Scarlett O´ (Wacholder)

 

& Jürgen Ehle (Pankow)

 

001 20130303 1710708071Die Verabredung stand lange, weit schwieriger war es, einen passenden Termin zu finden, zu dem wir drei uns auch in Ruhe zusammensetzen konnten. Am 17.05.2008 hatten Scralett O' und Jürgen Ehle dann ein Konzert in Erkner, im Saal des Gerhard-Hauptmann-Museums. Scarlett O' lud mich dazu ein, was lag also näher, als an diesem Tag auch das Interview zu machen? Mir war von vornherein klar, dass es keine Schublade gibt für das, was unter dem Namen "Scarlett O'" auf Bühne und Tonträger kommt. Dafür sind die einzelnen Lieder und Geschichten zu unterschiedlich, die musikalischen Mittel und Inhalte zu breit gefächert. Vielleicht sind diese Lieder nicht alle massentauglich, dafür haben sie aber etwas zu erzählen. Die Programme bedienen die ganze Bandbreite der Gefühle, ohne Scheu vor deutlichen Bekenntnissen, drastischen Brüchen und tiefer Menschlichkeit. Alles wie im richtigen Leben, nur viel besser gespielt und gesungen. Diese Gedanken kreisten auf dem Weg zum Treffpunkt durch meinen Kopf, dass da bald noch ganz andere Gedanken dazu kommen würden und in einer Richtung, die ich nicht mal ahnte, das war für mich die eigentliche positive Überraschung des Interviews. Ich freute mich auf die Begegnung mit Scarlett O' und Jürgen Ehle. Wir trafen uns beim Italiener gleich um die Ecke. Bei einem gemütlichen Essen entstanden die nachfolgenden Zeilen. Der Treffpunkt beim Italiener war natürlich kein Zufall, denn Scarlett O' und Jürgen sind bekennende Vegetarier. Am Tisch Platz genommen kam auch sofort ein reges Gespräch zustande. Scarlett O' erzählte von ihren neuesten Plänen, Träumen und Projekten. In Buckow ist sie geboren und aufgewachsen und will jetzt dort in der Nähe dieses Ortes ihrer Kindheit und Jugend einen Traum in die Wirklichkeit führen. An Ihrem Grundstück in Liebenhof bei Buckow führt der europäische Radwanderweg R1 direkt vorbei. Die Straße steht dort unter Denkmalschutz, eine alte Heerstraße, das Kopfsteinpflaster stammt aus der Römerzeit. Napoleon zog auf ihr gen Moskau. Links und rechts der Kopfsteine wurde vor ein paar Jahren dieser Radweg angelegt. Ihre Idee ist, auf dem direkt angrenzenden Grundstück eine Kulturoase entstehen zu lassen. In dem alten Siedlerhaus soll außer Wohnräumen und einer schönen großen Wohnküche auch das Tonstudio für Jürgen entstehen. Der Aufnahmeraum dieses Studio soll gleichzeitig mittels einer verschiebbaren Wand zum Wintergarten (der dann zum Zuschauerraum wird) zur Kleinkunstbühne umfunktioniert werden können, wo ca. 30-40 Zuschauer Platz hätten. Im Sommer sollen die Aufführungen im Freien stattfinden, wobei die Terrasse zur Bühne und die Wiese zum Zuschauer- bzw. Zuhörerraum wird.  Bed & Breakfast, das soll es auch geben, natürlich vegetarisches. Dazu werden zwei Gästezimmer geschaffen, wo nicht nur "normale" Gäste übernachten können, sondern auch Musiker, die das Tonstudio nutzen. Aber nicht nur Musik, nein die Kunst soll im ganzen großen Garten - immerhin 4000 m² allgegenwärtig sein. Entstehen soll ein Erlebnisgarten mit hinter Büschen und Bäumen versteckten Skulpturen, Teich, Kräutergarten..
 

..

