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Ein Bericht von Franzi Münch mit Fotos von Carsten Koschkerm, Ingolf Schmock, Frank Landzettel



Vorwort
Eine Woche nach Ostern fand das mittlerweile 11. Artrock-Festival im Neuberinhaus Reichenbach - einmal mehr mit einem ausgewogenem Line Up - statt. An insgesamt drei Tagen präsentierten sich Weltstars, die der Veranstalter Uwe Treitinger in monatelanger Vorarbeit sorgsam auswählte und zusammenstellte. Anspruchsvolle Musik, für jeden Musikfan ein Muss.

Melanie Mau & Martin Schnella eröffnen das Event in regelmäßiger Vertrautheit einen Tag vor dem eigentlichen ArtRockFestival im Neuberinhaus. Dieses Mal sollte es in "Wohnzimmer-Atmosphäre" sein, und zwar im Bergkeller Reichenbach. Alle vier Tage - die Eröffnung im Bergkeller und die drei Tage im Neuberinhaus - werdet ihr jetzt hier "nacherleben" können. Ein besonderer Dank geht dabei an Koschi und Ingolf für die schönen Fotos und deren Bereitstellung für diesen Bericht.





Donnerstag, 13.04.2023
Artrockfestival-Eröffnung mit im Bergkeller Reichenbach

Und wie Melanie Mau & Martin Schnella Jahre davor auch, eröffnete auch dieses ArtRock-Festival-Wochenende eine Band, die sich längst schon überregional einen guten Ruf erspielt hat. Die Rede ist von Melanie Mau & Martin Schnella, die verstärkt durch Simon Schröder und Mathias Ruck aufspielten. Und mit was für einer Energie!!! Wieder einmal bewies die Band, dass Agilität und Freude an der Musik und dem Zusammenspiel für sie bis heute keine Fremdwörter sind. Mit viel Spielfreude und einem sicherem Gespür dafür, was das Publikum hören will, spielten sie neben einigen ihrer eigenen akustischen Interpretationen bekannter Prog- und Rock-Songs auch eigene Stücke, beispielsweise aus Martin Schnellas Projekt FLAMING ROW. Und die Band brachte eine Leichtigkeit und Lässigkeit auf die Bühne, die wunderbar zu den Songs passte! Auf der Bühne war der Zusammenhalt aller Musiker sehr deutlich spürbar. Mit Leichtigkeit hatten sie das Publikum bereits ab dem ersten Song um den Finger gewickelt und es wurde ein ausgesprochen reizvolles wie originelles Programm geboten. Die Band hatte musikalisch liebevoll arrangierte Argumente im Gepäck, die den Beweis antraten, dass gewisse Dinge nicht streitbar sind, etwa so wie wolkenfreier Himmel und strahlender Sonnenschein. Es wurden an diesem Abend mehrere Titel gespielt, bei denen es den Musikern vor allem um die Musik ging und die mit solcher Wucht und Intensität auf das Publikum niederprasselten, ohne dabei zu einer erdrückend-ermüdenden Erfahrung zu werden. Man hätte ihnen ewig zuhören können - es wäre nicht langweilig geworden. Die Band interpretierte dabei die von ihnen gespielten Klassiker neu und versuchte dabei nicht übertrieben am Original zu hängen. Warum auch?! Sie selber sind längst Originale geworden. Alle dem Konzert Beiwohnenden waren sehr zufrieden, denn die Band hat gezaubert und das Publikum damit außerordentlich gut begeistert. Nach ca. drei Stunden allerschönster Musik war dieser Abend zu Ende. Die Zuhörer "erklatschten" sich vorher aber noch ein paar Zugaben. Anschließend gab es natürlich die Möglichkeit mit den Musikern ins Gespräch zu kommen. Es war ein gelunger Auftakt ins Festival-Wochenende.
 
