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Ein Bericht mit Fotos von Reinhard Baer




Am Sonntag verzichtete ich mal wieder auf den "Tatort" im Fernsehen. Stattdessen ordnete ich mich auf der Autobahn in den Wochenendverkehr in Richtung Hauptstadt ein, um mal wieder ein Konzert der etwas lauteren Art zu erleben. Die ROCK LEGENDEN, wie sich vor einigen Jahren eine Vereinigung dreier ehemaliger DDR-Bands nannte, bestanden ursprünglich aus KARAT, den PUHDYS und CITY. Nachdem die PUHDYS im Dezember 2016 ihr letztes Solo-Konzert gaben, gab es die ROCK LEGENDEN weiterhin. Im Jahre 2017 noch ein letztes Mal mit ihnen, danach auch mit anderen Musikern. Zuletzt musste das Ensemble wegen den Corona bedingten Absagen und Beschränkungen eine Weile pausieren, und erst in diesem Jahr ging es wieder voll los. Mit dabei waren Maschine & Band, CITY und SILLY. Außerdem hatte man als musikalische Gäste noch Alexander Knappe und Dirk Michaelis mit auf Reise genommen.


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Die Max-Schmeling-Halle, ein riesiger Mehrzweckveranstaltungssaal in Berlin-Pankow, war an diesem Abend zwar gut mit Publikum gefüllt, aber nicht ausverkauft. Ich holte mir an der Kasse meine Akkreditierung und Fotoerlaubnis ab, die aus einem kleinen Armbändchen und einer Setliste des Abends bestand. Die Liste war ausschließlich für Pressevertreter wie mich bestimmt und wurde mit der Bitte ausgegeben, den Inhalt nicht 1:1 zu verbreiten. Wir halten uns natürlich gern an diese Bitte. Das Fotografieren wurde mir dafür aus jeder Ecke der Halle und zu jedem Zeitpunkt des Abends erlaubt. Was will man mehr? Darum freut Euch schon mal auf die Fotostrecke am Ende dieser Seite. Ich hielt mich später nahe der Bühne auf und konnte deshalb auch gute Bilder für Euch schießen.

Schon fünf Minuten vor 20:00 Uhr trat Kai Suttner vor den Vorhang und machte die Ansage. Er begrüßte alle Anwesenden herzlich und ich erfuhr, dass dies das letzte Konzert der ROCK LEGENDEN sein würde. CITY geben am 30. Dezember des Jahres ihr allerletztes Konzert und somit wird es unter dem Namen ROCK LEGENDEN keine Tournee mehr geben. Das ist äußerst schade, aber durch die Ausfälle so vieler großer Bands und Solisten in den letzten Jahren - neben den PUHDYS denke ich da auch an electra - hat sich das Feld derer, die sich "noch immer aktive Legende" nennen können ja auch stark ausgedünnt. Pünktlich um 20:00 Uhr kamen alle Musiker auf die Bühne und los ging das Heimspiel in der Hauptstadt. Zu Beginn spielten und sangen sie den Titel "Klarer Fall" (Born in the GDR), das man auf dem aktuellen und letzten Album von CITY, "Die letzte Runde", finden kann. Inhaltlich schicken uns die Musiker damit eine Postkarte von dort, wo alle Herren (nur die Dame nicht) herkommen - aus dem Osten.

Nach dem Opener war zuerst der Block mit MASCHINE & Band an der Reihe. Der langjährige PUHDYS-Frontmann hatte als Musiker Felix Lehrmann am Schlagzeug, am Keyboard Marcus Gorstein, am Bass Simon Pauli, an der Gitarre Jörg Weißelberg und ebenfalls am Keyboard - ausgeliehen bei SILLY - Rüdiger "Ritchie" Barton an seiner Seite. Von den PUHDYS spielte man "Was bleibt". Der zweite gespielte Titel stammte von Maschines Solo-Album "Neubeginner". Beim nun folgenden "Lebenszeit" kamen Toni Krahl und Fritz Puppel von CITY als Verstärkung dazu. Schließlich wurde zur "Lebenszeit" auch noch "Das Buch" in der großen Besetzung gespielt. Gerade das zuletzt genannte Stück passt ja derzeit besonders gut ins Programm. Ich fürchte, dass es auch nach der derzeitigen Krise nichts an Aktualität verlieren wird. MASCHINE durfte dann noch eine kurze Zugabe spielen.


