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Ein Interview von Christian Reder vom 6. August 2019
mit  Pressefotos und  Bildern aus  dem Archiv  der Band



"Schon in meiner Kindheit gab es unheimlich viel Musik in der Familie", erzählte mir Dave Inker in einem Gespräch, in dem es um das Pop Duo INKER & HAMILTON gehen sollte. Einer Band, die es seit über 20 Jahren schon nicht mehr gibt. "Ich hatte eigentlich nie vor, Musik als Hauptberuf auszuüben", fährt er fort. "Das war eher aus der Not heraus geboren, als ich nach Deutschland kam, hier keinen Job fand und wenig Geld hatte." Im Jahre 1974 kam er aus Bristol (England) nach München, arbeitete als Gitarrist und Sänger in diversen regionalen Bands und studierte Luft- und Raumfahrttechnik. Zwischen 1975 und 1977 arbeitete er mit dem bayerischen Blues-Interpreten Willy Michl zusammen und veröffentlichte 1976 sein Soloalbum, das er "Profile" betitelte und deren 10 Songs er selbst schrieb, betextete und produzierte. "Ich fing an, abends in Münchner Clubs zu spielen. Damals in den 70er Jahren gab es einige dieser Clubs, so genannte Kleinkunstbühnen. Es war die Zeit der Kleinkunst und es gab unheimlich viele Möglichkeiten, dort aufzutreten. So konnte ich abends meine Musik machen, und mich tagsüber mit Musik beschäftigen und mich darin weiterbilden. Am Ende fand ich das unheimlich schön, mich jeden Tag mit Musik beschäftigen zu können, ohne dass es vorher so geplant war", erinnert sich der Musiker. Hilary Hamilton verließ 1974 ihre neuseeländische Heimat, reiste durch die Welt und schlug sich dabei mit Gelegenheits-Jobs wie z. B. als Tellerwäscherin oder Olivenpflückerin durch. Nach Deutschland kam sie 1979 und ließ sich - wie David Inker auch - in München nieder. Und hier trafen beide auch aufeinander und "beruflich" zusammen. Wie das passierte, wie aus ihnen das bekannte Duo INKER & HAMILTON wurde und was sie heute - 20 Jahre nach dem Ende ihrer Band - machen, ließen wir uns von Hilary Hamilton-Gibbs (wie sie heute heißt) und David "Dave" Inker erzählen:






Wie habt Ihr Euch damals kennengelernt?
Dave: Ich war musikalisch im süddeutschen Raum schon einige Zeit tätig und hatte bereits zweieinhalb Jahre mit Willy Michl, einem Münchener Blues-Musiker, zusammen gespielt. Dadurch hatte ich meine ersten Erfahrungen mit Rundfunk, Fernsehen und Tonaufnahmen gemacht. In einem Kleinkunstclub namens "Robinson" in München habe ich Hillary 1979 dann das erste Mal gesehen. Wir hatten gemeinsame Freunde und uns über diese dann irgendwann kennen gelernt. Ganz normal, wie man sich eben so kennen lernt. 
Hilary: Ich hatte in dem "Robinson"-Club damals einen Auftritt. Dave und ich hatten gemeinsame Bekannte, von denen jemand auch Musik machte. Darüber sind wir dann ins Gespräch gekommen. Später kamen wir dann auf die Idee, musikalisch mal was gemeinsam auszuprobieren?

