KARUSSELL und STERN-COMBO MEISSEN live im Fritzclub zu Berlin
am 19. Dezember 2009

 

Bericht: Petra Herz, Klaus Schmidt
Fotos: Petra Herz

 


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Bericht Petra Herz:
Was wir am Samstag im Postbahnhof erlebt haben, erlebt man nicht alle Tage. Band und Publikum waren gleichermaßen am Gelingen des Konzerts beteiligt, und ich hätte meinen Besuch bei diesem Konzert gegen kein anderes an diesem Abend tauschen wollen. Glaubt Ihr nicht? Könnt Ihr aber! Hier mein Bericht...
Berlin bot am 19.12.2009 eine Flut an tollen Veranstaltungen und es fiel wirklich schwer, sich für eine zu entscheiden. Hier spielte Rammstein, dort spielte Ostende, gleich nebenan spielte RENFT und im Postbahnhof fand eine "Doppel-Mugge" von Karussell und der Stern-Combo Meißen statt. Ich entschied mich für den Postbahnhof und zwei Bands in einem Konzert.
Das Konzert begann, und Applaus brandete auf, als das Intro zu "Als ich fortging" erklang. Joe Raschke betrat die Bühne, ihm folgte der Rest der Band. Mit "Der Gitarrist" legten die Männer aus Naunhof los. Der sprichwörtliche Funke sprang sofort von der Band auf das Publikum über. Nach den ersten Tönen von "McDonald" war plötzlich Funkstille. Stromausfall! Eigentlich rechnete man mit einem gellenden Pfeifkonzert des Publikums, das förmlich aus der guten Stimmung "rausgerissen" wurde. Aber Fehlanzeige! Das Publikum begriff sofort, dass es sich hier um ein Technikproblem handelte, für das die Band nichts konnte. Es übernahm den Part der Musiker und sang den Titel "McDonald" auch ohne sie und Musikbegleitung weiter. Anschließend folgten noch der "Gelbe Mond" und "Ehrlich will ich bleiben", das stellenweise durch rhythmisches Klatschen unterstützt wurde. Plötzlich war der Strom und auch die Band wieder da, und die ersten Töne von "Bruder Blues" erklangen. Entnervte Blicke auf der Bühne, aber nicht im Publikumsraum, als es plötzlich wieder zappenduster und leise wurde. Schon wieder Stromausfall! Aus der Not machten die Zuschauer eine "Gaudi" und sangen den von der Band angefangenen Titel wieder zu Ende. Danach stimmte das Publikum auch noch den Song "Lieb ein Mädchen" an und sang ihn ohne Musik. Joey Raschke wurde das Warten auf die Rückkehr des Stroms zu lang, er griff zu seiner Mundharmonika und präsentierte dem Publikum ein Solo der "anderen Art". Überhaupt muss angemerkt werden, dass Joey während des gesamten Stromausfalls die Zeit auf der Bühne verbracht hat.
Kurze Zeit später war der Strom wieder da... Aber für wie lange diesmal? Die Band spielte den Song "Doch wenn die Hähne krähn"... sogar bis zum Schluss! Es sollte das "Fischlein unter'm Eis" folgen, doch auch dieser Song konnte nicht zum Abschluss gebracht werden. Ihr ahnt es sicher: Stromausfall! Wo andere Bands spätestens jetzt entnervt die Flinte ins Korn geschmissen, und die Heimreise angetreten hätten, warteten Joey, Wolf-Rüdiger, Hans, Benno, Oschek und Benjamin Richter, der als Ersatz für Jan Kirsten am Bass aktiv war, auf die nächste mit Strom versorgte Möglichkeit ihr Programm zu Ende spielen zu können. Ganz großer Respekt für diese endlose Geduld und Ruhe sowohl im Publikumsraum als auch bei der Band selbst... Mit "Ehrlich will ich bleiben" setzte die Band den musikalischen Abend fort. Diesmal - soviel sei verraten - ohne weitere Technikprobleme. Handwerklich lieferte die Band Karussell eine erstklassige Arbeit ab. Nicht viele Gruppen zeigen auf der Bühne eine solche Spielfreude, schon gar nicht, wenn ihnen soviel Pech auf einmal begegnet.
