieder mit "Schöne lange Weile". Nur in Begleitung eines jazzigen E-Pianos und Percussion singt Anne-Katrin von einem Tag, an dem man sich keiner Verpflichtung und keiner anderen Betätigung hingeben mag, sondern einfach nur den Tag einen Tag sein läßt.
Über Beziehungen und unterschiedliche Bedürfnisse in einer solchen geht es im Lied "Das einzige". Während er von ihr die Liebe bis in alle Ewigkeit geschworen haben möchte, will sie lieber den Moment mit ihm genießen, nicht ans Morgen denken und schon gar nicht von der Liebe des Partner erdrückt werden. Das Thema wurde hier in einem Popsong verarbeitet, der musikalisch leider wenig überzeugt. Ein typischer Song für's Radio ist daraus geworden. Tut keinem weh, birgt aber auch keine Überraschungen.
"Reue steht mir nicht" ist eine vom Klavier und Gesang getragene Nummer, der gut als musikalische Untermalung in eine urige Bar oder einen Club passt. Dort spielt das Stück selbst schließlich auch. Der Shuffle-Beat sorgt für den richtigen Schwung, um inhaltlich mit einer alten Liebe abzuschließen. Es geht hier nämlich um eine Frau, die gerade eine Beziehung beendet hat und nun in einer Bar das soeben erlebte bei diversen Getränken noch einmal durch den Kopf gehen lässt.
Mit "Tschüss" endet das 12 Titel umfassende Werk. Und "Tschüss" ist der erste Deutschrock-Song auf dem Album. Flotter Beat, eine wimmernde Gitarre und - wie bei allen anderen Songs zuvor auch - die restlos überzeugende Soul-Stimme der Sängerin. Ein wunderbarer Abschluss für ein sehr abwechslungsreiches Album.

Ich bin extrem angetan von der Vielschichtigkeit dieser CD. Wir sprechen hier immerhin von einem Debüt-Album, das die Band komplett selbst gemacht hat. Es fängt bei den Kompositionen an, geht bei den Texten weiter und endet beim Arrangement und der Produktion. Was hier zu hören ist, hat internationale Qualität. Auch wenn die Band in unserem Interview nur von "Pop" in Bezug auf ihre Musik spricht, so ist das doch extrem untertrieben. Es ist viel mehr als das...
Ich habe eingangs von "antiquierten" Instrumenten gesprochen, war das keinesfalls eine Kritik. Speziell das E-Piano zieht sich wie ein roter Faden durch das Programm und verleiht der CD eine gewisse Einmaligkeit in der aktuellen Musiklandschaft. Das ganze wird durch die verschiedenen Themen in den Songs aufgewertet. Hier geht es nicht nur um Liebe, Freude, Trallalla. Immer wieder gibt's lustige Spielereien im Text und Passagen, die einen zum Schmunzeln bringen. Hier werden aber eben auch ernste Themen angefasst, die das Lächeln dann schnell verschwinden lassen. Das Leben ist eben kein Ponyhof, und als solches möchten MARAS APRIL es auch gar nicht darstellen. Auf dem Album wird munter experimentiert, die Lust an der Musik ausgelebt und diese Freude überträgt sich umgehend auf den Hörer. Das Album endet mit dem Song "Tschüss", aber nach dem Hören ihrer CD wünscht man sich ein schnelles Wiedersehen und ein baldiges "Hallo, wir sind mit neuen Songs wieder da"...
(Christian Reder)


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