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Interview vom 19. Mai 2021



Der singende Gitarrist NORBERT EGGER gehört zu den Urgesteinen im deutschen Blues und Blues-Rock. Schon früh in den 80igern hat er in der Metropole an der Elbmündung mit seinen Gruppierungen CITY BLUES CONNECTION und NATURAL BLUES für Aufsehen gesorgt. Lange war es etwas stiller um ihn geworden. Jetzt ist er wieder da, mit neuem erfahrenen Personal an seiner Seite. Und er ist aktiv, kreativ, kritisch, unbequem, er nutzt das traditionelle Sprachrohr der Unterdrückten,001 20210524 1603025409 meldet sich zur rechten Zeit lautstark zu Wort. Und die Themen, die er in seinen feinen Blues-Kompositionen mit scharfer Zunge präsentiert, haben es in sich: Donald Duck Trump, Rassismus, US-Präsident, und vieles mehr. Ich habe den grollenden Stein aus Süddeutschland zum Gespräch gebeten. Das kurzweilige Gespräch könnt ihr hier nachlesen ...




Moin Norbert, fast 30 Jahre spärliche Präsenz, jetzt eine Eruption an Aktivitäten. Was ist los ??
Hallo Roland, ja zwischendurch war es ruhig mit wenigen Konzerten und Recording Sessions. Manchmal braucht es eine Zeit der Neuorientierung und der Neubesinnung! Die Eruption an Aktivitäten (schmunzelt) dauert ja im Hintergrund schon fünf Jahre: Nachdem ich die Mittel für die in den 1980ern entstandene Rhythm & Blues Big Band-Idee zusammen hatte, ging die Erarbeitung des Programms und der Show für CITY BLUES CONNECTION ja schon 2015 wieder los. 2016 gab es dann erste Konzerte der über 20-köpfigen Big Band. Im Folgejahr haben wir dann mit den Arbeiten für das erste Rhythm & Blues Big Band-Album begonnen und 2018 erschien dann das Album "Anna Liza". Da haben wir massiv an der Vermarktung gearbeitet, erhielten über 100 Traumrezensionen, hatten in verschiedenen Ländern Top 10- und sogar Nummer-1-Plazierungen in Charts, sogar nicht nur Blues Charts. Aber wie so oft schlagen neue Konzepte nicht sofort durch und so kam ein grösserer Live-Erfolg dann erst im Zuge des 40-jährigen Jubiläums 2019, gleichzeitig mit dem ebenfalls wieder erfolgreichen Jubiläums-Doppelalbum "40 Years: 1979-2019". Der Höhepunkt des Jahres war der Auftritt am Eröffnungsabend des Festivals Jazz & The City im Rockhouse Salzburg mit 600 toll mitmachenden Zuhörerinnen und Zuhörern, ORF und weitere. Parallel dazu starb 2017 leider unser früherer Super Blues Harp-Spieler HEIKO PETCKE. Daraufhin begann ich 2018 das frühere Nebenprojekt NATURAL BLUES neu zu konzipieren und gewann dazu so tolle Mitspieler, wie zum Beispiel den tollen Münchner Blues Harp-Spieler HUBERT HOFHERR sowie die in Salzburg lebenden hervorragenden Musiker ALEX MEIK (Bass & Gesang) und STEFAN SCHUBERT (Gitarre & Gesang). Mit dieser klassischen Chicago Blues-Formation veröffentlichten wir 2019 dann die EP "Shame On You, Mr. Trump", in 2020 die EPs "I Can't Breathe" sowie "Extraordinary Times" und jetzt gerade das Album "Elementary Power". Also eigentlich laufen diese "neuen" Aktivitäten schon eine geraume Zeit aber die öffentliche Wahrnehmung nimmt jetzt eben erfreulicherweise zu. Vielleicht auch wegen der sehr politischen und aktuellen Texte. Und jetzt bleiben wir natürlich am Ball, damit wir in der Nach-Corona-Zeit möglichst viel live spielen können. Dieses Jahr gibt es noch ein weiteres mehr akustisch geprägtes NATURAL BLUES-Album (für das erste Halbjahr geplant) sowie eine gemeinsame mit CITY BLUES CONNECTION im vierten Quartal.

Du hast ja deine Karriere in den 70igern in Hamburg gestartet. Wie fing alles an ??
Angefangen hat es eigentlich Ende der 1960er-Jahre mit der Sendung Bluestime des großen JOACHIM-ERNST BEHRENDT. Als ich als 12-jähriger die erste Sendung mit MUDDY WATERS hörte, wusste ich sofort: Diese Musik ist es, die muss ich machen. Noch am gleichen Tag eine Blues Harp gekauft und nach vielen verlorenen "Schlachten" mit meinen Eltern endlich eine Gitarre. Ich habe dann sofort angefangen autodidaktisch die Slide-Gitarre zu erlernen und in einem Partykeller meiner Heimatstadt die ersten Bühnenversuche unternommen. Da es da natürlich keine Bluesmusiker gab, blieben das immer Soloaktivitäten. Als ich dann Mitte der 1970er nach Hamburg kam, war das für mich natürlich das Paradies: Viele Blues Clubs, viele Bluesmusikerinnen und -musiker. Da habe ich dann meine erste Bluesband gegründet, die MOJO WORKERS. 1979 fiel dann die Entscheidung, professionell zu arbeiten, wofür wir die CITY BLUES CONNECTION gründeten. Nach einem ersten Album im Gründungsjahr - einer Jugendsünde (lacht) - erschien dann 1980 "Bluesin'n'Boogin'", wofür wir tolles Feedback bekamen. Wir gaben damals zwanzig Konzerte im Monat und waren fast jede Woche quer durch Deutschland in Clubs und auf Festivals unterwegs. Das half natürlich in der Entwicklung eigener Songs, eines eigenen Stils und Sounds. Den eigenen Stil und Sound hört man dann schon auf der Single-Auskopplung "Keep Movin'" von 1983 und erst recht auf dem Poweralbum "I Do Not Play No Rock'n'Roll" von 1984. Damals wurde ich für den modernen Sound massiv kritisiert, so nach dem Motto "Bluesbands dürfen nicht so transparent und modern klingen". Aber da ich zu meinen Ansichten stehe, sind wir dabei geblieben. Zum Glück! Nicht nur, weil auch Blues-Produktionen nach und nach transparenter klangen, sondern auch, weil die Songs von damals auf unserem 2019-Jubiläumsdoppelalbum immer noch gut klingen (Anmerkung SchoTTe: Stimmt !!). Mitte der 1980er produzierten wir dann eine ganz besondere Scheibe mit LOUISIANA RED: "World On Fire!" Viele seiner Platten beinhalteten ja ganz traditionelle Nummern. Wir spielten die Sachen aber weitestgehend live ein und konnten in den Sessions das ganze Spektrum von Delta Blues über Chicago Blues bis Bluesrock und soulige Nummern einspielen. Das Album ist so außergewöhnlich, dass die Wiederauflage 2017 die Rezension "für Louisiana Red ungewohnt moderne Nummern!" erhielt, über 5 Jahre nach dessen Tod und mehr als 30 Jahre nach der Erstveröffentlichung. Insofern fing das alles schon damals ganz toll an!