Beim ersten Treffen schon? Wie kam es dazu und wer hatte die Idee, ein musikalisches Duo zu gründen?
Dave: Nein, das kam später und das war auch nicht geplant! Nachdem wir uns kennen gelernt hatten, trafen wir uns immer wieder mal privat und haben über Musik geredet, aber nie zusammen gespielt. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich im süddeutschen Raum Soloauftritte und irgendwann die Idee, sie zu diesen Auftritten mitzunehmen. Ich habe meine Konzerte gespielt und Hillary kam dann als eine Art "Special Guest", der nicht angekündigt wurde, mit dazu und hat dann ein paar Songs dort vorgetragen. Dann kam die Idee, dass es nicht schlecht wäre, wenn wir zumindest einen Song zusammen spielen würden. Wir haben daraufhin irgendwelche Songbooks durchstöbert und uns Fremdtitel angeschaut. Einer dieser Songs war "Desperado" von den Eagles, und wir haben privat probiert, ihn gemeinsam zu singen. Bei einem Auftritt in der Nähe von Freising haben wir diesen Song dann als Zugabe gebracht, nachdem wir beide getrennt unsere Auftritte hatten. Die Reaktion des Publikums war überwältigend! Das hat uns ermutigt, etwas mehr zu machen, und so studierten wir für jeden weiteren Auftritt immer einen Song mehr ein und nahmen ihn ins Programm auf. Diese Entwicklung ging eine Zeit lang so weiter, bis die Duo-Teile bei den Konzerten immer länger und die Solo-Teile immer kürzer wurden. Für die nächsten Termine, die schon feststanden, haben wir uns überlegt, es sofort zu zweit zu machen. So ist dieses Duo entstanden. Im Endeffekt war es ein langsamer Prozess, der sich Schritt für Schritt entwickelt hatte, und irgendwann waren wir ein Duo, ohne es geplant zu haben.

Es dauerte auch nicht lange, da erschien das erste Album mit dem Titel "Highs And Lows". Die Platte gibt es schon lange nicht mehr zu kaufen. Dave, erzähl unseren Lesern doch bitte etwas über "Highs And Lows" und darüber, wie es entstanden ist.
Dave: Es entstand genau in dieser Zeit, in der sich abzeichnete, dass wir in Zukunft als Duo auftreten würden. Mir eröffnete sich irgendwann die Möglichkeit, eine abgespeckte Albumproduktion machen zu können. Ich hatte das Geld zusammen, und weil wir sowieso zu zweit auf der Bühne Musik gemacht haben, dachte ich mir, dass wir das Album dann auch gleich zusammen machen könnten. Wir sind dann immer nachts zusammen mit dem Toningenieur Tom Winter in München ins Studio gegangen. Tom war auch Musiker und hat als Toningenieur gearbeitet. Und damit die Kosten reduziert werden konnten, sind wir eben nachts ins Studio gegangen, wenn es sowieso leer war. So bekamen wir günstigere Konditionen. Einige Wochen lang haben wir dort immer wieder abends und nachts unsere Aufnahmen gemacht, und mittendrin auch irgendwelche Krisen mit dem Toningenieur gehabt, wo wir schon dachten, "das schaffen wir nie". Wir haben aber nie aufgegeben und es ging immer weiter, bis wir es am Ende tatsächlich geschafft hatten, das Album fertig zu produzieren. Das Ganze geschah auf eigenes Risiko und auf eigene Kosten. Die Titel waren allesamt Eigenkompositionen von Hillary und mir. Aus meiner Vergangenheit waren die Instrumentalstücke, also die Gitarrenstücke, mit darauf enthalten, weil ich sie auch auf unseren Konzerten gespielt hatte. Diese, und die Songs, die wir zu zweit eingespielt und bereits live vorgetragen hatten, waren dann am Ende auf dem Album. Als es fertig war, haben wir es bei den Konzerten verkauft.

