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Ein Konzertbericht mit Fotos von Christian Reder



Die Story
Die verrücktesten Geschichten schreibt kein Autor, sondern immer noch das Leben. Auf die des 1942 in Detroit (USA) geborenen Sängers und Songschreibers Sixto Díaz Rodríguez wäre ganz sicher keiner in der Form gekommen. Kurz zusammengefasst geht es um einen Musiker, der Anfang der 1970er Jahre in den USA zwei Studioalben aufnahm. Beide waren aus kommerzieller Sicht erfolglos.a 20170321 1806923272 Knapp zwei Wochen vor Weihnachten im Jahre 1971 kündigte ihm seine Plattenfirma wegen Erfolglosigkeit und Rodriguez zog sich ins Privatleben als bescheidener Bauarbeiter zurück. Ende der 1970er Jahre kam es zu einem Comeback, nachdem eine in Australien veröffentlichte "Best Of"-Platte gute Verkaufszahlen erreichte. Es gab Konzerte, davon wiederum einen Mitschnitt, der als Schallplatte erschien, aber nach kurzer Zeit führte Rodriguez Weg wieder zurück in die Heimat und in seinen Job als Bau- bzw. Abrissarbeiter. Ebenfalls Ende der 1970er Jahre fand seine Musik auf abenteuerlichen Wegen den Weg in das von Apartheid geprägte Südafrika. Irgendwer brachte eine LP mit dorthin. Diese wurde kopiert und weitergegeben, kopiert und weitergegeben ... Seine Texte wurden insbesondere von den Jugendlichen als Protestlieder interpretiert und Rodriguez stieg zu einer Art Ersatz für Stars wie Jimi Hendrix oder Bob Dylan auf. Aber man wusste von ihm dort nicht viel. Es gab kein Internet und Nachrichten aus anderen Ländern erst recht nicht. So rankten sich um Rodriguez zahlreiche Gerüchte, u.a. auch das über seinen Tod. So soll er sich nach einem Konzert auf offener Bühne erschossen haben. In Südafrika galt er also als nicht mehr lebend. Erst als ein südafrikanischer Fan namens Stephen Segerman (Sugarman) in den 1990er Jahren Recherchen über sein Idol anstellte und 1997 eine Internetseite über den Musiker mit dem Aufruf erstellte, man möge ihn bei der Suche nach Infos unterstützen, erfuhr Segerman nur ein Jahr später aufgrund seines Aufrufs im Internet durch eine von Rodriguez' Töchtern, dass dieser gar nicht verstorben war, sondern immer noch in den USA lebte, Kinder hat und auch noch seinem Job als Bauarbeiter nachging. Auf diesem Wege erfuhr Rodriguez auch von seinem Kult-Status in Südafrika und davon, dass er dort extrem viele Schallplatten verkauft habe. Dann ging alles ganz schnell: Rodriguez wurde nach Südafrika geholt, wo er 1998 sechs erfolgreiche und ausverkaufte Konzerte gab. Weitere Tourneen folgten in Schweden, Namibia, England, Australien und Holland.

Dies ist nur eine kurze Wiedergabe einer langen und aufregenden Geschichte, die der schwedische Dokumentarfilmer Malik Bendjelloul im Jahre 2012 in seinem Oscar-prämierten Dokumentarfilm "Searching for Sugar Man" zum Thema machte. Dort kann man die ganze Geschichte sehr ausführlich nacherleben, so wie auch Thomas Rühmann,b 20170321 2034237809 der daraus ein abendfüllendes Programm mit Musik und Erzählungen auf die Bühne gebracht hat. Damit ist Rühmann derzeit auf Tour und bei seinem Auftritt in Altenkirchen, mitten im Westerwald, hatte ich nicht nur Gelegenheit, das Programm live zu erleben, sondern vorher auch noch mit Thomas darüber zu sprechen ...
 


Das Interview
Kurz vor dem Auftritt um 20:00 Uhr nahm sich Thomas Rühmann für meine Fragen und mich noch etwas Zeit und wir sprachen insbesondere darüber, wie er auf Rodriguez aufmerksam wurde, wie daraus ein Bühnenprogramm wurde, und was hinter dem "bittersüßen Märchen des Sixto Rodriguez" steckt ...
 