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Wie kam es zum Konzept Duo/Trio parallel zur großen Formation und dem Bandnamen ??
Das ursprüngliche Sideprojekt entstand 1982. Es war so, dass es halt viele Locations gab, die für die CITY BLUES CONNECTION einfach zu klein waren. Manchmal konnte man auch nur akustisch und ohne Schlagzeug spielen. Und so hatten der vorher erwähnte HEIKO PETCKE und ich die Idee, neben CBC einfach eine flexible Formation zu gründen, mit welcher wir als Duo/Trio und bei Bedarf auch ganz akustisch auftreten konnten. Der Bandnamen entstand in Abgrenzung zu CBC. CITY BLUES CONNECTION hatte ja im Namen schon den Hinweis auf den elektrischen Blues á la Chicago. Der Name NATURAL BLUES sollte auf das ursprünglich geprägt von der Dobro und der Blues Harp á la Delta Blues hinweisen.

War auch eine Karriere als Berufsmusiker geplant ??
Ja, wie erzählt: Der Blues hatte mich schon mit 12 Jahren gepackt und in den letzten über 50 Jahren nie losgelassen. Und je tiefer ich einstieg, umso klarer wurde, dass ich das ganz oder gar nicht machen muss. Also war Ende der 1970er-Jahre klar, dass ich Profimusiker werden muss, damit mein Anspruch und meine Ideen umsetzbar sind.

Gab es damals Verbindungen zu anderen Künstlern und Bands der Szene ??
Ja ich hatte damals wie heute die Idee, dass sich Künstlerinnen und Künstler zusammentun sollten. Und so habe ich auf verschiedenen Produktionen Musiker von anderen Bands als Gäste dabei. Das fing schon mit dem zweiten Album an, wo der wunderbare in Hamburg lebende englische Gitarrist DICK BIRD mit gejammt hat und von dem auch ein Solotitel auf dem Album ist. In Hamburg wurde damals viel gejammt. Da waren damals immer viele Musiker verschiedener Bands, wie zum Beispiel auch B. SHARP, wo der vorhergenannte DICK BIRD auch spielte. Und aus meiner Truppe heraus entstanden dann in Hamburg und Bremen verschiedene weitere Bluesbands. Leider sind eine ganze Reihe der Musikerinnen und Musiker schon verstorben - leider spielten da bei vielen Drogen eine böse Rolle.

Hast du noch Kontakt zu den Kollegen aus der Hamburger Zeit ??
Ja, klar. Bei der Beerdigung von HEIKO PETCKE im Jahr 2017 waren natürlich einige dabei, z. B. UWE SEEMANN, mein Bassist der 1980er auf "Anna Liza" Bass spielte. Mit MATTHIAS HÖKENDORF, der damals bei mir und bei den FRANNY & THE FIREBALLS spielte, traf ich mich 2019 wieder und WERNER WILLMS, - auch Gründungsmitglied von CITY BLUES CONNECTION, spielte bei den Sessions 2018 für das Jubiläums-Doppelalbum und bei Konzerten 2018 und 2019 als Gast mit.

Die Hamburg Blues Band tourt ja auch intensiv, gibt es da Verbindungen ??
Nicht so ganz eng. Die engste und für mich schönste Verbindung ist, dass deren zeitweiliger Sänger, CHRIS FARLOWE, einen meiner Songs, "I'll Sing The Blues For You", bei seinem Rockpalast-Konzert spielte.

Warum eine so lange Abstinenz, was war los ??
Das ist ein eher unerfreuliches Thema. Da gab es eine Reihe von schlimmen Erlebnissen. Hier nur mal erst zwei Beispiele: Unter anderem hatte ich mir mit meinem ganzen Ersparten und von der Bank geliehenen Geld ein mobiles Tonstudio gekauft. Dann wurde das von Junkies ausgeraubt und die Dussel von der Kripo waren sich so sicher, dass es Versicherungsbetrug gewesen sei, dass sie sogar den offensichtlichen Spuren nicht nachgingen. Mit dem Argument bezahlte dann natürlich auch die Versicherung nicht. Ich hatte auch keine Instrumente mehr, konnte meine Konzerte nicht geben, musste in der Fabrik arbeiten, damit ich wieder eine Gitarre kaufen konnte und schlief im Band-Bus. Erst drei Jahre später wurde der Junkie dann in Berlin erwischt. Und die Versicherung zahlte sogar dann nicht voll aus. Das alles war ein böser Schlag. Und der letzte Schlag war die erste NATURAL BLUES-Scheibe. Das waren nur eigene akustische Kompositionen von mir. Auch da wochenlang im Studio, kein Einkommen. Es war alles aufgenommen, da verlangte der Produzent auf einmal, ich solle auf meine Songs deutsche Texte von ihm singen. Als ich mich weigerte sagte er, er habe alles gelöscht. Wieder Wochen im Studio, kein Geld und alles umsonst! Da hatte ich so "die Schnauze voll", dass ich mir sagte, "Jetzt muss ich was ändern. Und wenn ich wieder einsteige, muss ich in der Lage sein, unkorrektes Verhalten - ob von der Polizei wie im ersten oder von Produzenten, Plattenfirmen oder Managern in der Musikszene - mit aller Macht und genug Power zu strafen und Gerechtigkeit durchzusetzen." (Lacht über das ganze Gesicht) Und da bin ich jetzt wieder und kann sagen: Ihr Dussel und Betrüger, "Watch youself."



