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Interview vom 17. Dezember 2022



001 20221219 1429840593ZIERDT ist eine junge Band aus dem thüringischen Nordhausen, die aktuell aus Gründer, Sänger und Gitarrist Michael Zierdt (Gesang. Gitarre), Miguel Bujosa-Ferrer (Bass), Phillip Aderhold (Gitarre), Georg Schoeter (Keyboard) und Oliver Wieninger (Schlagzeug) besteht. Unsere Kollegin Antje hatte die Gelegenheit, mit Michael und Oliver darüber zu sprechen, wie die Arbeiten an dem Erstlingswerk "Zierdt" (Rezenion siehe HIER) liefen, wie die beiden zur Musikbranche stehen und über einiges mehr. Das Gespräch könnt Ihr hier nachlesen ...


 

Vielen Dank, dass ihr euch die Zeit für das Interview nehmt.
Oliver: Ja, sehr gern.

Bevor wir zu dem Album kommen, möchte ich gerne auf eure Bandgeschichte eingehen. Wenn ich es richtig gelesen habe, habt ihr die Band 2019 gegründet, also kurz vor der Corona-Zeit. Das war sicher nicht leicht?
Michael: Im Jahr 2019 gegründet stimmt auf jeden Fall, in der Besetzung aber nicht. Wir waren bis zu diesem Zeitpunkt zu zweit. Die Band, so wie sie jetzt besetzt ist, besteht eigentlich seit Anfang des Jahres.
Oliver: Ich habe letztens mal aus Spaß geschaut, wann wir mit den Arbeiten an dem Album angefangen haben. Das war tatsächlich schon Ende 2018.
Michael: Die Idee dahinter war, sich nicht abhängig zu machen von anderen Musikern, die manchmal erreichbar sind und manchmal nicht. Wir wollten einfach die Songs so gut es geht produzieren. Auch halt mit Gastmusikern, das ist ja dann auch passiert. Der Olli und ich sind der rote Faden, der sich da durchzieht.

Sehr spannend, dass sich die Arbeiten dann doch so lange hingezogen haben.
Oliver: Vielleicht mal zur Erklärung: wir haben so 3 Titel aufgenommen und soweit fertiggemacht, dass dann weiter produziert werden konnte. So haben wir das Album Stück für Stück aufeinandergeschichtet. Das dauert länger, als 10 oder 12 Songs am Stück aufzunehmen. Als es dann wirklich konkret wurde und wir unsere Arbeit eigentlich erledigt hatten, kam leider diese ganze Corona-Nummer. Dadurch hat es sich hingezogen.



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ZIERDT (v.l.n.r. Miguel Bujosa Ferrer (Bass), Oliver Wieninger (Schlagzeug), Michael
Zierdt (Gesang, Gitarre), Phillip Aderhold (Gitarre), Georg Schoeter (Keyboard)
 


In Vorbereitung auf unser Interview habe ich mir das Album angehört. Ich finde, dass ihr vom Sound her sehr breit aufgestellt klingt, fast schon orchestral.
Michael: Ja vielen Dank erstmal. Ich denke ich spreche auch im Namen von Olli: wir wollten einfach keine Kompromisse eingehen. Wir wollten einfach drauf los, und es so groß aufblasen wie es möglich ist. Ohne Schere im Kopf. Einfach gemacht, fertig aus.
Oliver: Es war einfach ein Selbstläufer. Es war gar nicht geplant, dass es so groß wird.

Zusammenfassend war euch also die Qualität wichtiger als irgendeine Zeitschiene?
Michael: Das auf jeden Fall, ja.

Was mir beim Hören auch noch aufgefallen ist: ich habe mich gleich ab dem ersten Song wie mitten im Album angekommen gefühlt. War das beabsichtigt?
Michael: Jeder nimmt Musik ja anders wahr und empfindet anders. Aber es ist schön, wenn der Song das mit dir macht. Person XY hat vielleicht ein ganz anderes Gefühl dazu.


