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Ein Konzertbericht mit Fotos von Bodo Kubatzki



Entweder man mag sie oder man findet ihre Musik doof, "Die meiste Band der Welt", wie sich die "Boy Group" KNORKATOR aus Berlin selbst bezeichnet. Ich gehöre zu den Erstgenannten, wie viele andere Menschen auch. Das beweist Rostocks MOYA-Kulturbühne, "sold out" an diesem Abend. Während die Band vor ca. 15 Jahren noch im deutlich kleineren M.A.U. Club gastierte, reicht die Kapazität der MOYA-Kulturbühne mit ihren 1.500 Plätzen nun schon nicht mehr, um alle Fans zu beglücken. 2024 soll dann die Freilichtbühne im IGA-Park geentert werden.


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Was macht eigentlich die Faszination aus, die Knorkator auf uns Fans ausübt, wo ihre Musik im ersten Moment eher Klamauk zu sein scheint? Zu harten Metal-Klängen schleudern uns ALF ATOR, STUMPEN und BUZZ DEE seit dem Anfang der 1990er Jahre Texte um die Ohren, die scheinbar oft fern des guten Geschmacks sind. Schon im Jahr 2007 fragt ALF ATOR im Text von "Wir werden alle Sterben", " ... ob die Menschen in dieser schweren Zeit überhaupt noch bereit sind, sich mit meinen kranken Gedanken zu befassen ...". Doch die Bereitschaft sollte man mitbringen, denn oft steckt ein tieferer Sinn in den Texten, als man zunächst vermuten könnte. Während früher oftmals mit sexistischen Männerfantasien oder mit Fäkalismen provoziert wurde, spielen der Zustand unseres Planeten und gesellschaftliche Themen zunehmend eine Rolle. Immer deutlicher wurde das auf den letzten beiden Alben "Widerstand ist zwecklos" (2019) und "Sieg der Vernunft" (2022). Als Beispiel seien "Krieg" aus dem Jahr 2019 und der Titeltrack des aktuellen Albums genannt. Hier zwei Textauszüge:

"Vorbei ist die Ära der Diplomaten, der Kompromisse und Diskussionen. Vorbei ist die Zeit der Menschenrechte. Es ist uns egal, wir haben Kanonen. ... Auf in den Krieg ...".
(Das stammt aus dem Jahr 2019, lange vor dem Ukraine-Krieg)

"Wir stehen uns gegenüber, die Schwerter in der Hand. Dein Vater war ein Mörder. Ich hab` ihn nicht gekannt. Seit hunderten von Jahren, Vergeltung, Hass und Neid. Das muss ein Ende haben, macht Schluss mit diesem Leid ... Sieg der Vernunft - Vernichtung!"
(wird auf dem aktuellen Album gesungen.)


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Das klingt schon deutlich anders als "Ich will nur fickn, fickn, fickn". Die Herren der Boy Group KNORKATOR sind eben auch älter und reifer geworden. Sollte man meinen, doch ... Live ist davon nichts zu merken. Hier sind STUMPEN, BUZZ DEE, ALF ATOR, RAJKO und PHILIPP genauso wild und ausgelassen, wie man es kennt und erwartet. Eben wie kleine Jungs, die miteinander Spaß haben.

Das Spektakel beginnt mit "Sieg der Vernunft". STUMPEN im glitzernden Anzug, ALF ATOR in einer weinroten, ebenfalls glitzernden Tunika und BUZZ DEE mit Ringen, Armbändern und Ketten behängt, seine Brillen im Haar. Die Rhythmus-Fraktion, RAJKO am Bass und PHILIPP an den Drums, agiert vorerst eher im Hintergrund. Ebenfalls mit auf der Bühne ist STUMPENS Tochter AGNETHA, die ganz leger in einem Sessel sitzt und zu lesen scheint, wenn sie nicht gerade mitsingt. Während viele Fans sich von dem Refrain zum Headbangen animieren lassen und natürlich das immer wiederkehrende Wort "Scheiße" mit skandieren, springt STUMPEN wie wild über die Bühne oder schmeißt sich auf den Boden. Das ist seine liebgewonnene Art zu Performen. Natürlich lässt er im Laufe des weiteren Sets aus alten und neuen Songs immer mehr Klamotten fallen, bis er nur noch im schwarzen Lack-Höschen auf der Bühne steht. Selbst die vom Arzt verordnete Bandage um seinen linken Fuß reißt er sich schließlich herunter. Auch ALF ATOR hält sich natürlich nicht zurück. Da wird dann schon mal wieder ein Keyboard auf der Bühne zerschlagen. Oder er spielt mit STUMPEN Federball auf der Bühne, zu neudeutsch Badminton.