Gab es auch in dieser Zeit musikalische Aktivitäten ??
Natürlich. Zuerst konnte ich eine Zeitlang kein Instrument anfassen und kein Konzert besuchen. Aber schon in den 1990ern begannen Revival-Konzerte und der Neuaufbau. Nach dem Millennium - ich lebte inzwischen in der Schweiz - war die CBC eine Power Trio-Formation mit Schweizer Spitzenmusikern. Mit denen entstanden dann auch Studioaufnahmen, von denen einige auf dem Jubiläumsalbum sind. 2013 arbeitete ich mit spanischen Musikern auf Mallorca, auch von den Recording Sessions ist etwas auf "40 Years: 1979-2019". Und übrigens plane ich die Veröffentlichung weiterer der inzwischen historischen Aufnahmen der Swiss Sessions.

Ein Album habt Ihr mit der Blues-Legende Mississippi Red gemacht, wie kam es dazu ??
Red wollte oder sollte - ich weiß nicht, ob das die Idee des Platten-Produzent oder seines Managers war - ein besonderes Album produzieren, welches sich vom Durchschnitt der vielen Alben abhob. Und da ich dem Produzenten schon früher signalisiert hatte, dass ich auch gerne "in die zweite Reihe" gehen und einen der - damals lebten ja noch einige - großen afroamerikanischen Bluesmusikern featuren würde, kam dieser dazu auf uns zu.

Seid ihr mit Mississippi Red auch aufgetreten oder war es geplant ??
Mit Louisiana Red waren wir lange, lange im Studio. Mit dem Album sollte dann gemeinsam getourt werden. Red war ja so begeistert, dass er über CITY BLUES CONNECTION sagte: "They are better than any band I had before, even in Chicago". Während der Studiozeit habe ich gehungert. Und dann wurden kurzfristig auf einmal alle Konzerte doch solo gegeben, keine Ahnung wer da raffgierig war, der Manager oder die Veranstalter.

Wie beurteilst du die deutschsprachige Blues-Szene im Moment ??
Da ich ja neben meiner eigenen Musik und Produzententätigkeit auch die Radiosendung BLUESTIME für inzwischen 10 Sender in Deutschland und Österreich produziere, schaue ich natürlich sehr intensiv auf die mitteleuropäische Bluesszene. Und da gibt es ganz viel ganz hervorragende Musikerinnen, Musiker, Bands und ganz viele tolle Blues-Produktionen. Einerseits gibt es einige, welche sich im Spektrum von Blues und fast Pop-Rock bewegen. Gute Produktionen und tolle Musiker. Ganz begeistert bin ich von Musikern, welche Blues spielen und echte Innovationen mit tollen eigenen Songs bringen, z.T. akustisch. z.T. rockig, roh und wild, z.T. soulig, z.T. jazzig. Da ist ein irre tolles Potenzial! Viele kleine Radiosender bringen das. Leider verschlafen dies manche der öffentlich-rechtlichen Sender und die beteiligen sich dadurch zusammen mit unseren Politikern aktiv an der Zerstörung der deutschen Musikszene.

Mit wem würdest du gerne mal im Studio oder auf der Bühne zusammen arbeiten ??
Ich hatte ja von den 1980ern bis zu den aktuellen Produktionen die große Freude mit vielen tollen Musikerinnen und Musikern zusammen arbeiten zu können. Aber darüber hinaus gibt es schon einige. Dabei bin ich gar nicht der Typ, dem es um große Namen geht, mir geht es um Inhalte und Themen, welche gut passen. Aktuell bin ich auf der Suche nach eine tollen Sängerin für meine nächsten Produktionen. Der Gesang der in der Schweiz lebenden Sängerin LILLY MARTIN gefällt mir sehr, sehr gut und da würde ich mich riesig freuen, wenn ich sie dafür gewinnen könnte. Wirkliche Blues-Pianistinnen und -Pianisten sind für mich ebenfalls von großem Interesse. Ich arbeite sehr gerne mit MICHAEL ALF, der auf den CITY BLUES CONNECTION - und NATURAL BLUES-Produktionen dabei ist. Aber er ist halt sehr viel solo unterwegs und ich hätte gerne jemand in der Stammbesetzung. Und noch jemand ganz anderer: KEB' MO ist ein toller Typ mit guter Musik und tollen Texten, mit ihm würde mir eine Tour und/oder eine Produktion wahnsinnig Spaß machen.

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Du hast eine Stammbesetzung, ist das ein Vor- oder Nachteil ??
Eine Stammbesetzung ist für mich ein Muss. Die Qualität und Eigenständigkeit, welche wir von den Songs über den Sound bis zur Show entwickeln konnten, geht nur mit einer Stammbesetzung. Wenn man unsere Songs anhört: Da ist fast nichts dabei, was ein "normaler" Blues ist, das reicht von Rhythmik über Harmonien bis zum Arrangement. Und das kann man nur machen und ausfeilen, wenn es eine Stammbesetzung gibt. Und ich habe sowohl was Programm, Sound, Arrangement und Show angeht noch furchtbar viele Ideen, welche ich alle noch umsetzen möchte… Für mich ist die Stammbesetzung also eine existenzielle Voraussetzung für echte Konzerte. Musik kann auch mit wechselnden Besetzungen Spaß machen. Das sind dann aber Sessions. Und das Publikum hat meines Erachtens das Recht ein Konzert mit gutem Inhalt, guter Qualität und einer guten Show zu hören, es bezahlt ja schließlich Eintritt und investiert die Zeit der Konzertdauer in die Band, da sind wechselnde Besetzungen für mich nur zulässig, wenn das auch als Session angekündigt ist - siehe unsere Session mit vielen deutschen und österreichischen Musikern unter dem Session-Motto "Ein Spaziergang durch die Geschichte des Blues."

