000 20230113 1201770258



000b 20230113 1024744296
Ein Konzertbericht von Matthias Ziegert und Christian Reder
Fotos: Karla Kotzsch (Textillustration), M. & S. Ziegert (Fotostrecke)




Eigentlich hätten wir uns bereits im vergangenen November hier in Meißen getroffen. Das Konzert zum 58. Geburtstag der "Combo" wäre am 5.11. planmäßig über die Bühne gegangen, hätte den Pulsschlag der Band nicht ein Infekt flach gelegt. Lexa Schäfer meldete sich mit COVID ab und die Mugge in der Frauenkirche fiel aus. Aber ob nun jetzt im Januar oder im vergangenen November, für den dieser Nachholtermin gefunden wurde: Das Wetter ist gleichermaßen kacke, und freiwillig geht da eigentlich kein Hund vor die Tür. Der Hund vielleicht nicht, aber wir Stern-Fans für unsere "Combo" auf jeden Fall. Also trotz Wind und Regen auf die Straße, die Schiene oder auf anderen Wegen nach Meißen … Geburtstag nachfeiern. Um kurz vor 19:00 Uhr und dem Beginn des Einlasses, bildet sich eine Schlange von geduldig wartenden Fans, die fast bis auf den angrenzenden Markt reicht. Zum Glück ist Vollmond, der die äußerst sparsam beleuchteten, mittelalterlichen Straßen und Gassen der Meißner Innenstadt beleuchtet. Eine halbe Stunde vor Konzertbeginn sind die Plätze im unteren Bereich der Kirche besetzt und die Empore muss noch geöffnet werden, damit alle Besucher Platz finden.


a 20230113 1658813358
Manuel Schmid



Für die meisten von uns war es ein weiter Weg nach Meißen, und man fühlt sich mit "Der weite Weg", mit dem die Sterne ihren musikalischen Reigen im gut gefüllten Gotteshaus einläuten, gleich abgeholt. Die ersten Takte der Nummer nach dem Rauschen des Intros erklingen, und der Funken springt auf all die Angereisten über. Es wird im Takt mitgeklatscht. Kirchenschiffe mit ihrem Hall sind für den Sound so mancher Formation eine richtig große Herausforderung und es gibt da draußen auch "Fahrstuhl-Bands", denen diese nicht ganz leichten Voraussetzungen auch schon auf die Füße gefallen sind. Nicht so der Meißner Stern-Combo, die ja eigentlich gar nicht mehr "Combo" heißt. Hier klingt der Ton sauber, verständlich und ohne Irritationen im Ohr auszulösen. Insbesondere Manuel und Martin am Mikro sind gut zu verstehen und auch jedes einzelne Instrument gut heraus zu hören. Dies ändert sich auch nicht bei den folgenden Stücken, wie dem "kleinen" Auszug aus dem Konzeptalbum "Bilder einer Ausstellung", von dem eine "Promenade" und "Das Große Tor von Kiew" live vorgetragen werden. Bei dem nicht ganz einfachen Werk spielt Sebastian Düwelt seinen Part auf der historischen Kirchenorgel und zeigt wieder mal sein Können. Auch ohne Blickkontakt zu seinen Kollegen klappt das Zusammenspiel perfekt.

