THE FLOWER KINGS und SOUND OF CONTACT
am 11. Mai 2014 in der Markthalle in Hamburg

 

Ein Konzertbericht mit Fotostrecke von Bodo Kubatzki

 

SOUND OF CONTACT, Band-Projekt um Simon Collins, dem ältesten Sprössling von GENESIS-Legende Phil Collins, und THE FLOWER KINGS aus Schweden, das sind Bands, deren Namen das Herz eines Prog-Fans schneller schlagen lassen. Auf ihrer derzeitigen gemeinsamen Tour machten sie am 11. Mai Halt in Hamburgs Markthalle. Also hieß es für mich, ab ins Auto und von der Hansestadt Rostock in die Hansestadt Hamburg gesaust. Ziemlich genau vor einem Jahr erlebte ich SOUND OF CONTACT in gleicher Location zum ersten Mal, danach im Sommer beim achten Night Of The Prog Festival auf der Loreley. Beides waren faszinierende Konzerte. Genug für's Erste - sollte man meinen. Aber nein, diese Band besitzt eine besondere Ausstrahlung, die einen so schnell nicht los lässt.

Von einer konstanten Besetzung kann man bei SOUND OF CONTACT nicht reden. An der Gitarre erlebte ich bereits Porcupine Tree Gitarrist John Wesley, der inzwischen mit seiner eigenen Band unterwegs ist. Seit dem Sommer des vergangenen Jahres zupft Randy McStine die Gitarrensaiten. Dave Kerzner, Keyboarder, Co-Komponist, Co-Produzent und Mitbegründer der Band, verließ das Projekt erst vor kurzem. An seiner Stelle spielt nun Bill Jenkins die Tasteninstrumente. Bassist Matt Dorsey und Tour-Schlagzeuger Ronen Gorden durfte ich bei beiden vorherigen Konzerten schon bewundern. Doch, was macht das schon? Neben seinen hervorragenden Musikern bildet Simon Collins den Mittelpunkt dieser Band. Im Programm hatten sie ihr hochgelobtes Debüt-Album "Dimensionaut", eine Scheibe mit einer großen musikalischen Bandbreite zwischen Progressive-, Classic-, Space-Rock und Pop, mit Melodien, die sich langsam aber stetig in den Gehörgängen festsetzen.

Die sympathische und druckvolle Live-Interpretation von fünf Stücken des Konzept-Albums machte beim Zusehen und Zuhören außerordentlichen Spaß. Simon Collins, im Gewand seines Protagonisten Dimo, der als Raum- und Zeitreisender einen Blick auf die menschliche Zivilisation wirft, ließ bei dem eröffnenden Instrumentalstück "Cosmic Distance Ladder" seine Schlegel über die Trommeln und Becken des Schlagzeugs sausen. Es war eine Freude, ihm dabei zuzusehen.b 20140519 1343151878 Als er bei "Pale Blue Dot" und den folgenden Songs das Mikrofon und den Schellenring in die Hände nahm, wurden Erinnerungen an alte GENESIS-Zeiten wach. Man konnte meinen, der junge Phil Collins stünde auf der Bühne, und das nicht nur wegen der verblüffende Ähnlichkeit der Gesangstimmen von Vater und Sohn. Auch Mimik und Gestik wiesen Parallelen auf. Es ist für mich immer wieder erstaunlich, wie die Gene funktionieren.

Ronen Gordon leistete sehr präzise Arbeit am Schlagzeug. Er agierte mit sichtbarer Spielfreude. Wenn Simon und Ronen im Duett trommelten, ging die Post erst richtig ab. Randy McStine, der mir im letzten Jahr auf der Loreley äußerst zurückhaltend vorkam, entpuppte sich mit harten Gitarren-Riffs und brillanten Soli als versierter Saitenzauberer. Gut gefiel mir auch der Satzgesang von Simon, Randy und Matt. Mit dem Longtrack "Möbius Slip", bei dem Simon zwischenzeitlich wieder an die Drums wechselte, verabschiedete sich eine gut eingespielte Band, von der noch Einiges zu erwarten sein wird, hoffe ich.

Nach einer kurzen Umbaupause betraten gegen 21:15 Uhr Schwedens Blumenkönige die Bühne, von frenetischem Beifall begrüßt. Die Jungs waren farbenfroh gekleidet, wie zu besten Flower-Power-Zeiten. Um etwas mehr Atmosphäre zu erzeugen, animierte Roine Stolt das leider viel zu spärlich erschienene Publikum, näher an die Bühne zu kommen. Die schätzungsweise 120 Gäste füllten nicht mal ein Drittel der Markthalle aus.

"Tower One", "Desolation Road" und "The Resurrected Judas" vom aktuellen Album "Desolation Rose" bildeten den Auftakt eines Prog-Konzertes erster Güte. Die Band live zu erleben ist immer etwas Besonderes. Stücke die auf den Alben manchmal etwas zäh wirken, entfalten auf der Bühne ihre Stärke. Der Retro-Prog der FLOWER KINGS orientierte sich anfangs stark an klassischen Vorbildern des Progressive Rock der 70er Jahre, wie YES und GENESIS. Mittlerweile haben sie ihren eigenen Stil gefunden. Eingängige Melodiebögen verbinden sich mit schwelgerischem Symphonic Rock und Jazzeinflüssen zum unverwechselbaren FLOWER KINGS Sound. Dieser ist vor allem geprägt durch die beiden Gesangsstimmen der Gitarristen Roine Stolt und Hasse Fröhberg. Während Roine auf der Bühne eher zurückhaltend agierte, ließ Hasse auch in Hamburg mal wieder die "Rampensau" raushängen. Die beiden Gesangsstimmen der Herren ergänzten sich hervorragend.