Woher stammen die Inspirationen für deine Musik und Texte ??
Ich singe fast nur Texte aus meinem (Er-)Leben. Auf dem aktuellen Album ist zum Beispiel nur ein Traditional, der Fishing Blues. Ansonsten sind alle Texte entweder Erlebnisse oder Stellungnahmen zu mich berührenden Themen. Bei den Stellungnahmen beziehe ich Position gegen den Rassismus, gegen verbrecherische Politiker, für die arbeitenden Menschen. Dazu gehören natürlich Songs, wie "Shame On You, Mr. Trump", "Mr. President", "I Can't Breathe" oder "What My Boss Wants". Beim Erleben sind es - für den heutigen Blues nicht üblich - viele Love Songs, aber auch ein paar schlimme Erlebnisse mit früheren Partnerinnen. Dazu gehören natürlich Songs, wie "Sweet" und "Rockin' Goddess Blues" auf der Love Song-Seite und "Three O'Clock In The Mornin'" bzw. "Weepin'n'Moanin'" auf der unschönen Seite.

Was sind deine meistbenutzten und liebsten Instrumente ??
Ich selbst verstehe mich neben dem Gesang vor allem als Slide-Gitarrist. Daher ist es natürlich klar, dass dazu einerseits meine alte Dobro für den akustischen Teil gehört. Und dann habe ich zum Glück Anfang der 1980er eine rote Yamaha in die Hände bekommen, die gar nicht für den europäischen Markt gedacht war. Und die bringt mit meinen Stahlseil-Saiten den richtigen fetten Sound für meinen elektrischen Slide-Stil.

Die Musiker sind ja verstreut, wie macht ihr das mit Proben für Auftritte ??
Proben finden heute immer komprimiert statt. Das heißt vor Auftritten, Tour oder Recording Sessions geballt.

Stichwort Auftritte, geht da was 2021 oder wieder nur leere Bühnen ??
Ich bin nur bedingt optimistisch. Im Moment geht ja gar nichts, sogar unser Release-Konzert für das Album "Elementary Power" im Februar konnte nicht stattfinden. Aktuell hoffe ich auf den Sommer und sei es nur, dass die Regierungspolitiker im Sommer wieder Entspannung vortäuschen, damit für sie die Bundestagswahlen "nicht in die Hose" gehen. Daher habe ich auch einen Sponsor, der bereit ist, Veranstalter zu unterstützen, welche für unsere Bands Konzerte in Sommer/Herbst buchen.

"Anna Liza", das hört sich nach einer Frauen-Geschichte an, oder nicht ??
Ja klar, "Anna Liza" ist ein doppelt besonderes Album. Zum einen ist es ja das Premiere-Album der Rhythm & Blues Big Band-Konzeption, für welches Anna Liza einen ganz besonderen Anteil am Zustandekommen hat. Zum anderen ist Anna Liza der Engel, welchen ich seit dem unerfreulichen Erlebnis der Jahre nach dem Millennium, an meiner Seite habe. Meiner Frau Anna Liza ist daher das Album auch gewidmet und die Love Songs auf diesem richten sich an sie.

Ich habe im Booklet von 40 Years: 1979-2019 von einer Session auf Mallorca gelesen ??
Ja, das war ein ganz skurriles Ereignis. In voller Länge wären das 100 Seiten in meinen Memoiren. In Kürze: Ein Freund heiratete 2013 auf Mallorca und drei Tage vor der Hochzeit kam er auf die Idee, dass ich bei seiner Hochzeit ein Blues-Konzert geben solle. Das war mit meinen Musikern nicht mehr zu organisieren. Und so suchte ich über Musikagenten drei Musiker auf Mallorca. Einer hatte nur eine große Klappe und sprang ab, nachdem der die Noten bekam. Die beiden anderen waren dabei. Um 22:30 Uhr sollten wir spielen, um 22:00 Uhr tauchten sie auf. Nicht gerade viel Vorbereitungszeit (lacht) aber die Session hat irre Spaß gemacht. Und als ich am Morgen danach aufwachte, dachte ich, mit den beiden sollte ich ein paar CITY BLUES CONNECTION Power Trio Songs aufnehmen. Also haben wir uns verabredet und ich bin zwei Wochen später wieder runter geflogen und wir haben aufgenommen.

Es gibt bei altem und neuem Material kaum Qualitätsunterschiede, wie hast du das hinbekommen ??
Naja, wichtig ist eine gute musikalische Basis, gute Basisaufnahmen und dann kommt natürlich ein sehr guter Tontechniker hin, der Mix und Mastering top beherrscht und bereit ist, Deine Soundidee wirklich umzusetzen. Überraschend für mich war, dass er sogar die Bootleg-Aufnahmen, welche ich von Freunden und Fans zugesandt bekam - alte Cassetten-Recorder-Aufnahmen, wer noch weiß was das ist - toll hinbekommen hat, sodass einzig die ganz leichten Geschwindigkeitsschwankungen auf die Quelle schließen lassen.



Die Blues-Big-Band besteht aus einer großen Kopfzahl, ist das für Auftritte nicht kompliziert ??
Natürlich. Ich habe dann einen Truck für das Equipment und einen richtigen Reisebus für die Mannschaft. Und für die Bläser natürlich - diese haben ja viele Jobs - eine Dreifachbesetzung. Also für die 12 Bläser, welche bei der Maximalbesetzung zu buchen sind, insgesamt 36 Musikerinnen und Musiker, welche das Programm drauf haben. Das ist natürlich eine organisatorisch spannende Aufgabe. Aber dafür haben wir ja einen Sound und eine Show, die es im Blues sonst nicht noch einmal gibt.

