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Ein Konzertbericht von Matthias Ziegert
Redaktionelle Unterstützung: Christian Reder
Fotos: Dana Barthel (oben), M. & S. Ziegert (alle anderen)




Am vorletzten Tag des vergangenen Jahres stellte Dieter Birr alias Maschine sein neues Album in die Regale des Fachhandels. "Große Herzen" heißt der fünfte Streich des Berliners als Solist. Die kuschelige Nestwärme einer Band hat er ja schon seit einiger Zeit hinter sich gelassen und bekanntermaßen auch schon vor dem Abschiedskonzert "seiner" PUHDYS im Jahre 2016 mehr als einmal bewiesen, dass er auch alleine eine gute Figur machen kann. Die Nachfrage von Fans und Medien an seiner Musik war schon beim Album "Maschine" im Jahre 2014 ziemlich groß, und nur die große Konkurrenz, die parallel zu seinem "Neubeginner" ebenfalls Platten auf den Markt brachte, ließ ihn 2016 nur knapp am Einstieg in die Top 10 der deutschen Albumcharts scheitern. Darum war es nur folgerichtig, dass nach dem Weihnachtsalbum "Alle Winter wieder" (2018) nun ein weiteres Solowerk erscheinen würde, denn Maschine ist noch lange nicht satt. Und leer schon gar nicht. Da sprudeln noch die Ideen, und die wollen in schwarzes Vinyl geritzt, auf silberne Scheiben gepresst und dem Publikum live präsentiert werden. Die Fans konnten zur Jahreswende also die neuen Lieder genießen und die gute Nachricht für den Musikanten kam dann am ersten Freitag des neuen Jahres, als die Verkaufszahlen eintrudelten. "Große Herzen" stieg auf Platz 4 der deutschen Album-Charts ein. Maschines bisher größter Erfolg. Herzlichen Glückwunsch.


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Ohne Band hat er nicht nur sein Album gemacht, ohne Band geht er auch auf die "Lieder für Generationen"-Tour. Keine große Truppe, bestehend aus zig Musikern und Technikern, sondern ein kleines überschaubares Team wird in den nächsten Wochen quer durch die Republik reisen. Neben ihm auf der Bühne sitzt dabei lediglich Uwe Hassbecker, der als wichtiger und hilfreicher "Schraubendreher" den restlichen Werkzeugkasten ersetzt. Maschine und er sind Kumpels. Davon hat man schon gehört und das kann man auch auf der Bühne sehen. Das Zusammenspiel der beiden hat bereits bei diversen Muggen in großer und kleiner Besetzung super funktioniert, weshalb man die Zusammenarbeit nun auch beim Verteilen der "Großen Herzen" fortsetzt. Zwei Gitarren, eine Violine plus Gesang. Das muss (erstmal) reichen …

Als einen der ersten Tatorte für besagte Tournee hatte sich Maschine das Steintor-Varietè in Halle (Saale) ausgesucht. Das Haus ist das wohl älteste Varieté-Theater Deutschlands und blickt auf einen über 120-jährigen Spielbetrieb zurück. Aber nicht nur Theaterstücke werden auf der Bühne aufgeführt, auch Konzerte finden dort statt. Bekannte Namen haben dort schon gespielt und manch einer einen Mitschnitt von dort auf Platte oder CD veröffentlicht, z. B. KARAT ("10 Jahre auf dem Weg zu Euch"), Juliane Werding ("Zwischenräume"), Peter Maffay ("MTV unplugged") oder auch der Sachsendreier. Geschichte kann man schon direkt nach dem Betreten des Hauses tief einatmen, und am Samstagabend schrieben Maschine und Uwe Hassbecker ein weiteres Kapitel in dieses Buch. Auch sonst passt die Location als Ausgangspunkt ihrer Konzertreise ganz gut, denn es ist mehr oder weniger ein Heimspiel für Uwe Hassbecker, der hier in der Händelstadt aufgewachsen ist.


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Schon vor der Mugge war großes Getümmel im altehrwürdigen Haus Am Steintor 10 zu beobachten. Es schien so, als sei das Steintor-Varieté ausverkauft gewesen. Konkrete Zahlen liegen uns hier nicht vor, aber es konnte kurz vor dem Beginn des Konzerts kein freier Platz mehr ausgemacht werden. Die Maschine-Fans outeten sich nahezu komplett mit entsprechend bedruckten T-Shirts und machten in der ersten Reihe im Parkett mit einem Transparent und einem Plüschelefanten auf sich aufmerksam. Vor dem Einnehmen der Plätze wurde jedoch erst der Fanartikel-Stand belagert. Man traf sich dort, plauderte noch ein wenig und zur Erinnerung an diesen Abend nahm man sich noch das ein oder andere Andenken mit. Na, dann konnte es ja losgehen, oder?