 
 

Freitag 14.04.2023

17:15 Uhr: The Ancestry Programm (München)

Mitglieder:
• Ben Knabe (Gesang, Lap Steel Guitar),
• Mani Gruber (elektrische/akustische Gitarre, Backing Vocals, Keyboards)
• Thomas Burlefinger (Keyboards, Gitarren, Backing Vocals, Kazoo, Altsaxophon)
• Mike Voglmeier (Gitarre)
• Marco Osmajic (Bass)
• Andy Lind (Drums, Loops, Backing Vocals, Keyboards)





Die Münchner Band hat viele musikalische Ideen mit verschiedenen Facetten des Progressive Rocks zusammengeführt und damit wunderbare komplexe Arrangements mit attraktiven Gesangspassagen geschaffen. Auch die beeindruckenden Leistungen an ihren Instrumenten und der wandlungsfähige Sänger, der perfekt ins musikalische Gesamtbild passt, muss hier erwähnt werden. Denn wo deutsche Sänger oft sehr englisch mit deutschem Akzent singen, ist das bei Ben Knabe kaum hörbar. Auch sind bei der Band die Einflüsse des 70er-Prog deutlich hörbar und werden modern interpretiert. Man merkt sofort, dass man es mit erfahrenen Musikern zu tun hat.

18.45 Uhr: Alex Carpani & Band (Italien)
Mitglieder:
• Alex Carpani (Key, Gesang)
• Alessio Alberghini (Saxofon, Flöte)
• Davide Rinaldi (Gitarre)
• Jacopo Rossi (Bass)
• Marco Binda (Schlagzeug)

Man kann behaupten, dass es die talentiertesten Musiker des neuen italienischen Prog sind. Der Sound der Band klingt nach einer Mischung aus den alten Genesis und den alten Marillion, deutlich symphonisch angehaucht und mit einigen ELP-Einschlägen, wobei aber auch die Neuzeit ihren Einfluss hat. Die Band spielt sehr sauber und abgestimmt, kein unnötiges Gekreische und Gefrickel. Der Gesang ist sehr abwechslungsreich, mal gefühlvoll und dann wieder kräftig, einfach genial. Die englischsprachigen Songs mit Elementen aus Jazz, Rock und Pop wurden von der Band druckvoll und solide gespielt. Sie haben verstanden, dass man sich was trauen, sich weiterentwickeln und etwas riskieren muss wenn Prog-Metal eine Zukunft haben soll.

20.30 Uhr: IceFish mit Virgil Donati (Italien)
Mitglieder:
• Virgil Donati (Schlagzeug)
• Marco Sfogli (Gitarren)
• Andrea Casali (Bass, Gesang)
• Alex Argento (Keyboards)





Diese Band gehört meiner Meinung nach zu denen, die all die Technik und Originalität hat, die erforderlich ist, um ansprechende und intelligente Musik zu schaffen. Die Musik ist eine Mischung aus Rhythm Heavy Rock mit modernerem und weniger traditionellem Progressive-Rock und Metal, mit melodischem Gesang und atmosphärischen Keyboards. Eine Mischung die durchweg beeindruckt. Donati sagte einmal, dass er sich von den üblichen musikalischen Eigenheiten des Genres lösen und etwas schaffen wollte, das die Grenzen der Kreativität sprengt, und ich denke, dass die Band in dieser Hinsicht absolut erfolgreich war. Sie haben ihr Können auf exquisite Weise in hochwertige Musik integriert mit geschmeidigen, raffinierten aber energischen Klang und zusammengesetzten Rhythmen.

22:30 Uhr: Threshold (UK)
Mitglieder:
• Glynn Morgan (Gesang)
• Richard West (Keyboard)
• Steve Anderson (E-Bass)
• Karl Groom (Gitarre)
• Johanne James (Schlagzeug)

Threshold sind zurück und das in Topform. Dunkler, härter und noch viel abenteuerlicher als zuvor. Die kompositorische Qualität ist meiner Meinung nach auf sehr hohem Niveau. Der hochmelodische Sound ist geprägt von knackigen Gitarrenriffs, mächtigen Keyboards, komplizierten aber gleichzeitig donnernden Arrangements, die kombiniert sind mit prägnanten Melodien und Texten, die zum Nachdenken anregen. Und die Musik ist einfach atemberaubend. Nur wenige Bands haben eine so gute Balance zwischen Heavy und Melodic wie diese Jungs. Jeder Song ist auf sensorischer Ebene ansprechend, mal melodisch oder hymnisch, dann zugänglich oder rockig, auch mal systemkritisch oder auch mal heavy. Die Zuschauer waren allesamt begeistert und zeigten es den Musikern in Form von Standing Ovations und schallenden Beifall.
 