Mit "Person to Person" (1981) und "Double Feature" (1983) erschienen zwei weitere Alben. Worin lagen die Unterschiede zwischen diesen beiden LPs und dem Debüt?
Dave: "Person To Person" entstand, nachdem wir schon eine Zeit lang unsere gemeinsamen Auftritte hatten. Die neuen Songs, die wir gemeinsam komponiert hatten, waren eher für ein Duo angelegt, man musste sie also zu zweit singen. Das hört man auf diesem Album auch sehr stark. Es ist eine sehr homogene Produktion geworden, obwohl jeder seine eigenen Kompositionen geschrieben hatte. Wir haben sie dann nachträglich für das Duo arrangiert. Die akustischen Gitarren waren auf "Person To Person" sehr vordergründig, wie wir sie auch auf der Bühne live vorgetragen haben. "Double Feature" war dann schon eine Weiterentwicklung, auf der mehr Synthesizer und Elektronik zu hören waren. Zu dem damaligen Zeitpunkt war das sehr im Kommen. Es war das erste Album, auf dem Songs mit Synthesizer-Arrangements enthalten waren, die teilweise völlig ohne Gitarre auskamen. Wir haben etwas experimentiert, auch was die Thematik angeht. Es wurde im Vordergrund das Leben in einer Großstadt behandelt. Ein weiterer und großer Unterschied zu den Vorgängern waren die Musiker, die wir für diese Produktion engagieren konnten. Wir hatten den Bassisten und den Schlagzeuger von Jackson Browne mit im Studio, der gerade auf Tournee in Deutschland und Europa war. Über unsere Plattenfirma hatten wir mit ihnen Kontakt aufgenommen und über ihren Betreuer anfragen lassen, ob sie nicht Lust hätten, zwischen ihren Konzerten - sie hatten dazwischen immer drei oder vier Tage frei - etwas anderes zu machen. Sie haben spontan "Ja" gesagt, haben entsprechend ihre Gagen verlangt und dann kamen sie ins Studio. Es war ein sehr tolles Erlebnis, und wir haben die Titel damals teilweise live eingespielt. Es waren von der Stilrichtung her unsere musikalischen Vorbilder im Bereich Singer/Songwriter. Man musste gar nicht viel dazu sagen, denn sie haben immer gleich das Richtige gemacht. Das war schon traumhaft.
Hilary: Bei den Aufnahmen zu "Highs And Lows" haben wir ja unsere ersten Erfahrungen im Studio überhaupt gemacht. Das war auch für mich das erste Mal, dort zu arbeiten, und sehr aufregend. Das war insgesamt sehr spannend und wir haben dort auch sehr viel rum experimentiert, bis wir das so im Kasten hatten, wie wir uns das vorgestellt hatten. Von den Instrumenten her war das alles ziemlich minimalistisch, aber für uns war das damals ganz was Neues. Während bei den Aufnahmen zu "Highs And Lows" nur Dave und ich im Studio waren, hatten wir für das Album "Person To Person" dann eine Band mit dabei. Das war wieder eine ganz neue Erfahrung. Und an die Gastmusiker, die Dave gerade erwähnte, kann ich mich auch noch gut erinnern. Das waren am Bass Bob Glaub und an den Drums Russell Kunkel. Die beiden waren damals ja ziemlich berühmt und wir hatten Glück, dass sie zu der Zeit, als wir die Platte aufgenommen haben, in München waren. Das lief auch sehr harmonisch mit denen. Ich weiß nicht, ob ich von allen Alben eine Lieblingsplatte habe, aber wenn ich eine nennen müsste, wäre es "Double Feature". So richtig erinnern kann ich mich an die Zeit aber nicht mehr. Ich weiß nur, dass wir viel live gespielt und dazwischen an neuen Liedern gearbeitet haben.

Dann helfe ich Deinem Gedächtnis vielleicht etwas auf die Sprünge: Nach Veröffentlichung der dritten LP im Jahre 1983 seid Ihr zusammen mit Chris de Burgh auf große Europa-Tournee gegangen. Welche Erinnerungen hast Du noch an diese Konzerte?
Hilary: Stimmt, ich erinnere mich … Das erste, was mir dazu einfällt, ist, dass wird damals beide sehr arm waren (lacht). Wir hatten zwar ein bisschen Geld von der Plattenfirma bekommen, aber wie und wo wir etwas zum Essen her bekommen sollten, wussten wir manchmal nicht. Das war jetzt nichts Existenzielles, aber das vergisst man nicht weil wir immer geschaut haben, "Wo können wir jetzt billig was essen?" Was die Bühne betrifft, war diese Tournee mit Chris ein ganz tolles Erlebnis. Aber eben auch etwas ganz anderes als das, was wir gewohnt waren. Das ganz große Publikum, das wir vor uns hatten, saß im Dunkeln. Ich konnte die Menschen nicht sehen, d.h. ich konnte ihre Gesichter nicht sehen. Ich bin ja der Meinung, dass je weniger Leute man vor sich hat, desto intensiver und intimer wird das Konzert. Nicht, dass es mich nervös gemacht hätte, aber es war für mich als Künstlerin ein ganz anderes Erlebnis. Wenn man vor einem kleineren Publikum sitzt und auf der Gitarre spielt, ist das wahnsinnig intim. Wenn man dann aber auf der großen Bühne steht, man hört sich nur selbst, und das auch noch ganz laut, man sieht aber die Leute dort kaum und bekommt nur am Ende des Liedes durch den Applaus mit, dass da noch jemand ist, ist das komplett was anderes. Aber beides hat was.