 

Scarlett, erzähl uns doch bitte etwas über Euer neues Projekt, den Liebenhof bei Buckow...
Scarlett: Das Plus ist, dass sich entlang des Radweges in jeder Richtung mehrere Kilometer weit keine Gaststätte oder ähnliches befindet. Also werden wir eine Radstation, wo die Radler ihre Räder abstellen können, einrichten, und somit den ca. 50-60 Radfahrern, die an vielen Wochenenden pro Stunde vorbeihuschen, eine Insel der Ruhe, Kunst, Kultur und kulinarischen Genüsse zum Ausspannen anbieten.
 
 

Das klingt ja alles irre !?
Scarlett: Ist es ja auch. Man hat ja sonst keine Hobbys. Aber erst einmal hängt alles von den Genehmigungen ab, dann Förderungen, Bank und Behörden. Eine irre Arbeit und die geht jetzt erst richtig los. Ob wir als selbständige Musiker überhaupt von der Bank einen Kredit bekommen, steht noch in den Sternen. Aber was soll's, wir haben Hände zum Arbeiten. Wir sind da jetzt dran - gucken wir mal. Sowie die Ämter genickt haben, werden wir den Baufortschritt mit allem Drum und Dran auf der Internetseite dokumentieren.

 

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Ein kleiner Sprung von Euren Projekten zu einer neuen Rubrik auf Deiner Internetseite. Scarlett, Du hast auf Deiner Internetseite einen monatliche Rubrik "Rezept des Monats" eingestellt, das war für mich doch etwas ganz Überraschendes, wie kamst Du zu dieser Idee?
Scarlett: (ihr Gesicht verzieht sich leicht.) Die Idee zum Rezept des Monats stammt von Jürgen und ist der Sache geschuldet, dass wir sehr viel unterwegs sind und bei uns im Vertrag steht, dass wir auf vegetarisches Essen Wert legen.
Ganz viele Veranstalter kriegen da einen Schreck und fallen nach hinten um. Wie gesagt, es geht nicht um die Gage sondern darum, dass wir Vegetarier sind, also für so manchen offenbar etwas Außerirdisches oder eine bisher unentdeckte Spezies. Meistens bekommen wir Salat angeboten. Salat vor dem Konzert, das geht für mich, die ununterbrochen reden oder singen muss, überhaupt nicht, denn ich möchte ja dabei nicht die Gurkenscheiben zählen, die sich immer wieder melden. Und außerdem möchte man ja schließlich auch mal was Warmes essen, wenn man lange unterwegs ist. Den Leuten da zu erklären, dass man auch richtig gut vegetarisch kochen kann, ist sinnlos. Ursprünglich hatte ich vor, so eine Art Kochbuch zu schreiben, mit CD, auf der alle Lieder aus unseren Programmen sein sollten, die mit Essen zu tun haben. Das Ganze sollte nach einem Liedtitel "Ich hab meinen Mann geschlachtet - vegetarisch kochen mit Scarlett O'" heißen. Aber weil heute jeder ein Kochbuch rausbringt, haben wir uns für die Internet-Variante entschieden und die Nachfrage ist sehr gut. Vor allem, weil jeden Monat was anderes drauf ist, so kommen die meisten Leute immer wieder mal auf die Seite und gucken auch den Rest an. Wir wollen diese Seite aber nicht nur als Anregung für Künstlerversorger verstanden wissen, sondern auch dem einen oder anderen Interessierten zeigen, dass vegetarische Ernährung nicht Verzicht und "Gras fressen" bedeutet, sondern im Gegenteil sehr schmackhaft und vielseitig sein kann. Z.B. was ganz einfaches: Spaghetti mit in brauner Butter gerösteten Salbeiblättern - könnt ich mich reinlegen.

 

Na, vielleicht wird es doch noch mal was mit dem Kochbuch, ich würde es gut finden. Ganz harter Schnitt, wann kommt die neue CD "Fifty Fifty", nach der auch Euer neues Programm genannt ist, raus?
Scarlett: Also Jürgen ist noch fleißig dabei, spielt die Instrumente ein, dann muss ich noch ein bisschen flöten und Akkordeon spielen und vor allem singen. Wir werden uns aber beeilen.

