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Interview vom 13. Mai 2022



Der gebürtige Schwabe Lukas Meister macht inzwischen seit 10 Jahren Musik. War er vorher in verschiedenen Bands unterwegs, versucht er es seitdem auf Solopfaden. Im März ist mit "Lieder für vor, während und nach der Apokalypse" sein neues Album erschienen. Über die Arbeiten an dem Album, seine nächsten Pläne und die spannende Zusammenarbeit mit der Sängerin Sarah Lesch konnte unsere Kollegin Antje mit ihm reden ...

 


 

Ich habe gelesen, dass du bereits seit knapp 10 Jahren solo Musik machst. Wann kam für dich der Schritt?
Das war immer schon klar, dass ich das machen möchte. Ich habe schon irgendwann in der Schule angefangen mit Schülerbands. Während des Studiums hat sich heraus kristallisiert, dass es besser ist alleine Musik zu machen, weil man da nicht von anderen abhängig ist. Mich da als Singer/Songwriter oder eben Liedermacher auf die Bühne zu stellen war eher eine pragmatische Entscheidung. Ich wollte meines eigenen Glückes Schmied sein. Ich wollte nicht abhängig von Bands sein, die dann sowieso auseinanderbrechen. Das hat sich so schon sehr früh heraus gestellt. Ich habe im Anschluss noch studiert, dann habe ich den Schritt gemacht.


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Foto: Sören Pekartschik


Was hast du denn studiert?
Deutsch und Italienisch.

Du singst auf Deutsch, für dich ein logischer Schritt?
Es war für mich zuerst logisch auf Englisch zu singen, weil ich das Gefühl hatte, da weniger von mir Preis zu geben. Man kann viel mehr singen, ohne was zu verraten. Die ersten Sachen, die ich geschrieben habe, waren also auf Englisch. Als ich dann gemerkt habe, dass es völlig langweilig ist was ich schreibe, weil auch mein Englisch nicht so gut ist, war es dann der logische Schritt. Bei deutschen Texten ist es viel schwieriger, sich auszudrücken. Zumindest so, dass einem das Endergebnis dann auch noch gefällt. Ich bin selber kritischer, wenn ich Musik mit deutschsprachigen Texten höre. Deswegen ist es eine gewisse Hypothek, die man da mit sich rum schleppt. Ich habe sehr lange gebraucht, bis ich was auf Deutsch geschrieben habe, was mir selber gefallen hat.

Deine Musik kann man ja schon in Richtung Liedermacher einordnen. Wurdest du durch welche geprägt?
Ja, aber nicht durch die ganz Klassischen. Viele denken da zuerst an Reinhard Mey oder Hannes Wader. Die habe ich nie viel gehört. Funny van Dannen hat mich zum Beispiel sehr inspiriert. Oder auch Sven Wegener von Element of Crime. Das war so eher meine Inspirationsquelle.


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Foto; Timmy Hargesheimer


Du hast dein aktuelles Album genau während der Corona-Krise aufgenommen. Wie kann man sich während der Zeit die Arbeiten an dem Album vorstellen?
Zum Glück macht es die Technik möglich. Ganz viel davon ist remote entstanden. Ich habe irgendwann angefangen, ungefähr im Herbst 2020/Frühjahr 2021, mit Mikrofonen zu experimentieren. Ich habe dann in meinem Proberaum die ersten Sachen aufgenommen. Es wusste ja auch niemand, wann man wieder auftreten kann. Dementsprechend war auch unsicher, ob ich überhaupt mit der Musik Geld verdienen kann, wenn ich welche veröffentliche. Letztendlich haben wir dann zwei Tage im Studio verbracht. Mit Schlagzeug und Bass, da haben wir dann alles gleichzeitig eingespielt. Im Nachgang habe ich die Aufnahmen dann noch mit Overdubs nachbearbeitet, um die Arrangements fertig zu machen. Ich wollte mich auch von der Idee ein bisschen freimachen, dass es von der CD immer genauso klingen muss wie live. Das ist ja eh eine andere Geschichte. Das hat auch gut getan, noch ein bisschen mehr Sound im Hintergrund zu haben.