Die Karriere des Sixto Diaz Rodriguez ist ja eine sehr ungewöhnliche ... sehr spezielle. Wie bist Du auf ihn und seine Geschichte aufmerksam geworden?
Thomas Rühmann: Der Keyboarder unseres Live-Programms "Falsche Lieder", Peter Schenderlein, empfahl mir dringend, den Dokumentarfilm "Searching for Sugar Man" anzuschauen. Ich bin kurz darauf in den Winterurlaub gefahren und habe nachts gegen 23:30 Uhr angefangen, den Film zu gucken. Ich war um etwa halb zwei damit fertig und ich wusste sofort, "Da mache ich was draus!". Ohne zu wissen, was es dann wird, aber erst mal anfangen. Sowas passiert mir selten, aber dieser Film war einfach so eine Art Initialzündung. Ich habe dann in derselben Nacht begonnen, dran zu arbeiten.

d 20170321 1998668174Was begeistert Dich so an Rodriguez und seiner Musik?
Thomas Rühmann: Er ist musikalisch - finde ich - sehr eingängig und zugleich auch sehr speziell. Rodriguez arbeitet z.B. mit überraschenden Harmonien bei denen man nicht denkt, dass die in das Lied gehören. Er wechselt da manchmal auf gis-Moll wo man denkt, "Holla!" Aber das macht gerade den Reiz aus. Außerdem finde ich seine Texte sehr gut. Der Impuls für das Live-Programm ist natürlich seine Musik und seine Texte, aber vor allem ist es diese besondere Geschichte. Die ist für einen Künstler, speziell für einen Schauspieler, sehr interessant. Jemandem beim Scheitern zuzugucken und zu merken, "Mann, aus dem Scheitern wird dann ja doch noch ein Sieg". Seine Geschichte ist eine irre Künstlergeschichte, finde ich.

Man schaut den Film und ist begeistert. Aber wie wird daraus dann ein Bühnenprogramm?
Thomas Rühmann: Naja, ich habe gemerkt, dass der Film eine ganz besondere Dramaturgie hat. Wie Malik Bendjelloul, dieser schwedische Regisseur, diesen Film aufbaut und den Zuschauer praktisch mitnimmt auf diese Reise ... Der Zuschauer denkt, "Der ist ja wirklich tot. Ach Du lieber Gott. Der hat aber auch ein Scheißleben gehabt. Aber das ist eine ganz tolle Musik!" - und dann stellt man fest, "Ach Moment, der ist ja gar nicht tot!" - und dann taucht der im Film auch noch auf. Dann hört man ihn sprechen, weiß aber immer noch nicht, dass er später noch dieses Konzert in Kapstadt geben wird. Dieser Dokumentarfilm ist wie ein Drama aufgebaut. Es gibt einen ersten Akt, einen zweiten, einen dritten, einen vierten ... und im fünften tritt praktisch die große Katharsis ein.

e 20170321 1988328203Du bist von dem Stoff total begeistert, oder? Das merkt man Dir echt an ...
Thomas Rühmann: Wir spielen das Programm unheimlich gerne und es ist ja auch sehr speziell. Ich kann mir allerdings auch nicht vorstellen, dass ich auf der Bühne einfach nur die Geschichte erzähle und die Lieder von Rodriguez dazu singe, so wie sie sind. Das ist für mich noch keine Idee. Es gibt zwei Cover-Fassungen seiner Lieder, die sind in den Abend eingebettet, aber sonst sind seine Lieder textlich ganz anders besetzt.

Mit Dir zusammen stehen zwei weitere Musiker auf der Bühne, zum einen Jürgen Ehle ...
Thomas Rühmann: Genau, Jürgen Ehle von Pankow.