 
 


Samstag, 15.04.2023

13.30 Uhr: DAWNATION (Neubrandenburg)

Mitglieder:
• Jan Mecklenburg (Lead Vocals, Percussion)
• Damian Krebs (Drums)
• Robert Reich (Bass)
• Christoph Piel (Guitars, Vocals)
• Bert Wenndorff (Keyboards, Vocals)

DAWNATION spielte abwechslungsreiche Neo-Symphonic-Prog-Kompositionen mit verschieden Referenzen (Yes, Genesis, Rush, Pink Floyd) und einem Geschick für feine Melodien. Für die Band war es das erste Konzert und das sollte auch gleich noch ein Release Konzert sein. Natürlich erfinden sie den Prog nicht neu, aber durch verschiedene Einflüsse, ihren eigenen Stil und neue Elemente in ihrer Musik erschaffen sie einen ganz eigenen Sound. Sie sind spieltechnisch und musikalisch sehr ausgereift, mit einem fabelhaften Wechsel zwischen ruhigen und dynamischen Passagen. Wer auf abwechslungsreichen, melancholischen Prog Rock steht, der einen in die Musik versinken lässt, war bei DAWNATION sehr gut aufgehoben. Das Publikums war begeistert und bedankte sich für ein wunderbares Konzert mit reichlich Applaus.

15:00 Uhr: Overhead (Finnland)
Mitglieder:
• Alex Keskitalo (Gesang, Flöte)
• Jaakko Kettunen (Gitarre)
• Janne Katalkin (Bass)
• Tommy Eriksson (Keyboard)
• Ville Sjöblom (Schlagzeug)





Die Finnische Progressive-Rock-Band wird häufig dem New Artrock und dem Retro-Prog zugeordnet. Was bei ihrem Konzert besonders positiv auffiel, waren diese vielen Wechsel in Dynamik und Ausprägung der Songs, sowie die variantenreich vorgetragene Gitarrenarbeit. Es wirkte fast wie eine Erzählung, die Beschreibung von Landschaften, einer Geschichte oder eines Gemäldes. Sie spielten wendungsreiche, verschachtelte Songs - mit ruhigen Passagen, genauso wie aggressiveren Parts. Durch den durchaus dominanten Bass zusammengehalten, entwickelte sich der Sound auf der Bühne auf unauffälligem Schlagzeug aufbauend. Gitarre und Keyboards variierten ständig, waren stets präsent und dominierten den Sound, ohne zu unterdrücken. Alex Keskitalo flüsterte und sang oft melancholische Spuren in dieses Erzählkino und brachte so manche Peter Gabriel'sche Flöten-Passage mit ins Spiel. Overhead zog das gesamte Konzert über seine Zuhörer in den Bann, indem sie Neues, Fazinierendes, Spannendes, Mitreissendes und Unerwartetes in die Songs einbanden in einen konstanten Fluss aus beeindruckender Musik einbanden. Geballte Spielfreude, Beherrschung der Instrumente, intime Kenntnisse über die "progressive" Musik der letzten 40 Jahre (wann haben die Jungs das alles angehört?) sowie eine enorme Sorgfalt und durchdachte Kompositionen kamen hier zusammen. Es machte Spaß ihrem Konzert zuzuhören.

