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Interview vom 18. März 2023



Ich erinnere mich noch gut an die Momente, in denen ich zum ersten Mal COSA ROSA und JULIA NEIGEL gehört habe. Zwei Frauen, die unterschiedlicher nicht sein konnten, die aber ganz wunderbare Lieder geschrieben haben. Mit ihren "Auftritten" damals in verschiedenen TV-Sendungen und den dort vorgestellten Songs haben sie mich gleich gecatcht. Das ist mir früher sehr oft passiert, weil die Szene damals noch viel abwechslungsreicher und in Sachen medialer Verbreitung besser durchblutet war. Manchmal denkt man, sowas passiere heute nicht mehr oder kaum noch. Eine Sängerin und Song-Schreiberin ISA JANSEN überzeugt mich dann schon mit wenigen Tönen vom Gegenteil. Nein, ich habe sie nicht im TV gesehen und nein, auch nicht im Radio gehört. Ich entdeckte ein Youtube-Video - wieder durch Zufall - und war nicht mehr einfach nur neugierig, sondern im höchsten Maße daran interessiert, was sie außer dem von mir entdeckten Song "Du hast mich kaputt gemacht" noch alles im Repertoire hat, womit sie bei mir tief ins Innere vordringen kann. Es sind andere Zeiten, andere Stimmen und andere Gelegenheiten, auf Musik aufmerksam zu werden, aber sie sind nicht weniger spannend wie vor 30 oder 40 Jahren, wo einem alles auf dem Silbertablett serviert wurde. Heute muss man selbst in die Küche gehen … Ich hatte in der vergangenen Woche die Gelegenheit, mich mit ISA JANSEN zu unterhalten. Auf diese Weise möchte ich sie Euch heute vorstellen und auch auf ihre Musik aufmerksam machen, an deren Erstkontakt ich mich in einigen Jahren sicher noch genauso gut erinnern werde, wie an den mit Cosa und Julia. Hier ist jedenfalls die Niederschrift unseres Gesprächs ...






Du bist zwar erst Anfang 30, aber als Newcomerin in Sachen Musik jetzt erst spät gestartet. Warum hast Du so lange auf Dich warten lassen?
Ich glaube, dass es jetzt genau der richtige Zeitpunkt ist, zu dem es sich hin entwickelt hat. Nach dem Musikwissenschaftsstudium habe ich zuerst für ein Musikfestival gearbeitet und immer gemerkt, dass ich wahnsinnig viele eigene Ideen habe und mir ein freies und kreatives Arbeiten wesentlich besser liegt. Ich bin so richtig schlecht in "Bürotätigkeiten", im Organisieren und Excellisten erstellen. Ich mach mir einfach ständig über Anderes Gedanken. Mit Ende 20 hab ich dann gedacht, dass ich der Welt auf eine kreative künstlerische Weise etwas zu erzählen habe. Und dann war es alles einfach ein Flow.


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Du kommst aus Greifswald und bist dort aufgewachsen. Wo und wann hattest Du die ersten Berührungen mit Musik? Was war die Initialzündung, die Dich hat Musik komponieren und Texte schreiben lassen?
Natürlich war da der erste Gitarrenunterricht in der Grundschule, bei dem ich gemerkt habe, was es für ein tolles Gefühl ist, selbst Melodien und Lieder erschaffen zu können. Ich bin aber auch in einem Musikliebhaber-Haushalt aufgewachsen. Mein Papa hat mir seit der Kindheit bereits sehr viel Musik der 80er injiziert. In der Jugendzeit habe ich dann entdeckt, dass ich auf gute deutsche Songtexte stehe und dann ab und zu etwas geschrieben.

Hast Du Deine ersten Schritte in einer Schülerband gemacht oder als Einzelkämpferin mit Klampfe am Lagerfeuer?
Ich habe mit einer Freundin zusammen eine Band namens VERKÄRTRUM gegründet. Ich habe E-Gitarre gespielt und wir haben ein paar Songs geschrieben. Coversongs gab es auch von Die Toten Hosen, Beatsteaks und The Hives. Das war aber mehr der Input meiner Freundin. So eine Rockerlady bin ich nicht, aber ich habe immer noch gerne eine E-Gitarre in meiner Produktion und manchmal sagt man mir, dass meine Songs in Hinsicht Ehrlichkeit und Direktheit an die Punkzeit der 80er erinnern.





