acb-wnto 20130712 1305775843 Titel:
Interpret:
Label:
VÖ:

Titel:
"We're Not The Ones..."
Alin Coen Band
Universal
Juli 2013

1. Kites
2. High Expectations
3. A No Is a No
4. All It Takes
5. Fountain
6. Kein Weg zurück
7. Rifles
8. As I Am
9. Disconnected
10. Du drehst Dich
11. The Ones
12. Reason





Die ALIN COEN BAND hat ein neues Album veröffentlicht. Für viele ist das eine der besten Nachrichten seit längerem. Musikfreunde, denen der Name ALIN COEN bisher nicht so viel sagt, sollten bei dieser Nachricht aufhorchen, denn hinter dem Namen ALIN COEN BAND verbergen sich großartige Musiker, die für unglaublich gute Musik mit großartigen Texten stehen. Es ist sicher nicht übertrieben zu behaupten, die ALIN COEN BAND ist eine der innovativsten Bands im Lande, die man getrost in eine Reihe mit den besten deutschen Bands überhaupt stellen kann. Die Band, das sind zum einen der unglaublich gute Schlagzeuger Fabian Stevens, dessen Spiel essentiell wichtig für die Band ist und der sich in seiner Spielweise mit den ganz großen Namen der Drummergilde messen könnte. Dann der nicht weniger gute Bassist Philipp Martin, der sein Instrument schon mal zur Leadgitarre mutieren lässt und musikalisch oft mit den anderen Musikern der Band verwachsen scheint, so harmonisch fügen sich seine Bassparts in die einzelnen Songs ein. Jan Frisch ist der dritte Herr in der Runde. Er spielt in der ALIN COEN BAND verschiedene Gitarren. Das jedoch immer in einer Art und Weise, dass es einem den Atem verschlägt, so tief kann sein Spiel einen in den Bann ziehen. Kein Stil, kein Rhythmus, kein Akkord, Riff oder Lauf den er nicht meisterlich und mit unglaublichem Gefühl spielen würde. Unbestritten - ein richtig Guter. Dann gibt es seit geraumer Zeit einen vierten Mann, der Keyboards spielt. Was er kann - und das scheint einiges zu sein - kann man auf dem neuen Album hören. Schließlich ist da ALIN COEN selbst, die mitunter elfenhaft wirkende Frontfrau der Band mit ihrer einzigartigen, so variablen Stimme und ihrer riesigen Gitarre. Sie erinnert mich in mehrerlei Hinsicht an Marcella Detroid von den Shakespears Sister ("Stay"), auch wenn sie in einzelnen Liedern häufig an ganz andere, viel bekanntere große Namen heranreicht. Alin ist Herz und Seele der ALIN COEN BAND. Sie prägt viele der Songs mit ihrer unglaublichen Stimme, die jede Emotion in die passenden, dazugehörigen Töne umzuwandeln scheint. Zudem beherrscht sie ihre große Gitarre souverän. Die Band scheint musikalisch geradezu ein Organismus zu sein, der die großartigen Texte ALIN COENS perfekt in Musik umzusetzen versteht. Jeder Ton passt und scheint zugleich unverzichtbar für das jeweilige Stück.

Fans und Kritik bejubelten vor etwa drei Jahren gleichermaßen das erste Album von ALIN COEN und ihrer Band. Zu recht, weil sich auf "Wer bis du" einige der wortgewaltigsten und zugleich einfühlsamsten Songs der jüngeren deutschen Musikgeschichte überhaupt befinden. Kein Wunder also, dass viele sehnsüchtig auf das Nachfolgealbum gewartet haben. Nun hat das Warten ein Ende. Es hat sich gelohnt. Mit "We're not the ones we thought we were" hat die ALIN COEN BAND ihr zweites großes Studioalbum fertiggestellt, das 12 neue Titel im besten ALIN COEN umfasst.
Wer nun meint, wegen des Erfolges ihrer deutschsprachigen Titel wie "Ich war hier", "Wolken" oder "Das letzte Lied", die alle so bekannt sind, dass man sie in den Konzerten problemlos das Publikum singen lassen könnte, hätte das Album "Wer bist du?" eine rein deutschsprachige Fortsetzung verlangt, der irrt. ALIN COEN singt und schreibt seit eh und je mehrsprachig. Natürlich wird sie nicht zuletzt der einzigartigen deutschen Texte wegen von einer großen Fangemeinde geradezu vergöttert. Doch die ALIN COEN BAND macht mehr als nur deutsche Texte aus. Die sind nur ein Teil der außergewöhnlichen, eigenen Handschrift der Band. Dies unterstreicht sie mit dem neuen Albums trotz der überwiegend englischsprachigen Titel vor allem durch eine unglaubliche musikalische Vielfalt und die Brillanz aller Titel. Wie schon der Albumtitel sagt, ist einiges anders als es auf den ersten Blick scheint und anders als beim Vorgängeralbum. Dennoch steht es direkt in seiner Nachfolge und ist auch in dieser Hinsicht überaus gelungen.

