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Stoppok

 

 

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Bei Stefan Stoppok trifft die Phrase "er hat die Musik von der Pike auf gelernt" den Nagel genau auf den Kopf. Von einem Musikprofessor einst mit dem Tipp versehen, doch lieber die Finger von der Musik zu lassen, sah sich Stefan Stoppok zu einer Trotzreaktion veranlasst. Ab Mitte der 70er Jahre fährt er als Straßenmusikant durch die Länder Europas und lernt als Autodidakt im Laufe der Jahre nahezu jedes Saiteninstrument. Nach und nach entwickelt er so seinen eigenwilligen Stil aus Folk, Blues und Rock mit deutschen Texten. Seit 1980, damals noch mit einer Formation namens Stender-Band, erfreut der gerne als "Pott-Poet" bezeichnete Musiker und gebürtige Hamburger seine Fangemeinde in regelmäßigen Abständen mit Neuveröffentlichungen. "Stoppok" nennt sich die Band des Cadillac-Freundes und Fußballhassers Stoppok seit 1982. Doch vieler Alben ist ihm der große Durchbruch bis heute versagt geblieben. In der Rolle des Geheimtipps fühlt er, der Grönemeyer und Westernhagen gern als "Schauspieler, die wissen, was sie zu tun haben, um im Rampenlicht zu stehen", bezeichnet, sich ganz wohl. Stoppoks Musik ist hausgemacht. Den größten Teil seiner Songs schreibt, textet und produziert er selber. Trotzdem ist Stoppok weit davon entfernt, ein Ein-Mann-Projekt zu sein. Nach eigener Aussage braucht er eine gute Band, um dauerhaft gute Musik zu machen. Den besten Stoppok, so seine Fans, erlebt man sowieso bei Liveauftritten, wo ihm eine "ungemein sympathische" Ausstrahlung nachgesagt wird. (Quelle: laut.de)  Wir haben Stefan Stoppok als Gast des Monats eingeladen und er hat sofort zugesagt. Christian plauderte mit ihm über seine Karriere, seine Platten und was es Neues von ihm zu berichten gibt...
 

 

Hallo Stefan! Interessante Neuigkeiten sind zu lesen: Es kommt ein neues Album mit Band, nämlich „Sensationsstrom“. Kannst Du uns dazu schon etwas erzählen?
Ja, das erste nach 4 Jahren und es hat extrem Spaß gemacht wieder mit Reggie und Danny zu spielen. Dazu kam die Neuentdeckung schlechthin, Benny Greb am Schlagzeug, eine Offenbarung an seinem Instrument. So locker ging mir selten eine Produktion von der Hand, ich glaube wir hatten alle Songs in 5-6 Tagen eingespielt.
 
 

Dazu wird es auch eine Tour geben, die im April starten soll. Wie weit sind die Planungen dazu? Wohin geht die Reise?
Die Planung ist abgschlossen, die Tour steht und die Sache spielt sich zwischen Hamburg und München ab. Ich glaube so 20 Termine.

 

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Interessant, dass es wieder ein Programm mit Band gibt, wo Du doch in letzter Zeit alleine oder nur mit einem weiteren Musiker unterwegs gewesen bist. War die Lust auf „das volle Programm“ wieder da?
Welche Frage, was für einen Grund könnte es sonst geben?

 

Zuletzt gab es Dich live mit dem Programm „Grundvergnügen“ zu sehen. Du hast dort zusammen mit Reggie Worthy, der auch schon längere Zeit mit Dir zusammen in der Band spielt, auf der Bühne für Stimmung gesorgt. Bitte erzähl uns etwas über diese Tour.
Das war quasi die Vorstufe zurück zum Bandgeschehen. Hat tierisch Spaß gemacht, mit Reggie kann man extremst gut swingen und grooven und wir beide sind enorm aufeinander eingespielt. Ich glaube, wir spielen schon über 10 Jahre zusammen, da gibt es keine unnötigen Diskussionen.

 

Drehen wir die Uhr mal ganz weit zurück und beschäftigen wir uns mit dem ganz jungen Stefan: Geboren in Hamburg, hast Du Deine Jugend im Ruhrgebiet verbracht. War es die graue Tristesse des „Pott“, die Dich zur Musik gebracht hat?
Oh je, da müßte ich eigentlich weit ausholen. Ich versuche es trotzdem mal eher kurz: Die Umgebung hat eigentlich keine große Rolle gespielt. Ich bin einfach so dermaßen auf alles abgefahren, was Mitte der Sechziger aus dem Radio tönte und hatte seit meinem 10. Lebensjahr nix anderes mehr im Kopf, außer Musik zu machen. Naja vielleicht später noch 1-2 andere Sachen, aber die nur nebenbei.