Ok, Gitarre ist klar … Aber sonst: Bist Du Autodidakt oder hast Du für die von Dir auf dem Album gespielten Instrumente Unterricht bekommen?
Ja ich hatte immer Unterricht. Viele Jahre Gitarre, Klavier und Gesang. Teilweise an der Musikschule, privat und im Studium, wo man mich wunderbar gefördert hat.

Wer waren in den Teenager-Tagen denn Deine musikalischen Vorbilder und Inspirationsquellen, und haben sich diese im Laufe der Zeit geändert?
Wie gesagt zuerst die 70er und 80er von zu Hause aus und später hat mich eigentlich alles interessiert. Alles was aktuell war und alles, was es in der Geschichte einmal gab. Das war in Teenager-Tagen so und das ist auch heute so. Ich freu mich sehr, immer wieder etwas Neues zu entdecken, das mich begeistert. Ein Vorbild hatte ich noch nie.

Du hast in Greifswald und Weimar Musikwissenschaften studiert. Wo wolltest Du mit diesem Studium später denn beruflich hin, bzw. was waren Deine Ziele?
Ich wollte mich mit Musik beschäftigen. Das war eigentlich alles.

Wie eingangs schon angsprochen, trittst Du "erst jetzt" mit Deiner Stimme in den Lichtkegel der Scheinwerfer. Du hast mir erzählt, dass Du vor den Corona-Tagen angefangen hast, Lieder für eine Platte zu machen. Wann genau ging das los und was war dafür der Auslöser?
Ernsthaft meine Lieder nach außen tragen wollte ich 2019. Die Songs hatte ich teilweise alle schon in meiner Bürozeit geschrieben, sie mit ein paar Freunden geteilt und gutes Feedback bekommen. Ich hatte einfach Lust, damit aufzutreten und sie aufzunehmen. Ich arrangiere sehr gerne und liebe es, wenn eine Band zusammen klingt. Da hat sich so ein Wunsch für mich ergeben, irgendwann einmal eine wunderbare Show kreieren zu können, mit schönen Songs, die musikalisch toll in Szene gesetzt werden und den Leuten einfach Spaß machen.

Du hast Deine Songs ja nicht allein aufgenommen, sondern wirst von verschiedenen Musikern begleitet. Was sind das für Damen und Herren? Ist das Deine feste Besetzung oder sind das Kollegen, die nur im Studio und gelegentlich mal live mit Dir spielen?
Das ist ganz unterschiedlich. Momentan haben wir durch die Bank weg sehr gut ausgebildete Musiker auf dieser CD, manche sind fester im Projekt und manche sind in vielen weiteren Projekten eingebunden, aber haben ein paar tolle Spuren beigesteuert. Da schaut man dann einfach, wie und wann man mal wieder etwas zusammen macht.


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Isa Jansen (Foto © Dennis Krischker)



"Bitter & süß" heißt Dein Debüt-Album. Warum hast Du Dein Album gerade so genannt?
Das war eine gemeinsame Entscheidung mit dem Label. Der Titel trifft die Dialektik sehr gut, die sich in vielen meiner Songs wiederfindet. Die Lieder handeln manchmal von ganz gegensätzlichen Gefühlen, die am Ende doch zusammengehören und der Titel bleibt dabei aber leicht und frühlingshaft. Während die Texte tief rein gehen, bleibt die Musik zum größten Teil laid back, entspannnt und geshuffelt - zumindest auf diesem Album.

Wie würdest Du den Leuten, die Dich noch nicht kennen, Deine Musik beschreiben? Klassische Liedermacherei ist es ja nicht, auch wenn da eine Menge Parallelen zu hören sind, oder?
Ich glaub, das ist immer die schwierigste Frage. :-) Es sind deutsche, zum Teil sehr lyrische Texte in einen handgemachten Bandsound mit Popmusik-Hooks. Vielleicht so … Und dann gibt es auch Stücke, die minimalistischer begleitet sind, so wie "Traumwelt" mit einem modernen Liedermacher-Klaviersound oder "Ohne Dich" mit einer Country-Gitarre, die vom Sound her auch eher aktuell klingt.

Besonders auffällig ist der Bonus-Track am Ende, der musikalisch ja heraus sticht. Wie hat sich denn ein elektronischer Song zwischen all die akustischen Lieder verirren können?
Das hat einfach Spaß gemacht. Bei aller Leidenschaft für das "handgemachte" finde ich das Austesten einfach mal interessant. Es wird zu "Bitter & Süß" noch einen 80s Remix geben. Es ist einfach mal spannend, mit einem anderen Produzenten zusammenzuarbeiten, ihm lediglich die Gesangsspur zu schicken, sich zurückzulehnen und zu sehen, was passiert.