Das Produkt-Design AAA Culture hat ein einheitliches, prägendes Design, wer steckt dahinter ??
Wir sind eine kleine Bude (lacht über das ganze Gesicht). Da sind primär meine Anna Liza und ich "in Charge". Dazu arbeite ich mit GERALD HERRMANN, einem tollen Salzburger Maler und SUSI GRAF, unserer Lieblingsfotografin zusammen. Mit einem solchen Team bekommt man ein ganzes Spektrum verschiedener Ideen, die aber auch zusammenpassen hin.

Alle Angaben im Begleitmaterial von Buch- und Musikwerken ist sehr detailliert, ist dir das wichtig ??
Ja, das lasse ich mich auch immer etwas kosten. Zum einen ist es ja so, dass die Käuferinnen und Käufer der CDs ja auch viel mehr davon haben sollen, als diejenigen, welche nur streamen. Das ist vielleicht vielen nicht bewusst. Den Musikern geht es sehr, sehr schlecht. Und wenn Leute die CDs - oder natürlich auch Vinyl - kaufen, landet am allermeisten bei den Musikern. Also versuche ich Freunde und Fans mit besonders guter - auch Print- - Qualität und vielen interessanten Infos und Fotos zum Kauf von Tonträgern zu motivieren. Zum anderen hat es mich seit ich mich für Musik interessiere, immer interessiert, wer auf einer Aufnahme mitgespielt hat. Labels, welche das gut machen, habe ich geliebt, Labels die das nicht machen, mag ich nicht. Als Radiomoderator und Autor von Büchern über Musik will ich den Zuhörerinnen und Zuhörern sowie den Leserinnen und Lesern ja die Zusammenhänge vermitteln können. Und dazu braucht man Informationen.

Was hast du gedacht als deine Einträge bei Facebook wegen Bagatellen gesperrt wurden??
Naja, nachdem ich im Business seit über 40 Jahren viele schlechte Erfahrungen mit US-Firmen und US-Partnern gemacht habe, dachte ich mir zuerst: Typisch. Dazu war ja klar, wie sehr Facebook den 2015er-Wahlkampf des jetzt endlich davongejagten Verbrechers unterstützt haben. Dann ist auch klar, dass kritische Songs unterdrückt werden.

Ist das noch einmal passiert oder war es eine Eintagsfliege ??
Nein, das war und ist leider keine Eintagsfliege. Nach nur einer Stunde war im Mai 2019 "Shame On You, Mr. Trump" gesperrt. Und es ging im November 2020 gleich schnell mit "I Can't Breathe" weiter. Aber wir haben versucht daraus zu lernen und die Promotion so zu gestalten, dass die Rassisten und Opportunisten das möglichst nicht merken. Das jetzige Album wurde meines Wissens noch nicht gesperrt (lacht).

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Was hat deine Fangemeinde dazu gesagt ??
Naja, allgemeines Kopfschütteln, leider eher resigniert, als kämpferisch. Die Leute haben sich leider an diese US-Machtausübung gewohnt. Das gilt ja auch für Amazon und Konsorten. Das bringt mich auf einen mir wichtigen weiteren Punkt der nur indirekt zu Deiner Frage gehört: Ich finde, wir alle sollten zusammenarbeiten, europäische Lösungen zu unterstützen. Unser Album gibt es neben der Direktbestellung beispielsweise bei fairmondo.de - die gehören nicht zu diesem Apparat, bezahlen für die Künstler viel mehr als Amazon und führen von ihrem Anteil sogar noch etwas an gute Zwecke ab.

Du Tausendsassa hast ja auch den Verlag AAA Culture gegründet, warum ??
Ich habe ja von den schlimmen Erlebnissen in den 1980ern berichtet und erzählt, dass ich erst zurückkommen wollte, wenn ich genügend Mittel habe, um gegen jede Schweinerei auf allen Ebenen vorzugehen. Und daher sind ein eigenes Label und ein eigener Verlag eine Voraussetzung für die völlige Handlungsfreiheit. So kann ich Musik produzieren, welche mir gefällt, kann Musikerinnen, Musiker, Autorinnen und Autoren optimal unterstützen und vielleicht an Initiativen mitwirken, um die Musikszene in Deutschland zu unterstützen.

Was versteckt sich hinter AAA ??
Du meinst den Namen (schmunzelt)? Der Name stammt aus der Ratingwelt. Triple A, also AAA, ist die Bestnote des Ratings. Da wir uns vorgenommen haben, nur besonders gute Kultur-Produktionen zu machen, ist das unser Name AAA CULTURE.

Gibt es über deine Profession Blues hinaus, auch andere Themen für den Verlag ??
Wie man am Produktkatalog sieht, ja: das geht von ungewöhnlichen Klassikproduktionen - da ist zum Beispiel mein Lieblingstenor DMITRY IOGMAN .- über Blues bis Rock. Oder bei der Literatur geht das von "meinem" Buch "Crossroads" mit der Lebensgeschichte und dem Nachschlagewerk zu ROBERT JOHNSON über Romane bis zum Buch über die Rockszene mit 50 Geschichten aus 25 Jahren Rock' n' Roll in "Er hatte Sie alle!" von MICHAEL FUCHS-GAMBÖCK. Primär ist, ob etwas eine gute Sache ist. Und wenn wir das dann noch leisten können, geht's los…