Soll die Platte auch noch auf Vinyl erscheinen?
Von mir aus hätte es das gerne geben können. Aber im Augenblick ist das ein bisschen schwierig, weil die Presswerke lange ausgebucht sind. Man wartet ein halbes Jahr, wenn man was bestellt. Dann sagen die auch, dass die Scheibe für eine Einzelplatte ein bisschen zu lang ist. Ich hätte also Doppelvinyl machen müssen, und das rentiert sich dann einfach nicht mehr für mich im Moment. Auch wenn es momentan ein gewisses Revival gibt. Wenn es nach mir ginge und ich das Geld hätte, würde ich das sofort machen. Aber es läuft eben mehr unter Liebhaberei als unter Geld verdienen.


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Foto: Timmy Hargesheimer


Auf dem Album kommen ja auch unter anderem Streicher und Posaunen zum Einsatz, kannst du dir vorstellen, dass auch mal mit einem Orchester oder einer Bigband zu präsentieren?
Ja, das kann ich mir sehr gut vorstellen. Wenn sich da was Passendes ergibt, bin ich zu jeder Schandtat bereit. Mit Orchester wäre natürlich ein Traum. Ich hatte einmal, kurz bevor Corona losging, bei einem Konzert in Berlin für einen Song einen Chor mit auf der Bühne. Da ging mir schon ganz schön die Pumpe, das war schon was Besonderes. Wenn es sich irgendwann ergibt, wäre es ein Traum, ja.

Ist eine Tour geplant?
Eine Tour nicht so richtig, nein. Das macht im Moment einfach noch keinen Sinn. Es läuft ja alles erst gerade wieder an. Die Leute sind träge geworden, was Ticketkauf angeht. Das ist ja logisch, niemand will im Herbst wieder einen Stapel Tickets liegen haben, wo niemand weiß, wann das entsprechende Konzert nachgeholt wird. Die letzten zwei Jahre haben die Leute dazu gebracht, da etwas zurückhaltender zu werden. Ich glaube, ganz viele haben sich auch so daran gewöhnt, den Abend auf der Couch zu verbringen, dass es schwer ist, sie wieder zum Konzert zu kriegen.

Das geht mir persönlich nicht viel anders. Ich hatte auch Karten für 7 oder 8 Konzerte liegen, die verschoben wurden. Irgendwann kommt man ja auch in Zeitprobleme, wenn die dann alle mal nachgeholt werden.
Ja genau. Die Clubs sind auch noch damit beschäftigt, die ganzen Konzerte nachzuholen. Mal sehen, ob das alles klappt. Ich mache deswegen ganz langsam. Dann bin ich auch nicht enttäuscht, wenn ich nicht so viele Erwartungen hatte. Ich glaube, bis es wieder so richtig losgeht, werden noch ein paar Monate ins Land gehen.


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Foto: Sören Pekartschik


Spielst du noch ein anderes Instrument, außer Gitarre?
Auf der CD habe ich zum Beispiel auch Klavier gespielt, E-Gitarre und Mundharmonika. Ich habe in verschiedenen Formationen auch schon Bass gespielt. Aber da habe ich inzwischen einen Freund, der das besser kann als ich. Im Grunde bin ich ein halbfertiger Multiinstrumentalist. Ich kann vieles ein bisschen, und wenig richtig. Aber das kommt meiner Musik eigentlich ganz gut entgegen.

Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit Sarah Lesch? Die hast du beispielsweise ja auch auf Tour begleitet?
Ja genau, das waren ein paar sehr schöne Jahre. Wir haben uns 2012 in Stuttgart kennengelernt. Wir sind dann in Kontakt geblieben. 2016 haben wir uns zufällig in Wien getroffen. Da lief es bei ihr richtig gut, bei mir überhaupt nicht. Ich wollte alles hinschmeißen. Da meinte sie: komm doch mit mir auf Tour, ich bräuchte dringend einen Begleitmusiker. Da hab ich gedacht, das kann ich auf jeden Fall noch machen. Aufhören kann ich danach immer noch. Dann wurden daraus drei sehr schöne Jahre. Von 2017 bis 2019 waren wir zusammen auf Tour. Vielleicht in Zukunft mal wieder, wer weiß?!

Okay, da hast du meine nächste Frage quasi gleich mit beantwortet. Konkrete Pläne gibt es also noch nicht für eine gemeinsame Zusammenarbeit?
Wir quatschen schon in regelmäßigen Abständen. Wir haben schon Lust darauf, glaube ich. Früher oder später werden wir wieder was zusammen machen. Neulich haben wir uns zum Beispiel in Leipzig getroffen und haben ein paar Lieder zusammen performt. Das gibt es bestimmt mal wieder, ich weiß bloß noch nicht wann.