16.45 Uhr: Blank Manuskript (Österreich)
Mitglieder:
• Jakob Aistleitner (Sax, Querflöte, Percussion, Glockenspiel, Gitarre, Gesang)
• Peter Baxrainer (Gitarre, Gesang)
• Simon Strasshofer (Schlagzeug, Percussion, Gesang)
• Dominik Wallner (Keys, Gesang)
• Alfons Wohlmuth (Bass, Gesang)

Nach der Pause war klar, dass die Mitglieder der Salzburger Band Multiinstrumentalisten sein müssen um das gesamte Equipment, das auf der Bühne aufgebaut war, bespielen zu können. BLANK MANUSKRIPT sind bekannt für ihre mystisch-versonnenen Texte, raffinierten Arrangements, psychedelischen Improvisationen und Ihre kompromisslos bizarre Rockmusik, und gehören zu den seltenen Musikacts, die man nach der ersten Show nie wieder vergisst. Auch dieses Mal machten sie von sämtlichen mitgebrachten Instrumenten Gebrauch. Gestalterischer konzipiert und mit sehr hohem musikalischen Niveau wurde dieses Konzert umgesetzt, sodass Musikbegeisterte verschiedenster Genres Zugang fanden. Seien es Progressive Rock-Fans, Musiktheater-Liebhaber oder kulturinteressierte Zuhörer. Jeder kam bei dieser Band auf seine Kosten.

18.30 Uhr: ATOMIC ROOSTER (UK)
Mitglieder:
• Pete French (Gesang)
• Steve Bolton (Gitarre)
• Shug Millidge (Bass)
• Paul Everett (Schlagzeug)
• Ross Monroe (Keyboard)





Nun kam die britische Rockband ATOMIC ROOSTER auf die Bühne die bereits von zahlreichen Fans erwartet wurde. Mit namhaften Musikern wie Carl Palmer und Vincent Crane hatte die Band bereits in den 70er Jahren viele ihrer Höhepunkte. Im Jahre 2016 hauchten die beiden ehemaligen Bandmitglieder Pete French (Gesang) und Steve Bolton (Gitarre) ATOMIC ROOSTER wieder Leben ein und sind mit altem Programm und neuer Besetzung, zu denen Bassist Shug Millidge, Schlagzeuger Paul Everett und Keyboarder Adrian Gautrey gehören, endlich wieder auf den Bühnen zu sehen. Diese Nacht würde ein denkwürdiger Abend werden, das wusste man von vornherein, denn nach so langer Zeit wieder eine komplette Show dieser Band sehen zu können, hielten viele Fans schon nicht mehr für möglich. Es rockte von Anfang bis Ende. Ich denke, weil der Enthusiasmus in Kombination mit der Mischung aus musikalischen Einflüssen, die zu dieser Zeit kursierten und dieser Musik den unvergänglichen Geschmack verlieh, den eigenen Sound ausmachen. Alle Musiker waren auf ihre Weise an diesen Abend großartige Virtuosen. Instrumentals wie "Vug" und "A Spoonful of Bromide…" kombinierten sie, um eine beeindruckende Klangwand zu erzeugen und dem Hammond-Sound eine neue Dimension zu verleihen. Paul Everett unerbittliches Drumming im Militärstil war bemerkenswert. Es war auf musikalischer Ebene ein absolut erfolgreicher Abend, da das aktuelle Line-Up den Sound einer der verlorenen Perlen des frühen Heavy Rock wiederbelebte.

20.30 Uhr: Mystery (Kanada)
Mitglieder:
• Jean Pageau (Vocals, Flute, Keyboards)
• Michel St-Pere (Guitars, Back Vocals)
• Antoine Michaud (Keyboards)
• Francois Fournier (Bass Guitar, Taurus Pedals, Back Vocals)
• Sylvain Moineau (Guitars, Back Vocals)
• Jean Sébastien Goyette (Drums, Back Vocals)