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Während des Songs "Milliardäre", bei dem es um das Monster Geld und seine ungerechte Verteilung geht, beglückt uns die Band mit jeder Menge "Knollars" Geldscheinen, die STUMPEN und AGNETHA ins Publikum schmeißen. Doch Geld spielt bei diesem Konzert und bei KNORKATOR noch eine weitere Rolle. Die Band unterstützt die Aktion "Berliner Wünschewagen" und reicht auch in Rostock eine selbst gebastelte Spendenbox rum. Mit dem Geld erfüllt der Arbeiter Samariter Bund in Berlin schwerkranken Menschen letzte Wünsche. Tolle Aktion, finde ich!

Auch KNORKATORS Nachwuchs kommt an diesem Konzertabend wiederholt zum Einsatz. So growlt ALF ATORS Sohn TIM TOM das Stück "Böse" so eindrucksvoll, dass er mit einem Riesen-Applaus bedacht wird. AGNETHA steht deutlich öfter vorn im Rampenlicht und singt mal allein, mal mit ALF ATOR bei "Ding inne Schnauze", inklusive einer Headbanging-Einlage auf Knien. Oder sie intoniert gemeinsam mit ihrem Erzeuger STUMPEN den Song "Ich lass mich klonen". Papa zeigt sich natürlich sehr stolz, und drückt seiner Tochter immer mal wieder einen Schmatzer ins Gesicht. "Der Weg nach unten" wird eindrucksvoll von allen drei Genannten gesungen.


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Mit dem Klassiker "Wir werden alle sterben" lässt die Boy Group KNORKATOR das reguläre Set mit allen Beteiligten ausklingen. Die Frage, ob wir noch mehr wollen, erübrigt sich im Grunde genommen. Doch STUMPEN will eine deutliche Zustimmung aus allen Ecken der Halle hören. Die melodiöse KNORKATOR "Hymne" leitet den Block mit Zugaben ein. "Für Knorkator mein Herz, für Knorkator mein Geld", na klar ... gern doch, dafür sind wir hier. STUMPEN steht dabei auf einem Stuhl und gestikuliert, während er herzerwärmend singt, begleitet von ALF ATORS Pianoklängen.e 20230228 1924189546 Text und Komposition dieser schönen Hymne stammen übrigens von TIM TOM THOMAS. Der Apfel fällt also nicht weit vom Stamm. Bei den letzten drei Songs wird das Tempo natürlich wieder etwas angezogen. "Zähneputzen, Pullern und ab ins Bett" als Rauswerfer vereint dann noch mal Alt und Jung auf der Bühne. Danke KNORKATOR, es hat wieder einen Riesen-Spaß mit euch gemacht.



Setlist:
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Knorkator-Termine:
• 02.03.2023 - Freiburg - Jazzhaus
• 04.03.2023 - Memmingen - Kaminwerk
• 11.03.2023 - Nürnberg - Löwensaal
• 16.03.2023 - Aschaffenburg - Colos-Saal
• 17.03.2023 - Stuttgart - LKA-Longhorn
• 18.03.2023 - Glauchau - Alte Spinnerei
• 23.03.2022 - Gera - Comma Clubzentrum
• 24.03.2023 - Erfurt - Club Central
• 25.03.2023 - Potsdam - Waschhaus-Arena

Alle Angaben ohne Gewähr! Weitere Infos und Termine auf der bandeigenen Homepage.



Bitte beachtet auch:
• Off. Homepage von Knorkator: www.knorkator.de


 
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