Und das tat es auch. Nachdem Maschine und Uwe auf der Bühne Platz genommen hatten, starteten sie ihre konzertante Rundreise durch Maschines Wirken und Werkeln. Dass die Frage "Was bleibt" Anfang der 90er schon im gleichnamigen Song mit "Freunde im Leben" beantwortet wurde, ist hinlänglich bekannt. Ein erster Blick Maschines in den voll besetzten Saal muss daher bei ihm wohl ein beruhigendes Gefühl ausgelöst haben, denn die vielen Freunde hier waren extra wegen ihm angereist. Manch einer vielleicht auch wegen seinem Bühnenpartner, und darum dauerte es auch nicht lange, bis der einstige PUHDYS-Frontmann seinen Freund und Begleitmusiker Uwe Hassbecker vorstellte. Als Maschine erwähnte, dass "Hassbe" vor seiner Zeit bei SILLY bereits bei STERN MEISSEN aktiv war, fügte dieser noch hinzu, dass er seinen Start in die Karriere bei der Hallenser KLINK FORMATION hatte, da er ja - wie oben schon erwähnt - seine Jugendzeit in Halle verbrachte. Dies sorgte für Begeisterung im Saal, denn in Halle ist man offenbar stolz auf die eigene Stadt und seine Kinder. Solche Zwischenspiele mit Maschine und "Hassbe" gab es im Verlauf des Abends noch öfter, denn Maschine bezog seinen Freund immer wieder mit ins Geschehen ein. Oft führten Ansagen von Maschine in Zwiegespräche mit "Hassbe". So fragte er ihn augenzwinkernd vor dem Stück "He John", das 1980 nach dem Tod von John Lennon geschrieben wurde, ob Uwe damals eher Beatles-, Stones- oder PUHDYS-Fan gewesen sei … Vor dem Stück "Auf das Leben" moderierte Maschine einen völlig anderen Titel an, der im Ablauf gar nicht auf der Setlist stand. Dies irritierte den SILLY-Gitarristen und er machte seinen Kollegen darauf aufmerksam ("Und ich denk schon die ganze Zeit, ‚Was erzählt der denn da?'"). Maschine entschuldigte sich prompt und versprach, den fälschlicherweise angekündigten Titel umgehend von seiner Platte herunter nehmen zu wollen. Zu lachen gab es also auch eine Menge.


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Ist die Tour denn nun die zum Album passende Konzertreise? Jein. Es dauerte ganze fünf Songs, bis das erste Stück vom neuen Album gespielt wurde. Es war der Titelsong "Große Herzen" und im ersten Teil bis auf "Bessere Tage" kurz vor der Pause nur eins von zwei neuen Liedern. Im zweiten Teil folgte noch "Halte durch" und in den Zugaben "Wenn ich noch einmal leben könnte", also insgesamt nur vier Lieder der neuen Scheibe. Der Schwerpunkt von Maschines aktuellen Programm liegt also eindeutig auf seiner gesamten Karriere und nicht auf der aktuellen Platte, was der Titel der Tournee ja eigentlich auch schon verspricht. Auf der einen Seite liegt das sicher daran, dass sich nicht jedes seiner Lieder von "Große Herzen" vom Arrangement her auf nur zwei Gitarren herunter brechen lässt, zum Anderen aber auch an dem enorm großen Fundus an Liedern, die Maschine in über 50 Jahren Musikerleben geschrieben hat. Es gibt bestimmte Stücke, die dürfen bei seinen Konzerten nicht fehlen, sonst gehen die Leute am Ende des Tages nicht heim, wenn sie dieses oder jenes Lied von ihm nicht zu hören bekommen haben. Was will man da also weglassen, was muss unbedingt dabei sein? Also ich möchte kein Programm erstellen müssen, wenn ich Maschine wäre. Irgendeiner geht dabei immer leer aus.