 

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Sind auf dieser CD auch Gastmusiker dabei?
Scarlett: Nein, bis jetzt nur Jürgen und ich. Vielleicht gibt es noch ein, zwei Stellen, wo jemand mitsingen wird, wie auch bei den Platten vorher, wo immer mal ein Gast auftauchte. Aber eigentlich macht Jürgen das meiste ganz allein.

 

Wie oft habt Ihr das neue Programm schon vorgetragen?
Scarlett: Voriges Jahr im Herbst dreimal, dieses Jahr fünfmal. Also noch nicht so oft, erst einmal zum Warmwerden. Aber es wird gut angenommen. Offensichtlich trifft es den Nerv der Leute.

 

Als sich die Gruppe Wacholder aufgelöst hatte, war das eine schwere Zeit für Dich bzw. war Dir Dein neuer Weg schon vorgegeben?
Scarlett: Ach wo, was die meisten Leute ja nicht wissen, ich hatte mich schon vorher musikalisch in alle Himmelsrichtungen ausgestreckt. Zu Hause bin ich groß geworden mit Kirchenmusik, Klassik und Volksmusik. In der Lehre und beim Studium waren es dann doch eher Chansons und Lieder. Irgendwann war da auch mal 'ne Schulband dazwischen. Wacholder und Folk, das kam dann erst 1978 an der Bauhochschule. Das heißt, ich habe mich eigentlich irgendwie schon immer mit dieser Art von Musik beschäftigt, die wir jetzt machen. Deutsche Texte mit Musikern, die von allen möglichen Richtungen beeinflusst sind. Nur ich hatte eben keine eigenen Sachen geschrieben, also komponiert schon, nur nicht getextet. Die Sachen jetzt nenne ich schlicht und einfach Lieder und Songs. Den Begriff Chanson mag ich nicht, der engt ein. Ich hatte dann 1998 mit KO von Wacholder mein erstes Soloprogramm "Zum Beispiel Nilpferde" gemacht. 1998 lernte ich auch Jürgen kennen und somit war die Zeit der Auflösung von Wacholder (Abschiedstour 2001, Anm. d. Verf.) nicht schwer für mich, da ich da bereits angefangen hatte, mit Jürgen gemeinsam zu arbeiten. Seit 2002 machen wir alles zusammen. Also kein schwieriger Übergang. Das, womit ich mich lange beschäftigt hatte... wollte z.B. immer mal Brecht-Sachen machen, das kam jetzt folgerichtig. Wacholder war einfach irgendwann vorbei! Es ist immer gut, dann aufzuhören, wenn alle darüber traurig sind, anstatt drauf zu warten, dass es keiner mehr hören will.

 

Aber die Tour 2008 steht damit nicht im Widerspruch?
Scarlett: Nein, das war das, was wir uns und dem Publikum bei der Abschiedstour auch versprochen hatten. Zu einem Jubiläum nochmal zusammen zu kommen. Der Abstand von sieben Jahren war O.K., die Leute waren noch dran und wussten noch, wer wir waren, und der Anlass war der 30. Geburtstag der Band. Außerdem sind wir inzwischen alle über 50 und wer weiß, ob wir in 10 Jahren noch mal dazu in der Lage gewesen wären. Insofern war es gut und die Reaktion der Leute war sehr positiv. Es war fast überall ausverkauft und hat super geklappt. Schön voll der Kalender, in zwei Monaten 33 Konzerte... super! Jetzt haben wir noch drei Konzerte am letzten Juni-Wochenende: Stralsund, Sömmerda und Elmendingen. Das sind Veranstalter, die keine Winterspielmöglichkeiten haben, bei denen wir aber nochmal auftreten wollten, weil wir früher schon oft da gespielt haben. Also noch einmal die Ausnahme und dann ist Ruhe im Karton.