Nach dem Titel "Autostop" folgte die Bandvorstellung, und auch dem Publikum wurde der Ersatz-Bassist Benjamin Richter vorgestellt. Es folgten die Songs "Als ich fortging" und "Whisky", ehe Joe Raschke mit der Ansage "An dieser Stelle für unseren Freund 'Cäsar' Peter Gläser, der die Rose immer geehrt hat" den Klassiker "Wer die Rose ehrt" ankündigte. Karussell wurde am Ende trotz aller Technikprobleme für einen erstklassigen Auftritt mit großem Applaus belohnt, aber auch das Publikum hatte an dieser Stelle welchen verdient gehabt. Dank der guten Stimmung und der Textsicherheit im Zuschauerraum wurden die Stromausfälle überbrückt und die anfängliche gute Stimmung auf einem hohen Level gehalten.
Der Karussell-Band folgte die Kultband Stern-Combo Meißen. Sie hatte das Glück, nicht mit Stromausfällen oder anderen Problemen kämpfen zu müssen. Über SCM und ihre großartigen Konzerte wurde in diesem Jahr schon viel geschrieben. Egal wo die Band um Martin Schreier, Thomas Kurzhals & Co auch spielte, sie hinterließ offene Münder und staunende Gesichter. Die einstimmige Meinung lautet, dass die Band schon lange nicht mehr so toll drauf war wie im Moment. Das liegt allen voran ganz sicher an der Spielfreude jedes einzelnen Musikers, der da oben auf der Bühne steht. Sei es die Band mit Axel Schäfer, der mit seinem druckvollen Bassspiel gemeinsam mit dem Percussionisten Norbert Jäger und Drummer Frank Schirmer für den treibenden Grundbeat aller Stern-Titel sorgt, auf dem sich die Keyboard-Virtuosen Thomas Kurzhals und Sebastian Düwelt entfalten können, oder die qualitativ hochwertige und inhaltlich besonders wertvolle Musik: Ein Konzert der Stern-Combo Meißen ist ein Hochgenuss, ein Erlebnis der Extraklasse! Wer vor der Bühne steht, wird von dem bombastischen Sound der Band förmlich weggepustet. Dabei sorgt das ausgewogen zusammengestellte Musikprogramm für den Rest. Klassiker wie z.B. "Also was soll aus mir werden", "Stundenschlag", "Kampf um den Südpol" oder "Der Alte" wirken ebenso überzeugend wie die inzwischen ins Programm eingebauten neuen Songs der Band, die auf dem im Frühjahr 2010 erscheinenden Album enthalten sein werden. Allen voran die neue Single "Das kurze Leben des Raimund S." und der von Frank Schirmer komponierten und von Norbert Kaiser betexteten Nummer "Ein Tag, ein Jahr, ein Leben" sind Vertreter der neuen Stern-Combo Meißen-Musik. Ebenfalls beeindruckend ist der Technik-Turm, der auf der Bühne zu sehen ist. Da wird nichts dem Zufall überlassen, da wird nicht improvisiert, experimentiert oder womöglich von der Festplatte gespielt. Hier hat alles seine Richtigkeit. Jeder einzelne Ton ist durchdacht und handgemacht. Trotz der Perfektion bietet das Stern-Schema reichlich Platz für jeden Musiker sich zu zeigen.
Die Stern-Combo Meißen hat auch am 19.12. wieder einmal eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass die "alte Dame" SCM noch lange nicht zum alten Eisen gehört. Frisch, knackig und jugendlich kommt sie mit ihren 45 Jahren daher und verführt damit auch noch so manch' jungen Kerl (oder Frau) mit ihrem "Gesang". Ganz große Kunst!
Fazit: Sowas wie am 19.12. habe ich noch nicht erlebt. In Momenten, wo man mit dem Unmut des Publikums und dem Aufgeben von Musikern gerechnet hat, kam alles ganz anders. Selbst wenn man Karussell den Strom klaut wissen Band und Publikum, wie man dem begegnet. Dieser Auftritt der Band aus Sachsen war einmalig und wird in ihre Geschichte eingehen. Danach der umwerfende Auftritt von Stern... es kommt nicht oft vor, dass mir die Worte fehlen. Dieses Doppel-Konzert war jeden einzelnen Cent des Eintrittspreises wert. Während man bei Madonna (über 100,00 Euro Eintrittspreis) nur leblose Pflichterfüllung bekommt, kann man besser zu unseren deutschen Bands gehen. Da bekommt man für einen fairen Preis was geboten, das es nicht überall zu sehen und zu hören gibt. Mehr davon bitte!