Willst du zum Olymp transportiert werden, um die Geräusche und Schreie der Götter zu hören? Nun, dann hättest du bei dieser Band dabei sein müssen! Kanada ist bekannt für gute Bands, speziell im Bereich des Prog-Rock, und hat in der Vergangenheit große Stars hervorgebracht. Die berühmteste Band ist unumstritten MYSTERY, bestehend aus Jean Pageau (Vocals, Flute, Keyboards), Michel St-Pere (Electric and Acoustic Guitars, Back Vocals), Antoine Michaud (Keyboards), Francois Fournier (Bass Guitar and Taurus Pedals, Back Vocals), Sylvain Moineau (Electric and Acoustic Guitars, Back Vocals) und Jean Sébastien Goyette (Drums, Back Vocals), die weltweit eine breite Fangemeinde gefunden hat. Ihr Stil erinnert sehr an Genesis und Yes, man kann aber auch einfache Pop/Rock Elemente wiederfinden. Ihr hochwertiges Songwriting und ihre unglaubliche Musikalität haben mich besonders beeindruckt. Sie brachten eine Mischung aus symphonischem Prog-Melodicl-Rock auf die Bühne, deren Rhythmus sehr vielfältig ist und mit emotionalen Momenten und kraftvollen, schnellen Passagen bestückt ist. Von Genesis bis Yes ist da schon mal alles drin, was diese spezielle Mystery'sche Wohlfühlmischung ausmacht. Die Songs baden im Wohlklang, setzen wohldosierte härtere Tupfer mit Gitarrensounds, die Keys sind geschmackvoll und in den Drums steckt sehr viel Dynamik und das gewisse Maß an Verspieltheit. Der Sänger ist auf der Bühne ein extrem agiler, variabeler, beseelter und ausdrucksstarker Künstler. Es war von Anfang bis Ende ein Genuss. Eine erstaunliche Band, die mit exzellenten Melodien und majestätischen Liedern, in denen man die musikalische Fähigkeit aller hören kann, zu den wenigen progressiven Gruppen gehört, die etwas ganz Besonderes haben. MYSTERY ist der musikalische Gegenpol zu dieser verrückten Welt.





22.30 Uhr: Gabriel Agudo, Fernando Perdomo, Bill Hubauer, Alex Lofoco und Jimmy Pallagrosi

Nun sollte es erstmals seit 11 Jahren ArtrockFestival eine Premiere geben. Denn dieses Mal nahm eine Band teil, die nur für dieses eine Konzert formiert wurde. Gabriel Agudo brachte eine Allstarband zusammen, bestehend aus fünf Profi-Musikern, die aus unterschiedlichen Ländern kamen und teilweise vorher nie miteinander spielten. Er selber wurde bekannt als Leadsänger/Songwriter von Bands wie Bad Dreams, In Continuum Band, Steve Rothery Band und auch als Solokünstler. Mit ins Boot holte er sich das Kraftpaket der Musikszene von L.A., Fernando Perdomo, der Tracks mit Eric Clapton und Neil Young aufnahm und sich als gefragter Produzent, Singer/Songwriter und Multiinstrumentalist einen Namen gemacht hat. Ebenfalls dabei war Bill Hubauer, Multi-Instrumentalist, der Keyboards und Gitarre wie ein junger Gott spielt und Mitglied der Neal Morse Band ist. Auch nicht fehlen durfte Alex Lofoco, ein international renommierter E-Bassist, der bereits ein eigenes progressives Fusion-Debütalbum ("Beyond") rausbrachte und weltweit Meisterkurse gibt. Und um die Band für diesen Abend komplett zu machen wurde noch Jimmy Pallagrosi dazu geholt. Er ist Drummer der britischen Prog Rock-Band Karnataka, die 2016 den Classic Rock Society Award (bestes Album + bester Track) gewannen, und der schon zwei Solo-Alben rausbrachte und als Drum Demonstrator für u.a. Yamaha arbeitet. Alex Lofoco war also an diesen Abend für die tiefen Töne in der Band verantwortlich und sorgte mit seinem Bassspiel gekonnt und wohldosiert für die rockigen aber auch gefühlvollen Elemente aus einer brummend, pumpenden und herrlich fließenden Tieftönermischung. Kommt nun also der Bassist rhythmisch gut mit dem Schlagzeuger zusammen, ist die Band auf ein gutes Fundament gestellt. Im Hintergrund wirkte Jimmy Pallagrosi unaufdringlich als Schlagzeuger und konnte ein unglaublich hohes Niveau des Drummings präsentieren. Er ist technisch perfekt und flankiert mit ebensolchem meisterhaftem Können dieses Konglomerat aus feinmechanischer Klanggebung, die diese Musik an diesem Abend so kantenlos gekonnt klingen ließ. Fernando Perdomo muss man in Fleisch und Blut gesehen haben! Er ist wirklich einmalig - ein Alchemist, der sich auf der Bühne ständig häutet, förmlich mutiert, mal zu einem geschmeidigen Tier oder mal zur Bestie. Er spielt unglaublich laut kann aber auch gefühlvoll und leise. Er kann ernst sein oder völlig albern. Und er hat ein absolutes Ohr für Nuancen und Zwischentöne. Dazu liefert er eine visuelle Magie, die das Instrument in ihrer ganzen Schönheit erstrahlen lässt und öffnete damit die Tür zu einer neuen Ästhetik. Auf der Bühne ist der Musiker ein vollendeter Improvisator. Er bietet ein unverwechselbares Spiel, stilistisch kaum anzusiedeln, "irgendwo zwischen Hendrix und Vivaldi" und bleibt sich dabei trotzdem immer treu. Gabriel Agudo begeisterte die Zuhörer durch seine eindrucksvolle und facettenreiche Stimme - souverän, verführerisch, gnadenlos, auf und abgleitend. Es gibt einen Unterschied zwischen denen, die nur singen, und denen, die mit ihrer Stimme an einen anderen, jenseitigen Ort gehen, die in sich eine Euphorie erzeugen. Und das konnte der charmante Sänger. Er ist einer dieser Typen, in der viel Talent und wahrscheinlich mehrere Oktaven stecken. Bill Hubauer der - wie es scheint - vier Hände besitzt, macht Tasteninstrumente sexy. Er ist einer der kreativsten und progressivsten Musiker an den Tasten, die ich je gesehen habe. Er formt solche interessanten Klangbilder und bringt eine klassische Eleganz in den Sound, den man zuvor nicht für möglich gehalten hätte. Langanhaltender Beifall und Standing Ovations entlockten der Band noch die ein oder andere Zugabe. Und so hinterließ dieser Abend mit dieser unglaublichen Band am Ende nur zufriedene Gesichter und das tolle Gefühl, an einem besonderen Abend teilgenommen zu haben.
 