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Isa Jansen (Foto © Jens Wazel)



Wie darf man die Geschichten, die Du in Deinen Liedern erzählst, interpretieren. Ist das Dein vertontes Leben oder Beobachtungen Deiner Umwelt, die nun zu Liedern wurden?
Das kann man vielleicht durch den Schaffensprozess erklären. Ich schreibe immer erst einmal Gedichte. Schon diese allein sind manchmal recht vielschichtig. Ich frage mich manchmal selbst, was eigentlich los ist und warum mir manches in den Kopf kommt. Es können Spiegelungen von jemand anderes sein oder eigene Gefühle. Manchmal wirken Dinge oder Menschen auf mich, sodass einfach etwas entsteht. "Federkleid" von der ersten EP habe ich z. B. direkt nach einem Konzertbesuch geschrieben. Die Story in dem Text ist Fantasie und doch war genau dieses Gefühl da. Der Song lag an diesem Abend einfach in der Luft. Zusammengefasst sind es meist komplexe oder sehr emotionale Situation, ein wenig Verarbeitung und ein wenig Fantasie.

Wie führst Du dann Deinen Text mit Musik zusammen? Hast Du eine spezielle Vorgehensweise beim Komponieren?
Ich entwickle immer zuerst die Harmonien. Ich habe mal gehört, dass es da drei Typen gibt. Manche denken mehr in Melodien, manche in Harmonien und manche in Rhythmus. Also ich bin eindeutig der Harmonietyp. Mittlerweile gewinnt der Beat für mich immer mehr an Bedeutung und eine schöne Hook ist meist eine sehr einfache Melodie. Sie muss aufs Wort passen.

Komponieren und das Ganze am Ende Arrangieren sind ja nochmal zwei verschiedene Dinge. Bist Du auch dafür allein zuständig oder gibt es bei "Bitter & süß" einen Produzenten, der den Sound der Songs kreiert hat?
Also ich überlege mir das große Ganze, den Ablauf, den Beat und welche Instrumente es geben soll. Und dann erschaffen die Musiker ihre Spuren zum großen Teil selbst. Manchmal gebe ich noch ein musikalisches Thema vor und dann haben sie ihren Spielraum. Wie gesagt, es sind ganz großartige Musiker und tolle Menschen, die den Songs noch etwas besonders verleihen.


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Isa Jansen (Foto © Fritz Lemke)



Auf Deiner CD befinden sich 12 Lieder. Liebt man jedes der 12 Kinder gleichermaßen oder hat man da besondere Lieblinge, die einem mehr am Herzen liegen als andere?
"Die Bank" bedeutet mir persönlich viel und "In den Wolken" höre ich mir eigentlich nie über. Und "Lass Los" liebe ich live zu spielen. Er beginnt ruhig und entwickelt eine sehr kraftvolle Dynamik im Laufe des Liedes.

"Bitter & süß" erscheint auf dem Label von Konstantin Wecker, nämlich "Sturm & Klang". Wie kam es zum Plattenvertrag dort? Hast Du Dich dort klassisch mit einem Demo beworben?
Nein es hat sich eher wie stille Post von Berlin nach München weitergetragen. Das Management ist durch eine Empfehlung aufmerksam geworden.

Du wirst am 23. März, einen Tag vor Erscheinens Deines Albums, ein Record Release Konzert in Berlin geben. Was kann man dort erleben, wenn man sich ein Ticket für Deine Show kauft? Was hast Du vorbereitet?
Wir spielen in der Jazz- und Bluesbar "Bar Bobu" in Friedrichshain mit ganzer Band und ich freu mich riesig drauf. Es gibt neben den Songs vom Album noch eine Menge Überraschungen. Es wird ein wenig maritim und ab und zu kann man mitsingen.

Gibt es noch Karten und wenn ja, wie kommt man da ran?
Der Platz in der Bar Bobu ist natürlich begrenzt, aber für unsere Releaseparty haben wir keine Schwelle über einen Kartenverkauf eingerichtet. Jeder gibt am Einlass, was er bereit ist zu geben. Wir wollen einen schönen Abend gemeinsam haben und das Album feiern.


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Isa Jansen (Foto © Dennis Reimann)



Was erhoffst Du Dir für Dein Album? Wen möchtest Du erreichen und in welche Dimensionen möchtest Du damit vordingen?
Über ein bestimmtes Ziel denke ich gar nicht nach. Ich finde es total spannend, wen ich auf der Reise alles erreichen kann und bin schon jetzt dankbar für all den Support.