... ihn kennt man ja schon ganz gut, aber wer ist Monika Herold?
Thomas Rühmann: Monika Herold ist eine junge Bassistin aus Weimar, die mir von der Hochschule in Leipzig empfohlen wurde. Mit ihr haben wir zusammen geprobt, und das funktionierte sofort ganz wunderbar. Sie spielt im Programm die Bässe und unten mit den Füßen praktisch gleichzeitig die Percussions. Monika ist eine Multiinstrumentalistin, die auch noch Klavier spielt. Außerdem kann sie super singen und spielt auch noch Gitarre.

c 20170321 1462593302Auf Deiner Homepage steht in der Besetzung zum Rodriguez-Programm noch Rainer Rohloff und nicht Jürgen Ehle ...
Thomas Rühmann: Rainer Rohloff musste aus gesundheitlichen Gründen leider absagen. Darum ist Jürgen jetzt dabei.

Wie kam es dann zu Jürgen Ehles Mitwirken in Deiner Band?
Thomas Rühmann: Als klar war, dass Rainer Rohloff die Tour nicht spielen kann, stand ich vor der Entscheidung, einen anderen Gitarristen auszuwählen. Der Chef unserer Agentur, Marcel Block, nannte sofort den Namen Jürgen Ehle und empfahl ihn mir. Ich wusste sofort, dass er in sowas reinpasst. Die beiden sind auch sehr unterschiedlich. Rainer hat Midi-Gitarre gespielt, d.h. er hat mit vier Fingern auf seinem Instrument gleichzeitig Streicher, Bläser und Gitarre erzeugt. Das ist unfassbar, was er da erarbeitet hat. Mit Jürgen ist es ganz gerade. Das eine war eine ganz exotische Variante und jetzt ist es eine, die ganz auf die Lieder geht. Virtuos, sensibel und manchmal mit viel Metall.

Das Prinzip mit den "Falschen Liedern", also fremde Texte auf Kompositionen zu setzen, auf die sie eigentlich nicht gehören, hast Du ja schon einmal auf die Bühne gebracht. Beim Rodriguez-Programm machst Du das erneut. Wird das jetzt so ein Markenzeichen von Dir?
Thomas Rühmann: Ja, ich weiß auch nicht ... Ich kann selbst keine Texte zu Musik schreiben. Dieses Talent ist mir nicht gegeben. Ich bin eher ein Materialumgeher, das heißt, ich kann mit bereits fertigen Texten in unterschiedlichster Weise umgehen. Bei Rodriguez war es so, als ich die Geschichte mit Südafrika hörte, das Stockkonservative, die Zensur, und das Ausspionieren und Beobachten der Leute. Und als Assoziation war das so ein bisschen wie DDR. Das sickerte so langsam in mich rein, und ich dachte weiter darüber nach: "Rodriguez war für die Südafrikaner wie ein Rebell und hat ihnen geholfen im Kampf gegen die Apartheid. Wie wäre es denn, wenn ich mal bei denen gucke, die uns damals in der DDR beigestanden haben mit ihrer Kunst und auch heute noch helfen?" So kam es z.B. dazu, dass ich mich seit meiner Jugendzeit erstmals wieder intensiv mit Wolf Biermann beschäftigt habe und gemerkt habe, was für großartige Lieder er gemacht hat. Und wie aktuell seine Texte sind. Diese Lieder musikalisch anders zu besetzen ist für mich ein hoher Reiz.

f 20170321 2097575197Außer Biermann sind auch Texte von Gerulf Pannach dabei ...
Thomas Rühmann: Pannach ist dabei, auch Peter Hacks und Danny Dziuk , Hans-Eckardt Wenzel und Christoph Hein.

Ich hatte Dich das in unserem Interview vor zwei Jahren auch schon gefragt: Eigentlich gehört ein Mitschnitt dieses Programms auf CD oder DVD ...
Thomas Rühmann: Das ist rechtlich nicht hinzukriegen. Rodriguez würde nicht erlauben, dass wir auf seine Musik komplett andere Texte machen. Uns kann man eben nur live erleben. Das ist auch ein Wert. Heutzutage, wo alles reproduziert werden kann.
 


