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Ein Bericht von Rüdiger Lübeck mit Fotos von Sandy Reichel



Am 19. Januar 2016 wäre Reinhard "Lacky" Lakomy 70 Jahre alt geworden. Leider nur 'wäre' - bekanntlich starb der Musiker vor knapp drei Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit. Und wenngleich übermäßige Aufmerksamkeit um seine Person ihm zu Lebzeiten eher unangenehm war, wollte das Freunde und Weggefährten und allen voran seine Familie nicht davon abhalten, das runde Jubiläum gebührend zu feiern: natürlich auf einer möglichst großen Bühne und gemeinsam mit den vielen, vielen Menschen, die seinem Werk aus gutem Grund verfallen sind ...

a 20160122 1672671635Als Gastgeberinnen fungierten Lackys Witwe Monika Ehrhardt-Lakomy (auf dem Foto links) und Tochter Klara Johanna (rechts). Beide sollten den Abend moderieren und dabei zugleich Dauerpräsenz im Bühnenbereich zeigen. Gleich eingangs stellten beide zudem klar, dass dies bestimmt kein trauriger Abend werden würde, sondern eher ein besinnlich heiterer. Die Zöllner-Band unter künstlerischer Leitung von André Gensicke konnte für die musikalische Rahmenbegleitung engagiert werden. Hierfür wurden aus dem unerschöpflichen Lacky-Fundus sage und schreibe 28 (!) Stücke neu arrangiert und - soviel sei schon einmal vorweggenommen - im weiteren Verlauf höchst professionell ins Ohr des Publikums transferiert.

Die alte BLOOD SWEAT & TEARS-Nummer "God Bless The Child" machte den Einstand, auf die Bühne gebracht von der Grande Dame der Jazzvocals Uschi Brüning in kongenialer Begleitung ihres Partners Ernst-Ludwig "Luten" Petrowsky. Lacky hatte ihr seinerzeit den ersten Song, den sie im Rundfunk produzierte, geschrieben und obendrauf auch noch seinen Trabant verkauft ... Wo die Zöllner-Band, kann auch "Scholle" nicht weit sein. Angekündigt mit amüsanter Anekdote von Angelika "Die Lütte" Mann, war Dirk Zöllner für die Interpretation eines der größten und wohl auch populärsten Hits des Jubilars auserwählt: "Heute bin ich allein". Beiden gemein war an diesem Abend übrigens eine hartnäckige Erkältung - nicht eben optimal, wenn man sich als Sänger(in) verdingt. Da passte das nachfolgende Duett "Mir doch egal" dann gleich doppelt!

Ja, und dann ist da noch ein alter Kumpel von Lacky, der extra für das Event aus Wien anreiste: Gregor Gysi. Beide kannten und schätzten sich lange Zeit, und irgendwann, so Gysi in seiner Laudatio, begann Lacky, sich musikalisch den Kindern zu widmen - mithin sein wohl größter Verdienst überhaupt! Unbeschadet dessen erinnerte er daran, dass Lacky nach den PUHDYS die mit Abstand zahlenmäßig größten Plattenverkäufe in der DDR zu verzeichnen hatte. Und schloss den Kreis sodann resümierend mit pathetischen Worten: "Wir lassen uns Dir niemals nehmen, durch niemanden!". Es fand sich allerdings auch niemand im Saal, der diese Absicht hegte ...

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Die Schauspielerinnen Carmen-Maja Antoni und ihre Tochter Jennipher nahmen den Staffelstab auf und ließen das ausnahmslos erwachsene Publikum auszugsweise den "Traumzauberbaum" erleben. Und Kollege Pierre Sanoussi-Bliss bewies uns einmal mehr, dass Schauspieler regelmäßig ebenso wenig singen können, wie Sänger schauspielern. Überhaupt wirkte die Programmgestaltung trotz aller Mühen bis zu diesem Zeitpunkt insgesamt leider etwas holprig und unglücklich, um nicht zu sagen improvisiert. Bild- und Toneinspielungen waren nicht immer synchron, und das gelegentliche Ins-Wort-Fallen durch die Gastgeberin machte es den Protagonisten auf der Bühne auch nicht unbedingt leichter. Dazu immer wieder unnötige Überlängen bei Wortbeiträgen und Interviews, etwa mit Schauspieler Jürgen Thormann oder auch Lackys damaligem Tontechniker Heinz Naumann, der die Produktion seiner Elektronik-Alben begeleitete. Da wäre weniger manchmal sicher mehr gewesen, und der Programmanteil der Musik, um die es ja letztlich ging, hätte insgesamt etwas gewichtiger ausfallen können.