… und Du Dave?
Dave: Nach dem dritten Tag war es eigentlich wie Urlaub. Zum einen kannten wir Chris schon von der Tournee davor, wo wir für ein paar Konzerte eingesprungen waren. Wir kamen sehr gut mit ihm und seiner Crew aus. Wir hatten uns eine ganz gute Routine angeeignet, um als Vorgruppe aufzutreten. Man hat als Support bei solch großen Tourneen keine Zeit, noch großartig Soundchecks zu machen. Es muss alles sehr schnell aufgebaut werden, damit der Hauptact zum Soundcheck gehen kann. Manchmal hat es mit Chris' Soundcheck eben etwas länger gedauert, so dass wir nur noch 10 Minuten Zeit hatten, alles anzuschließen und zu testen. Aber wir haben es gut gemeistert, und nach dem dritten Tag hat alles sehr gut gepasst. Die Crew hat unser Equipment teilweise mit transportiert, und wir mussten nur gegen 18.00 Uhr am Abend in der Halle erscheinen, einen kurzen Check machen, und dann wusste man, dass alles laufen würde. Die Konzerte haben sehr viel Spaß gemacht, und wir kamen auch sehr gut rüber. Es war eine sehr schöne Zeit, und wir haben gelernt, vor großem Publikum zu spielen. Nach dieser Tournee, bei der wir immer vor 4.000 bis 10.000 Leuten aufgetreten waren, mussten wir uns erst wieder umstellen. Bei unserem ersten Konzert danach, in einem Club bei Freising, hatten wir das Gefühl, wir blasen die Leute in den ersten Reihen weg, weil man in der großen Halle doch etwas anders auftritt als im kleinen Club. Das hat man auf der großen Bühne gar nicht gemerkt, und im Club dann so weiter gemacht. Aber von der Größe, der Lautstärke und von den Bewegungen her war das für die kleinen Clubs einfach zu viel. So musste man dann erst einen Gang rausnehmen und es intuitiv etwas kleiner gestalten, denn es ist sehr übertrieben, wenn man in einem kleinen Club so spielt wie in einer großen Halle. Diese Erfahrung, dass man sich in der großen Halle größer macht, und sich hinterher wieder etwas kleiner machen muss, war auch sehr interessant. Die Leute im Club stehen viel zu nah an der Bühne, da muss es nicht so laut zugehen, denn das wirkt dann nicht mehr.

Die Musik zum 1983er Kino-Film "Die Supernasen" mit Thomas Gottschalk und Mike Krüger wurde von Euch beigesteuert. Wie kam es zu diesem Ausflug ins Filmgeschäft und welche Songs fanden Verwendung?
Dave: Das kam auch über unseren Verlag zustande. Fritz Egner hat das Ganze damals eigentlich ins Rollen gebracht. Er hatte zusammen mit Thomas Gottschalk die Musiktitel für den Film ausgesucht, und wir waren zu der Zeit im gleichen Verlag, in dem auch Egner tätig war. Er war praktisch unser Entdecker, was die Musikindustrie anging. Über seinen Verlag kamen wir auch zur CBS. Er hatte den Song "Alice" aus dem Album "Double Feature" als Titel für den Film vorgeschlagen, und der hat Thomas Gottschalk und den anderen Leuten beim Film so gut gefallen, dass sie die Partnerin von Gottschalk im Film in "Alice" umbenannten, damit das dann auch gut passte. So war das Lied immer dann zu hören, wenn diese Frau im Film zu sehen war. Er wurde schließlich zum Haupttitel des Films und zusätzlich auch im Abspann gespielt. Das Dumme für uns war, dass wir zu dem Zeitpunkt, als der Film raus kam, nicht mehr bei der CBS unter Vertrag waren. Das war mit Singleauskopplungen zu Filmveröffentlichungen damals nicht ganz so gut koordiniert wie heutzutage. Deswegen ist auch nicht soviel passiert, außer dass man den Titel im Film hören konnte.