 
 


Sonntag, 16.04.2023

13:30 Uhr: Love God Chaos (Österreich)

Mitglieder:
• John Krempl (Gesang, Gitarre, Sounds)
• Markus Kertz (Gitarre, Gesang)
• Michael Mautner (Bass)
• Felix Kappler (Schlagzeug)





Love God Chaos ist eine Indierockband aus Graz/Österreich - euphorisch, ungestüm, ein bisschen vorlaut und mit Hang zur großen Geste. Diese charmante Band mit dem Wiener Schmäh lässt sich genretechnisch wohl nur schwer einordnen. Versucht man es doch, würden wohl höchstwahrscheinlich Begriffe wie Indierock, Alternative Rock oder auch ein "Hauch von Art-Rock" fallen. Die musikalischen Einflüsse dieser Musiker und die daraus resultierende ungewöhnliche Umsetzung sind auf "diesem Markt" ein Alleinstellungsmerkmal! Ehrlichkeit ist das Erfolgsgeheimnis dieser Männer, in einem Lebensentwurf, der den großen Erfolg wahrscheinlich gar nicht im Programm hatte. Die Band trifft mit der Musik und den Texten irgendwie die Seele. Sympathisch und charmant "erzählten" die Künstler von Geschichten, die das Leben schreibt. In vielen der Lieder findet man sich einfach ab und an irgendwie wieder. Ihre Musik erzählt viele Erlebnisse. Mit viel Charme und Witz spielte die Band ihre Stärken aus. Sie blieben bis zum Schluss grundsympathisch, gaben nicht vor, irgendetwas zu sein, eckten nicht an und ihr Auftritt war so gut, dass ich jederzeit zu einem nächsten gehen würde!!! Wohl durchdacht und gut inszeniert. Und einfach mit dem absoluten "Wiener Schmäh".