Du hast mit Crossroads einen Klassiker im Programm, war es schwierig die Rechte zu bekommen ??
Ja, das sind sogar 500 Seiten meiner Memoiren (lacht gequält). Der erste Teil war nur - wie üblich mit US-Geschäftspartnern - normal mühsam. Nachdem ich die englische Originalausgabe von "Crossroads" des Autors TOM GRAVES gelesen hatte, dachte ich, dass das ein Umfang und eine Seriosität ist, welche normale Leser noch verkraften. Ich finde das Buch von ELIJAH WALD über ROBERT JOHNSON auch toll. Den Umfang - über 600 Seiten - liest aber nur jemand, der sich wie ich musikwissenschaftlich mit dem Thema beschäftigt. Zudem gibt es über Robert so viele wichtige und nur wenig verbreitete Informationen und Materialien, dass diese meines Erachtens auch einmal dokumentiert werden mussten. Insbesondere auch, um das vom Müll zum gleichen Thema abzugrenzen. Dann kam der schwierige Teil. Ich wollte auch alle Bilder von Robert Johnson abdrucken und war natürlich bereit dafür zu bezahlen. Das war schon vom Grundsatz nicht einfach, da STEVE LAVERE sich von Roberts Nachkommen die Rechte ergattert hatte und mit fast Mafioso-Methoden agierte. Aber ich war bereit ihm ein Angebot zu machen, was für ihn passt. Aber genau während dem Prozess starb STEVE. Und dann wurde alles noch schlimmer! Sein Erbe agierte unfassbar unkorrekt: Schickte nach vielen Aufforderungen eineinhalb Jahre später nur den Teil des Lizenzvertrages mit dem Bankkonto, auf welches ich überweisen sollte, nicht aber den Teil, der die Lizenzrechte bestätigt hätte. Aber, wie gesagt, ich bin nur in die Musikszene zurückgekommen, nachdem ich die Mittel hatte, solche Machenschaften auszuhebeln. Und schließlich gab es, nachdem Möchtegerntrickser nach zwei Jahr immer noch keinen Vertrag zurückgesandt hatte, eine Lösung, bei der er gar nichts bekam. Für die ganze Story brauchen wir mindestens eine ganze Flasche guten Rotwein (lacht).

"Er Hatte Sie Alle" von Musik-Journalist Michael Fuchs-Gamböck, wie kam es dazu ??
Du fragst aber auch Sachen, aus denen andere Autoren ganze Bücher machen (lacht wieder)! Wie so oft, ergeben sich durch in gemeinsamem und uneigennützigem Interesse begonnenen Projekten ganz tolle Folgewirkungen! ARTUR SILBER machte die Printpromotion für unser Album "Anna Liza". Bei einer unserer Besprechungen lud er mich zu einem besonderen privaten Konzert ein: Progrock mit Flügel, Bass, Drums und Gesang im Wohnzimmer. Da das unser Hochzeitstag war, begleitete mich ANNA LIZA natürlich. Als Opening las MICHAEL FUCHS-GAMBÖCK eine seiner Stories. In der Pause und nach dem Konzert kamen wir ins Gespräch. Michael berichtete, dass ihn der frühere Verlag vermutlich beschissen hätte und er einen neuen Verlag suchte. Das klang doch wieder nach genau dem Ding, was ich machen will. Also haben wir uns gefunden und ein gegenüber der ursprünglichen Veröffentlichung von Qualität und Umfang haushoch überlegenes völlig neues Buch produziert (Anmerkung SchoTTe: Auch das stimmt !!). Das ist jetzt ein Klassiker und dokumentiert diese besonderen Jahrzehnte der Musikgeschichte.

"Boogiedogs" ist von zwei Österreichern, wie kommt man zu so einer skurrilen Geschichte ??
Schon wieder. Du machst es schon wieder! Das ist eine mehrjährige Story! Auch hier die Kurzfassung (schmunzelt). Aber zu Deiner Frage: Es ist wieder das Thema gemeinsame Aktionen zugunsten der Musikkultur zu machen, es entsteht etwas Neues. Und dann kommt manchmal ja die Geschichte zu einem. Vor gut zwei Jahren wurde ich von einem damals Unbekannten angerufen, er wäre gerade in der Buchhandlung, hätte da eine CD von der AAA CULTURE gefunden und ob es sein könne, dass denn mitten in den Bergen Berchtesgaden/Schönau tatsächlich ein Label sei, bejahte ich natürlich und wir trafen uns auf einen Kaffee. Kurz danach "schleppte" er mich in die Redaktion des Salzburger Radiosenders Radiofabrik. Und völlig unvorhergesehen kam ich aus dem Besuch als Moderator einer neuen Blues-Sendung, meiner jetzigen BLUESTIME bei gut 10 Radiosendern. Kurz danach lernte ich die beiden netten Kollegen kennen, die im gleichen Sender die im Wechsel mit meiner BLUESTIME ausgestrahlte Sendung "The Sky Is Crying Blues Radio" produzierten. Im Laufe der beiden Jahre trafen wir uns immer wieder und wurden Freunde. Natürlich lud ich die beiden zu meinen Konzerten ein und ich war Gast in ihrer Sendung. Vor einem Jahr, schrieben sie mich an, dass sie einen Roman geschrieben hätten und ob die AAA CULTURE diesen veröffentlichen würden. Natürlich wollte die AAA CULTURE! Und im Oktober war es dann soweit und wir hielten die spannende Geschichte "Boogiedogs" in Buchform in Händen. Es zeigte sich auch hier wieder: Man muss Dinge also auch geschehen lassen, die Musikszene aktiv unterstützen und nicht immer fragen, was man davon hat. Dann passieren solche spannenden Dinge.

Die Bücher haben alle eine ungewöhnliche Struktur, ist das geplant und gewollt ??
Für mich ist natürlich auch Literatur - auch Sachbücher - Kunst. Und da die Entstehung von Kunst ja nicht unbedingt einer Planung folgt, entstehen meine eigenen Bücher aufgrund von Ideen und der eigenen Entwicklung sowie den Einflüssen der Umwelt. Neben den selbst verfassten Büchern, die sich natürlich um meine Kernthemen drehen, ist für mich das Auswahlkriterium, ob das jeweilige Buch eine gute Sache ist und qualitativ gut ist.

Schreibst du außer Liedtexten auch andere Texte ??
Ja, klar. Vor der Gründung der AAA CULTURE habe ich in den letzten 25 Jahren ein gutes Dutzend Fachbücher zum Thema Analytics geschrieben, drei davon waren Bestseller. Aktuell schreibe ich an einem Buch über Blues-Geschichte. Zusätzlich schreibe ich für verschiedene Medien Artikel zum Thema Musik, politischen und sozialen Fragen.