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Ich habe gelesen, dass ihr ja mehr im Raum Nordhausen aktiv und unterwegs seid. Soll sich das noch mehr auf Deutschland ausweiten?
Oliver: Das hoffen wir sehr und arbeiten auch schwer daran. Wir planen gerade Auftritte für das nächste Jahr, jetzt wo man auch wieder ein bisschen optimistischer planen kann. Da sind wir auch schon ganz gut dabei, aber das ist noch nicht endgültig. Ich habe so 10 bis 15 Termine für das kommende Jahr angepeilt und das sieht auch ganz gut aus. Was wir jetzt bräuchten ist professionelle Unterstützung. Unsere Möglichkeiten, etwas zu erreichen, sind nahezu erschöpft. Wir bräuchten langsam Profis an der Seite, die Potential sehen und uns unterstützen können. Sowohl bei der Produktion der nächsten Platte, die jetzt in den Startlöchern steht, zum zweiten um eben auch mit den Auftritten weiterzukommen. Als Türöffner, um vielleicht als Vorband zu spielen. Der Leumund fehlt uns noch.

Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es gerade durch die vergangenen beiden Jahre sehr schwierig ist, im Musikbusiness Fuß zu fassen. Da werden sicher an vielen Stellen der Mut und einfach auch die Möglichkeiten fehlen, jungen Künstlern zu helfen.
Oliver: Aus verschiedenen Gründen. Einmal ist mein Eindruck, dass vieles sehr glattgebügelt ist. Dass es schwieriger geworden ist, eine eigene Duftmarke zu setzen. Aktuell wird viel mehr auf den neuen deutschen Rock gesetzt. Wir bewegen uns mit unserer Musik genremäßig eher in einer Nische und damit tun sich viele schwer.
Michael: Unterm Strich geht es immer ums liebe Geld.


 


Das ist ein schwieriges Thema, denke ich. Auf der einen Seite ist man schnell genervt von der Radiomusik, wenn man nicht gerade einen Nischensender hört, weil es alles gefühlt ein Einheitsbrei ist. Auf der anderen Seite schafft es auch nur sehr wenig Musik ins Radio.
Oliver: Wir hatten vor Kurzem mit einem Radiosender zu tun und da hat sich der Moderator darüber beklagt, dass es fast nur noch flache und ausdruckslose Musik gibt.
Michael: Er hat selber die Frage gestellt: wo ist die Wut in der Musik? Ich denke es ist genug Wut da draußen.
Oliver: Wenn sie allerdings nicht ans Mikrofon gelassen wird, ist es ja auch nicht möglich sie zu hören. Wenn man sich die Label-Landschaft ansieht ist es ja auch nicht gerade einfacher geworden für Musiker.

Ich finde es sogar clever, wenn man sich nicht in ein bestimmtes Genre stecken lässt. Ich finde es spannender, weil sie Künstler ja so auch entwickeln können.
Michael: Absolut, da gebe ich dir recht.

Könnt ihr von der Musik leben, oder arbeitet ihr nebenbei noch?
Michael: Wir arbeiten noch normal. Mal von der Musik leben zu können ist das hehre Ziel. Wenn auch nicht in Reichtum baden, aber doch von dem zu leben was man mag und wo man auch eine Passion hat. Ob es mal gelingt wird die Zeit zeigen.

004 20221219 1774557630Euer Album ist mit acht Songs ja eher kurz. Galt hier auch das Motto: Qualität vor Quantität?
Michael: Wir wollten nach der langen Zeit die Sache abschließen und auf zu neuen Ufern.
Oliver: Wenn ich noch etwas einfügen darf: es musste eben auch irgendwann Schluss sein, um sich auch auf das Livespielen konzentrieren zu können. Zum zweiten, wenn man sich beispielsweise 12 Songs fest vornimmt läuft man irgendwann Gefahr, sich zu wiederholen. Wie heißt es so schön: nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Ich glaube, die nächste Platte wird noch viel geiler.