 

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Wann reifte in Dir der Entschluss, nicht Maurer, Bürokaufmann oder Lokführer, sondern Musiker zu werden?
Nachdem ich bereits mit 15 Jahren mein erstes Geld damit verdienen konnte.

 

Und wie haben Deine Eltern auf Deine Berufswahl reagiert?
Mein Vater war zu dem Zeitpunkt bereits gestorben und meine Mutter war natürlich nicht besonders erfreut darüber, ist aber sehr entspannt damit umgegangen und hat mich moralisch unterstützt.

 

Es ist in Deiner Bio zu lesen, dass Du mit 18 auf große Reise gegangen bist. In einem alten Mercedes Bus hast Du Europa bereist und bist als Straßenmusiker aufgetreten. Wie war das damals?
Das war das reine Paradies. Eine Art Schlaraffenland. Ich brauchte jeden Tag nur ca. 1 Stunde spielen und konnte wunderbar davon leben. Es verschaffte mir, und das war das Wichtigste, eine unglaubliche Freiheit. Ich spielte natürlich viel mehr, aber nicht für Geld. Wenn ich am Tag genug hatte, spielte ich nur noch mit anderen Musikern zum Spaß. Enorm, wie viele verschiedene Musiker ich damals getroffen hatte und was ich von denen alles gelernt habe.

 

Du hast einmal gesagt: „Solange ich eine Gitarre halten und singen kann, werde ich nicht verhungern“. Trifft die Aussage in der heutigen Zeit, wo Musik – gelenkt von der Industrie -mehr und mehr zur Wegwerfware wird, auch noch zu?
Ja, denn das Livespielen ist was völlig anderes und die Leute sehnen sich immer mehr danach, Dinge zu erleben und nicht nur zu konsumieren. Da bleibe ich Optimist.

 

Als Du nach Deiner Straßenmusiker-Zeit nach Deutschland zurückgekehrt bist, hast Du Deine erste Band gegründet, nämlich die „Stenderband“. Mit der Gruppe entstand auch 1980 das Album „Erfrischungen“. Wie sind die Band und das angesprochene Album entstanden?
Ich spielte zu diesem Zeitpunkt mehr akustische Gitarre und fand, dass in Deutschland die ganzen Aufnahmen in der Richtung nicht so prickelnd klangen wie z.B.: in England. Da packte man Kompressoren auf die Gitarren, dass es richtig knallte und hier klangen die akustischen Instrumente immer so brav und hifimäßig. Da ich sehr viele Leute aus der englischen Folk-Rock Szene kannte, ergab sich igendwann mal der Kontakt zu Nigel Pegrum, dem Schlagzeuger von Steeleye Span, einer der großen Bands zu dieser Zeit. Er bot mir an, mein Album zu produzieren und ich bin mit Frank Benn, meinem damaligen Duettpartner und hervorragendem Gitarrenspieler, nach England und wir haben mit noch anderen englischen Musikern unser erstes Album eingespielt. Witzigerweise auch in 5-6 Tagen.

 

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Stimmt es, dass Du zu dieser Zeit auch als Studiomusiker für andere Künstler tätig warst?
Ja stimmt, z.B.: für "Bernies Autobahn Band", kennt wahrscheinlich keiner mehr, aber die waren für mich Anfang der ´80er echte Helden. Mit Bernie, dem Chef der Truppe, schreibe ich bis heute sehr viele Songs zusammen.

 

Im Jahre 1982 entstand die Band „Stoppok“, und ein - für meinen Geschmack - tolles Album mit dem Titel „Saure Drops und Schokoroll“ erschien. Die Kritiken zu dieser Platte waren gut. Wie siehst Du dieses Album aus heutiger Sicht?
Gute Ansätze, aber der damalige Produzent war irgendwie nicht auf unserer Wellenlänge.

 

Auf dieser Platte sind auch drei Titel zu hören, bei denen Georg Ringswandl als Autor beteiligt war. Wie kam der Kontakt mit ihm zustande, und besteht er heute noch?
Ich hatte mal, so um 1979 rum, einen Folk Club in Augsburg und da hatte ich mal Onkel Ringsgwandl engagiert und fand ihn ganz lustig. Hat ein paar wirklich gute Songs geschrieben. Habe ihn schon länger nicht gesehen, er lebt hoffentlich noch.

 

Im Jahre 1986 erschien das Album „Nie genug“. Ich habe gelesen, dass Du diese LP auch heute eher kritisch betrachtest. Warum? Ist doch ein tolles Album...
Wie "Saure Drops", war es nur teilweise gelungen und das Cover war schrecklich, da hatte ich mich von der Plattenfirma breitklopfen lassen... furchtbar.