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Du machst ja auch eigene Radio-Sendungen, erzähl mal ??
Wie die Sache entstand, habe ich ja vorher bei "Boogiedogs" skizziert. Auf die Frage, ob ich eine Blues-Sendung machen wolle, zögerte ich zuerst - mir war wichtig, nicht nur Blues zu spielen, sondern zusätzlich zu gutem Blues und den Blues-Geschichten auch die sozialen, ökonomischen und politischen Rahmenbedingungen der Musik zu senden. Zum Glück war das kein Problem und so sagte ich zu. Das alles begann mit einer monatlichen Sendung. Es war toll, was für tolles Feedback ich bekam und so wurde daraus dann eine 14-tägige Sendung und schließlich gibt es Bluestime wöchentlich. Parallel dazu ergab sich, dass immer mehr Sender Interesse an dieser nicht so ganz gewöhnlichen Sendung hatten und inzwischen wird Bluestime auf zehn Sendern, vier in Österreich und sechs in Deutschland gesendet.

Wie bereitest du deine bluesigen Radio-Sendungen vor ??
Da ich ja viel Musik produziere und eine Kollision von Auftritten und Sendungen vermeiden musste, hatte ich mich von Anfang an dafür entschieden die Sendungen vorab zu produzieren - zum Glück, denn nur damit waren und sind diese überhaupt für die verschiedenen Sender lieferbar. Da ich sowohl Feature-Serien - da hab es eine zu "Ladies Singin' The Blues", eine zu Robert Johnson, jetzt läuft die Serie zu Chicago Blues -, als auch die Bluestime Blues Charts auf Basis der abgerechneten Plays, als auch Specials als Einzelsendungen erstelle, ist die Vorbereitung sehr unterschiedlich: Gemeinsam an allen Versionen ist, dass ich für jede Sendung ein Drehbuch erstelle, wo ich die passende Musik zusammenstelle und die Story dazu schreibe. Bei den Feature-Serien steht natürlich vorab die Überlegung zur Bedeutung des Themas und zur Gesamtaussage der Serie. Dann kommt die Gliederung, es ist eigentlich analog zum Schreiben meiner Fachbücher. Ich beschäftige mich ja schon seit über 50 Jahren mit der Geschichte des Blues, aber alles weiß ich natürlich nicht auswendig und recherchiere dann zu bestimmten Fragen (lacht): Damit wächst sowohl meine Platten- und CD-Sammlung als auch meine Bibliothek in beängstigendem Maß. Für die Blues Charts stelle ich die abgerechneten Streams in meinem SAP-System in eine analytische Anwendung, welche die verschiedenen Statistiken und Grafiken erstellt, welche ja auch später auf bluestime.eu veröffentlich werden. Zu den Musikerìnnen, Musikern und Bands, welche auf dieser Basis in den Charts gespielt werden können, suche ich mir die Infos zusammen, um diese zu promoten. Bei den Specials nehme ich mir einzelne Künstler und Alben, zu denen dann zusammen mit der Musik ihre Story erzählt wird. Daher recherchiere ich hier analog zu den Features. Mit dem fertigen Drehbuch gehe ich dann in mein Studio zuhause, spreche ein und schneide das anschließend mit meiner Studiosoftware. Um die Künstler zu unterstützen kaufe ich dann natürlich die Musik für die Features und Specials, manchmal auch für die Charts. Das Endprodukt, je nach Sender ein einstündiges MP3- oder HD-WAV-File, lade ich dann zu den Sendern hoch oder übertrage es per Filetransfer.

Was sind die nächsten Themen auf die wir uns freuen können ??
Die Geschichte zum Chicago Blues ist jetzt in den 1970er-Jahren angekommen. Damit werden mehr und mehr heute noch zu hörende Künstlerinnen und Künstler gespielt und die sozialen und politischen Themen werden hochaktuell. Dazu gibt es noch ein paar Sendungen in den kommenden Monaten. Und natürlich sind die Bluestime Blues Charts auf Basis der echten Plays ein Querschnitt der relevanten Bands im deutschsprachigen Raum. Da spiele ich von den Top-Bands auch neue Songs.

Wie kommt man an die Radio-Sendungen, ist es einfach ??
Ja, das ist heute natürlich supereinfach. Auf der Webseite https://bluestime.eu/ stehen diese mit Links sowohl auf der Startseite, als sortiert auf der Seite Radiosendungen. Da braucht man nur darauf zu klicken und ist schon beim Sender. Entweder lässt man dann, egal wo man auf der Welt ist, einfach den Stream vom Sender laufen oder schaltet - sofern man im Einzugsbereich ist - die UKW-Frequenz oder DAB+ ein.



Der Titel deiner EP "I Can't Breathe" spricht eine deutliche Sprache. Was war der Antrieb dazu ??
Nun, meine Politisierung begann mit dem Schock über die rassistischen Morde in den USA der 1960er-Jahre: Die Morde an DR. MARTIN LUTHER KING und MALCOLM X waren ja in den Nachrichten. Das hat mich als Kind furchtbar schockiert. Insofern ist neben der Reflektion unserer deutschen und europäischen Situation die Situation der Afroamerikaner seit über 50 Jahren in meinem Fokus. Das hat sich dann noch intensiviert, als mich auch noch die Musik packte. Rassismus und faschistische Akteure musste ich seitdem immer wieder und in eher zunehmendem Ausmaß miterleben - da gibt es leider furchtbare eigene Erlebnisse - also wurde immer klarer, dass dies in den USA, aber auch bei uns ein zentrales Problem ist, ich also Stellung beziehen und aktiv werden muss. Dabei ist es ja so, dass Rassisten und faschistoide oder gar offen faschistische Kräfte immer dreister agieren. In Europa mit zumindest braungesprenkelten Parteien in den Parlamenten und in den USA mit einem offen mit rassistischen Gewalttätern und Faschisten kungelnden Oberverbrechern an der Spitze. Wie schlimm das ist, ist vermutlich den wenigsten bewusst: Jedes Jahr sterben bei Polizeiaktionen in den USA zwischen 200 und 300 Afroamerikaner, wovon die absolute Minderzahl nicht bewaffnet ist, die rassistische Ausrede "in Notwehr erschossen" also nicht zutrifft. Die wenigsten Fälle werden bei uns überhaupt bekannt! Und die seit Jahren von den rassistischen Mördern in Polizeiuniform praktizierte Methode, das Opfer mit dem Knie auf dem Hals zu strangulieren ist ja bei uns erst seit der Ermordung von GEORGE FLOYD in der breiten Öffentlichkeit bekannt. Bereits 2014 wurde der Afroamerikaner ERIC GARNER durch US-Polizisten ja gezielt zu Tode stranguliert. Das diese Mörder in Polizeiuniform ungestraft ihre Verbrechen ausüben dürfen ist dermaßen schrecklich, dass mir 2019 klar wurde, dass ich dazu endlich einen Titel veröffentlichen muss und die BLACK LIVES MATTER in ihrem Engagement gegen Rassismus mit der Musik auch finanziell unterstützen muss.