Bei einem kleinen Block zum Album "Der weite Weg" aus dem Jahre 1979 dürfen wir uns gemeinsam an die nicht mehr unter uns weilenden Sterne erinnern. Dies stößt Manuel mit einer kurzen Ansage an, und das jüngste Mitglied dieser Gruppe erwähnt Thomas Kurzhals, Reinhard Fißler und Norbert Jäger. Es erklingt das Stück "Was bleibt", gefolgt von "Die Sage". Auch wenn die Genannten nicht auf der Bühne stehen und schon lange von anderen Musikanten vertreten werden, so sind sie doch irgendwie dabei. Man denkt bei jedem Ton an sie und erinnert sich an die Zeiten, als sie die Klassiker sangen und spielten. Immer wieder jagt Dir ein Schauer nach dem Anderen den Rücken runter. Das ist auch beim Song "Der Eine und der Andere" so, der vor über 40 Jahren von Reini Fißler und Michael Behm gesungen wurde. Den "Spezialeffekt" mit der Sonnenbrille gab es auch damals schon. Beweis ist die DVD "Im Konzert" von 2018, auf der der Mitschnitt des ´81er Konzerts in Bautzen zu sehen ist, bei dem "Fiss" mit der verspiegelten Fliegerbrille den coolen Aufreißer spielte. Den spielen heute alle auf der Bühne agierenden Herren, denn wenn diese Nummer ertönt, tragen alle eine Ray-Ban. Cool! Und es geht weiter mit den Erinnerungen an gute alte Zeiten und lieb gewonnene Kollegen. Es gab bei der Combo einst einen "Alten" an den Percussion-Instrumenten, an den nun Martin "Der Rabe" Schreier in einer Ansage zum nächsten Song erinnert. Norbert Jäger hieß er, und er sang vor fast 50 Jahren den Song "Der Alte auf der Müllkippe", den er 1975 auch selbst geschrieben hatte. Er erzählt in dem Lied von einem alten Mann auf einem Schrottplatz in der Nähe von Meißen, von dem er sich das Material für seine Percussionsinstrumente besorgte. Heute singt ihn ein junger Mann, der zum Zeitpunkt der Entstehung dieses Klassikers noch gar nicht auf der Welt, geschweige denn geplant war. Und Manuel Schmid singt ihn so, als wäre es sein Lied … seine Idee … sein maßgeschneiderter Anzug. Er lässt uns Norbert damit nicht vergessen, sondern ihn nochmal auferstehen und liefert uns damit auch einen dieser magischen Momente in einem Konzert der Sterne, in dem man genau spürt, wieso es diese Band noch immer gibt und wieso man immer wieder zu ihren Konzerten fährt: sie lebt, sie atmet, und sie beatmet und ernährt uns!


b 20230113 1313614472
Sebastian Düwelt



Aber es wird nicht nur erinnert und im Gestern verharrt, auch Stücke jüngeren Datums finden sich in der Setlist wieder. So z.B. eins der wirklich guten Lieder vom 2010er Album "Lebensuhr", das vom Raben geschrieben und gesungene "Die Zeder von Jerusalem". Passgenau schließt sich dem das Stück "Also was soll aus mir werden an". Lexa slappt nochmal auf seinen vier dicken Saiten, Manuel zelebriert noch einmal einen Klassiker, als habe er ihn schon immer gesungen und die Keyboard-Sounds wabern wie Nebel durch die Kirche … dann nimmt sich die Kapelle eine Pause. Verdient und völlig zurecht. Und wir holen Luft nach einer ersten Hälfte, die mächtig in einem gewühlt und an einem gezuppelt hat. Was für ein Erlebnis - jetzt schon!

Nach dieser Pause greift der Band-Gründer Martin Schreier nach dem Mikrofon, erwähnt die Vorzüge und "Errungenschaften" der Stadt Meißen und das neben ihm operierende Ensemble lässt einen Auszug aus einem weiteren Konzeptalbum erklingen, das es sogar bis ins ferne Japan und dort auf Platte und CD geschafft hat: "Das weiße Gold". Die Band spielt diese musikalische Geschichtsstunde, die für meinen Geschmack längst in jeden Musikunterricht des Landes gehört. Ein feiner Synthie-Teppich, zappelnde Keyboard-Töne, Lexas Bassläufe und Frank Schirmers präzises Schlagzeugspiel leiten diese Nummer und die zweite Hälfte ein, und das Auditorium lauscht gespannt den feinen Klängen. Knappe 20 Minuten später stehen die Leute und applaudieren der Kapelle für das zuvor erlebte Highlight. Und schon wieder einer dieser magischen Momente, die diese Band spielend-leicht in der Lage ist, auszulösen. Danach unternehmen wir mit den Musikern gemeinsam einen Ausflug in die Jetzt-Zeit und zu ihrem aktuellen Album "Freiheit ist" aus dem Jahre 2020. Kurz anmoderiert von Manuel und schon schweben die ersten Töne des gleichnamigen Titelstücks im Schiff der Meißner Frauenkirche. Ihnen lassen die Sterne die ebenfalls diesem Album entnommenen Lieder "Kein einziges Wort" und "Nimm die Welt in die Hand" folgen. Und wieder schießt einem als erstes in den Kopf, wie knackig und frisch diese Band auch nach fast 60 Jahren noch klingt. Von zurückhaltend ("Kein einziges Wort") bis treibend ("Nimm die Welt in die Hand") lassen die fünf Herren da vorn höchst ansprechend und sehr beeindruckend die Erzeugnisse ihrer letzten Kreativphase erklingen. Da ist nix abgegrabbelt, altbacken oder eingeschliffen. Gerade diese neuen Stücke zeigen sehr deutlich, dass das Blut in den Adern dieser schon so alten Formation immer noch reichlich vorhanden und tiefrot gefärbt ist. Handwerklich und kreativ befindet sich STERN MEISSEN auf einem ihrer Höhepunkte, von denen sie bekanntlich ja schon einige hatte. Was würden der "Kurze", Norbert und Reini wohl sagen, würden sie das hier gerade live erleben können? Die Frage schießt mehr als nur einmal durch den Kopf, während man in der Frauenkirche dem Spektakel beiwohnt. Echt heftig!