 

Mir kommt jetzt gerade ein Zitat aus dem Tageblatt 2002 in den Sinn: "...oft verzaubert der Gesang von Scarlett O´ den Zuschauer so, dass er nicht mehr in der Lage ist, auf die sehr guten Texte zu achten".
Scarlett: Es ist sehr schön, wenn jemand so empfindet. Anderseits sind die Texte ja auch nicht ganz unwichtig. Also es freut mich, dass der Klang meiner Stimme jemanden total verzaubert, aber noch schöner wäre, wenn er trotzdem was vom Text des Liedes mitnehmen würde.

...inzwischen hat Jürgen in Ruhe gespeist, nicht wie Scarlett, die auch zwischendurch erzählte und fleißig die Fragen beantwortete (Frauen können eben gleichzeitig essen und reden!) Also war er jetzt bereit für Fragen von meiner Seite.

 

Pankow, das war nicht Dein Anfang...
Jürgen: Nee, Pankow war nicht mein Anfang, richtig. Angefangen hat es mit einer Amateurband. Dann bei der Armee, wo ich Gott sein Dank nach relativ kurzer Zeit auch Musik machen durfte, bekam ich es u.a. auch mit Wenzel zu tun. Danach kam "Jahrgang 49". Dort liegen meine ersten Begegnungen mit Eisler, Brecht, Weill, mit internationaler Folklore und Musik, für die ich mich von Haus aus eigentlich nie interessiert hätte. Der nächste Schritt war "4 PS" und Veronika Fischer, wo es dann doch wieder zurückging in die rockige Richtung. Ab dieser Zeit - so Mitte, Ende der 70er Jahre - habe ich dann auch angefangen, als Studiomusiker zu arbeiten, für Leute aus allen Richtungen. Da waren dann z.B. Frank Schöbel dabei, Jürgen Walter oder Gaby Rückert, Dina Straat oder Hauf-Henkler, Reinhard Lakomy, also wirklich "quer Beet". 1981 ging es los mit Pankow.

 

ehle1 20130303 2052460533In der Berliner Zeitung vom 21.11.1996 stand "Ein cooler Gitarrist und ein exzentrischer Sänger. Zwei Gegner. Zwei Freunde. Sie haben sich angetrieben, gestritten und getrennt. Herzberg fühlte sich von Ehle nie voll als Musiker akzeptiert. Und wahrscheinlich akzeptierte ihn Ehle nie voll als Musiker. Einer ein bisschen zu abgeklärt. Der andere ein bisschen zu moralisch. Zwei Egozentriker, die einander offensichtlich brauchten". Wie siehst Du das Zitat?
Jürgen: (lächelt) Ich habe mich mit Andre Herzberg immer besonders gut und besonders schlecht verstanden. Das änderte sich ständig von einem Tag zum anderen. Wir haben gestritten, aber es ging immer um die Sache, und es kam irgendwie immer etwas positives dabei heraus. Im Nachhinein tut es mir deshalb auch nicht leid. Es wurde erst dann zur Belastung, wenn der Streit dazu führte, dass neue Ideen nicht mehr realisiert wurden, weil einer den anderen blockierte.

 

Das Konzert in Rudolstadt Anfang des Jahres, war das der Anfang für weitere Konzerte mit Pankow?
Jürgen: Das Konzert in Rudolstadt war mehr Zufall. Die Tour 2004 und 2006 waren geplant und gewollt. So wird es 2009 (Januar-März) hoffentlich auch sein.

 

Wird es zur Tour auch wieder eine neue CD geben?
Jürgen: Nein, es wird zu dieser Tour definitiv keine neue CD geben!

 

Welche Platte von Pankow war für Dich die stärkste und kam Dir musikalisch am meisten entgegen?
Jürgen: Es sind zwei Platten. Die neue "Nur aus Spaß" und "Aufruhr in den Augen" von 1988.
Scarlett O´: Kleiner Zwischenruf: Im März 2009, wenn Jürgen mit Pankow unterwegs ist, werde ich mit KO von Wacholder auf Tour gehen. Das Programm wird "Proviant für meine Seele" heißen und aus unseren Lieblings-Liedern und Balladen aus allen möglichen Programmen bestehen, sozusagen ein Kuschelprogramm.