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Jedes Mal, wenn ein Auftritt des gerade agierenden Programmteils beendet war, erschien über der Bühne eine rückwärts laufende Uhr, die den Countdown zum Auftritt der nächsten Band anzeigte, und der dauerte jeweils zwei Minuten. In dieser kurzen Zeit wurde die Bühne für die nächsten Kollegen in Windeseile hergerichtet. Mein Respekt für die fleißigen Bühnenmitarbeiter, die das alles perfekt am Laufen hielten.

Nach der ersten zweiminütigen Pause kam Alexander Knappe auf die Bühne, um zwei Titel zu singen. Begleitet wurde er dabei auch von den Musikern aus MASCHINEs Band. Ich muss ehrlich sagen, dass ich das Mitwirken dieses Musikers unter der Überschrift "Legenden" nicht verstand. Ich hatte den Namen Alexander Knappe bis hierher noch nie gehört, und musste mich erst einmal schlau machen, wer da vorne stand. Der Sänger wurde 1985 in Guben geboren, wurde durch seine Auftritte in der TV-Castingshow "X-Factor" bekannt und hat seit Beginn seiner musikalischen Laufbahn schon vier Alben produziert. In seinem kleinen Set sang er zwei Titel, eins davon war mit "Weil ich wieder zu Hause bin" ein eigenes Stück, das andere der Evergreen "Sagte mal ein Dichter", im Original von Holger Biege. Biege sang es 1978 auf seinem ersten Album "Wenn der Abend kommt", und die junge Nachwuchslegende Knappe beeindruckte das Publikum im Saal schwer mit seiner Version. Das hat er richtig gut gemacht.

Nach der nächsten Umbaupause nahm die Gruppe SILLY die Bühne in Beschlag. SILLY, das sind "Jäcki" Reznicek am Bass, Uwe Hassbecker an der Gitarre und "Ritchie" Barton an den Keyboards. Am Gesangsmikrofon war Julia Neigel mit dabei. Als Dauergast sitzt Ronny Dehn am Schlagzeug und als Vertreter für den sonstigen Gastmusiker Herr Petereit von ROCKHAUS stand am Samstag Jörg Weißelberg an der zweiten Gitarre. SILLY spielte die Klassiker "Die wilde Mathilde" und "Bataillon d'Amour", Gänsehaut erzeugend gesungen von Julia Neigel als Vertreterin der leider viel zu früh verstorbenen Tamara Danz (unvergessen!). Bei "Wo fang ich an", einem neueren Stück der Band vom 2013er "Kopf an Kopf"-Album, kam Manne Hennig als Gast am Keyboard mit dazu. Ein Höhepunkt des SILLY-Blocks - wenn man bei den großartigen Songs und Vorträgen überhaupt davon reden kann - war schließlich der Hit "Mont Klamott" von 1983. Hier sang CITY-Frontmann Toni Krahl mit und am Ende trommelten Ronny Dehn, Felix Lehrmann und Roger Heinrich ein Schlagzeugsolo. Mit "Alles rot" gab es schließlich noch einen Titel aus dem gleichnamigen Album der Band aus dem Jahre 2010, und die Musikanten samt Sängerin und Sängern hinterließen ein elektrisiertes Publikum. Was für ein Auftritt!


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Es folgte die dritte Umbaupause samt Countdown, die für alle Raucher einmal mehr zu kurz für eine Zigarette vor der Tür war, und schon stand der nächste Künstler auf der Bühne. Ohne Begleitband ging der Auftritt von Dirk Michaelis vonstatten. Das erste Lied, "Wie ein Fischlein unterm Eis" sang er sogar ohne instrumentale Begleitung. Das muss man sich erst mal trauen! Dafür braucht man Stimme und Mut - beides hat er. Man kennt den Titel von der Gruppe KARUSSELL, deren Sänger Dirk Michaelis zwischen 1987 und 1991 war. Auch der zweite Titel wurde von KARUSSELL mit Dirk als Sänger produziert. Für KARUSSELL ist es sowas wie die Erkennungsmelodie und für Dirk Michaelis selbst ist es sein persönliches "Satisfaction" oder "Smoke On The Water", nämlich sein Megahit! Die Rede ist natürlich von "Als ich fortging", dessen Komposition von ihm selbst stammt, und dessen Text er damals von Gisela Steineckert bekam. Beim Vortrag dieser Nummer begleitete sich Michaelis selbst auf einem weißen Flügel. Der Flügel war wirklich weiß, wurde während des Songs aber von rotem Licht angestrahlt, so dass es wirkte, als würde er glühen. Bei diesem Stück bat der Künstler sein Publikum mit dem Handy bzw. Smartphone zu leuchten - Feuerzeuge gibt es ja kaum noch. Die damit erzeugte Kulisse sah einfach toll aus. Auch dieses Zwischenspiel war mehr als ein Lückenfüller zwischen zwei Hauptacts. Michaelis hielt den Spannungsbogen hoch und machte ebenfalls einen fantastischen Job.