c 20230113 1484125519
Frank Schirmer



Vom Hier und Jetzt bringt einen das Quintett nun wieder zurück in die eigene Geschichte und die der Welt. "Der Kampf um den Südpol" ist die nächste Station auf der bunt durchmischten Setlist. Zum Rauschen des Windes, das diesen Klassiker sowohl auf der Platte als auch hier im Kirchenschiff einleitet, spricht das Stern-Urgestein Schreier ein paar Worte, bevor er den Platz an den Drums persönlich übernimmt. Dann geht es ab … Noch so ein Lied, das gut und gerne Stoff im Unterricht von Schulen sein könnte. Ist es aber leider nicht, dafür können wir, die wir die Schulzeit schon ein paar Monate hinter uns gelassen haben, uns regelmäßig noch so einen Nachschlag in Sachen Geschichte abholen. Sehr geil in Musik gekleidet und auch nach zig-fachem Hören nie langweilig geworden. Jetzt, wo es seit einiger Zeit von Manuel Schmid gesungen wird, eröffnen sich einem auch immer wieder noch neue Blickwinkel auf diese schon fast 50 Jahre alte Nummer. Wer es noch nicht aus diesen Zeilen heraus gelesen hat … Man ist derweil in einem Rausch, in den man seitens der hier spielenden Brigade versetzt worden ist. Zu kritisieren gibt es wirklich nichts, diese Band ist jeden Cent des Eintrittsgeldes wert. Auch deshalb, weil sie in ihren Shows jede Schaffensphase der vergangenen sechs Dekaden abbildet und dabei keinen Knick in der Qualität ihres Vortrags aufweist. Nach dem "Kampf" folgt nämlich ein ausgedehnter Ritt durch die kommerziell erfolgreichen 80er. Für viele Alt-Fans damals ein absolutes No-Go, aber inzwischen, und auch Dank der Leistung dieses Ensembles hier, hat man mit dieser Pop-Ära seinen Frieden geschlossen. Wie könnte es auch anders sein, denn wie auch die Art-Rock-Stücke zuvor, so klingen auch diese vom Zeitgeist der bunten 80er durchzogenen Pop-Perlen knackig, lecker und einfach nur zeitlos gut. "Was fang ich an", "Schnee und Erde" und "Dein Herz" (inkl. ausführlicher Vorstellung der Gruppe durch Martin Schreier), vor 40 Jahren noch von IC gesungen und heute von Manuel sachgerecht umgesetzt, bilden das Finale einer Show, für die man tatsächlich noch Superlativn erfinden müsste, um sie so zu beschreiben, wie man sie erlebt hat. Das kann man auch den Reaktionen im Kirchenschiff ablesen, denn die Leute sind schier aus dem Häuschen, als der letzte Ton von "Dein Herz" ausklingt. Schon vorher wurde im Takt mitgeklatscht, aber nun brandet lauter und andauernder Applaus auf. Zugaben werden gefordert, und darum lässt man sich auch gar nicht lange bitten …