Pathetisch könnte man sagen "We're not the ones we thought we were" ist ein sensationelles Album mit vor allem englischen Texten, das vom ersten bis zum letzten Ton den typischen Geist der ALIN COEN BAND atmet. Stilistisch, thematisch und musikalisch kann man das Album als konsequente Weiterentwicklung des Debütalbums der ALIN COEN BAND sehen. Die unglaubliche Poesie der Texte von ALIN COEN findet sich ebenso im neuen Album wieder, wie ihr facettenreicher Gesang und die den üblichen Rahmen sprengende Harmonie und Musikalität der gesamten Band.
Schon der erste Titel entführt in eine Musikwelt, die nur schwer zu beschreiben ist, so vielfältig ist sie. Die ALIN COEN BAND stößt in eine Sphäre vor, die nur wenige deutsche Musiker überhaupt je erreicht haben. "We're not the ones we thought we were" vereint 12 hochkarätige Songs, die - obwohl grundverschieden - allesamt höchstes musikalisches Niveau haben. Dabei sind es oft einfache Stilmittel, die in buntem Mix und geradezu selbstverständlich angewendet, die unnachahmliche Stimmung der Alin Coen Songs erzeugen. So werden Pausen sehr geschickt eingesetzt, die Instrumente erzeugen immer wieder geradezu punktgenau minimalistisch Töne, einzelne Silben oder ein Worte werden auf einen ganzen Takt gesungen, Melodienverläufe von Gesang und Instrumenten schon mal gegenläufig gestaltet, es entwickeln sich ganze Stücke mit hörbarem Jazzeinschlag und anderes mehr. Damit vermag ALIN COEN nicht nur unglaublich gekonnt mit den Tempi in den einzelnen Stücken zu spielen, sie erzeugt oft auch eine ungeheure Spannung innerhalb der einzelnen Songs. Ausgefeilte, wirklich verblüffende Arrangements, großartige musikalische Ideen und immer wieder deren virtuose Umsetzung - mal als Solopart, mal im Zusammenspiel der einzelnen Musiker - tragen wesentlich zum überwältigenden Gesamteindruck des Albums bei. Doch zweifelsfrei krönt die Sängerin gewissermaßen die grandiose Bandleistung mit ihrer unvergleichlichen Stimme und ihrer ungeheuren Ausstrahlung, auch wenn man sie auf dem Album nur hört, und nicht sieht. Mit jedem Wort, mit jeder Geste und mit jedem Ton versteht sie es, ihr Publikum nicht nur mitzureißen, sondern es geradezu zu steuern. Ich kenne Niemanden, der seine Songs und die darin verpackten Geschichten derart einfühlsam und gleichzeitig mitreißend erzählt, wie ALIN COEN. Wenn sie mitunter in höchsten Tönen, nicht selten mit fast schwindenden oder scheinbar brechender Stimme, ihre Geschichten mehr wispert als singt, wirkt sie elfenhaft, zerbrechlich, entwaffnend offen und verletzlich. Diese Momente, in der Regel von einem sensationell gut passenden Sound umrahmt, sind musikalische Sternstunden. In den Stücken "Kein Weg zurück", "Rifles" oder auch in Teilen von "High Expectations" kann man solche Momente erleben. Die ALIN COEN BAND versteht es, jeder Emotion ihren speziellen Sound zu geben. In gewisser Weise ist die Band ein kleines musikalisches Universum in sich. Es ist ein Hochgenuss dem Schlagzeug von Fabian Stevens zuzuhören, der Mal um Mal sensationelle Einsätze in einzelnen Titeln hat, die weit über die Rolle eines einfachen Taktgebers hinausreichen. Im Zusammenspiel mit dem immer wieder deutlich hervorgehobenen Bass von Philipp Martin hat er große Momente. Beim Stück "Rifles" lässt mich sein Spiel an Steward Copeland von Police denken. Die vielen kleinen Akzente, die das Schlagzeug und der Bass immer wieder setzen, machen zu einem guten Teil das Außergewöhnliche im Sound und in der Spielweise der Band aus, in der sich alle Musiker ohnehin blind zu verstehen scheinen. Sagt man oft leichthin, "Das Schlagzeug legte die Grundlagen für das Zusammenspiel der Band", ist diese Aussage bei der ALIN COEN BAND mehr als gerechtfertigt. Das Schlagzeug spielt hier immer wieder songtragende Melodieteile und webt den Soundteppich auf dem sich die Gitarren, der Gesang und die anderen eingesetzten Instrumente erst richtig entfalten können.