 

Als Gast war hier Anne Haigis mit dabei. Wie kam es zu ihrem Mitwirken an „Nie genug“?
Sie war damals die beste Sängerin, die in Köln zu kriegen war und sehr lustig.

 

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Du hast Dir danach eine vierjährige Pause genommen. Warum, und was hast Du in dieser Zeit gemacht?
Weil mir das ganze Plattenfirmengedöns auf den Keks ging und ich mich nicht wohl dabei fühlte. Ich hatte einfach weiter mit meiner Band gespielt, bis mich das Finanzamt am Wickel hatte und mir eine derart hohe Nachzahlung aufbrummte - ich hatte bis dato leider ignoriert das man auch Steuern bezahlen muß - dass ich gezwungen war, doch wieder zu einer Plattenfirma zu gehen, um die Kohlen ran zu hohlen.

 

Mit „Stoppok“ erschien 1990 ein Album, das Dir ein noch größeres Publikum als bis dahin bescherte. Kann man sagen, dass es den Stein da erst so richtig ins Rollen gebracht hat?
Ja wie gesagt, der Druck des Staates. Da musste dann was gehen. Im Nachhinein bin ich dankbar, sonst hätte ich vielleicht nie mehr 'ne Platte gemacht...

 

Mit „A’schklar“ (1991) und „Happy End im La-La-Land“ (1993) kamen weitere Alben von Dir auf den Markt. Tolle Rock-Nummern, Balladen und Pop-Songs, die die Deutschrock-Szene damals richtig aufgewirbelt haben. Drei Alben in drei Jahren… Woher kamen die vielen guten Ideen in so kurzer Zeit?
...immer noch der Druck vom Finanzamt. Ich glaube, ich kann unter Druck am besten arbeiten... aber nicht immer...

 

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Mit der „Best of“-CD „Haste mal ne Mark“ hast Du die Zeit zwischen 1990 und 1996 noch einmal gebündelt auf einem Album veröffentlicht. Laut „Statistik“ (die ja immer lügen kann) hattest Du zwischen 1990 und 1996 Deine - kommerziell gesehen - erfolgreichste Zeit. Siehst Du das auch so?
Wenn man den reinen CD Verkauf in kürzester Zeit sieht und den damit verbundenen Medienrummel, dann ja. Real geht es seit dem immer weiter nach oben. Viel mehr Zuschauer und mehr CD´s, dauert nur etwas länger bis es sich rumspricht, wenn was Neues da ist.

 

Den Soundtrack zum Film „Das Superweib“ aus dem Jahre 1996 hast Du beigesteuert. Wie kam es dazu, dass Du diese Aufgabe übertragen bekommen, und plötzlich „Filmmusik“ gemacht hast?
Sönke Wortmann kannte mich und wollte mich dafür haben und ich fand, das sollte ich auch mal machen. War ganz lustig, weil wir noch richtig zum Film gespielt haben, nicht mit so einem Timecodegedängel.

 

Anfang des neuen Jahrtausends hast Du zusammen mit zwei anderen Kollegen Dein eigenes Label gegründet. Was waren die Gründe dafür?
Der Frust über die Plattenfirmen, den ich seit den ´80ern mit mir rumtrage. Ein ignorantes Völkchen. Zum Glück aussterbend.

 

Welche Künstler hast Du auf Deinem Label?
Da müsstest Du am besten ein extra Interview mit Ute-Elke Schneider machen, die Zwangschefin, die sich hauptsächlich um alles kümmert, weil wir anderen beiden kaum Zeit dafür haben.

 

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Im Jahre 2002 gab es zwei weitere Film-Soundtracks von Dir, nämlich zu den Filmen „Was nicht passt, wird passend gemacht“ und „Harte Brötchen“. Wie gehst Du solche Aufgaben an, wenn Du zu einem Film die Musik schreiben sollst?
Bei „Was nicht passt“ war es auch so, das ich z.B.: die Anfangssequenz mit Danny und Wolf, einem Schlagzeuger, im angesäuselten Zustand nachts vor der Glotze sitzend, spontan auf´s Band gespielt habe. Ich lasse mich einfach von den Bildern inspirieren, denke das macht jeder so, oder?

 

Ist das etwas, was Du Dir auch für die Zukunft vorstellen kannst, für weitere Filme oder Serien die musikalische Unterstützung zu liefern?
Ne eigentlich nicht, es sei denn, es ist ein Wahnsinnsfilm und der klopft zufällig an meiner Tür, bzw. der Regisseur natürlich. Serien kann ich mir schon gar nicht vorstellen.