 

Habt Ihr Vorbilder?
Jürgen: Naja, da wär wieder das Thema Rolling Stones. Das ist immer wieder eine Klasse für sich... da bei einem Konzert dabei zu sein, ist schon toll. Ich denke nur daran, als beim Konzert 2006 im Berliner Olympiastadion die ausfahrbare Bühne genau vor uns stehen blieb.
Scarlett: Da waren die Typen genau vor uns zum Anfassen, man konnte jeden einzelnen Finger von Keith sehen, wie er über die Gitarrensaiten glitt, Wahnsinn! Es war ein schönes Geburtstagsgeschenk für Jürgen.
Jürgen: Es gab da eine Zeit, da war das wirklich sehr eng gefasst, wie schon gesagt z.B. die Stones, aber dann kam ja durch die Theatermusik und weitere musikalische Einflüsse immer mehr dazu. Also ich sage, es gibt gute und es gibt schlechte Musik.
Scarlett: Also Vorbilder direkt benennen kann ich gar nicht, ich mag einfach Sänger mit Stimmen, hab z.B. streckenweise arge Probleme mit singenden Schauspielern. Entweder 'ne richtige Stimme oder aber so ein starker Typ, dass es nicht so sehr auf die Stimme ankommt. Was ich überhaupt nicht ausstehen kann, sind Maschen... ich sag nur einen Namen: Max Raabe. Ich kann's einfach nicht ertragen. Nächste Frage!

 

Wie sehen Eure Pläne aus, was muss noch gemacht werden und was wollt Ihr noch erreichen?
Sarlett: (lacht) Da wir mindestens noch 50 Jahre auf der Bühne stehen wollen, kann man das so konkret nicht sagen. Ich habe vor, wie Johannes Heesters mindestens die 100 zu schaffen, und da noch auf der Bühne zu stehen. (wieder lacht sie) Und es wird sich sicher immer was ergeben. Für mich ist es im Moment ein erster Schritt, mehr eigene Texte zu schreiben und das wird sich weiterentwickeln. Mein Traum ist es, dass es dahin geht, dass wir bis auf sehr wenige Covers total eigene Programme und Lieder machen.

 

Habt Ihr vielleicht wieder die Idee oder den Wunsch mal was mit einem großen Orchester auf der Bühne zu machen?
Scarlett: Liebend gerne, obwohl es nicht wirklich die Frage ist, wie viele Leute auf der Bühne sind. Da muss man dann aber auch wirtschaftlich denken. Klar kann ich 10 Musiker mehr auf die Bühne stellen, die wollen aber auch bezahlt werden. Das wär anders, wenn dir die Veranstalter die Tür einrennen würden. Mal sehen, vielleicht kommt's ja noch, wenn wir demnächst weltberühmt werden. Aber der Traum ist natürlich da, mal mit einem großen Orchester oder 'ner richtigen Band auf der Bühne zu stehen. Jürgen hatte das ja schon zu den Pankow Zeiten. Aber ansonsten ist es völlig OK wie es jetzt ist, oder sagst Du was anderes Jürgen?
Jürgen: Also ich bin auch der Meinung, wir sind auf dem Weg, wo wir zunehmend eigenes Material haben und noch mehr Texte von Scarlett kommen. Also werden wir auch überwiegend eigene Sachen spielen. Ich bin aber auch froh, wenn ich mit dem aktuellen Album fertig bin, denn der Kraftaufwand ist doch hoch.

 

Kommen wir noch einmal zu Eurem neuen Programm "Fifty, Fifty"...
Scarlett: (lächelt) Du hast ja das Glück, Dir dieses Programm gleich komplett anzuschauen. Vielleicht können wir uns dazu speziell noch mal nach der Vorstellung unterhalten (Ich fand das natürlich OK, Anm. d. Verf.)