Mit "The Mind And The Body" kam noch ein viertes Album raus, das aber kaum beachtet wurde. Der deutschlandweite Durchbruch gelang erst mit dem fünften Album "Dancing Into Danger" im Jahre 1988. Dave, was war aus Deiner Sicht bei diesem Album so anders, dass es erfolgreicher als seine Vorgänger wurde?
Dave Vielleicht durch die Verbreitung und das Team dahinter, wie z.B. das Management. Zum ersten Mal hatten wir ein richtiges Management und auch die große Unterstützung einer Plattenfirma (die WEA, Anm. d. Red.). Wahrscheinlich war auch das Vorhaben von Michael Cretu, diesen kommerziellen Aspekt zu unterstreichen, ein weiterer Grund dafür. Für uns war es ein Experiment, das in der Form zu machen, und wir haben das Album bei ihm produziert. Cretu hatte diesen Hit "Dancing Into Danger" irgendwo zusammen gebastelt. Es war eigentlich eine Komposition, die es in der Form gar nicht gab. Der Titel ist praktisch im Studio entstanden. Die Melodie war von Hubert Kah, der Text kam von mir und die Hookline war anfangs gar nicht vorhanden. Die entstand aus einer Improvisation von Hilary am Schluss des Liedes, als sie das einfach mal so variiert gesungen hatte. Diese Phrase hat Cretu sofort gehört, sich danach zwei Stunden hingesetzt und rumgebastelt und es in dem Lied ganz woanders platziert. Der Titel hieß zwar immer schon "Dancing Into Danger", aber war bis zu diesem Zeitpunkt noch ohne den kommerziellen Aspekt. Dieses Umarrangieren hat schon eine Menge ausgemacht, denn am Ende war es ein sehr eingängiger Titel.

Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Michael Cretu, der das Album auch produzierte, und wie war die gemeinsame Arbeit mit ihm?
Dave: Er hat uns in einem Konzert gesehen, und von gemeinsamen Musikfreunden, also Verlegern und Leuten, die man aus der Branche halt so kennt, von uns gehört. Wir hatten bis dahin auch schon unsere Erfolge im süddeutschen Raum gehabt, auch mit Fernsehauftritten z.B. bei "Live aus dem Alabama". Das hat uns lokal gesehen sehr geholfen, um im süddeutschen Raum Fuß zu fassen. Dann kennt man halt den einen oder anderen aus der Branche, und einer davon kannte auch Michael Cretu. Er hat dann Bänder von uns gehört, war interessiert und hat uns später auch live gesehen. Er sagte daraufhin, dass er gerne eine Produktion mit uns zusammen machen möchte. Das hat dann aber auch sehr lange gedauert, nämlich von 1985 bis 1988, bis die Platte endlich fertig war. Bis wir überhaupt mit den Arbeiten angefangen hatten, hat es zwei Jahre gedauert, und bis die Platte fertig produziert war, mit kurzen Unterbrechungen, noch mal ein Jahr.