 

Es gab vor kurzer Zeit die Idee zu einem neuen Projekt mit Musikern aus Kalkutta. Was war das für eine Idee und gibt es darüber schon etwas zu erzählen?
Wir haben ein paar hervorragende Musiker aus Kalkutta kennengelernt und es war erstaunlich, wie gut wir zusammen musizieren konnten und vor allem, wie gut sich ihre Art mit meinen Songs vertrug. In Deutschland hatten wir letztes Jahr schon ein paar Konzerte zusammen gemacht und jetzt sind Konzerte und Aufnahmen in Kalkutta geplant.

 

Seit einigen Jahren wohnst Du jetzt in Bayern. Warum hat es Dich gerade dorthin verschlagen, und hast Du noch Kontakt in Deine alte Heimat, das Ruhrgebiet?
Natürlich bin ich ganz oft im Pott und auch sehr gerne. Der Umzug nach Bayern hatte persönlich Gründe und da ich Ende der ´70er auch schonmal in Bayern gewohnt hatte, fiel es mir nicht schwer, mich bei den Bayern einzugewöhnen. Da eins meiner Hobbys „Im Biergarten sitzen“ ist, bin ich hier gut aufgehoben.

 

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Wie hat sich Deine Arbeitsweise in Bezug auf ein neues Album oder musikalische Projekte in den Jahren verändert, oder arbeitest Du an neuem Material und an der Umsetzung noch genauso wie früher?
Es war schon immer von Produktion zu Produktion eine sehr unterschiedliche Herangehensweise, also hat sich quasi nix verändert. Da könnte ich ja mal mit einem Grönemeyer CD Titel glänzen, der passt: "Bleibt alles anders"!

 

Stoppok privat: Was hörst Du für Musik und was war die letzte CD, die Du Dir gekauft hast?
Die letzte CD war „The Scene of the Crime“ von Bettye LaVette, eine Wahnsinnssängerin. Ansonsten höre ich alles, was gut ist. Chris Whitley ist nach wie vor einer meiner Topfavoriten.

 

Wenn Du Dir die heutige Musikszene anschaust: Was für Gedanken hast Du dann?
Dass es in Deutschland immer mehr richtig gute Musiker und tolle Bands gibt und dass in den großen Medien nicht mal 1% davon stattfindet. Trotzdem blüht die Musiklandschaft, mehr denn je. Das finde ich enorm.

 

In all den Jahren hast Du mit sehr vielen anderen Künstlern schon zusammen Musik gemacht und auf der Bühne gestanden. Hast Du noch einen persönlichen Favoriten, mit dem Du vielleicht in Zukunft gerne mal etwas zusammen machen möchtest?
Ich hätte gerne nochmal mit Chris Whitley eine Produktion gemacht, leider ist er vor zwei Jahren viel zu früh gestorben, von daher ist das nicht mehr realisierbar.

 

Wenn man sich Deine Alben mal anhört, stellt man sehr schnell fest, dass Du nicht unbedingt auf eine Richtung festgelegt bist. Wie würdest Du Dich und Deine Musik jemandem beschreiben, der sich bis jetzt noch nicht damit beschäftigt hat?
Das würde ich vermeiden wollen und ich mach es jetzt, glaube ich, auch.

 

Kommen wir langsam zum Ende dieses Gesprächs: Was hast Du für Zukunftspläne? Was willst Du in den nächsten 2 – 3 Jahren machen?
Normalerweise bin ich ja nicht so ein Zukunftsschmied, aber witzigerweise habe ich für 2009 ein Theaterstück über Schiller geplant. Zusammen mit den Schauspielern Hilmi Sözer, Michael Ehnert und Kristian Bader, werden wir im Altonaer Theater in Hamburg spielen - ich glaube, es sind schon 30 Vorstellungen gebucht - und auch damit auf Tour gehen. Ansonsten geht es ja im April erst mal auf Bandtour, und ich möchte noch dieses Jahr eine KinderliederCD produzieren und werde neben den Bandkonzerten im Dezember wieder solo auf Tour gehen, da habe ich mich sehr dran gewöhnt.

 

Ich danke Dir für Deine Zeit und die Antworten auf die Fragen. Möchtest Du unseren Lesern noch etwas sagen?
Weiter gute Musik hören und beim illegalen Downloaden immer dran denken, dass man das nur bei den nicht so populären deutschen Bands macht, große amerikanische Bands aber in jedem Fall finanziell weiter unterstützt, da die ja so einen hohen Lebensstandard haben, dass sie auf Eure Kohle angewiesen sind. So´ne Villa in L.A. ist ja nicht gerade billig. (Wacker gesprochen! - Anm. kf)

 

Interview: Christian Reder
Bearbeitung: kf, cr
Fotos: Privatarchiv und Pressematerial Stoppok, EMI, Ariola, chlodwig, Grundsound
Vielen Dank für die Unterstützung: Peter Sömmer (Manager) & Alexander Cordas (www.laut.de)