Der Veranstalter:
In dem mit etwas über 6.000 Einwohnern besiedelten Ort Altenkirchen im Westerwald ticken die Uhren noch etwas anders. Alles ist eine Nummer kleiner und beschaulicher als in der großen Stadt. Eine direkte Autobahnanbindung gibt es nicht und man muss von Nordrhein-Westfalen erst ein Stück Bundesstraße in das Bundesland Rheinland-Pfalz hinein fahren, um es zu erreichen. Aber der Ort hat eine Stadthalle - ein echtes Schmuckkästchen mitten im Zentrum - und ein "soziokulturelles Zentrum", in dem Helmut Nöllgen seit über 30 Jahren aktiv ist. Nöllgen holt mit seinen Mitstreitern anspruchsvolle Kultur in den Ort und ist auch dafür verantwortlich, dass Thomas Rühmann mit seiner Band dort sein Programm vorstellen kann.

Mit Helmut Nöllgen konnte ich dann in der Pause des Konzerts noch ein paar Worte wechseln. Den Film "Searching For Sugar Man" habe er vor Jahren schon gesehen und er habe ihn zutiefst bewegt und beschäftigt. Als ich ihn fragte, woher er denn Thomas Rühmann kenne, antwortete mir der Veranstalter nicht so, wie viele jetzt erwarten werden. Ihm sei Rühmann nämlich nicht aus dem Fernsehen, wie Nöllgen extra betonte, sondern hauptsächlich über die Theaterbühnen und über das "Theater am Rand" in Zollbrücke bekannt,g 20170321 1486943737 welches Rühmann dort ja bekanntlich betreibt. "Ich lese regelmäßig das Programm vom Volkstheater in Köln, dem ehemaligen Millowitsch-Theater, und da fiel mir im letzten Jahr ein Termin mit Thomas Rühmann auf", erzählt mir Nöllgen. "Als ich dann eher durch Zufall sah, dass Rühmann zu diesem Film und zu diesem Thema ein Musikprogramm macht, habe ich es mir angeschaut. Ich war absolut überzeugt davon. Ich finde es unheimlich toll, wie Thomas Rühmann in seinem Programm immer wieder das Unrechtsregime der DDR mit dem Unrechtsregime Südafrikas verbindet", fährt er fort. Hier kam für Nöllgen einiges zusammen, denn nicht nur, dass Rühmann selbst in die "tiefste Provinz" gekommen sei, sei für Nöllgen ein Höhepunkt. Er mag zudem auch die ganzen alten Liedermacher aus der DDR, die im Programm eingebaut sind, und er schätze auch Jürgen Ehle, den Gitarristen von Pankow, der mit zu Thomas Rühmanns Live-Band gehört. "Ehle war vor vielen Jahren - es muss kurz nach der Wende gewesen sein - auch schon mal bei uns im Felsenkeller in Altenkirchen, zusammen mit Scarlett O'." Die beiden hätten hier ein ganz wunderbares Programm gespielt, erfahre ich noch. Er freue sich, dass sich dieser Abend mit dem Rodriguez-Programm hat realisieren lassen, und darüber, dass die Nachfrage der Leute nach Karten so groß war. Das sei nicht immer so, denn wenn man Kultur anbietet, würden viele Leute eher Reißaus nehmen. Dieses Phänomen ist also auch in anderen Ecken des Landes zu beobachten. Schnell verging die Zeit, und auf der Bühne sollte nun bald der zweite Teil des Konzerts starten.

Helmut Nöllgen und sein Verein haben über das ganze Jahr mehrere Angebote in Sachen Kultur im Angebot. Die Tremeloes kommen z.B. im November nach Altenkirchen, bei der "Toskanischen Nacht" kann man im Juni auf dem Schlossplatz sogar Pippo Pollina live erleben. Zudem wird es im Mai ein Akkordeon Festival geben und Randy Hansen bringt seine "Experience of Jimi Hendrix" in den Westerwald. Nähere Infos folgen ...
 