Noch einen weiteren Countdown gab es, dann wurden wir Zeugen des wohl definitiv letzten ROCK LEGENDEN-Auftritts der Kultband CITY. In diesem Jahr wird es für Band und Fans wohl ganz viele Momente geben, die man zum letzten Mal erleben kann. Wie schon gesagt, beendet die 50-jährige Gruppe am 30. Dezember ihr Wirken mit einem Abschlusskonzert in Berlin. Danach gehen Fritze Puppel und Toni Krahl in den wohlverdienten Ruhestand. Sänger Toni Krahl ließ die Leute im Saal zu Beginn ihres Auftritts wissen, dass überwiegend Titel neueren Datums gespielt würden, aber auch die 70er und 80er Jahre sollten nicht zu kurz kommen. Ein paar Worte richtete er auch noch in Richtung Himmel, um den ehemaligen CITY- Mitbegründer und Schlagzeuger Klaus Selmke zu grüßen. Schon wieder Gänsehaut! Klaus ist leider vor zwei Jahren nach schwerer Krankheit verstorben. Seinen Platz am Schlagzeug übernimmt auf den letzten Metern bis zum Ziel der Trommler Roger Heinrich, der hier am Abend ja schon beim Schlagzeug-Duell im Einsatz war. Bei einem der neuen Titel, nämlich "Hymne (Come Together)" verstärkte Julia Neigel den Gesang, bei "Flieg ich durch die Welt" war es MASCHINE. Aus dem 1983er Hit "Unter der Haut" hatten CITY vor fünf Jahren die Fortsetzung "Das Blut so laut" gemacht, und es am Sonntag hier frei gelassen. Instrumentale Unterstützung gab es nochmal von Uwe Hassbecker und "Ritchie" Barton bei der Berlin-Hymne "z. B. Susann". Dass man mit Uwe nicht nur einen guten Gitarristen, sondern auch noch einen Geiger mit "eingekauft" hatte, sah und hörte man beim wohl größten Hit der CITYs, "Am Fenster". Georgi Gogow und Uwe Hassbecker fiedelten was das Zeug hielt und peitschten das Publikum damit förmlich an. Ein echt großer Moment.


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Am Ende kamen alle Künstler des Konzerts nochmals auf die Bühne. Mit "Wir sind wir" und dem SILLY-Friedens-Song "Ein Lied für die Menschen" fand das Konzert seinen Abschluss. Der zuletzt genannte und auch zuletzt gespielte Titel stammt noch aus der Zeit von "Rock für den Frieden" und war der Beitrag von SILLY für dieses Festival im Jahre 1985. Alle Beteiligten haben uns in der Max-Schmeling-Halle einen tollen Abend mit reichlich Gänsehaut-Momenten und solchen zum ordentlich Abgehen bereitet. Allein mit den Hauptacts des Abends standen dort nicht nur knapp 150 gelebte Jahre Rock'n'Roll auf der Bühne, sondern auch deutsche Musikgeschichte. Ob solche Kapellen mit diesen Historien nochmal nachwachsen können, wage ich zu bezweifeln. Dafür hängen Musik- und Medienlandschaft zu sehr aus den Angeln. Darum seien wir alle froh, dass wir sie noch miterleben konnten und im Falle von SILLY und MASCHINE noch eine Weile miterleben dürfen.

Ich packte jetzt mein Foto-Equipment wieder ein, blieb aber noch eine Weile vor Ort bis sich die Massen aus der Halle bewegt hatten. Zu Fuß ging es noch in Richtung S-Bahnhof, um nach Grünau und zu meinem dort geparkten Auto zu fahren. Im Kopf habe ich das eben Erlebte nochmals Revue passieren lassen und in Gedanken schon diesen Beitrag fertig. Im Gepäck hatte ich knapp 500 Fotos, die ich mir auf der Bahnfahrt bereits anschaute, und von denen Ihr hier nun eine kleine Auswahl bekommt ...



Bitte beachtet auch:
• Off. Homepage von Maschine: www.dieter-maschine-birr.de
• Off. Homepage von Alexander Knappe: www. www.alexanderknappe.net
• Off. Homepage von SILLY: www.silly.de
• Off. Homepage von Dirk Michaelis: www.dirk-michaelis.com
• Off. Homepage von CITY: www. city-internet.de
• Homepage des Veranstalters Semmel Concerts: www.semmel.de






Fotostrecke:
 
 




   
   
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