Du hattest das ja schon angesprochen: Die Titel "Dancing Into Danger", "Shadow And Light" sowie "Think About Me" wurden von Hubert Kah geschrieben, bzw. mitgeschrieben. War er bei den Aufnahmen des Albums dabei?
Dave Er war immer wieder mal im Studio, aber er war nicht vordergründig dabei. Nach den Aufnahmen zu den Songs, für die er die Musik zusammen mit Cretu - ich sage mal eher - "angedacht" hatte, denn es waren diese berühmten Cassetten-Recorder-Aufnahmen, auf denen man nur Ideen von Songs hören konnte, war er dann da. Die Songs hat er nach Fertigstellung angehört, aber bei den Aufnahmen selbst war er nicht dabei. Ich glaube, Michael Cretu wollte das Ganze auch nicht verwässern. Es ist besser, man bleibt in solchen Fällen einfach bei einer klaren Linie, und er hat die Sachen mit uns produzieren wollen. Hubert war zwischendurch aber immer wieder mal anwesend, denn Cretu und er waren zu dieser Zeit sehr gute Freunde.

Auf der CD ist auch ein Klassiker von Cat Stevens in einer Inker & Hamilton-Version, nämlich "Wild World", zu hören. Hatte der Song eine besondere Bedeutung für Euch?
Dave Nein, nicht unbedingt. Hilary und ich fanden seine Songs immer gut. Aber wir hatten für das Album nach einem Titel gesucht, weil wir noch Platz hatten. Wir überlegten, was man nehmen könnte, und weil wir die Musik von Cat Stevens sehr mochten, kam uns "Wild World" in den Sinn. Ich glaube, das war auch so eine "Songbook-Geschichte", wo wir nach Titeln gesucht haben, die man machen könnte. Wir haben uns dann dazu entschieden, diesen Titel zu machen und ihn komplett anders zu arrangieren. Es macht auch keinen Sinn, wenn man es genauso spielt wie in der Urfassung. Und so entstand das halt ...

Für Euch veränderte sich mit dem Album und mit dem Erfolg der Single "Dancing into Danger" ja sicher so einiges. Die beschauliche Ruhe von vorher dürfte dahin gewesen sein. Ihr wart in den Medien fast überall vertreten und aus der Vorband wurde der Haupt-Act. Hilary, wie hast Du das damals wahrgenommen?
Hilary: Das war schon irgendwie seltsam. Wenn ich heute auf diese Zeit zurück schaue stelle ich schon fest, dass das ein richtiger Bruch war. Es ging Schritt für Schritt, und ich habe die gesamte Veränderung gar nicht so bewusst wahrgenommen. Vielleicht lag es daran, dass ich eh kein komplizierter Mensch bin. Ich habe die Veränderungen einfach angenommen ohne groß darüber nachzudenken. Insgesamt war das aber eine sehr schöne Erfahrung, auch mit Michael Cretu zusammen arbeiten zu können.

 
Mit "Poetry In Motion" wurde dann vier Jahre später ein weiteres Album veröffentlicht, das auch unter dem Titel "Procelain Doll" erschien. Warum hatte ein und dasselbe Album zwei Namen?
Dave "Porcelain Doll" war der ursprüngliche Titel für das Album, und "Poetry In Motion" die erste Single-Auskopplung daraus. Es ist erschienen, als wir bei RCA in Hamburg unter Vertrag waren. Nur im Ausland erschien die CD später unter dem Titel "Poetry In Motion", denn dieser Song kam in Belgien und in Norwegen sehr gut an. Darum haben wir das Album im Ausland auch anders benannt. "Porcelain Doll" ist also der ursprüngliche Titel, und "Poetry In Motion" die Import-CD.