Das Konzert:
Es ist 20:00 Uhr und nachdem Veranstalter Helmut Nöllgen Thomas Rühmann und seine Band angekündigt hatte, wurde Musik vom Band eingespielt. Die Stühle an den runden Tischen vor der Bühne sind gut besetzt. Platz wäre noch für den einen oder anderen Konzertgast der jüngeren Generation gewesen, aber Leute unter 40 kann ich im Saal keine entdecken. Es ist ein Song von Sixto Díaz Rodríguez, der da zu hören ist, als das Trio,h 20170321 1790581277 bestehend aus Thomas Rühmann (Gesang, Gitarre), Jürgen Ehle (Gitarre, Mundharmonika, Gesang) und Monika Herold (Bässe, Keyboard, Percussion, Gesang) unter erstem großen Beifall die Bühne der Altenkirchener Stadthalle betritt. Das Warten hat ein Ende, die aufgeregte Neugier weicht der geschärften Aufmerksamkeit. Es geht also los.

Was man im Gespräch mit Thomas Rühmann vor dem Konzert schon deutlich merkte und dem Künstler bei der Unterhaltung ansah, wurde auf der Bühne bestätigt. Die Begeisterung für das Thema, die Musik und den Spaß an dem, was er da tut, liest man Rühmanns Wirken auch dort vom ersten Ton an ab. Er erzählt die Geschichte des Sixto Díaz Rodríguez nicht einfach nur, sondern er lebt sie. Er taucht in sie ein, übernimmt Rollen und lässt das, was dem US-Musiker in den Jahren wiederfahren ist, lebendig werden. Gedrückte Stimmung weiß er ebenso zu vermitteln, wie Euphorie. Rühmann setzt die Betonungen in seinen Vorträgen dort, wo sie hin müssen, und er führt seine Zuhörer mit einer an keiner Stelle auch nur im Ansatz langweilig werdenden Erzählweise durch über zwei Stunden Programm. Dazwischen stecken die Lieder, die nicht wie Perlen an einer Kette gereiht in den Ablauf geschraubt wurden, sondern die geschickt gesetzt und der Situation entsprechend angeordnet wurden. Sie sind Teil der Geschichte und Rühmann lebt auch diese mit jeder Faser seines Körpers. Auf Rodriguez' Kompositionen wie z.B. "Climb Up To My Music", "Like Jannis", "Street Boy", "A Most Discusting Song", "I'll Slip Away" oder "Inner City Blues" liegen die Texte und Inhalte von Hans-Eckardt Wenzel ("Klassentreffen", "Nichts bleibt geheim", "Hier bin ich nicht mehr zuhause", "Dieser graue Tag" u.a.), Wolf Biermann ("Und wir hatten keine Höhle", "Grüne Schwemme", "Und als wir ans Ufer kamen", "Das kann doch nicht alles gewesen sein" u.a.), Danny Dziuk ("Treppe rauf, Treppe runter"), Christoph Hein ("Ich frage nicht, ob Du mich liebst...", "Was hab ich verstanden von dieser Welt"), Gerulf Pannach ("Zwei Musikanten") und Peter Hacks ("O' wie gern bin ich alleine"). Für den Zuhörer gut verständlich und - wie gesagt - zum Inhalt der Geschichte passend. Das Konzertpublikum reist, ohne von den Stühlen aufstehen zu müssen, von Detroit in den USA nach Ostberlin in der DDR, bis nach Kapstadt in Südafrika.

i 20170321 1874812803Die Geschichte wird unterstützt und Rühmanns Erzählungen unterbrochen von bunten Bildern in Liedform. Dafür stehen drei Maler auf der Bühne, die ihre Farben gekonnt vermischen und herrliche Gemälde aus Tönen in den Saal stellen. Neben Thomas Rühmann, der an zwei Akustikgitarren sein Können zeigt, steht Jürgen Ehle. Für mich einer der großartigsten Gitarristen, die wir haben. Er verleiht den Liedern mal rockige, mal bluesige, aber auch lateinamerikanische Klänge, wenn der Moment es erfordert. Später greift er auch zur Mundharmonika und die erste Zugabe ("Forget It") singt er mit einer eigenen Nachdichtung als Text sogar selbst. An so mancher Stelle des Konzerts steht man nur mit offenem Mund da, was er da vorne gerade wieder aus seinen Instrumenten (und seiner Kehle) hervorbringt. Noch mehr Abwechslung, allein in Sachen Instrumente, verleiht die junge Bassistin Monika Herold dem Gesamtgeschehen. Schon ihre Leistung am E-Bass macht gute Laune und lässt einen Staunen. Dann greift sie aber zudem noch zum Kontrabass, den sie mal zupfend, mal mit dem Bogen streichend bearbeitet. Neben ihr steht auch ein Keyboard, das sie gelegentlich bedient, und das parallel zum Bassspiel. Ebenso wie die Percussions, die sie zu jedem Song beisteuert. Während sie mit den Händen den Bass spielt, sind ihre Füße damit beschäftigt, mit Rasseln und allerlei anderen Rhythmen gebenden Instrumenten sich und den Kollegen den Takt vorzugeben. Dass sie zu all dem auch noch ans Mikro tritt, und neben dem Backgroundgesang auch einen ausgesprochen gut vorgetragenen Solo-Titel zum Besten gibt, sei hier nur noch am Rande erwähnt. Es gibt also auch eine Menge zu Sehen neben dem, was es zu Hören gibt.