Wie soll es in nächster Zukunft weitergehen, wo das Baby jetzt schon etwas länger draußen ist?
Ich werde einfach gucken, was sich über den Sommer und Herbst ergibt. Ich werde für den Herbst noch ein paar Konzerte buchen, soweit das möglich ist. Einige Radiostationen, vor allem Kultursender, haben schon ordentlich Musik von der neuen Platte gespielt. Jetzt wäre es dran, dass man mal wieder ein paar mehr Konzerte spielt. Das wird im Herbst soweit sein.


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Foto; Timmy Hargesheimer


Du bist ja aus dem Hochschwarzwald in das große und laute Berlin gezogen. Hat sich das auch auf deine Musik ausgewirkt?
Nein. Ich glaube, dass ich mir da ziemlich treu geblieben bin. Ich glaube nicht, dass sich da viel verändert hat. Es ist nicht so, dass beispielsweise plötzlich Elektroeinflüsse hinzu gekommen wären. Ich habe hier eigentlich ein ganz ähnliches Leben, wie ich es in Freiburg auch gehabt habe. Der Unterschied ist, dass man hier viel mehr verrückte Leute trifft, die mal Lust haben mit auf Tour zu fahren, ohne dass sie wissen was passiert. Oder sich einfach mal auf ein neues Projekt einlassen. Ich denke das hat aber auch was mit den Lebenshaltungskosten zu tun. Natürlich ist Berlin da auch langsam dabei, nachzuziehen. Aber lange Zeit war es so, dass Freiburg schon so teuer war, was Lebenshaltungskosten und Mieten angeht. Da findet man selten Leute, die einfach sagen: Mensch ich habe Zeit, brauch gerade nicht wahnsinnig viel Kohle - ich fahre einfach mal mit. Da hat man in Berlin eher mal Glück, jemanden für waghalsige Experimente zu finden.

Da kann man sich sicher auch ganz anders auf die Kreativität einlassen.
Ja genau. Es gibt natürlich auch ein viel größeres Netzwerk an Studios und so weiter. Wahnsinnig viele Leute, die im Kulturbereich tätig sind. Das ist gut und auch wichtig, gerade in einer Zeit wo Stillstand ist. Da ist es wichtig, irgendwo Anschluss zu haben. Die Anbindung ist auch an sich sehr gut. Man ist schnell von Berlin nach Freiburg gefahren, wenn es nötig ist.

Managest du dich eigentlich selber?
Ja genau. Wenn man bei mir schon von Management sprechen kann, mache ich das selber. Ich habe zwar in Leipzig ein Label, aber hauptsächlich bin ich da, weil ich gerne mein eigener Chef bin und gerne meine eigenen Entscheidungen bei wichtigen Sachen treffe. Ich arbeite mit denen zusammen, was den Verlag angeht und den Vertrieb. Aber wie die Platte klingt usw., das mache ich alles selber. Ich genieße es auch, dass mir in die künstlerischen Sachen niemand reinquatscht.


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Foto: Christian Reder


Ich finde deine Texte zum Teil sehr bildlich. Ist es für dich ein gutes Stilmittel?
Ich bin nicht so pragmatisch beim Texten, dass ich mir das bewusst überlege. Es passiert so. Ich mag gerne sprachliche Bilder und Figuren. Aber es ist nicht so, dass ich das bewusst einsetze.

Magst du unseren Lesern zum Schluss noch etwas mit auf den Weg geben?
Im Allgemeinen natürlich immer der Hinweis: wenn man seine Künstler und Künstlerinnen unterstützen will, dann auf deren Konzerte gehen und die Platten kaufen. Denn Streaming, egal ob von Konzerten oder Musik, ist einfach keine gute Einnahmequelle für Kulturschaffende. Deswegen: geht auf Konzerte.

Okay, dann vielen Dank für deine Zeit.
Gerne, dir vielen Dank für das Interview.



Interview: Antje Nebel
Bearbeitung: Christian Reder
Fotos: Christian Reder (1, 7), Sören Pekartschik (2, 5), Timmy Hargesheimer (3, 4, 6)


 
 
 

   
   
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