Mit dem 1998 erschienenen "All The Best"-Album wurde das bisher letzte musikalische Lebenszeichen veröffentlicht. Das Album beinhaltet einige Songs aus fast 20 Jahren INKER & HAMILTON in neu arrangierten Versionen. Wie kam es zu der Idee, die Songs neu einzuspielen?
Dave Zu dem Zeitpunkt hatte ich in München ein Tonstudio gegründet und somit die Möglichkeit, ein bisschen ausführlicher an Sachen rumzubasteln. Wir hatten damals zwei oder drei neue Songs fertig und dachten, dass es der richtige Zeitpunkt ist, ein Resumé der vergangenen 20 Jahren zu ziehen. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir aber nicht, dass dieses Resumé höchstwahrscheinlich eine abschließende Geschichte sein würde. Eigentlich haben wir die meisten alten Songs so belassen, wie sie waren. "Dancing Into Danger" haben wir aber z.B. so aufgenommen, wie wir den Titel schon als Duo live vorgetragen haben. Es gab vorher einige Konzerte bei denen wir akustisch gespielt haben, und dabei hatten wir "Dancing Into Danger" ein bisschen bluesiger vorgetragen. Da haben wir uns gedacht: "Das klingt ganz gut, das können wir so aufnehmen". Aber ansonsten haben wir nicht viel umarrangiert. Es ist eine "Rückwärts-Zusammenstellung" der ganzen Songs geworden, die wir in 20 Jahren gemacht haben. Diese Idee mit dem "rückwärts" fand ich ganz interessant, so wie es in Filmen manchmal auch gemacht wird, wo mit dem Ende begonnen wird, und die am Anfang der Story aufhören. Man kann eine Geschichte auch rückwärts erzählen, und sie kann trotzdem genauso spannend sein. Und so konnte man auch auf dem Album immer die Schritte davor hören, und am Schluss ist man dann dort angekommen, wo wir praktisch am Anfang unserer gemeinsamen Karriere waren, nämlich bei "Desperado".

Warum ging es danach nicht weiter und warum habt Ihr die Arbeit mit dem Duo INKER & HAMILTON eingestellt?
Hilary: Ich war damals schon nicht mehr die Jüngste und hatte kurz zuvor ein Kind bekommen. Das war 1995. Dazu kam, dass es mir mit dem ganzen Business so ziemlich gereicht hat. Ich will da jetzt gar nicht so moralisch rüberkommen, aber ich habe die Unterschiede zwischen den Zeiten, in denen es einem gut ging, alle einen mochten und man Erfolg hatte und den Zeiten, in denen die Erfolge ausblieben, gesehen und gespürt. Plötzlich sind die Leute, die gestern für Dich noch erreichbar waren und Dich immer angerufen haben, nicht mehr da (lacht). Das war schon irgendwie seltsam und ernüchternd. Es hat mir insgesamt aber irgendwann gereicht. Ich habe daheim für mich schon weiter Gitarre gespielt und Musik gemacht, aber seitdem ich meinen Sohn hatte, war das Bedürfnis Musik zu schreiben und zu singen nicht mehr so da. Das war deshalb so bemerkenswert, weil ich vorher immer zur Gitarre greifen und Lieder schreiben musste, denn das war für mich wie ein Ventil. Als Mutter war ich letztlich wesentlich ausgeglichener. Das Bedürfnis, die Gefühle und Empfindungen durch die Musik auszudrücken, war nicht mehr vorhanden. Ich habe mich dann sehr viel um meinen Sohn gekümmert und mir einen kleinen Job gesucht, bei dem ich nicht so viel denken musste. Und das reichte mir.

Aus dem kleinen Job, bei dem man nicht so viel denken muss, ist jedoch eine ziemlich große und erfolgreiche Firma geworden, von der Du die Geschäftsführerin bist?
Hilary: (lacht) Ja, wie das Leben so spielt. Ich habe damals eine Annonce in der Süddeutschen Zeitung entdeckt, in der auf Englisch in Teilzeit ein "Editorial Assistent" gesucht wurde. Darauf habe ich mich beworben. Das war meine erste Bewerbung und ich hatte Glück, denn ich bekam den Job sofort. Aus diesem Teilzeit-Job ist letztlich das entstanden, was ich heute mache.