Roines Gitarrenspiel begeisterte mich ebenfalls. Er entlockte seinem Instrument einen unglaublichen Facettenreichtum an Klängen. Filigrane, sphärische Sounds wechselten sich mit bluesigen Läufen oder rockigen Soli ab. Aber auch Hasse steuerte diverse Soli auf der Gitarre bei. Keyboarder Thomas Bodin, mit langem, dunklen Mantel und weißer Brille (später mit violetter Sonnenbrille) gekleidet, zeigte sich als Meister seines Fachs. Hammond-Sounds und Melotron-Flächen gehörten ebenso zu seinem Repertoire, wie diverse Synthi-Improvisationen. Mit Begeisterung verfolgte ich das Bassspiel von Jonas Reingold, der für mich einer der besten Bassisten überhaupt ist. Ob grooviger Rock-Bass, filigraner Fretless-Sound, funkiges Slappen oder super-schnelle Jazz-Läufe, er beherrscht jede Spieltechnik. Wenn er zusätzlich die Bass-Pedals einsetzte, wurde der Sound richtig fett.

d 20140519 1550081229Zu einer guten Rhythmusgruppe gehört auch immer ein guter Schlagzeuger. Davon hatten die FLOWER KINGS in ihrer nunmehr 20-jährigen Bandgeschichte schon viele. Seit 2012 sitzt ein junger Deutscher hinter der "Schießbude", Felix Lehrmann. Er ist der Sohn des Berliner Musikers Michael "Leo" Lehrmann, der vor allem den ostdeutschen Rock-Fans als Gitarrist bekannt sein dürfte. Er spielte u.a. bei STERN MEISSEN, VRONI FISCHER oder IC FALKENBERG. Sein Sohn Felix zählt in der jüngeren deutschen Musik-Szene zu den begabtesten und gefragtesten Schlagzeugern. So war er z.B. mit SARAH CONNOR auf Tour bzw. spielte das Album "Maschine" von PUHDYS-Gitarrist Dieter "Maschine" Birr mit ein und begleitete diesen erst kürzlich auf der Promotion-Tour für das Album. Bei der abwechslungsreichen Musik der FLOWER KINGS mit ihren vielen Rhythmuswechseln kann Felix sich so richtig austoben.

Nach den ersten recht komplexen Stücken ließen die FLOWER KINGS mit "Stardust We Are (Part I und II)", und den gekürzten Versionen von "Big Puzzle" und "Garden of Dreams" 20 Jahre Bandgeschichte Revue passieren. Unglaublich, wie viel gute Musik Roine Stolt und seine Mannen im Laufe der Jahre schon eingespielt haben.

Der folgende Titel "Numbers" vom 2012er Album "Bands of Eden" entpuppte sich live als eine kraftvolle Rocknummer und mit seinen knapp 30 Minuten Spielzeit als würdiger Höhepunkt des regulären Sets.

e 20140519 1484262838Die begeisterten Fans mussten nicht lange auf eine Zugabe warten. Roine Stolt kündigte an, Musik aus einer Zeit, da die Haare noch länger, die Hosen weiter waren und die Zigaretten Spaß brachten, zu spielen. Die folgende Interpretation des YES-Klassikers "Soon" erzeugte bei mir eine Gänsehaut und trieb mir Freudentränen in die Augen. Es entstand eine berührende Spannung im Saal, die man förmlich knistern hörte. Fantastisch! Das Publikum dankte es mit tosendem Beifall. Spaßig warf Roine Stolt ein: "This was the best song I've ever written. And now the second best song I've ever written". Das epische "Cinema Show" von Genesis sang zu aller Überraschung Randy McStine von SOUND OF CONTACT. Er interpretierte diesen Song erstaunlich intensiv. Als sich dann im Schlussteil Simon Collins ans zweite Schlagzeug setzte, war die Begeisterung des Publikums nicht mehr zu überbieten.

Drei Stunden feinster Progressive Rock, dargeboten von einer jungen Band und von "Alten Hasen" vergingen viel zu schnell. Den Bands hätte ich mehr Gäste gewünscht. "Hamburger, wo wart ihr?", muss ich fragen, wenn ich bedenke, dass Prog-Fans aus Cottbus, aus Lübeck, aus dem Vogtland oder aus Neubrandenburg extra zu diesem Konzert angereist waren.



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Bitte beachtet auch:

• Off. Homepage von SOUND OF CONTACT: www.soundofcontact.com
• Off. Homepage von The Flower Kings: www.flowerkings.se
• Homepage der 'Markthalle' in Hamburg: www.markthalle-hamburg.de




Fotostrecke:

 
Sound of Contact:
 
 
 
 
 
The Flower Kings:
 
 
 




   
   
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