d 20230113 1902861629
Axel "Lexa" Schäfer



Man hat mit dem "Rabe-Medley", "Wir sind die Sonne" und "Eine Nacht" noch ein paar Leckerbissen in der Hinterhand, die man dem Meißner Publikum gern noch mit auf den Nachhauseweg geben möchte. Schirmer zählt seine Kollegen ein, und "Leben möcht' ich" als Teil eben erwähnten Medleys nimmt Fahrt auf. Ein slappender Lexa und ein sächselnder Schreier stechen aus diesem Medley hervor, dann übernimmt wieder Manuel bei den beiden letzten Stücken. Unnötig zu erwähnen, dass auch am Ende dieses Bonus-Blocks noch längst kein Sättigungsgefühl bei den anwesenden Konzertgästen eingesetzt hat. Im Gegenteil: Man lässt sich von Manuel dazu bringen, die Titelzeile von "Eine Nacht" live und ohne musikalische Begleitung selbst zu singen. Ja, die Menschen wollen noch mehr, müssen aber aufgrund der fortgeschrittenen Uhrzeit schweren Herzens Abschied von Manu, Sebi, Lexa, Frank und dem Raben nehmen.

Nun kann man uns natürlich Befangenheit unterstellen. "Na, das hier berichtende Ziegert/Reder-Team ist doch Dauergast und der Kapelle wohl gesonnen", könnte man uns vorwerfen. Mag stimmen, aber den Beweis, dass jedes Lob und jedes positiv aus dem Konzert hervor gehobene Erlebnis absolut berechtigt ist, kann STERN MEISSEN bei jedem ihrer Auftritte selbst antreten und der aufmerksame Leser sich diesen vor Ort selbst abholen. Jeder, der eine der nächsten Konzerte besucht, wird am Ende genau das gleiche erlebt haben, wie wir am vergangenen Samstag in Meißen. Und er wird genauso angezündet und begeistert aus dem Saal kommen, wie wir aus der Kirche, es sei denn er steht eher auf Floris Schlager-Zirkus oder ausschließlich auf Speed-Metal. Dann wird's etwas schwierig. Diese Messe hier ist jedenfalls gelesen. Die Vorfreude auf die nächste ist schon da … Danke "Combo" …. Ihr seid mehr als nur Sterne, Ihr seid echt die Sonne!



Setlist
Zum Vergrößern bitte anklicken

set0123


Die "Combo" auf Tour ...
• 19.05.2023 - Hohe Börde-Irxleben - Sportpark am Wildpark
• 26.05.2023 - Altenburg - Brüderkirche
• 27.05.2022 - Reichenbach - Park der Generationen
• 02.06.2023 - Freiberg - Tivoli
• 08.07.2023 - Rostock - Nikolaikirche
• 14.07.2023 - Löbau - Messe- und Veranstaltungspark
• 21.07.2023 - Rüdersdorf - Museumspark
• 24.07.2023 - Seebad Heringsdorf - Theaterzelt Chapeau Rouge
• 25.07.2023 - Usedom - St.-Marien-Kirche
• 26.07.2023 - Bergen/Rügen - St.-Marien-Kirche
• 28.07.2023 - Baabe - tba
• 29.07.2023 - Stralsund - St.-Jakobi-Kirche
• 30.07.2023 - Schwerin - Schelfkirche
• 05.08.2023 - Chemnitz - Zeisigwald
• 11.08.2023 - Borna - Volksplatz
• 01.09.2023 - Kamenz - Hutbergbühne
• 08.09.2023 - Torgau - Schloss Hartenfels
• 10.09.2023 - Gotha - Schloss Friedenstein

Alle Angaben ohne Gewähr! Weitere Infos und Termine auf der bandeigenen Homepage.



Bitte beachtet auch:
• Off. Homepage der Stern-Combo Meißen: www.stern-combo-meissen.de










   
   
© Deutsche Mugge (2007 - 2023)

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.