Melodisch finden sich durchaus immer wieder Elemente, die an andere große Musiker und Bands erinnern. Oft ist es die Spielweise der Band, mitunter auch mal eine kurze Passage, die einem an Bekanntes erinnern. Bei "A no is a no" fühlte ich mich in den Eingangsakkorden bei den Gitarren leicht an Jethro Tulls "Heavy Horses" erinnert, in "All it takes" adaptiert die Band - wenn man so will - in Teilen das Volkslied "Greensleafs" geradezu genial. Doch gleich wie, die Band covert Titel oder Stücke daraus nicht einfach. In der Regel verschmelzen verschiedene Einflüsse hörbar, um daraus eigene Songs wachsen zu lassen. So entstehen Titel wie "Disconnectet", das durch das sensationelle Zusammenspiel von Bass und Schlagzeug besticht, auf das sich die Gitarre aufbaut. In Verbindung mit den genutzten Effekten entstand so ein Sound, den ich in dieser Komplexität so zuletzt bei Pink Floyd bewusst wahrgenommen habe. "Disconnectet" ist das für meinen Geschmack mit Abstand stärkste Stück des Albums, bei dem sogar Alins Gesang hinter die Instrumente zurücktritt. Das ist eher untypisch, ist vor allem Alins hohe Kopfstimme im Wechsel mit ihrer warme Altstimme das herausragende Markenzeichen der Band, doch ohne wenn und aber sehr gelungen.

Auch auf dem Album "We're not the ones we thought we were" ist Alins Gesangsleistung einfach gigantisch. Ob sie eine große Stimme hat, möchte ich nicht beurteilen. Ihre Stimme ist aber auf jeden Fall eine der interessantesten und variabelsten die ich je gehört habe. Mir gefällt ihr Vibrato, das man immer wieder hören kann. Ich mag ihre natürliche, mitunter nicht immer perfekte Art zu singen ebenso, wie die Art wie sie einzelne Worte und Buchstaben artikuliert. Dazu die des öfteren praktizierten Wechsel zwischen hoher Kopf- und warmer, voller Altstimme. Kaum jemand ist in der Lage so beseelt zu singen wie ALIN COEN. Das und einiges mehr macht sie zu einer wohlklingendsten und variabelsten Sängerinnen Deutschlands und vielleicht auch ein wenig darüber hinaus. Wenn es denn so etwas gibt, scheue ich mich nicht, der ALIN COEN BAND insgesamt und Alin im Besonderen zu attestieren, dass ihre Musik das Wesen der Musiker spiegelt, wie es bei nur wenigen anderen Künstlern zu erleben ist. Einige der Titel des neuen Albums haben sicher das Zeug auch international beachtet zu werden. Speziell "Ones" ist ein Meisterwerk, das sich zweifelsohne mit allem messen kann, was in letzter Zeit die Hitlisten der Welt weit oben bevölkerte. Die Intensität, mit der ALIN den Titel "Ones" singt, geht über das Normale und Übliche weit hinaus. Für mich ist es ihr hier gelungen, Seele in den Titel zu legen. Das man stellenweise an Björk erinnert wird zeigt nur, mit welchen Maßstäben ALIN COEN gemessen werden sollte.