15:00 Uhr: Emerald Lies (D)
Mitglieder:
• Jörg Karl (Bass, Vocals)
• Thomas Küchenmeister (Guitars, Vocals)
• Claus D. Weber (Drums, Vocals)
• Burkhard Koch (Guitars)

Emerald Lies sind seit Jahren in der Musikszene fest verwurzelt und haben sich immer anspruchsvoller Rockmusik gewidmet. An der Ausrichtung hat sich nie etwas wirklich verändert, die Musiker blieben bis heute ihren Wurzeln treu und spielen ausschließlich Eigenkompositionen mit dem Schwerpunkt auf klassischen Hardrock der 70er mit progressiven Einflüssen. Trendfreie, zeitlose Musik zum Zuhören und Verzaubern lassen. Eben melodische Rockmusik mit progressiven bis krautigen Einflüssen und nachdenklich stimmenden bis surrealistischen Texten. Die Band hielt sich eben von Anfang an nicht an die sonst üblichen Modetrends.

16:45 Uhr: Flemt (Italien)
Mitglieder:
• Riccardo Curzi (lead vocals)
• Michele Trillini (guitar + backup vocals)
• Alessandro Lapini (bass)
• Archelao Marcrilló (drums)

Die Gründungsmitglieder Alessandro "Frank" Lapini und Michele Trillini waren Freunde, die zusammen und getrennt in ihren Teenager-Tagen in Bands spielten. Sie kamen 2011 wieder zusammen um FLEMT zu gründen. Dieses Wiedersehen erwies sich als zeitgemäß, denn nach Monaten harter Arbeit bot sich FLEMT die Gelegenheit, um die Chance zu kämpfen, ein Konzert für Bon Jovi zu eröffnen. FLEMT gewann den Wettbewerb und eröffnete für Bon Jovi im "Stadion von Udine" vor 40.000 Fans. Hier begann FLEMT, seine musikalischen Träume und Bestrebungen zu erweitern, um seine ursprüngliche Rockmusik international aufzuführen.

18:30 Uhr: RPWL (D)
Mitglieder:
• Yogi Lang (Vocals, keyboards)
• Kalle Wallner (Guitars)
• Markus Grützner (Bass)
• Butsch Keys (Keyboard)
• Marc Turiaux (Drums)





1997 ursprünglich als Coverband gegründet, schreiben sie jetzt immer mehr eigene Songs. Musikalisch passt alles sehr schön zusammen, wirkt nicht aufgesetzt. Wunderschöne Melodien mit frickelfrei und strukturierten Soli. RPWL machen nicht nur brilliante Musik und haben ein außergewöhnliches Einfühlungsvermögen, sondern sie verstehen und leben ihr "Handwerk". Was die Freisinger Band hier leistet ist unglaublich professionell und absolut gekonnt. Sie wissen genau welchen Knopf sie beim Publikum drücken müssen!

20:30 Uhr: Red Sand (Canada)
Mitglieder:
• Steff Dorval (Vocals)
• Simon Caron (Guitars)
• Perry Angelillo (drums)
• André Godbout (bass)

Red Sand ist eine Progressive-Rock-Band, die 2004 in Lévis, Quebec gegründet wurde. Jeder Auftritt weckt Begeisterung beim stetig mehr werdenden Publikum. Die kraftvolle und starke Stimme ihres Frontmanns, gemischt mit dem sanften, melodischen Background-Gesang, erschafft ein einzigartiges Gefühl bei den Zuhörern. Red Sand wird wegen ihrer Vocals, die wie Fish klingen, sowie der Gitarren- und Keyboardsounds oft mit der Musik der frühen Marillion verglichen. Aber Red Sand hat viel mehr zu bieten.

Fazit:
Mehr als 20 Stunden Musik mit 15 Bands hat das 11. Artrock-Festival geboten. Mit einer Menge neuer Alben, Eindrücke und Bekanntschaften im Gepäck geht's nach Hause. Bis zum nächsten Jahr und dem 11. Artrock-Festival an gleicher Stelle.











   
   
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