 

Gut die Zeit wird langsam knapp und wir müssen nach Erkner aufbrechen. Liegt Euch noch etwas am Herzen?
Scarlett: Ja, wir haben vergessen zu erwähnen, dass die neue CD die zweite ist, die in unserem eigenen Label ELECTROCADERO, das wir 2005 gegründet haben, erscheint.

Und dann schloss sich der Kreis und wir waren wieder bei ihrem Projekt Liebenhof.

Scarlett: Das ist ein wirklich spannendes Projekt mit viel Arbeit, wo man aber auch Kraft schöpfen kann.
Jürgen: Ich freue mich besonders auf das Studio, auf die Ruhe da draußen, die einen fast erschlägt. Ich werde natürlich auch Gäste im Studio haben, die dann dort arbeiten können.

 

Danach kamen wir noch mal ins Schwärmen von den alten Sendestudios und Sendesälen 1 bis 3 in der Nalepastraße, woran Jürgen sehr gern und oft zurückdenkt. Besonders, wo er mit dem Akkordeon-Orchester Mitte der 90er Jahre das letzte Mal dort war, und sich an dem herrlichen Eigenklang des Sendesaals 2 erinnerte. Jede Wand anderes Material, eine mit Leder, die andere mit Holz verkleidet, es gibt keine geraden Winkel und die Decke angeschrägt alles durchdacht... doch da fällt ihm Sarlett ins Wort:

Scarlett: So Leute, es ist an der Zeit, wir müssen los.

 


Konzertbericht:
 
"Scarlett O`" live in Erkner:
 
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Also ging es los in Richtung Erkner. Der Veranstaltungsort in Erkner war das Gerhard-Hauptmann-Museum. Dieses Museum hat einen kleinen Saal für Veranstaltungen; 100 Leute können hier Veranstaltungen besuchen. Wir waren zeitig da und so hatte ich die Möglichkeit, bei der Gestaltung des Raumes und dem Soundcheck dabei zu sein.
Fast pünktlich dann der Programmbeginn im gut gefüllten Saal. Es spielte sich auf der Bühne alles ab wie im realen Leben. Der Textinhalt der Lieder und die Geschichten von Scarlett O´ zwischendurch erzählt, schafften einen nahtlosen Übergang und waren humorvoll und ernsthaft zugleich.

Das Thema des Programms "Fifty-Fifty" ist auch das reale Leben, ihre Lebenserfahrungen und Erfahrungen anderer jenseits der "Marke" 50 Jahre. Sie gehen auf der Bühne mit dem "zweiten" Lebensabschnitt sehr offen um. Man sieht die Zuschauer wie gebannt an ihren Lippen hängen und die Texte förmlich absaugen. Man sieht das Leuchten in den Augen, vor allem bei den männlichen Zuhören, als Jürgen zur E-Gitarre greift und seine unverwechelbaren Riffs sich smart und geschmeidig in den Raum schwingen. Er ist im gesamten Programm, außer wenn er selbst mal gesanglich zu Worte kommt, wie eine Einheit mit seinen vielen Gitarren und seiner Mandoline. Man hat wirklich das Gefühl, dass Jürgen beim Spielen der Gitarre mit dieser zu verschmelzen scheint.
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Irre fand ich den Titel "Berlin", und es war deshalb auch mein absoluter Lieblingstitel des Abends. Hier singt Scarlett O' Cartoons. Sie singt Zeichnungen des Zeichners OL (u.a. Cartoons in jeder Wochenendbeilage der Berliner Zeitung), indem sie diese als Text in das Lied einbaut. Der Refrain springt von der Melodie her sofort ins Ohr und der Text verleitet zum Mitsingen. Für mich eine ganz irre Idee. Aber auch Titel wie "Proviant", "Sex Sekunden", "Im Mai", "Schlachthofkapelle" und "Erwin" fand ich ganz stark. Insgesamt brachten beide 20 Songs zu Gehör, und Scarlett O' erzählte Geschichten und griff auch mal zu einem Buch, einem Aufklärungsbuch für Kinder ("Wo komm ich eigentlich her?" Von Dr. Thaddäus Troll), um daraus etwas vorzutragen. Dabei blieb kein Auge trocken. Es fielen allerdings auch sehr kritische Bemerkungen, die im Rund doch zum Nachdenken anregten. Für mich stand nach dem Konzert fest, Scarlett O´ und Jürgen hatten alle im Saal erreicht, auch ohne Mikrofon. Ich glaube, das hat Scarlett O´ auch gar nicht nötig. Natürlich sprachen wir hinterher noch lange über das Programm, besonderes das Berlin-Lied, was ja immer schon mal ein bisschen fertig war, wieder verändert wurde und nun so bleiben soll - vielleicht.