Zum neuen Album gäbe es noch viel, viel mehr zu erzählen. Eingedenk der vorstehenden Gedanken, beschränke ich mich auf wenige markante Dinge zu den einzelnen Titeln. So klingt im Stück "Kites" die Gitarre anfangs stellenweise fast wie eine Harfe, um später geradezu sphärische Töne zu erzeugen.
Der zweite Titel ist recht soulig angelegt und bietet neben einem tollen Backgroundgesang im Refrain vor allem einen unglaublich gelungenen Melodie- und Tempowechsel zwischen Strophe und Refrain.
Bei "A no is a no" spielt der Bass eine zentrale Rolle. Er spielt zunächst das zentrale musikalische Thema, das dann abwechselnd von Keyboard und Gitarre aufgenommen und weitergeführt wird, während der Bass seine eigene Melodie beibehält, bis alles in einem großartigem Refrain endet, der durch geniales Zusammenspiel besticht und völlige Harmonie ausstrahlt.
"All it takes" hingegen besticht vor allem durch tolles Gitarrenpicking und Alins Gesang, der hier abwechseln mal an Sinéad O'Connor, mal an Alanis Morissete und dann wieder Joan Baez erinnert. Der eingesetzte Chorus unterstreicht ihre Stimme und damit das gesamte Stück großartig.
Ganz anders "Fountain", das nicht so sehr wegen des eingesetzten Vibrafons, sondern wegen der ganz irren Bass- und Schlagzeugparts ein wenig an Police erinnert und wegen der vielen eingewobenen Sounds vielleicht gar nicht live gespielt werden kann.
Von "Kein Weg zurück" behaupte ich, dass es ein derart überragendes Lied ist, dass es vielleicht auch all die versöhnt, die sich ein komplett deutschsprachiges Album gewünscht hätten.
Es darf auch festgehalten werden, dass "Rifles" erneut etwas von Police hat. Dieses Mal allerdings irgendwie minimalistisch. Der Song ist ganz toll gesungen und Jan Frisch erreicht in gewisser Weise mit seiner grandiosen Gitarre hier die höchsten Weihen der Gitarrenkunst. Gerade weil das Stück mit wenigen, von ihm unglaublich präzise gespielten Tönen und einem kurzen Klavierakkord "der 3. Art" auskommt.
"As I am" geht nicht nur wegen des treibenden Schlagzeuges einfach ab. Woran mich die Gitarrenmelodie erinnert, weiß ich gerade nicht zu benennen. Sie geht jedenfalls in Verbindung mit dem Schlagzeug in die Beine.
Zu "Disconnectet" muss ich noch einmal das sensationelles Zusammenspiel von Bass und Schlagzeug, und das sich darauf aufbauende Gitarrenspiel hervorheben. In Verbindung mit den eingesetzten Effekte nach der letzten Strophe ist so Musik entstanden, die Pink Floyd nicht besser hätte machen können.
Das zweite deutschsprachige Lied auf dem Album, "Du drehst dich", ist völlig unkonventionell. Es startet fast klassisch um dann zu sowas wie einem Mix aus Reggae und Phillysound überzugehen, bevor der Refrain im 3/4 Takt als Tango/Walzermix fortsetzt. Alles immer wieder unterlegt von ein paar Streichern. Als sei das nicht genug, hat der Titel dann ein fast experimentelles Ende, das wie ein neuer eigener Song wirkt. "Du drehst dich" unterscheidet sich hörbar vom Rest des Albums, auch wenn die Melodie des Refrains ein echter Ohrwurm ist.
"The Ones" als echten Übertitel zu beschreiben, wäre ein eigenes Thema. Ich empfehle dem Leser, es sich selbst anzuhören, dahin zu schmelzen und wieder von vorn zu beginnen.
Den Abschluss des Albums bildet "Another Reason" bei dem man noch einmal die perfekte Beherrschung der Instrumente hören kann. Aus meiner Sicht ist vor allem die Melodieführung der Gitarren reizvoll. Zudem brilliert nochmals Alin mit ihrem vollen, warmen Alt. Phasenweise hat man hier die Anmutung von keltischer oder irischer Folklore.

Dass mein Urteil zum Album geradezu euphorisch ausfällt, kann man vorstehend lesen. Ich finde "We're not the ones we thought we were" ist ein überaus gelungenes Album, das man gehört haben muss. Was auch immer in den einzelnen Titeln gehört oder hineininterpretiert wird, alle Titel sind echte, überzeugende Coen Titel, die lupenrein aufgenommen, gemixt und gemastert wurden, so dass jede noch so kleine Nuance klar und deutlich zu hören ist. Das Album ist über die gängigen Vertriebswege als Dateidownload, als CD oder als klassische LP auf Vinyl zu erwerben.
(Fred Heiduk)


 

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Videoclips

"A no is a no" (Off. Video)


"Kites" (Off. Video)


"Kein Weg zurück" (Live)




   
   
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