Insgesamt aber war die Setlist gut besetzt und bot einen guten Querschnitt aus PUHDYS- und Solo-Titeln. Dass es am Ende mehr Songs aus der PUHDYS-Zeit waren, liegt in der Natur der Sache. Maschine war nunmal 46 Jahre lang deren Komponist und Sänger. Klassiker wie "Geh zu ihr", "Die Boote der Jugend", "Wenn ein Mensch lebt", "Alt wie ein Baum" oder "Lebenszeit" standen neben ausgewählten Album-Titeln wie "November im Mai", "Regen" und "An den Ufern der Nacht", und wurden sinnvoll mit Songs aus der Solo-Phase wie z. B. den vier genannten ganz neuen Stücken, sowie "Auf das Leben", "Deine Stille" oder "Mein Weg" ergänzt. Als besondere Überraschungen gab es eine Maschine-Version des SILLY-Hits "Bye Bye", mit der man nicht wirklich rechnen konnte, und Uwes besonderes Solo, als er die von ihm geschriebene Musik zum Film "Der Mond und andere Liebhaber" spielte. Wenn man wirklich was zu Meckern finden wollte, könnte man das Fehlen von Songs des Albums "Intim" (1986) beklagen, aber wie schon gesagt … Maschine ist um die Aufgabe, ein Programm für zwei Stunden Live-Musik zu erstellen, nicht zu beneiden.


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Dass das "reguläre" Set wie beschrieben ziemlich abwechslungsreich und mit vielen Höhepunkten besetzt war, und dass die Lieder auch durch den Einsatz von "nur" zwei Gitarren in ihrem Sound-Radius limitiert ausgesprochen gut klingen, wurde den Herren Musikern am Ende ihres Konzerts seitens des Publikums völlig zurecht mit reichlich Beifall und Standing Ovations bescheinigt. Dieses war über den gesamten Abend hinweg in einer Hochstimmung, klatschte und sang nach Kräften mit, und verlangte am Schluss noch mehr von dem, was ihm bis hierher angeboten wurde. Natürlich hatte Maschine noch ein paar Zugaben vorbereitet, darunter das nach Abschied klingende "Wenn ich noch einmal leben könnte", mit dem er einen Blick auf sein Leben und seine Karriere wirft. Als dann der definitiv letzte Ton von "An den Ufern der Nacht" verklungen war, dauerte es noch eine Weile, bis der Applaus leiser wurde und sich der Saal leerte. Manch einer wollte immer noch nicht glauben, dass es an dieser Stelle tatsächlich keine weiteren Töne mehr geben sollte.

Dramaturgisch war dieses Konzert hervorragend zusammengestellt und von beiden Musikern so choreographiert, dass man von einem zum nächsten Höhepunkt geführt wurde. Wenn man bedenkt, dass die beiden Künstler gerade erst die Tour gestartet haben, ist das Ergebenis am späten Abend des 14. Januar wirklich bemerkensert. Der Vortrag da vorn auf der Bühne wirkte auf den Zuschauer tatsächlich so, als würden sie seit Jahren nichts anderes machen. Der Zuspruch der Leute war in Halle beachtlich. Das Haus war voll und wenn das an anderen Orten auch so sein wird, dürfte einer Tour mit voller Bandbesetzung, vor der sich der Künstler und seine Plattenfirma wegen der durch die Corona-Pandemie verursachten Unsicherheiten auf allen Ebenen der Veranstaltungsbranche gescheut haben, nichts im Wege stehen. Dafür drücken wir die Daumen, denn dann sehen wir uns ganz sicher nochmal wieder.



Termine:
• 20.01.2023 - Torgau - Kulturhaus
• 21.01.2023 - Freiberg - Tivoli
• 27.01.2023 - Erfurt - DasDie Brettl
• 28.01.2023 - Pößneck - Schützenhaus
• 18.02.2023 - Neubrandenburg - Konzertkirche
• 25.02.2023 - Magdeburg - Altes Theater
• 02.03.2023 - Dresden - Boulevardtheater
• 15.04.2023 - Leipzig - Kupfersaal
• 21.04.2023 - Greitz - Vogtlandhalle
• 22.04.2023 - Ballenstedt - Schlosstheater
• 13.05.2023 - Bad Tabarz - 50 Jahre Puhdys im Kukuna
• 20.05.2023 - Klingenberg - 50 Jahre Puhdys im Kulturhaus
• 27.05.2023 - Lüchow - Stones Fan Museum

Alle Termine ohne Gewähr. Nähere Infos auf Maschines Homepage



Bitte beachtet auch:
• Off. Homepage von Maschine: HIER entlang
• Off. Homepage von Uwe Hassbecker: HIER entlang









   
   
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