Das Programm ist für Leute über 50 geschrieben, aber nicht nur für diese Leute gedacht. Auch den jugendlichen Zuschauern gab dieser Konzertnachmittag etwas, denn in vielen der Geschichten las sie Parallelen zu ihren Eltern oder sie machten neue Erfahrungen im Verstehen dieser Generation. Eine mutige Idee, dieses Programm, großartig umgesetzt - das ist Kunst pur zum Genießen. Nun warten wir noch, dass Jürgen endlich im Studio fertig wird und die CD auf den Markt kommt. Zum Schluss landeten wir natürlich wieder gewissermaßen am Anfang. Noch mal ein kurzer Plausch über ihr "Rezept des Monats", das jeden Monat auf ihrer Internetseite www.scarlett-o.de neu erscheint. Sie bat mich, das dem Interview anzufügen oder einzufügen, dem kam ich natürlich gern nach (zu finden am Ende dieser Seite).

Die herzliche Verabschiedung und der Dank meinerseits im Auftrag von deutsche-mugge über die herzliche Gastfreundschaft war natürlich Ehrensache. Da kann man nur sagen: Wenn Jürgens Studio in Liebenhof fertig ist, wird deutsche-mugge einer der ersten Gäste sein!
 
 
Interview + Bericht: Dietmar Meixner
Bearbeitung: kf, cr
Fotos: Privatarchiv der Künstler, Dietmar Meixner

 

Scarlett's Rezept für den Monat Juni:
 

Brennessel-Quetschkartoffeln mit Ho-
lundersoße und Schnittlauch-Champignons

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Zutaten für 4 Personen:
- 1 kg Kartoffeln
- 2 Handvoll Brennesselblätter
   (kleingehackt)
- 2 EL Rapsöl
- Milch
- 400 g Champignons
   (in Scheiben geschnitten)
- 1 EL Butter
- 1 Bund Schnittlauch
   (in 1 cm lange Stückchen)
- Muskat
- Salz
- Pfeffer
Kartoffeln wie immer in Salzwasser kochen. Brennesseln in Rapsöl kurz anbraten, mit etwas Wasser ablöschen, zu den gargekochten Kartoffeln geben und alles mit Milch, einer guten Prise geriebenem Muskat und Salz stampfen.
Champignons in etwas Butter anbraten, mit Salz und Pfeffer würzen, vor dem Servieren Schnittlauch unterrühren.
Soße:
100 g Joghurt
100 g Sahne in einer Schüssel verrühren
(möglich auch 200 g Schmand)
Œ l Gemüsebrühe
1 mittelgroße Schüssel Holunderblüten
1 EL Stärke
Salz

Joghurt und Sahne in einer Schüssel verrühren. Holunderblüten darin einweichen, richtig reindrücken. Nach gut 15 Minuten (solange mindestens einweichen, besser noch ein paar Stunden oder über Nacht stehen lassen) den Inhalt der Schüssel durch ein Sieb mit der Brühe in eine Pfanne abgießen, quasi ausspülen, damit kein Tropfen der aromatischen Flüssigkeit verloren geht. Die abgetropften Blüten wegschmeißen. In die Flüssigkeit in der Pfanne 1 EL Stärke einrühren und das Ganze aufkochen. Vorsichtig mit Salz abschmecken. Diese Soße ist eine völlig neue Geschmackserfahrung und macht süchtig! Geht auch mit Brennessel-Nudeln.

 

 

 


   
   
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