Nach der Pause dann ein regelrechter Paukenschlag: das Reinhard-Lakomy-Ensemble in Gestalt von Olivia Winter ("Moosmutzel"), Susi Wiemer ("Waldwuffel") und Barbara Hellmuth ("Agga Knack") setzte zur Geburtstagsgratulation an. Drei exzellente Sängerinnen, die eine Professionalität an den Tag legen, dass es einem die Freudentränen in die Augen treibt. Die mit dafür Sorge trägt, dass der Traumzauberbaum auch mehr als 35 Jahre nach seiner Erfindung generationenübergreifend erfolgreich ist und Lackys Lebenswerk (das natürlich auch das seiner Frau ist) damit die Schwelle der Zeitlosigkeit endgültig überschreitet. Das ist gute alte Schule, die da nicht nur durchschimmert, sondern regelrecht aufblitzt. Großartig! Da ist auch der spontan aufkommende Gedanke, dass das Moderationskorsett des Abends bei den Dreien mehr als gut aufgehoben gewesen wäre, nicht wirklich weit hergeholt. Die Lütte, von Anfang an beim Traumzauberbaum dabei, setzte mit dem "Küsschenlied" noch einen drauf, gefolgt von Christian Haase und dem "Eierbecher". Josephin Busch (weibl. Hauptrolle im Musical "Hinterm Horizont") ist mit dabei, ebenso wie Dominique Lacasa. Den vielen am Traumzauberbaum Beteiligten, die wie dessen musikalischer Vater nicht mehr unter uns weilen, wird immer wieder mit Blick nach oben zugeprostet - keiner von ihnen ist vergessen!

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Haase ("Golf von Motzen") und Zöllner ("Alles Stasi außer Mutti") bringen die Musik aus der "6 Uhr 13 Bahn", einem seinerzeit leidlich unterschätztem, ganz wichtigem Lakomy-Album zu Gehör, und Konstantin Wecker schickt einen kurzen Gruß via Brief, der verlesen wird. Unfreiwillig komisch wird es dann bei "Lackys Reise ins All". Die dahinter steckende Geschichte ist eigentlich schnell erzählt, eigentlich. Ein Foto von Lacky schaffte es im Handgepäck eines Kosmonauten einmal sogar zur internationalen Raumstation ISS. Dass daraus dann aber eine nahezu halbstündige Plauderei werden könnte, wollte niemand im Publikum für möglich halten. Nicht enden wollende Ausschweifungen aus der thüringischen Kommunalpolitik waren da zu vernehmen, und der dabei mehrfach zitierte Traumzauberbaum mutierte irgendwann ganz ungewollt zum "Maschendrahtzaun" ...

Beim großen Traumzauberbaum-Finale sind dann alle wieder beieinander, Zugabe inklusive. Die am Programm beteiligten Künstler verzichteten übrigens auf eine Gage, wie mehrfach betont wurde. Weshalb oder zu wessen Gunsten, bleibt indes unklar. Um nicht missverstanden zu werden: Es war eine tolle Gala, das Publikum war begeistert, und nur darum geht es letztlich. Die hier und da zwischen den Zeilen geäußerte Kritik ist Jammern auf hohem Niveau - nicht mehr, aber auch nicht weniger. Und wohl auch den hoch gesteckten Erwartungen an das im Vorfeld offensiv beworbene Event geschuldet. Lacky hätte es gefallen!


Bitte beachtet auch:
• Off. Homepage vom Traumzauberbaum: www.traumzauberbaum.de
• Portrait über Lacky bei Deutsche Mugge: HIER klicken




 
 
 



   
   
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