Also heißt das, ihr arbeitet schon an einem neuen Album?
Michael: Ja, wir sind dabei. Wir haben ja jetzt auch regionale Musiker, tolle Jungs gefunden. Also wir stehen nicht mehr doof alleine da. Das ist ein sehr entspanntes arbeiten und erarbeiten, viel direkter. Vorher war es nicht so möglich, da es immer eine gewisse räumliche Distanz zu den anderen Musikern gab.

Wie habt ihr euch kennengelernt?
Oliver: Über die Musik, in verschiedenen Projekten. Irgendwann waren wir mal als Duo unterwegs, was auf die Dauer auch anstrengend ist. Wir sind dann immer irgendwo hängen geblieben und nicht weitergekommen, es scheiterte an den Musiker-Kollegen. Deswegen haben wir die letzte Platte auch zu zweit zusammengeschustert und lieber mit Gastmusikern zusammengearbeitet, um nicht wieder enttäuscht zu werden, wenn es doch ernster wird. Wir hoffen, dass es in der jetzigen Besetzung besser passt, dass jeder den Mund aufmacht wenn der Schuh drückt.

Habt ihr Favoritenstücke auf dem Album?
Oliver: Für mich hat es sich durch das Livespielen tatsächlich nochmal geändert, gerade durch die Bläser. Da fand ich "Keine Gefangenen" sehr gut, aber auch "Steh auf". Der hat eine relativ einfache Struktur, aber geht richtig nach vorne.
Michael: Olli sagte gerade "Steh auf", den hatte ich nicht mal auf dem Schirm. Aber der nimmt richtig Schub auf. Grundsätzlich finde ich die Sachen interessant, die nicht sofort ins Ohr gehen, weil dann hat man sie auch schnell über. Wenn man sie nach und nach entdeckt, ist das oft nachhaltiger.
Oliver: Bei den Streaming-Diensten ist es halt so, dass die ersten 30 Sekunden entscheidend sind. Wenn es den Hörern dann zu lange geht, haben sie oft keine Lust mehr.


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Wie liefen die Arbeiten an dem Album in dieser besonderen Zeit? Habt ihr wie Viele jeder für sich zu Hause gearbeitet und dann wurde es irgendwann zusammengefügt?
Michael: So oder so ähnlich. Wir haben hier in Nordhausen ein kleines Studio gefunden. Die Spuren, die wir selber einspielen konnten, haben wir eingespielt und eingesungen. Dann haben wir es an die anderen geschickt, die daran mitgearbeitet haben. Die waren ja deutschlandweit verstreut. Als wir alles zusammen hatten, haben wir das Puzzle genommen, geschnürt und sind damit zum Friethjof in das Atomino Studio Erfurt und haben das Mastern lassen.

Wenn ihr es euch aussuchen könntet, mit wem würdet ihr da gerne mal zusammenarbeiten?
Oliver: Auf jeden Fall jemand aus unserem Genre, jemand der die Mechanismen kennt und auch Kontakte hat. Dass man irgendwo als Vorband mitgenommen wird, sind reine Business-Aspekte. Meistens sind die Vorbands auch schon etablierte Künstler. Es sind halt dicke Bretter zu bohren. Mir gefällt das ja auch, was wir machen. Ich habe da keinen Bock aufzugeben, weil ich auch das Potenzial sehe. Aber es ist auch gerade nicht so einfach, die Unterstützer zu finden.

Wir sind dann leider auch schon wieder am Ende unseres Interviews. Möchtet ihr unseren Lesern noch etwas mit auf den Weg geben? Michael: Auf jeden Fall viel Spaß beim Hören.

 
Interview: Antje Nebel
Bearbeitung: Christian Reder
Fotos: Pressematerial Band, Thorsten Frenzel und Niklas Ahrnke (Pixabay)





   
   
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