Dass nicht nur ich völlig aus dem Häuschen war, zeigte sich am Ende auch an der Reaktion des Publikums, das sich insgesamt drei Zugabe-Blöcke erklatschte. Im ersten gab es u.a. das schon erwähnte "Forget It", vorgetragen von Jürgen Ehle. Thomas und seine Band kamen insgesamt drei Mal zurück auf die Bühne und am Ende musste sogar ein Song wiederholt werden, denn mehr als die schon gespielten Lieder gibt es im Repertoire von Rodriguez nicht. Es war schon nach 22:30 Uhr als im Saal das Licht wieder anging, und sich das Publikum sichtlich zufrieden und gut unterhalten auf den Heimweg machte.

Die verrücktesten Geschichten schreibt kein Autor ... Aber das schrieb ich ja bereits. Kurz vor den Zugaben sagte Rühmann über sein Programm, dass die soeben erzählte Geschichte eine wahre Geschichte sei. "Fast", fügte er hinzu, denn an einer Stelle wurde etwas dazu gedichtet. Vielleicht weil es einfach passte? Vielleicht um einen Bogen zu spannen? Vielleicht um eine Parallele zu ziehen? Was da genau eigentlich nicht hinein passt und was es zu bedeuten hat,j 20170321 1880870976 soll der interessierte Leser bei seinem Besuch von Thomas Rühmanns Programm "Sugar Man - Das bittersüße Märchen des Sixto Rodriguez" selbst herausfinden und für sich deuten. Er ist damit ja noch eine Weile unterwegs, und diesen Besuch lege ich Euch fett unterstrichen ans Herz! Ich hatte jedenfalls eine Menge Spaß und bedanke mich beim Ensemble für dieses großartige Programm und den schönen Abend, der wie im Fluge verging.

Ein paar Leute unter 40, die in der Stadthalle vermisst wurden, traf ich später noch an der Tankstelle, als ich der Dorfjugend begegnete, die mit ihren Autos dort ihren Treffpunkt hatte und Musik aus dem Radio konsumierte. Auch ein schönes Kulturprogramm. Die richtig guten Sachen kann man aber nur live erleben, von Künstlern, die tolle Ideen haben oder gute Geschichten erzählen können. Diese kommen aber nicht auf den Hof einer Tankstelle, die muss man schon besuchen gehen. Ein Interesse an guter, handgemachter Musik und ein bisschen mehr Inhalt natürlich vorausgesetzt.


Termine:
• 24.03.2017 - Berlin - Kesselhaus
• 25.03.2017 - Jüterbog - Kulturquartier
• 31.03.2017 - Bad Langensalza - Kultur- und Kongresszentrum
• 01.04.2017 - Rostock - Bühne 602
• 02.04.2017 - Ballenstedt - Schlosstheater

Alle Angaben ohne Gewähr! Nähere Infos und weitere Termine auf Thomas' Homepage



Bitte beachtet auch:
• Off. Homepage von Thomas Rühmann: www.thomasruehmann.de
• Homepage des Soziokulturellen Zentrum Haus Felsenkeller in Altenkirchen: www.haus-felsenkeller.de




 
 
 
 
 
 
 



   
   
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