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Ein Bericht mit Fotos von Reinhard Baer



a 20220313 2028936374Das Konzert von Uschi Brüning am vergangenen Donnerstag in der Berliner Kulturbrauerei war vollends ausverkauft. Als ich auf das Gelände der Kulturbrauerei kam, sah ich vor dem Eingang zum Veranstaltungssaal im früheren Maschinenhaus der ehemaligen Schultheiss-Brauerei eine etwa 50 bis 60 Meter lange Menschenschlange stehen. Ich stellte mich also auf Anstehen ein und war entsprechend auf eine längere Wartezeit gefasst, aber die zwei Männer, die die 2G-Regel und deren Einhaltung prüften, waren schnell und bald war ich im Saal. Der Zuschauerbereich war bestuhlt, aber als Pressevertreter hatte ich keinen Sitzplatz. Für mich als Fotograf, der den Platz zum Fotografieren gerne mal wechselt, nicht weiter schlimm. Zu Beginn des Konzerts hielt ich mich im hinteren Bereich des Saals auf, später konnte ich von beiden Seiten der Bühne ein paar Fotos schießen. Für mich als Fotograf eher schlecht: Die vielen Mikrofon-Ständer auf der Bühne störten ein wenig. Trotzdem habe ich versucht, das Beste daraus zu machen.

Als ich in den Saal kam, sah ich die dunkle Bühne, nur auf der rechten Seite saß jemand auf einem Stuhl. Er wurde sogar etwas angeleuchtet und saß da ganz still. Bald bekam ich mit: Das war ein Aufsteller aus Pappe! Aber dazu gleich etwas mehr. Der Abend wurde moderiert von Ulf Drechsel. Ulf Drechsel ist ein Kenner der Jazzszene, moderierte viele Jahre entsprechende Sendungen im Rundfunk und arbeitete als Redakteur und Kritiker. Er begrüßte um 20:00 Uhr das Publikum. Dann kam Uschi Brüning auf die Bühne. Am Piano nahm Christian van der Goltz Platz. Mit ihm zusammen bestritt Uschi Brüning viele Konzerte in Kirchen, bei denen sie von van der Goltze auf der Orgel begleitet wurde. Mit Stücken von Duke Ellington und Cole Porter ging es los, am Bass stand dabei Tom Golze und Schlagzeug spielte Wolfgang"Zicke" Schneider, beide Mitglieder der Günther-Fischer-Band, die in der Werbung zu dieser Mugge auch als Begleit-Band angekündigt wurde. Ebenfalls mit dabei war Andreas Bicking, der Saxofon und Flöte spielte.

b 20220313 1159418136Nun möchte ich aber doch die Sache mit dem Pappaufsteller auf der Bühne (siehe Fotio rechts) erklären, den ich eben schon erwähnte. Seit etwa 40 Jahren ist Uschi Brüning mit dem Jazz-Saxofonisten Ernst-Ludwig Petrowsky verheiratet. Viele gemeinsame Auftritte haben die beiden im Laufe ihres Lebens absolviert und sicherlich wäre "Luten", wie er von vielen genannt wird, auch gerne bei dieser Feier dabei gewesen. Aber er ist schwer krank und konnte deshalb leider nur mit seinem Bildnis in Lebensgröße dem Konzert beiwohnen. Das Bild fand ich sehr gut getroffen und die Idee, ihn so dabei sein zu lassen, fand ich klasse. Der Aufsteller war übrigens während des kompletten Konzerts auf der Bühne.

Uschi Brüning beging am 4. März ihren 75. Geburtstag und bei so einer Jubiläumsfeier wollen natürlich einige alte Bekannte und Weggefährten gratulieren. Der erste Gratulant war der ehemalige Chef der Gruppe electra, Bernd Aust. Ein Videoclip mit seiner Grußbotschaft wurde auf die rechte Seitenwand des Saales projiziert. Im Laufe des Abends gab es noch mehrere Grußbotschaften wie die von Bernd Aust auf der Wand zu sehen. Diese wurde nach dem Ausbau der Maschinen aus der Halle und dem Umbau dieser zum Veranstaltungssaal nicht verkleidet sondern so belassen, wie sie war: roher Putz ohne Anstrich. So grüßten von dort am Donnerstag auch die Schauspieler Charles Brauer und Rainer Schöne, der SPD-Politiker Björn Engholm und auch der Musiker Klaus Lenz. Letzterer war es, der Uschi Brüning entdeckte, als sie beim STUDIO TEAM LEIPZIG als Sängerin arbeitete. Er lud sie zum Vorsingen in seine Band ein und mit "Yesterday" ersang sie sich einen neuen Job. "Yesterday" intonierte Klaus Lenz in seinem Clip auch auf dem Flügelhorn, bevor er seine Glückwünsche sprach. In der Band von Klaus Lenz verdiente sich auch ein Musiker seine Sporen, der später als Musiker, Komponist und Arrangeur sehr bekannt wurde: Günther Fischer. Dieser gründete 1967 seine eigene Band und holte sich später Uschi Brüning als Sängerin dazu. Für sie komponierte er viele Lieder, die Texte dazu schrieb unter anderem Gisela Steineckert.