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Bericht Klaus Schmidt:
Es war ein Wetter zum Daheimbleiben. Dennoch füllte sich der Fritzclub im Postbahnhof am Berliner Ostbahnhof zu einem Rock-Event der Gruppe „Karussell“ und der „Stern-Combo Meißen“.
Beim Konzertbeginn durch „Karussell“ schlich sich der Technik-Teufel in die Starkstromversorgung. Nach einer halben Stunde hatten die Techniker die Sache im Griff. Zuvor sangen Bandvokalisten einfach ohne Mikros mit dem Publikum. Die Stimmung war daher durchaus noch den Umständen angemessen. Mein volles Augenmerk schenkte ich jedoch meinem Favoriten: der „Stern-Combo Meißen“.
Die nicht schmerzlosen Umbesetzungen in der Band haben nun sicher einen Endstand erreicht. Und soviel vorweg, das Ergebnis ist nicht nur aus meiner Sicht: Die beste Besetzung die ich je erlebt und gehört habe. Um das musikalische Großhirn Thomas Kurzhals fügt sich das Mosaik zu einem eindrucksvollen Gesamtbild.
Es schien eine musikalische Aura über der Bühne zu schweben, ein Funken, der zum Publikum übersprang. Über ein Jahr Zusammenspiel der neuen, alten Band hat bewirkt, dass alle auf einer Linie sind und wie die Räder eines gut geölten Uhrwerks funktionieren. Der Gesamteindruck wurde positiv beeinflusst durch eine gute PA und ein einfühlsames Technik-Team.
Zum Inhalt möchte ich erwähnen, dass endlich neue Titel wie „Das kurze Leben des Raymund S“ (Kurzhals/Kaiser) und „Ein Tag, ein Jahr, ein Leben“ (Schirmer/Kaiser) ins Programm kamen. Das „Kurze Leben...“ ist dabei besonders hervor zu heben. Ein nicht gerade einfacher Text über den leider immer öfter stattfinden Wahnsinn von Amokläufern soll sicher kein Glücksgefühl sondern tiefe Nachdenklichkeit bewirken. Dabei möchte ich erwähnen, dass Text und Musik sich hier hervorragend ergänzen. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob jeder im Publikum diese Problematik verstanden hat. Ich habe deshalb „Larry“ als Interpret gebeten, die Ansage zu diesem Titel etwas ausführlicher zu formulieren und vor dem Beginn vielleicht einen Atemzug zu warten.
Ich habe mich besonders darüber gefreut, dass der Mann mit dem unbeugsamen Willen, Reinhard Fissler, anwesend war. Er hat den Kontakt zu seiner Band nicht verloren. Der neue Sänger, Larry, holt sich nach dem Konzert Rat von ihm und fragt nach Verbesserungsmöglichkeiten.
Alle anderen auch älteren Titel haben bezogen auf die jetzige Zeit nicht einen Deut an Aktualität verloren. Dabei haben die Autoren sicher nicht ahnen können, was nach der Deutschen Wiedervereinigung an neuen Lebensumständen entstanden sind. Dabei gehen nach dem Konzert aber alle Besucher nicht mit Schwermut und tiefen Falten auf der Stirn nach Hause. Meine Freunde und ich haben jedenfalls mit bester Stimmung ein gutes Abschlusströpfchen inhaliert.
Eisiger Wind und Glatteis konnte uns nicht vom Konzertbesuch abhalten, und ich glaube keiner hat das bereut.



 

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