Wenn jemand wie Du, Hilary, von der Natur mit einer so tollen Stimme gesegnet wurde wie Du, der dann obendrein auch noch so schöne Lieder schreiben kann und damit ja fast 20 Jahre durch die Welt gezogen ist … Fehlt so jemandem das, was er da so erlebt hat und die Möglichkeit, sich so auf diese besondere Weise auszudrücken, nicht irgendwie?
Hilary: Zuerst mal danke für diese Worte (lacht). Manchmal schon und manchmal singe ich auch noch. Ach was, ich singe sogar noch ziemlich oft. Aber eben nur noch für mich, z.B. wenn ich auf dem Fahrrad unterwegs bin. Übrigens … Ich betreue mit meiner Firma ja medizinische Gesellschaften. Für eine dieser Gesellschaften, die ich betreut habe, habe ich sogar ein Lied geschrieben. Wir haben im letzten Jahr, also 2018, einen Kongress veranstaltet. Alle waren ziemlich skeptisch, ob das ein Erfolg werden würde. Ich habe da intensiv überlegt, was man dafür machen kann, damit dieser Kongress etwas ganz Einmaliges wird und ich habe zu mir gesagt, "Das einzige was Du kannst, ist schreiben." Also habe ich ein Lied geschrieben, es dieser Sache gewidmet und bei der Eröffnung ist es auch gespielt worden. Ich hatte zuhause auf meinen Rechner ein Programm heruntergeladen, damit ich etwas aufnehmen und bearbeiten kann, und über ein sehr gutes Mikrophon meinen Gesang aufgenommen. Es ist also wirklich "home made" - ich habe mit meiner Gitarre vor diesem Mikro gesessen und aufgenommen. Dave hat mir dann beim Mischen geholfen. Er hat da nachträglich noch einen Bass eingebaut und mir den Mix gemacht. Als es fertig war, habe ich es der Society of Gastrointestinal Endoscopy (ESGE), für die ich es schrieb, dann auch zum Geschenk gemacht. Über die Entstehung dieses Liedes ist sogar in einer medizinischen Fachzeitschrift ein Beitrag erschienen (nur in Englischer Sprache erschienen, siehe HIER). Übrigens: Der Kongress ist trotzdem alle gesagt haben, es könne kein Erfolg werden, ein großer Erfolg geworden (Den Clip mit dem angesprochenen Song haben wir für Euch zum Anschauen hier eingestellt, Anm. d. Red.)



Da sitzen Dave Inker und Hilary Hamilton vor kurzer Zeit wieder gemeinsam an einem Song und das wirft natürlich die Frage auf: Wie sieht es mit einem Comeback aus?
Hilary: Ich arbeite in der Woche etwa 70 bis 80 Stunden in meiner Firma, also sehr viel. Da bleibt keine Zeit für etwas anders übrig. Vielleicht ändert sich das ja irgendwann mal und … keine Ahnung … vielleicht fangen wir dann wieder richtig an Musik zu machen. Wenn ich was mache, dann möchte ich auch richtig dabei sein. Das kann ich im Moment aber leider nicht. Es ist auch so, dass ich zwischendurch immer mal wieder zur Gitarre greife. Das ist auch sehr schön, aber irgendwann frustriert es mich dann, denn so gut spielen wie früher kann ich nicht mehr. Die Stimme ist auch nicht mehr so gut wie früher, denn wenn man nicht übt, rostet alles ein. Aber vielleicht kommt es ja wieder, dass ich in die Richtung wieder mehr mache. Ich könnte mir das auch sehr gut vorstellen, nur im Moment eben nicht.

Aber man kann zum Schluss festhalten, dass es nicht ausgeschlossen ist, Inker & Hamilton vielleicht nochmal live und mit ihren Lieder zu erleben …
Hilary: Nein, das ist nicht ausgeschlossen, dass ich irgendwie wieder Musik mache. Es ist ja auch toll, was man mit der heutigen Technik alles machen kann. Das ist Wahnsinn.
 



Am Ende dieses Beitrags sei noch angemerkt, dass David Inker seit den 90ern ziemlich erfolgreich eine Firma für Webdesign leitet. Er baut Internetseiten und auch er ist nicht mehr professionell im Musikbereich tätig. Drücken wir den beiden Künstlern und uns die Daumen, dass irgendwann die Lust und vor allem aber die Zeit da sein wird, dass beide als INKER & HAMILTON nochmals ihre Instrumente und ihre Lieder für uns auspacken. Ein Duo wie dieses könnte die Szene heute sehr gut gebrauchen. Bis dahin: Alles Gute, Ihr zwei!

 



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