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Interview vom 6. Januar 2023

In den letzten zwei Wochen gab es reichlich Gerüchte und schlechte Neuigkeiten, die Gruppe KARAT betreffend. Michael Schwandt und Christian Lieblig sollen aus der Band "gefeuert" worden sein, so teilte eine Tageszeitung mit. Namen, die ihre Nachfolge antreten sollen, wurden auch schon gehandelt, allerdings ohne von offizieller Seite bestätigt worden zu sein. Von internen Zerwürfnissen und Zank war die Rede, Fans reagierten geschockt auf die Meldungen rund um die Jahreswende. Neben Fakten gab und gibt es auch ein paar Gerüchte, die in der digitalen Welt die Runde machen.001 20230107 1444635653 Die Band hüllt sich jedoch in Schweigen, hat lediglich ein kurzes Statement ohne konkrete Angaben von Gründen über die sozialen Medien veröffentlicht und ist dann wieder in den Urlaubsmodus abgetaucht. Darum fragte Christian mal bei Ed Swillms nach, dem Musiker, dem die Band eigentlich alles zu verdanken hat, und der immer noch einen direkten Draht dorthin hat. Was denkt er über die aktuelle Situation und wie geht es ihm eigentlich?

 


 

Hallo Ed, wie geht es Dir?
Mir geht es sehr gut. Danke der Nachfrage.

In den letzten Tagen gab es immer wieder Meldungen um Deine alte Band KARAT. Keine Schönen, um genau zu sein. Wie siehst Du auf das, was dort gerade passiert?
(überlegt kurz) Du meinst die Sache mit Christian Liebig, oder?

Genau, und die mit Michael Schwandt, denn der ist ja auch raus …
Naja, wobei Micha ja freiwillig gegangen ist. Bei Christian ist es ja eher so, dass seit ungefähr 1 ½ Jahren seitens Managerin Adelheid Walther und Gitarrist Bernd Römer massiv daran gearbeitet wird, ihn aus der Band zu schmeißen.

Gibt es dafür einen Grund? Hat er sich was zu Schulden kommen lassen?
Die Gründe dafür wüsste ich auch gerne. Ich kenne keinen. Sie wollen ihn aus der Band werfen und ich weiß nicht warum. Micha hat das ganze Debakel um Christian miterlebt, ihm reichte das Theater dann irgendwann und er sagte, "So geht es nicht weiter, und mit mir schon gar nicht!" Er ist dann von sich aus bei KARAT ausgestiegen. Am heutigen Nachmittag befragte mich schon ein Journalist zum Thema und ich sagte ihm auch, "Ich würde gern mal die Gründe für Christians Rauswurf wissen", und er meinte nur, dass man von Seiten der Band äußerst wortkarg sei.

Da gibt es nur eine blutleere Wortmeldung bei Facebook …
Ja, ich halte von der ganzen Sache überhaupt nichts. Das ist meiner Meinung nach unverständlich, leichtsinnig und nicht nachvollziehbar. Ich halte Christian für einen der besten Bassisten, die ich kenne. In meinen Stücken sind ja bekanntlich auch ein paar halsbrecherische Stellen, wie z.B. beim "Narrenschiff", wo er ein paar sehr kniffelige Läufe spielen muss. Und das hat er immer sehr exzellent gemacht. Am fachlichen Können kann es nicht gelegen haben. Ich kann es mir nicht zusammenreimen, wieso Adele Walther und Bernd Römer ihn aus der Band werfen wollen.


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Christian Liebig beim Konzert in Leipzig im Dezember 2022



Du warst in den vergangenen 17 Jahren nach Herberts Tod und dem Einstieg von Claudius als neuem Sänger auch immer wieder mal mit auf der Bühne. Wie hast Du das Innenleben der Gruppe erlebt?
Ich habe das als sehr gut empfunden, was ich da erlebt habe. Claudius hat seine Sache sehr gut gemacht und die Band war spielerisch in Bestform. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht. Keine Spur von Ärger.