Du spendest den Großteil der Nettoerlöse des Songs "I Can't Breathe", wie ist die Resonanz im Markt ??
Das Feedback ist sehr freundlich, Radiomoderatoren, Journalisten, Freunde und Fans reagieren sehr positiv. Enttäuscht bin ich über die Bereitschaft tatsächlich zu helfen…

Würdest du zurzeit gerne in Memphis, Nashville oder New Orleans leben ??
Bevor ich darauf antworte, ist es sinnvoll meine grundsätzliche Position zu erläutern. Ich war sehr viel auf der Welt unterwegs, als Expeditionsbergsteiger, beruflich, als Tourist mit intensiver Beschäftigung mit der Geschichte und Kultur der jeweiligen Länder. Und so spannend andere Kulturen und Länder sind: Auswandern war nie meine Idee und ich hoffe, dass nie wieder Zeiten kommen, wo für Humanismus und Demokratie eintretende Menschen Deutschland verlassen müssen um nicht durch Faschisten ermordet zu werden - ich habe da leider ein furchtbares Erlebnis. Und insofern würde ich genauso wenig in Chicago, Memphis, Nashville oder New Orleans leben wollen, wie woanders. Wir haben hier eine gute Basis, sollten nur mehr daraus machen! Für uns und andere Menschen! Ich bin schon froh, dass nach den Trump-Jahren die zumindest vage Hoffnung besteht, dass ich wieder einmal in die USA reisen kann. Für einige meiner weiteren Projekte ist es notwendig viel Zeit in der Library Of Congress zu recherchieren und die Reise von Chicago ins Mississippi-Delta ist für diese Projekte auch notwendig (lacht).

Was hat dich bewogen die Region Berchtesgaden Land und Salzburg als Basis zu wählen ??
(lacht aus vollem Hals) Die vollständige Antwort wäre ein eigener Band aus meinen Memoiren! Poetisch formuliert, kreuzte sich 2012 auf einem Golfplatz hinter Salzburg mein Weg mit der Flugbahn eines Engels. Ein Jahr später war dann klar, dass der Engel bereit war sich lebenslang um mich Erdenbürger zu kümmern. Und noch ein Jahr später besiegelte der Engel ihre Entscheidung, dass ich mit Ihr Leben im Himmel verbringen dürfe und wir heirateten. Als ich dann 2016 meine in der Schweiz ansässige Unternehmensgruppe an meine Nachfolger übergab, war ich nicht mehr an meinen früheren Lebensmittelpunkt gebunden. Und so wurde ich zum Glück - mein Engel ANNA LIZA ist ja Schönauerin - sozusagen zum "Beute"-Schönauer (lacht). Und daher darf ich zusätzlich auch noch in dieser himmlischen Gegend leben.

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So wie es bei Dir rappelt im Karton, ist sicher noch einiges auf dem Plan, was genau ??
Klar. (lacht wieder) Ich sage immer: Zum Glück weiß - außer meinem Engel - niemand, was ich noch alles vorhabe. Sonst würden mich noch mehr Leute für verrückt erklären. Alles will ich natürlich nicht preisgeben, ich will ja auch noch Überraschungen bieten (Anmerkung SchoTTe: Mache ich auch so !!). Aber klar ist, dass nach der Veröffentlichung des neuen Albums "Elementary Power" noch im ersten Halbjahr ein überwiegend akustisches Album folgen soll, dann ein Vinylalbum im Herbst - natürlich auch mit neuen Songs, bzw. auch solchen, welche wir bislang nur Live gespielt haben. Dazu habe ich mein nächstes Blues-Buch zur Hälfte fertig und würde das gerne - wenn ich es schaffe - noch dieses Jahr veröffentlichen. Und als drittes ist natürlich klar, dass unsere gemeinsamen Aktionen zur (Wieder)-Belebung der Musikszene eine Menge bewegen soll! Meine anderen 2.397 Projekte behalte ich noch für mich. Ich werde dieses Jahr ja 65 und hoffe auf mindestens 50 weiter (schmunzelt), da werde ich hoffentlich das meiste davon schaffen (lacht).

Was war das wichtigste Ereignis in deinem bisherigen Leben ??
Das wichtigste Ereignis war sicher, als sich die Flugbahn des Engels ANNA LIZA mit meinem Lebensweg kreuzte. Dahinter kommen dann - ich bin ja schon ein alter Mann, der eine Menge erlebt hat - viele, viele zweitwichtigste Ereignisse.

Lieber NORBERT, danke für deine Zeit & Mühe und tiefe Einblicke in dein facettenreiches Leben. Ich bin gespannt wie es weitergeht und werde die weiteren Schritte aufmerksam beobachten. Ich wünsche Dir und allen deinen Helfern viel Kraft und Leidenschaft für die weitere Reise auf der Stony Road des Musikzirkus.



Interview: Roland "Der SchoTTe" Koch
Bearbeitung: cr
Fotos: AAA Culture (Holger Frank Dunke, Susi Graf)





   
   
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