Es gibt ja schon zwei Singles, zu denen es auch Clips gibt. Dazu hat es schon eine EP gegeben, die ich leider nicht kenne. Wie ist denn die Resonanz der Leute auf das bisher erschienene Song- und "Bild"-Material?
Es ist ganz interessant zu beobachten, dass es jetzt häufig so ist, dass ich die Resonanz nicht mehr ganz direkt und persönlich mitbekomme, sondern, es sich manchmal einfach in Zahlen äußert. Da kann man jetzt vollkommen analytisch antworten, dass wir eine mega Klickrate für die Videos hatten. Das ist das, was ich dann zunächst mitbekomme und dann kommen ab und an die ersten Anfragen für ein Autogramm. Ein komisches Gefühl, das erstmal neu ist. Ich meine damit, dass sich die "Nahbarkeit" verändert hat, zumindest online. Das ist so ein Prozess, wenn man mehr Leute auf einmal erreichen möchte und glücklicherweise kann. Ich bin sehr dankbar dafür, dass es also klappt, die Songs zu verbreiten. Aber ich glaube, jeder Künstler muss sich auch darauf einstellen können, dass man vielleicht doch eher in einer kleinen Nische bleibt oder man nur seinem nächsten Umfeld etwas geben kann. Das ist eine hohe Kunst, mit allem zufrieden und für alles im Hier und Jetzt dankbar zu sein. Und manchmal schaffe ich das auch.

Wie wirst Du Deine Musik verbreiten außer mit Konzerten? Gibt es für Dich Möglichkeiten, Dich in Radio und TV zu präsentieren?
Ein paar Airplays gibt es und ich fahre bald zu ein paar Radiointerviews quer durchs Land. TV wird ja in Zeiten von YouTube und Streaming tatsächlich manchmal unterschätzt, aber es ist immer noch wichtig und wenn sich da etwas ergibt, freue ich mich riesig drauf.


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Isa Jansen (Foto © Dennis Krischker)



Wie siehst Du als junge Künstlerin die Szene wenn Du sie mit dem vergleichst, was man über die von vor 30 oder 40 Jahren weiß. Würdest Du Dir die von früher für heute auch wünschen oder bist Du froh mit der, die wir hier haben?
Es gab in dieser Zeit wirklich schöne Musik, die immer wieder revolutioniert wurde und ich denke, Musik war noch viel mehr ein Mittel, um sich zu identifizieren und eine Gemeinschaft zu haben. Aber ich bin da gar nicht so nostalgisch und denke, heute gibt es ebenso eine ganze Menge zu entdecken, auch wenn jeder vielleicht etwas mehr für sich alleine "kämpft".

Ich habe diese Frage gerade gestern noch einer anderen jungen Dame gestellt, die ebenfalls in Deinem Bereich Musik macht, und Dir stelle ich sie jetzt auch: Wäre ein Format wie DSDS oder The Voice für Dich in Frage gekommen oder ist das gar nicht Deine Baustelle?
Das kann ich ganz klar mit nein beantworten. Ich habe großen Respekt davor, wenn jemand Songs wunderbar interpretieren und performen kann, aber hier passt wieder einmal das Zitat meines Labelchefs Konstantin Wecker "Ich singe, weil ich ein Lieb hab". Ich mache Songs und singe sie dann, um die Perfomance allein geht es bei mir nicht.

Was wird in Zukunft von Isa Jansen zu erwarten sein? Wirst Du wieder in ein "bürgerliches Leben" mit einem 9 to 5 Job zurückkehren oder wirst Du beim Musikmachen bleiben?
Ich werde auf jeden Fall weiter Songs schreiben. Wie schon gesagt, welches Publikum sie dann hört, ist immer der zweite Schritt. Ich habe sehr viel Freude an dieser kreativen Arbeit. Ansonsten läuft es vielleicht eher auf eine andere Art Selbstständigkeit hinaus, da ich immer mehr in Ideen, Idealen und Visionen denke. Rein Operatives fällt mir schwer, siehe meine Antwort auf die erste Frage ;-)





Ich danke Dir für Deine Zeit und die Antworten auf meine Fragen. Möchtest Du am Ende dieses Interviews noch ein paar abschließende Worte an die Leser richten?
"Ich singe, weil ich Lieder habe" und freue mich so sehr über jeden einzelnen, den ich mitnehmen darf, in meine Geschichten.



Interview: Christian Reder
Fotos: Isa Jansen PR. Dennis Krischker, Fritz Lemke, Dennis Reimann, Jens Wazel, Thomas Paelecke (Bild im Header)






   
   
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