Live sind die ja nach wie vor eine Bank gewesen. In Sachen neuer Musik eher weniger. Hast Du die letzten drei Studioalben mal gehört?
Die kenne ich gar nicht. Die habe ich mir nicht angehört.

Wobei man ja auch sagen muss, dass beim letzten Album außer Bernd und Claudius kein anderer aus der Band im Studio mitgespielt hat, was den Aufdruck "Karat" auf dem Cover dann schon etwas seltsam erscheinen ließ. Bei den Aufnahmen waren viele externe Musiker dabei, die scheinbar der Produzent dazu geholt hatte …
Aha, das wusste ich gar nicht. Ich glaube, die machen wohl so ziemlich alles falsch, was man nur falsch machen kann. Und wie das nun ohne Micha und Christian weitergehen soll, ist mir auch völlig schleierhaft. Das kann meiner Ansicht nach eigentlich nicht gut ausgehen. Die müssen ab April ja auch wieder live spielen …

Du bist der, der die ganzen großen Lieder geschrieben hat, der der Band eine Seele gab und sie dürfte somit auch Dein Lebenswerk sein … Was empfindest Du gerade im Moment, wenn Du das alles hörst und mitbekommst?
Ich fühle mich damit äußerst unwohl! Das beschäftigt mich fast jeden Tag. Über soviel … wie soll ich sagen … Unvernunft, Leichtsinnigkeit und Verantwortungslosigkeit kann ich nur den Kopf schütteln. Ich fühle mich furchtbar dabei. Es ist mir unverständlich, was da in die gefahren ist.


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Micha Schwandt (vorn rechts) bei einem seiner letzten Konzerte



Schön ist aber zu sehen und hören, dass es Dir gut geht …
Ja, tut es!

Zum 40-jährigen von KARAT hatte man ja die Hoffnung, Dich in Berlin live beim Jubiläumskonzert in der Waldbühne zu treffen, aber da kamst Du leider nur auf der Leinwand vor …
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich mit den Folgen eines Oberschenkelhalsbruchs zu kämpfen. Der ist eigentlich ganz gut verheilt, man musste mir aber an der linken Hüfte ein künstliches Teil einsetzen. Dafür mussten Muskeln und Sehnen getrennt werden, und dabei sind Rezeptoren, die für die Sensorik der Füße zuständig sind, in Mitleidenschaft gezogen worden. Seitdem bin ich nicht mehr ganz so sicher auf den Füßen. Auf den Beinen schon, aber nicht mehr auf den Füßen. Das war der Grund, weshalb ich nicht vor Ort und nur per Videoschalte dabei sein konnte.

Was ist eigentlich aus Deinen Ambitionen geworden, wieder neue Musik zu machen?
Ich habe einiges geschrieben. Während ich das tat, stellte sich allerdings heraus, dass sie sich von der Phrasierung her besser für Englische Texte und eine Frauenstimme eignen würden. Ich hatte dann eine schwarze Sängerin namens Coco Fletcher (übrigens ein ausgesprochen gutes Tina Turner-Double, Anm. d. Red.) aus Alabama kennengelernt, die mittlerweile in Berlin lebt, und die ist darauf richtig abgefahren. Leider ist das irgendwie im Sande verlaufen weil wir niemanden gefunden haben, der das finanzieren wollte.

Das ist sehr schade. Ich danke Dir jedenfalls für Deine spontane Zusage, mir hier zum Thema KARAT ein paar Fragen zu beantworten. Alles Gute, lieber Ed!
Das wünsche ich Dir auch, und natürlich ein gesundes neues Jahr.



Anmerkung: Wir haben versucht, zu Eds Angaben eine Stellungnahme von Bernd Römer zu bekommen. Leider war er für uns telefonisch nicht erreichbar.



Interview: Christian Reder
Fotos: Patrick Baumbach, Matthias Ziegert, Reinhard Baer 




   
   
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