c 20220313 1887839012Zusammen mit der Günther-Fischer-Band in der heutigen Besetzung begann jetzt der nächste musikalische Block auf der Bühne. Unter anderem hörten wir einen von Günther Fischer komponierten Titel, nämlich "Hochzeitsnacht" aus den 70er Jahren. Mit Günther Fischer gab es eine Menge zu plaudern. Fischer bezeichnete Klaus Lenz als die heimliche Musikschule für Jazzmusiker in der DDR. Auch er selbst hat viel von Lenz gelernt und an seinen Erfolgen als international tätiger Künstler hat Klaus Lenz auch einen nicht geringen Anteil. Günther Fischer schrieb viele Melodien für eine Reihe von Künstlern und unzählige Filmmusiken. Mit seiner Band spielte er die Musik zum Film "Der Kinoerzähler" aus dem Jahre 1993, Hauptrolle Armin Müller- Stahl. Zur Günther-Fischer-Band gehören gegenwärtig neben Günther Fischer selbst (Saxofone und Piano) Matthias Bätzel (Keyboard), Tom Götze (Bassgitarre und Kontrabass), Rüdiger Krause (Gitarre) und vom ersten Tag bis heute Wolfgang "Zicke" Schneider (Schlagzeug).

Nach Fischer und seiner Band kamen noch weitere Gäste auf die Bühne, z.B. die Sängerin Jaqueline Boulanger. Mit ihr verbindet Uschi Brüning eine lange Zusammenarbeit und Freundschaft. Beide sangen zusammen und erzählten eine Menge aus ihrer gemeinsamen Zeit und von ihrer gemeinsamen Arbeit. Auch mit der aus Essen stammenden und nach Berlin gezogenen Künstlerin Susanne Betancor gibt es ähnliches zu berichten. Beide Künstlerinnen sind eng befreundet. Betancor ist außer als Sängerin auch als Komponistin und Texterin tätig. Unter anderem arbeiteten beide in der "Bar jeder Vernunft" in Berlin-Wilmersdorf. Die am längsten andauernde Freundschaft besteht aber wohl zu Angelika Mann (der "Lütten"). Sie lernten sich Anfang der 70er Jahre über Reinhard Lakomy kennen.d 20220313 1608705030 Die "Lütte" kam auf die Bühne und sang das "Champagnerlied", danach sprudelten die Worte nur so aus ihr heraus. Sie hatte eine Menge vom "um die Häuser ziehen", von gemeinsamen Diäten an der Ostsee und über vieles mehr zu erzählen, das sie und Uschi teilen. Natürlich sangen beide auch zusammen.

Als weiterer Gast für diesen Donnerstagabend angekündigt war auch die Jazzsängerin Ruth Hohmann. Sie hat aber schweren Herzens kurzfristig absagen müssen, denn ihr gehe es im Moment nicht gut. Schade, aber mit immerhin 91 Jahren, die Ruth Hohmann inzwischen zählt, kann das schon mal vorkommen.

Uschi Brüning hat in all den Jahren auch zahlreiche Veranstaltungen mit der MODERN SOUL BAND bestritten. Auch beim 50-ährigen Jubiläum der Band, welches hier im Saal vor vier Jahren gefeiert wurde, war Uschi mit dabei. Zu ihrem Jubiläum waren der Bandleader Gerhard "Hugo" Laartz und der Trompeter und Flügelhornist Ferry Grott gekommen und beide spielten mit und für sie "Zeit vergeht" (Komposition Hugo Laartz).

Danach neigte sich der Abend dem Ende entgegen. Alle Mitwirkenden des Konzerts kamen noch einmal auf die Bühne und als Abschluss spielte man den "Stormy Monday Blues". Zahlreiche Gäste kamen vor die Bühne und überreichten Uschi Brüning Blumen. Mit Applaus wurde ebenfalls nicht gespart, weshalb sich die Musiker nochmal aufrafften um noch einen Rausschmeißer zu spielen. Erwähnen möchte ich aber noch, dass es am Merchandising-Stand das Buch "So wie ich", Autoren Uschi Brüning und Krista Maria Schedlich, zu kaufen gab. Zuketzt genannte Dame schickte auch eine Videobotschaft, saß aber auch einige Reihen vor der Bühne im Publikum. Das aktuelle Album "So wie ich" von Uschi Brüning, produziert von Andreas Bicking, lag ebenfalls am Stand zum Kauf. Dem Anlass entsprechend wurde beim Label sechzehnzehn von Jörg Stempel gerade die Doppel-CD "Tagesträume 1971 -2021" veröffentlicht. Dabei handelt es sich um eine repräsentative Auswahl von Aufnahmen aus den Jahren 1971 bis 2021. Unsere absolute Kaufempfehlung für Fans ihrer Musik und solche, die es noch werden wollen.

Mit U- und S-Bahn ging es für mich nach der Mugge im "Park & Ride"-Modus auf den ersten Teil in Richtung Heimat. Es war kalt draußen, aber in der Bahn war es angenehm warm. Mein Auto war in Grünau geparkt und auf dem Weg dorthin ließ ich den Abend nochmal vor meinem geistigen Auge ablaufen. Ich kam insgesamt zu einen rundum positiven Ergebnis. Danke Uschi für diese wunderbare Zeitreise und danke Johannes Martin dafür, dass mein Besuch im Kesselhaus so kurzfristig doch noch hingehauen hat.






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